Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Beklagte, als Träger eines Ordensspitals, gewährte den bei ihm tätigen Spitalsärzten bis 31.12.1992 sechs Werktage Zusatzurlaub. Seit 1.1.1993 wird dieser Zusatzurlaub vom Beklagten nicht mehr gewährt. Gegenüber (mindestens) 3 Dienstnehmern wurde vom Beklagten kein Vorbehalt dahin gemacht, daß der Zusatzurlaub die Zwischendienste teilweise abgilt.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger nach mehrfacher Modifikation des Klagebegehrens zuletzt die Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG, daß der Beklagte verpflichtet sei, den bei ihm beschäftigten Spitalsärzten, denen er bis 1993 einen Zusatzurlaub von 6 Werktagen gewährt und denen gegenüber er nicht bis spätestens zum Zeitpunkt der zweiten Gewährung des Zusatzurlaubes den Vorbehalt gemacht habe, daß dieser ein Entgelt für die Zwischendienste darstelle, diesen Urlaub auch über das Jahr 1993 hinaus zu gewähren. Der Beklagte habe den Zusatzurlaub ursprünglich ohne Widerrufsvorbehalt gewährt. Diese Übung sei daher Bestandteil der Einzelarbeitsverträge geworden.
Der Beklagte erwiderte, daß der Zusatzurlaub ausdrücklich als teilweise Abgeltung der Zwischendienste gewährt worden sei. Seit 1.1.1993 werde der Zusatzurlaub einvernehmlich nicht mehr gewährt, weil die Abgeltung der Zwischendienstzeiten aufgrund einer völligen Neuordnung des Besoldungssystems anders gehandhabt werde. Gemäß einer Vereinbarung vom März 1957 sollen die im Krankenhaus des Beklagten tätigen Ärzte und die in den burgenländischen Landeskrankenhäusern tätigen Ärzte hinsichtlich der Entlohnung gleich behandelt werden.
Der Kläger erwiderte, daß die Vereinbarung aus dem Jahre 1957 mit keinem der beim Beklagten tätigen Ärzte abgeschlossen worden sei. Von diesen Ärzten habe auch keiner Vollmacht für eine Vertragsänderung erteilt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte folgenden Sachverhalt fest:
In der Krankenanstalt des Beklagten dauert der Tagdienst von 7.00 Uhr bis 13.00 Uhr, der Nachtdienst von 22.00 bis 6.00 Uhr. Die Zeit zwischen dem Ende des Tagdienstes und dem Beginn des folgenden Nachtdienstes, also von 13.00 Uhr bis 22.00 Uhr und die Zeit zwischen dem Ende des Nachtdienstes und dem Beginn des folgenden Tagdienstes, also von 6.00 Uhr bis 7.00 Uhr wird als Zwischendienstzeit bezeichnet. Der in der Zwischendienstzeit verrichtete ärztliche Dienst heißt Zwischendienst. Er wird von jenen Ärzten geleistet, welche Nachtdienst haben. (Aufgrund einer seit 1.1.1993 geltenden Neuregelung kann der Tagdienst auch von 8.00 Uhr bis 14.00 Uhr dauern).
