OGH 8ObA250/97s

OGH8ObA250/97s28.8.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- bzw Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Adamovic sowie durch die fachkundigen Laienrichter Notar Dr.Othmar Roninger und Erich Huhndorf als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Angestelltenbetriebsrat des Rehabilitationszentrums H*****, vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Wien 2, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr.Vera Kremslehner ua Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 300.000), infolge Revision und Rekurses der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25.April 1997, GZ 9 Ra 438/96i-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 18.Oktober 1996, GZ 3 Cga 252/93b-21, teils abgeändert, teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision und dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisions- bzw Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Begründung der Berufungsentscheidung, den als Angestellten des Krankenpflegefachdienstes, welche als Pflegepersonal auf der mit Bescheid des Amtes der niederösterreichischen Landesregierung vom 30.5.1984, VII/3-20/H-2/28-84, umschriebenen Intensiv- und Bettenstation tätig sind, gebühre, soferne sie länger als zwei Jahre auf Intensivstationen verwendet wurden, ohne über eine entsprechende Sonderausbildung gemäß § 57b Abs 1 des Krankenpflegegesetzes zu verfügen, ab dem Beginn des 25.Monats einer solchen ununterbrochenen Verwendung bis 31.3.1995 eine Verwendungszulage gemäß § 50 der Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.A), ist zutreffend (§ 48 ASGG).

Den Rechtsmittelausführungen der beklagten Partei ist zu entgegnen:

Die gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Vorinstanzen haben keineswegs irrig angenommen, daß das Vorhandensein einer Intensiv-Bettenstation seit dem 30.5.1984 (ergänze im Rehabilitationszentrum der beklagten Partei in H*****) außer Streit stehe (AS 37), wobei ergänzend noch entsprechende Feststellungen getroffen wurden, die einen solchen Irrtum ausschließen. Soferne es innerhalb des Begriffes "Intensivpflegestation" (im Sinne des § 50 Abs 4 DO.A) Abstufungen nach der unterschiedlichen Intensität der Pflegebedürftigkeit der Patienten gibt Schwerstkranke, Schwerkranke und schwerkranke Überwachungspatienten), hat dies in der DO.A keinen objektiven Ausdruck gefunden.

Die als Kollektivvertrag nach objektiven Kriterien auszulegende DO.A (Arb 10.945, 10.241, 9200; zuletzt etwa 9 ObA 7/96) differenziert nicht wie die Richtlinien der Österreichischen Gesellschaft für internistische und allgemeine Intensivmedizin (Beilage 2); es ist daher im Sinne einer Durchschnittsbetrachtung (vgl zur DO.A 9 ObA 2182/96i) von einem Typus der Intensivpflegestation auszugehen, der unterschiedliche Graduierungen in gleicher Weise umfaßt. Das Vorhandensein einer solchen wurde von den Vorinstanzen festgestellt und es ist auch mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30.5.1984 der Betrieb einer solchen samt der erforderlichen Infrastruktur genehmigt worden (zum Typenvergleich und zum Standard siehe 8 ObA 315, 316/95). Soferne das Berufungsgericht die Sachverhaltsgrundlage nach dem Revirement in der ärztlichen Leitung des Rehabilitationszentrums noch als ergänzungsbedürftig angesehen hat, kann dem der Oberste Gerichtshof als Rechtsinstanz nicht entgegentreten. Hingegen ist nicht anzunehmen, daß durch den Wechsel im ärztlichen Leiter der durchschnittliche Gesundheitszustand der Patienten sich wesentlich verändert haben sollte, soferne nicht in der Aufnahme derselben nach dem 1.4.1995 eine Klassifikation durch mehrere Rehabilitationszentren (auch der mehreren Sozialversicherungsträger) erfolgt sein sollte.

