Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 23.810,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.968,- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
1961 gewährte die Beklagte (bzw. deren Rechtsvorgängerin) ihren Dienstnehmern aufgrund einer Vereinbarung mit dem Betriebsrat eine Reihe von Vergünstigungen, die unter dem Titel "Hausbenefizien" schriftlich niedergelegt wurden. U.a. wurde die jährliche Gewährung eines in seiner Höhe von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängigen "Bilanzgeldes" vereinbart. Dazu wurde festgehalten, daß diese Regelung ab 1. Jänner 1961 gelte und unbefristet sei; "sollte durch die Wirtschaftslage eine Änderung vorstehender Regelung notwendig werden", werde von der Betriebsinhabung "rechtzeitig das Einvernehmen mit dem Betriebsrat gepflogen werden". Die Hausbenefizien wurden nicht im Betrieb ausgehängt und auch nicht beim Einigungsamt hinterlegt. Eine Zeit lang wurde den Arbeitnehmern ein Exemplar ausgefolgt; sie waren aber nach einiger Zeit vergriffen. Nur der damalige Betriebsrat A***** besaß ein Exemplar, das er bei seiner Pensionierung dem nunmehrigen Vorsitzenden des Arbeiterbetriebsrates übergab. Von 1961 bis 1991 sowie 1993 und 1994 wurde den Arbeitnehmern das Bilanzgeld ausbezahlt, nicht aber 1992, in welchem Jahr die Beklagte (erstmals) einen bilanzmäßigen Verlust erwirtschaftete. Die Arbeitnehmer erfuhren vom Bilanzgeld teils im Rahmen der Einstellungsgespräche, teils anläßlich der Auszahlung. Es steht fest, daß die Arbeitnehmer N*****, F***** und N***** sowie 22 weitere Arbeitnehmer nichts davon wußten, daß das Bilanzgeld ertragsabhängig sein sollte. Im Verfahren 17 Cga 1004/87 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien hatten die dort einvernommenen Zeugen K***** und A***** angegeben, es sei ihnen mitgeteilt worden, das Bilanzgeld werde nur im Fall einer positiven Bilanz ausbezahlt.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, die Arbeitnehmer der Beklagten hätten durch die jahrelange, ohne jeden Vorbehalt erfolgte Gewährung des Bilanzgeldes - daß die in einem Vorprozeß vernommenen Zeugen K***** und A***** noch bei der Beklagten tätig seien, stehe nicht fest - einen Rechtsanspruch auf diese Zuwendung erworben, ist zutreffend. Es reicht daher insoweit aus, auf die ausführliche Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:
Eine vom Arbeitgeber durch regelmäßige, vorbehaltlose Gewährung bestimmter Leistungen an die Gesamtheit seiner Arbeitnehmer begründete betriebliche Übung führt - soweit sie seinen Willen, sich diesbezüglich auch für die Zukunft zu verpflichten, unzweideutig zum Ausdruck bringt, durch die - gleichfalls schlüssige (§ 863 ABGB) - Zustimmung der Arbeitnehmer zur schlüssigen Ergänzung des Einzelvertrages jedes begünstigten Arbeitnehmers und damit zu einzelvertraglichen Ansprüchen (Arb 10.434; Arb 10.609; Ris-Justiz RS0014539). Auf das tatsächliche Vorhandensein eines Erklärungswillens auf Seiten des Arbeitgebers kommt es dabei nicht an; entscheidend ist, was die Arbeitnehmer bei sorgfältiger Würdigung seinem Erklärungsverhalten entnehmen können bzw. welchen Eindruck sie von seinem schlüssigen Verhalten haben mußten (Arb 10.493; Arb 9.786; Ris-Justiz RS0014154). Die durch eine derartige betriebliche Übung ausgelöste Bindung des Arbeitgebers besteht auch gegenüber neu eintretenden Arbeitnehmern (Arb 9812). Daß die über Jahrzehnte ohne jeden Hinweis auf eine wie immer geartete Abhängigkeit von Unternehmensertrag oder Wirtschaftslage erfolgte gleichmäßige Gewährung eines Bilanzgeldes eine solche verbindliche Betriebsübung begründet, bedarf keiner näheren Erörterung.