Nach Verhandlungen mit der Ärztekammer Burgenland faßte die burgenländische Landesregierung am 26.2.1964 den Beschluß, die Zwischendienstzeiten mit S 22,-- pro Überstunde und einem Zusatzurlaub von 6 Werktagen jährlich abzugelten. Vorher waren die Zwischendienste nicht abgegolten worden. In den Folgejahren befaßte sich die Landesregierung noch mehrmals mit den Zwischendiensten. Dabei wurde die finanzielle Abgeltung geändert, der sechstägige Zusatzurlaub jedoch ausdrücklich beibehalten. Bis zum Jahre 1992 erhielten alle im Landesdienst tätigen "Mittelbauärzte" - das sind die in den Krankenhäusern beschäftigten Ärzte mit Ausnahme der Turnusärzte und der ärztlichen Leiter und Primarärzte - für geleistete Zwischendienste eine Zulage von zuletzt ca S 9.200,-- monatlich und einen Zusatzurlaub von sechs Werktagen jährlich. Diese pauschale Abgeltung war vom tatsächlichen Ausmaß der geleisteten Zwischendienste unabhängig. Am 16.3.1957 hatte die Leitung des Beklagten mit der Ärztekammer Burgenland vereinbart, sich in Hinkunft bezüglich der Entlohnung der angestellten Ärzte an die in den burgenländischen Landeskrankenhäusern üblichen Richtlinien zu halten. Die Ärztekammer Burgenland informierte daraufhin sämtliche damals im Burgenland beschäftigten Spitalsärzte schriftlich über die in den Jahren 1964 und 1974 mit dem Land getroffenen Vereinbarungen über die Abgeltung der Zwischendienste. Mit Ausnahme der wenigen schon vor dem Jahre 1974 beim Beklagten oder in einem anderen burgenländischen Spital angestellten Ärzte war den beim Beklagten beschäftigten Ärzten der Zusammenhang zwischen der Gewährung des Zusatzurlaubes und den Zwischendiensten nicht bekannt.
Der Beklagte gewährte jahrelang den bei ihm angestellten und Zwischendienste leistenden Ärzten pro Jahr 6 Tage Zusatzurlaub, ohne sie jemals darauf hinzuweisen, daß der Zusatzurlaub die Zwischendienste teilweise abgelte.
Im Jahr 1992 wurde der Interessensverband der burgenländischen Mittelbauärzte (im folgenden kurz Interessensverband) gegründet, dem alle Mittelbauärzte der burgenländischen Landeskrankenanstalten angehören. Dieser Verein hatte keine Vollmacht von seinen Mitgliedern, rechtsverbindlich über deren Einzelarbeitsverträge zu verhandeln. Nach Verhandlungen im November und Dezember 1992 vereinbarten das Land Burgenland und der Interessensverband, daß die Ärzte neben dem Gehalt diverse Zulagen bekommen und daß alle über die monatliche Dienstverpflichtung auf der Grundlage einer regelmäßigen Dienstzeit von 40 Stunden hinausgehenden zeitlichen Mehrleistungen (Überstunden) entsprechend ihrem Anfall in Form von Überstundenvergütungen bzw von Sonn- und Feiertagsvergütungen abgegolten werden.
Der Interessensverband legte das Ergebnis dieser Verhandlungen auch den Ärzten des Beklagten bei einer Versammlung im Dezember 1992 vor, erläuterte es - wobei der Zusatzurlaub kein Thema war - und empfahl den Ärzten es anzunehmen, was diese auch taten. Dem Beklagten wurde dies vom stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden und vom Obmann des Interessensverbandes mitgeteilt. Der Beklagte nahm daraufhin die Gehaltsauszahlungen nach dem genannten Verhandlungsergebnis ab 1.1.1993 vor. Das Einkommen der Ärzte stieg um durchschnittlich S 14.000,-- brutto monatlich.
Im April oder Mai 1993 erklärte der Beklagte seinen Ärzten, den Zusatzurlaub ab 1.1.1993 nicht mehr zu gewähren.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der den im Spital des Beklagten tätigen Ärzten gewährte Zusatzurlaub sei durch die vorbehaltslose Gewährung durch den Beklagten Bestandteil der Einzelverträge der Dienstnehmer geworden. Das Verhandlungsergebnis vom 21.12.1992 habe daran nichts geändert. Die Annahme des Verhandlungsergebnisses durch die beim Beklagten tätigen Ärzte habe ein redlicher Erklärungsempfänger nicht als Verzicht auf den Zusatzurlaub werten dürfen. Der Beklagte habe daher den Zusatzurlaub jenen Ärzten weiter zu gewähren, denen gegenüber kein Vorbehalt erfolgt sei.