Die Auslegung des Kollektivvertrages (DO.A) unter dem Gesichtspunkt der Sachgerechtigkeit (8 ObA 190/97t; 8 ObA 2105/96h = RdW 1996, 489) muß davon ausgehen, daß die Sonderausbildung gemäß § 57 b des Krankenpflegegesetzes (idF Z 41 des BGBl 1992/872) voraussetzt, daß diese Personen bereits eine vierjährige Grundausbildung erfahren haben (§ 6 Abs 1 KrPflG). Gegenüber der kursmäßigen Fortbildung gemäß § 57 a leg cit ist die Sonderausbildung gemäß § 57 b zwar etwas intensiver (vgl den Verweis auf Hochschullehrgänge in § 57 b Abs 6 leg cit), nicht aber zeitlich so umfänglich wie die Ausbildung von Pflegehelfern im Rahmen eines Dienstverhältnisses (§§ 12 a und 19 a KrPflG), wofür eine dreijährige Vollbeschäftigung vorausgesetzt wird (§ 12 a Abs 1 lit b und § 19 Abs 1 lit b KrPflG). In diesen Fällen ist auch eine entsprechend proportionale Verlängerung im Falle einer Teilzeitbeschäftigung vorzunehmen, während in § 50 Abs 4 DO.A nur auf eine 24-monatige praktische Tätigkeit ohne Abstufung nach der Intensität der Intensivpflegestation oder nach dem Ausmaß eines Teilzeitbeschäftigungsverhältnisses unterschieden wird. Der Zeitraum von 24 Monaten wird unter Berücksichtigung der schon gegebenen vierjährigen Grundausbildung und der zusätzlichen Praxis von den Kollektivvertragspartnern als gleichwertig der Sonderausbildung gemäß § 57 b KrPflG eingeschätzt, so daß bei einer entsprechenden Dauer der Tätigkeit, die nach den Erläuterungen (einvernehmlicher Auslegung der Vertragspartner) zu § 50 Abs 4 DO.A durch Dienstverhinderungen oder Dienstfreistellungen von mehr als einem Tag - abgesehen vom Erholungsurlaub - unterbrochen wird. Dadurch haben die Kollektivvertragspartner der DO.A ohnedies auf eine gewisse Intensität des "training on the job" Bedacht genommen, ohne aber - im Sinne der Ausführungen der beklagten Partei - noch nach der Dichte der Pflegetage von schwerstkranken Patienten und dem Anteil an den sonstigen Pflegetagen von Patienten zu unterscheiden.

Der Begriff der Intensivstation ist mangels einer "Legaldefinition" durch den Kollektivvertrag bzw in Art V § 2 Z 1 Nachtschwerarbeitsgesetz im Sinne des "allgemeinen Sprachgebrauches" auszulegen, wofür es ausreicht, daß eine Intensivstation dem Standard einer solchen bei Vorhandensein von besonderen Überwachungseinrichtungen und erhöht pflegebedürftigen Patienten auch dann eine Intensivstation ist, wenn sie nicht dem erhöhten Standard der Vollintensivstation entspricht (vgl Schwimann/Posch ABGB2 I Rz 8 zu § 6; Bydlinski in Rummel ABGB2, Rz 17 zu § 6 zum Sprachgebrauch). Anders als bei der Erschwerniszulage für das Pflegepersonal gemäß § 46 Abs 1 Z 3 DO.A, die nach der ausschließlichen (lit a - Intensivstation) bzw überwiegenden Verwendung (lit c für bettlägerige Patienten) unterscheidet, ist eine solche Unterscheidung bei der Verwendungszulage zur Verminderung des Personalengpasses bei Pflegepersonen mit Sonderausbildung nicht gegeben. Das für die Einstufung entsprechend einer höherwertigen Tätigkeit geforderte "erhebliche Ausmaß und die regelmäßige Wiederholung" (§ 36 Abs 2 DO.A) von rund 30 % (vgl 9 ObA 254/93 - teilweise veröffentlicht in ARD 4530/24/94), ist für die Verwendungszulage gemäß § 50 Abs 4 DO.A nicht ohne weiteres übertragbar, da für die durch die Verwendungszulage auszugleichende höhere Einreihung (in § 38 DO.A Gehaltsgruppe II Dienstklasse B Z 1) nicht die Verwendung, sondern die Befähigung zu solchen Tätigkeiten, für die ansonsten eine Sonderausbildung gefordert wird, im Vordergrund steht. Eine im Pflegedienst tätige Person mit Sonderausbildung wird auch nicht danach unterschiedlich behandelt, ob sie von der Sonderausbildung mehr oder weniger häufig Gebrauch machen könnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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