Richtig ist aber, daß die durch eine solche betriebliche Übung bewirkte Bindung des Arbeitgebers für neu eintretende Arbeitnehmer nur mit den von diesem aufgestellten Beschränkungen gilt, weil die neu eintretenden davon ausgehen können und müssen, daß ihnen (nur) dieselben Vergünstigungen gewährt werden, wie allen anderen Arbeitnehmern. Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob der einzelne neu eintretende Arbeitnehmer zufällig von einer Beschränkung Kenntnis hat oder nicht. An solche vom Arbeitgeber aufgestellte Beschränkungen sind neu eintretende Arbeitnehmer daher auch dann gebunden, wenn sie davon nicht ausdrücklich in Kenntnis gesetzt wurden, sich diese Kenntnis aber hätten verschaffen können (8ObA 145/97z, referiert in ASOK 1997, 264 [Kuhn] mwN).
Hier wurde 1961 in die in den Hausbenefizien enthaltene Vereinbarung über die Gewährung des Bilanzgeldes der oben wiedergegebene Hinweis auf die Möglichkeit der Berücksichtigung einer "Änderung" der "Wirtschaftslage" aufgenommen. In weiterer Folge wurde aber auf diese Hausbenefizien, die nur "eine Zeit lang" an Arbeitnehmer ausgegeben wurden, dann aber vergriffen waren, nicht mehr Bezug genommen, wobei die Beklagte weder behauptet noch bewiesen hat, daß in ihrem Betrieb überhaupt noch Arbeitnehmer tätig sind, die auf diese oder andere Weise vom ursprünglich erfolgten Hinweis auf die Relevanz von Änderungen der Wirtschaftslage erfahren hatten. Da somit davon ausgegangen werden muß, daß über viele Jahre im allgemeinen weder bei den Einstellungsgesprächen noch bei der Überweisung des Bilanzgeldes auf dessen (wie immer geartete) Abhängigkeit von Unternehmensertrag oder Wirtschaftslage hingewiesen wurde, kann auch nicht davon die Rede sein, daß nur einzelne neu eintretende Arbeitnehmer der Beklagten "zufällig" von der ursprünglichen "Beschränkung" der Bilanzgeldleistung nichts gewußt haben. Vielmehr erfolgte aus in vollem Umfang der Beklagten zuzurechnenden Gründen die Gewährung dieser Leistung über viele Jahre völlig losgelöst von der ursprünglichen Vereinbarung. Demgemäß kann auch nicht gesagt werden, daß sich die im Lauf der Jahre neu eintretenden Arbeitnehmer der Beklagten ohne weiteres Kenntnis vom Wortlaut der Hausbenefizien verschaffen hätten können oder müssen, zumal die dargestellte betriebliche Übung auch gegenüber den anderen Arbeitnehmern völlig losgelöst von diesen Hausbenefizien erfolgte und die Notwendigkeit, sich über die Grundlagen des laufend gewährten Bilanzgeldes zu informieren, ebensowenig ersichtlich war, wie die Möglichkeit, sich diese Information zu beschaffen.
Nicht zu folgen ist dem Berufungsgericht nur insoweit, als es seiner zutreffenden Begründung die Meinung hinzufügt, die Beklagte hätte - um das Entstehen einer vom Unternehmensertrag losgelösten Betriebsübung zu vermeiden - bei jeder einzelnen Gewährung des Bilanzgeldes einen entsprechenden Vorbehalt machen müssen. Dieser Meinung des Berufungsgerichtes kommt aber ohnedies keine Bedeutung zu, weil - wie schon ausgeführt - davon ausgegangen werden muß, daß ein solcher Vorbehalt über viele Jahre weder bei den Einstellungsgesprächen noch bei der Überweisung des Bilanzgeldes erfolgte, was aber im Sinne der dargestellten Ausführungen einen unbedingten Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf das in Rede stehende Bilanzgeld begründete. Daß die Beklagte wirksam hinsichtlich einzelner Arbeitnehmer - etwa hinsichtlich der nach einem bestimmten Zeitpunkt eingetretenen - das Entstehen eines solchen Anspruches verhindert hätte, hat sie nicht bewiesen.
Auf die Frage, ob ein einmaliger bilanzmäßiger Verlust als eine iS des entsprechenden Vorbehaltes der Hausbenefizien relevante "Änderung der Wirtschaftslage" anzusehen ist, braucht daher nicht eingegangen zu werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.
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