Das Berufungsgericht gab der nur aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobenen Berufung des Beklagten nicht Folge. Unstrittig sei zunächst, daß der Zusatzurlaub durch jahrelange vorbehaltlose Gewährung Bestandteil der Einzelarbeitsverträge der beim Beklagten tätigen Ärzte geworden sei. Der Beklagte habe durch die jahrelange Gewährung seinen Willen zum Ausdruck gebracht, sich diesbezüglich auch für die Zukunft zu verpflichten, wodurch ein Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf diese Leistung entstanden sei. Die Gewährung des Zusatzurlaubes sei an keine besondere Bedingung geknüpft, insbesondere sei auch kein Zusammenhang bzw eine Abhängigkeit mit den dadurch abzugeltenden Zwischendiensten hergestellt worden. Der Beklagte habe sich bei der Entgeltregelung und bei der Gewährung des Zusatzurlaubes an der Vorgangsweise des Landes Burgenland orientiert. Dies gehe auf eine Vereinbarung zwischen dem Beklagten und der Ärztekammer Burgenland aus dem Jahre 1957 zurück. Dies gebe jedoch dem Beklagte keine Rechtsgrundlage für eine einseitige Aufhebung des Zusatzurlaubes, sobald dieser im Verhältnis zwischen dem Land Burgenland und den bei ihm tätigen Ärzten durch eine andere Regelung ersetzt worden sei. Zwischen dem Beklagten und den bei ihm beschäftigten Ärzten habe es keine einvernehmliche Änderung der einzelnen Arbeitsverträge im Punkte des Zusatzurlaubes gegeben. Der Beklagte habe zwar ab 1.1.1993 das Gehalt erhöht, ohne allerdings vorher eine Neuregelung bzw einen Entfall des Zusatzurlaubes zu vereinbaren; die Monate später erfolgte nachträgliche einseitige Einstellung des Zusatzurlaubes sei aber nicht aufgrund der Gehaltserhöhung gerechtfertigt. Der Interessensverband der Mittelbauärzte sei nicht bevollmächtigt gewesen, für die beim Beklagten beschäftigten Ärzte Vereinbarungen abzuschließen und so in die Einzelarbeitsverträge einzugreifen. Die Zustimmung der beim Beklagten tätigen Ärzte zum Verhandlungsergebnis mit dem Land Burgenland entfalte im Verhältnis zum Beklagten keine Änderung hinsichtlich des Zusatzurlaubes. Aus dem Hinweis des Beklagten auf das Verfahren zwischen dem Zentralbetriebsrat der burgenländischen Landeskrankenanstalten und Betriebe gegen das Land Burgenland und die Krankenanstalten Gesellschaften mbH Burgenland sei für das vorliegende Verfahren nichts zu gewinnen. In diesem Verfahren wurde ein Feststellungsbegehren, daß die beim Land Burgenland beschäftigten Mittelbauärzte Anspruch auf 6 Werktage Zusatzurlaub haben, abgewiesen. Im Berufungsverfahren sei es nur mehr um die Auslegung einer in ihrer Wirksamkeit und Reichweite unstrittigen Vereinbarung gegangen. Eine derartige Vereinbarung fehle jedoch im Verhältnis der Streitteile dieses Verfahrens. Den beim Beklagten tätigen Ärzten sei der im Parallelverfahren unstrittige Zusammenhang, daß der Zusatzurlaub teilweise die Zwischendienste abgelten solle, nicht bekannt gewesen. Aus der Gewährung und der Annahme einer Gehaltserhöhung allein könne daher ohne jeglichen Hinweis des Dienstgebers nicht auf einen Verzicht der Dienstnehmer auf andere, bisher ohne besondere Bedingung gewährte Leistungen des Dienstgebers geschlossen werden. Eine automatische Gleichstellung der vom Beklagten beschäftigten Ärzte mit den beim Land Burgenland beschäftigten Ärzten sei nicht Bestandteil der Einzelarbeitsverträge. Richtig weise der Beklagte darauf hin, daß der Kläger keine Irrtumsanfechtung geltend gemacht habe; diese sei auch entbehrlich, um die begehrte Feststellung zu treffen. Die Generalregelung für "alle Beteiligten" (im Sinne von Spitalsärzten im Burgenland) entfalte für die beim Beklagten tätigen Ärzte keine Rechtswirkung, weil die Vereinbarung lediglich zwischen dem Land Burgenland und den bei diesem beschäftigten Ärzten geschlossen worden sei. Außer Streit stehe, daß der Beklagte (zumindest) gegenüber drei Arbeitnehmern keinen Vorbehalt dahin gemacht habe, daß der Zusatzurlaub die Zwischendienste teilweise abgelte. Die einseitige Einstellung des Zusatzurlaubes sei daher unberechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen abzuändern und das Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der klagende Betriebsrat beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Die gemäß § 46 Abs 3 Z 2 zweiter Fall ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 zulässige Revision, ist im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.
