OGH 9ObA227/97s

OGH9ObA227/97s27.8.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer und Dr.Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinrich Basalka und Josef Weiss als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Brigitte B*****, Landesbedienstete, ***** vertreten durch Dr.Bertram Grass und andere, Rechtsanwälte in Bregenz, wider die beklagte Partei Land Vorarlberg, ***** vertreten durch Dr.Rainer Santner, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Anfechtung einer Versetzung (Streitwert S 300.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. April 1997, GZ 15 Ra 39/97s-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. November 1996, GZ 34 Cga 111/96d-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

13.725 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.287,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß die Versetzung der unkündbaren Klägerin zulässig war. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist folgendes auszuführen:

Der Dienstvertrag umschreibt die Gattung der Arbeit und steckt daher den Rahmen der vom Arbeitnehmer nach Bedarf auszuführenden Tätigkeiten ab. Andere als die vereinbarten Dienste braucht der Arbeitnehmer in der Regel nicht zu leisten (DRdA 1980/5 [Spielbüchler]; WBl 1988, 90). Eine Versetzung ist sowohl eine Änderung des vereinbarten Arbeitsortes als auch des Arbeitsinhaltes (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht5 263). Nur innerhalb der vertraglichen Grenzen hat der Dienstgeber die Möglichkeit der direktorialen Versetzung, wobei nicht entscheidend ist, ob die Versetzung im Sinne des § 101 ArbVG verschlechternd ist, sondern ob sie durch den Inhalt des Arbeitsvertrages gedeckt ist (Schindler, Der Versetzungsschutz der Vertragsbediensteten, DRdA 1987/ 422 f; Arb 11.273). Bei unkündbaren Arbeitsverhältnissen, wie das der Klägerin, darf aber das Weisungsrecht des Dienstgebers bezüglich der Verwendung nicht zu eng begrenzt werden, weil der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bzw der Definitivstellung redlicherweise nicht damit rechnen durfte, daß er bei Änderung der Umstände ein arbeitsloses Einkommen beziehen werde. Die Dispositionsmöglichkeit des Arbeitgebers im Hinblick auf den Einsatz des Arbeitnehmers bei unkündbaren Arbeitsverhältnissen geht daher weiter als bei Fehlen eines entsprechenden Kündigungsschutzes (Arb 11.273 mwN; DRdA 1996/36 [Krapf]; 8 ObA 309/94; 8 ObA 268/95).

Aber auch bei Unkündbarkeit gibt es Grenzen in der Zumutbarkeit der neuen Beschäftigung, die nicht unbedingt in unmittelbarer Nähe der Gleichwertigkeit liegen muß. Wie das Berufungsgericht richtig erkannte, wäre die Versetzung der Klägerin als einseitige Vertragsänderung ohne die durchaus eindeutige Bestimmung des § 28 Abs 3 iVm § 120 LVBedG unzulässig. Dafür, daß diese Bestimmung abbedungen werden sollte, fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Demgemäß ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, der dem Vorliegen von (wichtigen) Interessen des Dienstes gleichzusetzen ist, auch bei unkündbaren Arbeitnehmern eine vertragsändernde Versetzung ohne ihre Zustimmung zulässig, wenn eine Interessenabwägung dies billig erscheinen läßt (RdW 1986, 427 = SZ 68/165).

Es kommt daher nicht darauf an, ob die Versetzung einer Dienstzuteilung über die Dauer von sechs Monaten gleichkommt, weil in beiden Fällen eine Zuweisung an eine andere Dienststelle an gleich strenge Voraussetzungen geknüpft ist und nur aus wichtigen Gründen erfolgen kann. In beiden Fällen kann der Dienstbetrieb in anderer Weise nicht aufrechterhalten werden, - sonst würde ja kein wichtiges Interesse des Dienstes vorliegen, - weil beim Arbeitnehmer der Wille oder die Fähigkeit zur genauen Erfüllung der vorgegebenen Dienstpflichten nicht oder nicht mehr ausreichend gegeben ist.

Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin ergibt sich aus den Feststellungen, daß die Klägerin nicht mehr willens war, die ihr gestellten Aufgaben in der Öffentlichkeitsarbeit entsprechend den politischen Intentionen der Landesrätin, der sie sowohl vom Beginn ihrer Tätigkeit an als auch nach den "Mutterer Beschlüssen" und nach der Vereinbarung vom 31.3.1994 in sachlicher Hinsicht unterstellt war, umzusetzen. Entgegen dem ausdrücklichen Willen der Landesrätin hat sie ihren Leserbrief beharrend auf ihrer eigenen Auffassung, die mit dem von der Landesrätin gewünschten Inhalt nicht übereinstimmte, nicht als ihre private Meinung, sondern als die des Frauenreferates beim Amte der Vorarlberger Landesregierung veröffentlicht. Damit hat sie aber entgegen der Bestimmung des § 30 Abs 5 LVBedG ohne Zustimmung zu Fragen der Verwaltung, nämlich der Weiterfinanzierung des "Frauengetriebes" Stellung genommen und somit gegen ihre Dienstpflichten verstoßen und beharrlich die Wünsche der Landesrätin verletzt. Dies hat mit einer ihr persönlich nach Art 10 MRK zustehenden Kritik an Maßnahmen der Landesregierung nichts zu tun, sondern trat diese Meinung nach außen als Meinung des Frauenreferates des Amtes der Vorarlberger Landesregierung in Erscheinung, die aber im Tatsächlichen nicht der politischen Meinung der ihr fachlich vorgesetzten Landesrätin entsprach. Gegenstand der Veröffentlichung war demnach nicht ihre persönliche Kritik, sondern die Stellungnahme des der Landesrätin unterstellten Frauenreferates, zu der sie aber nicht befugt war. Mangels demokratischer Legitimation hätte sie als Landesbedienstete der Verwendungsgruppe "c" in ihrer dienstlichen Tätigkeit die Entscheidungen der Landesregierung nicht gegenteilig zu kommentieren gehabt, sondern nachzuvollziehen.

Im Zusammenhang mit dem subjektiven Vertrauensverlust der Landesrätin, der im politischen Bereich auch objektiv verständlich ist, liegen in den Äußerungen der Klägerin "Dienst nach Vorschrift zu machen", die sie dann dahin abschwächte, den Dienst "weiterhin korrekt zu machen" und der Beantwortung der Frage, wie sie sich die weitere Zusammenarbeit vorstelle, mit "grundsätzlich ja", "sie sei optimistisch", ausreichende Feststellungen vor, die den Schluß rechtfertigen, daß die Klägerin ihre Aufgaben im vertraglich zugesicherten fachlichen Bereich der Frauenförderung nicht mehr in der von ihr erwarteten Weise erfüllen werde. Daß der Klägerin die Veröffentlichung nicht mit ausdrücklicher Weisung untersagt wurde, ist im Hinblick auf die Kenntnis des Nichteinverständnisses der Landesrätin mit der Auffassung des Artikels und der Androhung von Konsequenzen im Falle der Veröffentlichung in der Fassung der Klägerin ohne Bedeutung. Das festgestellte Gesamtverhalten der Klägerin zeigt daher objektiv eine mangelnde Akzeptanz der von ihr einzuhaltenden fachlichen Rahmenbedingungen und ihrer Unterstellung unter die verantwortliche Landesrätin und die mangelnde Gewißheit, daß sie in Zukunft ihre Pflichten nicht nur korrekt, sondern auch vorbehaltlos im Sinne einer in diesem Bereich notwendigen guten Zusammenarbeit mit der Landesrätin, die auch vom Vertrauen derselben umfaßt sein muß, erfüllen werde.

Da die unmittelbare Gleichwertigkeit nicht Voraussetzung der neuen Beschäftigung sein muß, die Verwendungsgruppe und das Entgelt gleichgeblieben sind, bildet im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichtes das Fehlen eines eigenen Büros, die eingeschränkte Kompetenz bei der auch schon bei der bisherigen Tätigkeit eingeschränkten Vergabe von Subventionen, beim Abschluß von Werkverträgen und bei der Unterfertigung von Zahlungsaufträgen bzw der Umstand, daß ihr nunmehr keine Mitarbeiterin zuarbeitet sowie die Einschränkung der Eigenständigkeit der Präsentation der nach wie vor zu ihrem Aufgabengebiet gehörenden Öffentlichkeitsarbeit noch keine so schwerwiegenden Nachteile, die die neue Beschäftigung als unzumutbar erscheinen ließen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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