Der Revisionswerber führt aus, auch für die beim Beklagten tätigen Ärzte sei die "Gleichstellungsvereinbarung" vom 16.3.1957 (automatische Gleichstellung der beim Beklagten beschäftigten Ärzte mit den beim Land Burgenland beschäftigten Ärzten) maßgeblich, sodaß auch die im Dezember 1992 vom Interessensverband der Mittelbauärzte des Burgenlandes mit dem Land Burgenland erzielte Vereinbarung über die Abgeltung der Zwischendienste durch ein höheres Überstundenentgelt den Entfall des Zusatzurlaubes von 6 Werktagen auch für die beim Beklagten tätigen Ärzte zur Folge habe.
Für die dogmatische Einordnung der Betriebsübung (Schaub Arbeitsrechtshandbuch8 961 f; Münch AR/Richardi § 13;
Floretta/Spielbüchler/Strasser, AR I3, 241 f; Tomandl AR I3 219;
Schwarz/Löschnigg AR5, 334) wird eine normative Deutung abgelehnt und überwiegend die Rechtsgrundlage in einer Vertragstheorie (bzw Vertrauenshaftungstheorie im Anschluß an Seiter, Die Betriebsübung, zugleich ein Beitrag zur Lehre vom Rechtsgeschäft und von den Zurechnungsgründen rechterheblichen Verhaltens im Privatrecht, 1967, vgl Richardi aaO Rz 12 und 13) gesehen. Durch die gleichmäßige Gewährung von Leistungen tritt eine schlüssige Ergänzung des Einzelvertrages jedes begünstigten Arbeitnehmers ein (vgl Arb 9812 = DRdA 1981/3, 42 [Spielbüchler] = ZAS 1980/21, 178 [Maier-Maly]). Bei dieser Betriebsübung ist der generelle Charakter (Richardi aaO Rz 11), der enge Zusammenhang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz und die Ähnlichkeit mit der Auslobung (Tomandl aaO 218;
Floretta/Spielbüchler/Strasser aaO 241) bzw die strukturelle Ähnlichkeit mit der Geltung von allgemeinen Geschäftsbedingungen (Schwarz/Löschnigg aaO 334 mH auf die "Wissenmüssen - bzw "Wissendürfen"- Formel) zu beachten, insbesondere in den Fällen, in denen für die Arbeitnehmer Vor- und Nachteile miteinander verknüpft sind (Tomandl aaO 218), indem auch neueintretenden Arbeitnehmern gegenüber das Vertragsanbot des Arbeitgebers mit den von diesem aufgestellten Beschränkungen gilt, da diese davon ausgehen können und müssen, daß ihnen (nur) dieselben Vergünstigungen gewährt werden, wie allen Arbeitnehmern, dh dieses ist dahin zu ergänzen, daß ihnen nicht mehr an Begünstigungen gewährt werden soll (Schaub aaO 961 mwN bei FN 8). Ein neu eingestellter Arbeitnehmer darf im allgemeinen damit rechnen, die unter bestimmten Voraussetzungen gewährten Leistungen zu erhalten, sobald er die Voraussetzungen erfüllt (Richardi aaO Rz 21 unter Hinweis auf § 157 BGB, dessen Regelung mit § 914 ABGB vergleichbar ist). Wollte der Arbeitgeber verhindern, daß der neu eingestellte Arbeitnehmer in den Genuß der Leistung kommt, muß er die Gewährung im Arbeitsvertrag ausschließen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird dadurch nicht verletzt, weil das Prinzip der Vertragsfreiheit Vorrang hat (Richardi aaO Rz 21). Die auch gegenüber später eintretenden Arbeitnehmer eintretende Bindung (Arb 9812) kann nur durch eine gegenteilige Vereinbarung beim Neueintritt des Arbeitnehmers verhindert werden, wobei im Sinne des Stichtagsprinzipes (Floretta/Spielbüchler/Strasser aaO 242) nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen wird. Sollen neu eintretende Arbeitnehmer von der Betriebsübung ausgenommen werden, muß dies bei Begründung des Arbeitsverhältnisses deutlich gesagt werden (Schaub aaO 961). Damit wird die Geltung der redlichen Betriebsübung (vgl F.Bydlinski, Entwurf einen allgemeinen Teiles des Arbeitsrechtes, ZAS 1982, 113 ff, § 11 Abs 2: Der Übung des redlichen Verkehrs steht die redliche Betriebsübung gleich) von der Kenntnis des einzelnen neueintretenden Arbeitnehmers weitgehend abgekoppelt, "weil es nicht darauf ankommen soll, ob der einzelne zufällig Kenntnis hatte" (Floretta/Spielbüchler/Strasser aaO 241). Würde es nämlich auf die individuelle Kenntnis des einzelnen neu eintretenden Arbeitnehmers ankommen, dann wäre der Inhalt einer solchen auf Austausch von Leistung und Gegenleistung angelegten Zuwendung im Laufe der Zeit durch den Wechsel der beim Beklagten tätigen Ärzte einer schleichenden Änderung ausgesetzt gewesen, indem die (ursprüngliche) Verknüpfung zwischen Zusatzurlaub und Abgeltung der Zwischendienste ebenso wie die "Gleichstellungsvereinbarung" aus dem Jahr 1957 allmählich in Vergessenheit geriet. Eine solche Inhaltsänderung einer Betriebsübung, die auf eine allmählich zunehmende einseitige Begünstigung der Arbeitnehmer infolge fortschreitender Entledigung der mit dieser Begünstigung verbundenen Pflichten (Beschränkungen, Voraussetzungen) hinausliefe, kann weder das Attribut redlich (im Sinne des § 914 ABGB) rechtfertigen, noch wird sie dem besonderen kollektiven Charakter der Betriebsübung (siehe Schwarz/Löschnigg aaO 334 sowie Richardi aaO Rz 3; ZAS 1993/19 [Schrank]) gerecht, indem nämlich für die früher eingetretenen Arbeitnehmer die Betriebsübung noch in der ursprünglichen Form zu gelten hätte, für die später Eingetretenen hingegen nur mehr in der sie mehr und mehr begünstigenden Weise. Es liefe im Ergebnis auf die abgelehnte "Rosinentheorie" (SZ 66/47 = Arb 11.074; 8 ObA 214/96 ua) hinaus, würde bei Abstellen auf die individuelle Kenntnis des jeweils neu eintretenden Arbeitnehmers vom Inhalt einer redlichen Betriebsübung nur mehr der den Arbeitnehmer begünstigende Teil Bestand haben. Der Zusammenhang zwischen den vom Arbeitgeber wiederholt gewährten Leistungen und den damit verbundenen Bedingungen bleibt daher auch dann gewahrt, wenn neu eintretende Arbeitnehmer hievon nicht ausdrücklich in Kenntnis gesetzt wurden, sich diese aber hätten verschaffen können.
Daher ist für die rechtliche Beurteilung der von den Vorinstanzen in den Vordergrund gestellte Umstand, den beim Beklagten tätigen Ärzten, für die der klagende Betriebsrat die Feststellung ihres Anspruches auf Zusatzurlaub begehrt, sei der Zusammenhang zwischen Zusatzurlaub und Zwischendiensten nicht bekannt gewesen, während die Ärztekammer Burgenland bis 1974 die damals in Burgenland beschäftigten Spitalsärzte schriftlich von den mit dem Land getroffenen Vereinbarungen verständigt habe, unerheblich, soferne ursprünglich diese Verknüpfung bestand. Damit wird auch indirekt die "Gleichstellungsvereinbarung" vom 16.3.1957 bekräftigt. Ausgehend von diesem Zwischenergebnis ist das rechtsgeschäftliche Tätigwerden des "Interessensverbandes der burgenländischen Mittelbauärzte" im Dezember 1992 anders zu beurteilen, ebenso wie auch der Umstand, daß das Unterlassen eines Vorbehaltes des Beklagten gegenüber den nach 1974 (bis dahin wurden alle Ärzte von der Ärztekammer über die jeweiligen Verhandlungsergebnisse mit dem Land verständigt) bei ihm tätig gewordenen Ärzte allein noch nicht zu einem Anspruch auf Zusatzurlaub, losgelöst von einem Zusammenhang mit den "Zwischendiensten" und - nach dem Vorbringen der beklagten Partei - der versuchten Abgeltung dieses Urlaubes durch ein höheres Überstundenentgelt (für Zwischendienste) führt. Vielmehr ist (auch unter Bedachtnahme auf die "Gleichstellungsvereinbarung" mit den in einem Landesspital tätigen Ärzten) das rechtsgeschäftliche Verhalten des Beklagten - volle Honorierung der Zwischendienste durch ein erheblich erhöhtes Überstundenentgelt auch als Ersatz der teilweisen Abgeltung der Zwischendienste im Wege des Zeitausgleiches durch Gewährung des Zusatzurlaubes (vgl das Parallelverfahren 16 Cg 79/94 des Landesgerichtes Eisenstadt, in dem das vergleichbare Klagebegehren des Zentralbetriebsrates der burgenländischen Landeskrankenanstalten rechtskräftig abgewiesen wurde) - als Anbot zur Novation der bisherigen Betriebsübung zu verstehen. Ob die vom klagenden Betriebsrat vertretenen Mittelbauärzte diese Offerte zur Novation angenommen haben oder nicht, wird im fortgesetzten Verfahren noch zu prüfen sein. Die Feststellung "die Ärzte des Beklagten hätten das Verhandlungsergebnis vom 21.12.1992 nicht angenommen, wäre ihnen bekannt gewesen, daß von seiten des Landes bzw des Beklagten die Vereinbarung so ausgelegt werde, daß mit der neuen Gehaltsregelung der Zusatzurlaub entfalle" ermöglicht noch keine abschließende Beurteilung, zumal ein Irrtum, der eine Realannahme der Ärzte durch Entgegennahme des höheren Entgelts im Sinne des § 864 ABGB hinderte, nicht ausgeschlossen werden kann. Diesfalls stünde ihnen - vorbehaltlich der Rechtsprechung zum Kondiktionsausschluß gutgläubig
empfangenen und verbrauchten Entgelts (vgl Judikat 33 neu = SZ 11/86
= Arb 3893) - das höhere Entgelt, das im Abtausch für den Zusatzurlaub in Aussicht genommen wurde, für die Zukunft nicht zu. Im Falle einer Realannahme dieses Offerts hingegen wäre von einem Verzicht auf den Zusatzurlaub im Abtausch gegen das höhere Entgelt auszugehen.
Daher wird im fortzusetzenden Verfahren das Zustandekommen einer Änderungsvereinbarung Ende 1992 zu prüfen sein. Der mögliche Einwand einer dynamischen Verweisung könnte nur bei einer normativ wirkenden Regelung (Gesetz, Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung) die Zulässigkeit zufolge der Delegation der Normsetzungsbefugnis in Frage stellen, nicht aber bei einer Verweisung in der privatautonom begründeten Betriebsübung, die jeweilige arbeitsrechtliche Reglung des Bundeslandes übernehmen zu wollen, zumal die notwendige Inhaltskontrolle von Änderungen durch eine die betroffenen Ärzte umfassende Interessenvertretung im Verhandlungsweg bewirkt wurde. Im fortzusetzenden Verfahren ist aber davon auszugehen, daß auch die Verknüpfung zwischen Zusatzurlaub und den Zwischendiensten Inhalt der Betriebsübung war, auf die sich der klagende Betriebsrat beruft.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)