Spruch:
Der Revision wird keine Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war selbständiger Rechtsanwalt und bezieht nunmehr eine Rente aufgrund der Satzungen der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer für Oberösterreich. Er ist seit seiner Emeritierung nicht mehr Mitglied der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer, weil dies nur für aktive Mitglieder vorgesehen ist.
Mit dem bekämpften Bescheid vom 21.3.1996 gewährte die beklagte Partei dem Kläger (zufolge Bejahung eines durchschnittlich mehr als 50 Stunden monatlich betragenden Pflegebedarfs) ab Mai 1995 bis Juni 1995 ein Pflegegeld der Stufe 1 in Höhe von monatlich S 2.635,--, im Hinblick auf seinen Pensionsbezug auf Grund bundesgesetzlicher Vorschriften jedoch nicht auch für einen darüber hinausgehenden Zeitraum.
Der Kläger begehrte mit seiner Klage das Pflegegeld der Stufe 1 im gesetzlichen Ausmaß auch über den Juni 1995 hinaus.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen kurzen Feststellungen und beurteilte den Sachverhalt rechtlich dahin, daß der Kläger einen Ruhe-(Versorgungs-)genuß aufgrund der Rechtsanwaltsordnung (RAO), also einer bundesgesetzlichen Regelung, nicht hingegen aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung habe, sodaß ihm ein Anspruch auf Landespflegegeld nicht zustehe.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es führte rechtlich ergänzend aus, daß eine systematische und teleologische Interpretation des § 3 Abs 2 Bundespflegegeldgesetz (BPGG) nur ergeben könne, daß Personen, die aufgrund der hierin normierten Verordnungsermächtigung einbezogen wurden bzw einbezogen werden könnten, auch und gerade dann einen Pflegegeldanspruch nach dem BPGG hätten, wenn sie - wegen Aufgabe ihres Berufes - nicht mehr kammerzugehörig seien. Derzeit bestehe ein solcher Anspruch allerdings nicht. Die vom BPGG "bedingt" erfaßten Personenkreise könnten damit auch kein Landespflegegeld beanspruchen. Durch die Pflegegeldgesetznovelle LGBl 1995/54 habe der oberösterreichische Landesgesetzgeber hiezu auch noch eine entsprechende Klarstellung getroffen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Revision ist gemäß § 46 Abs 3 ASGG auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässig, jedoch nicht berechtigt. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
§ 3 BPGG zählt jenen Personenkreis auf, der Anspruch auf (Bundes-)Pflegegeld nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes hat. Nach Abs 2 leg cit ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen mit Verordnung weitere Personengruppen (soweit sie nicht in der gesetzlichen Pensionsversicherung versichert sind), in den anspruchsberechtigten Personenkreis nach Abs 1 einzubeziehen; in Z 2 werden die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern genannt. Nach der Regierungsvorlage (776 BlgNR 18. GP, 25) sollen jene pflegebedürtigen Menschen, die nicht zum anspruchberechtigten Personenkreis des BPGG gehören und die auch keine Ansprüche aus privatrechtlicher Vereinbarung haben, zu gleichen Bedingungen von den Ländern Pflegegeld beziehen. Die Verordnungsvermächtigung für die Einbeziehung bestimmter Personengruppen, die nicht der gesetzlichen Pensionsversicherung unterliegen bzw deren Anspruch auf Ruhe-(Versorgungs-)genuß auf einer privatrechtlichen Vereinbarung beruht, wurde dabei erst durch den Ausschuß für Arbeit und Soziales eingefügt (908 BlgNR 18. GP, 4). Eine solche Verordnung hinsichtlich der Personengruppe der Rechtsanwälte wurde bisher (noch) nicht erlassen (siehe BGBl 1993/442 und 1994/48).
Auch § 3 des oberösterreichischen Pflegegeldgesetzes (oöPGG) LGBl 1993/64 umschreibt den nach diesem Landesgesetz anspruchsberechtigten Personenkreis. Nicht zu diesem Kreis zählen ua (Abs 2 Z 1 und 2 idF der Novelle LGBl 1995/54, in Kraft getreten mit 1.7.1995, also mit Ende der von der beklagten Partei dem Kläger bescheidmäßig zuerkannten vormaligen Pflegegeldleistung der Stufe 1) Personen, die dem Personenkreis des § 3 Abs 2 und 3 BPGG angehören oder die einen Anspruch auf eine Pension, einen Ruhe-(Versorgungs-)genuß oder eine gleichartige Leistung aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung oder aufgrund bundesgesetzlicher Vorschriften haben oder geltend machen können. Eine solche bundesgesetzliche Vorschrift besteht - im Sinne der zutreffenden Rechtsansicht der Vorinstanzen - für den Kläger in Gestalt der §§ 49 ff RAO. Tatsächlich bezieht der Kläger auch seit seinem altersbedingten Verzicht auf die weitere Ausübung der Rechtsanwaltschaft - nach den unstrittigen Feststellungen des Erstgerichtes - eine solche Leistung in Form einer Altersrente.
Der Senat hat bereits in der - zwischenzeitlich mehrfach veröffentlichten (ZASB 1997, 13 = DRdA 1997, 140 = infas 1997/S 23) - Entscheidung 10 ObS 2189/96a (betreffend Pflegegeldansprüche der Witwe eines verstorbenen Ziviltechnikers und Pflichtmitgliedes der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten mit Bezug einer Alterspension aus dem Versorgungs- und Sterbekassenfond der Wohlfahrtseinrichtungen dieser Kammer) mit ausführlicher Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen im Hinblick auf die zitierten Fundstellennachweise verwiesen werden kann, ausgesprochen, daß Personen, die vom BPGG nur "bedingt" erfaßt sind, gleichwohl der Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers unterliegen, sodaß für nicht der Pflichtversicherung unterliegende Freiberufler oder bestimmte Bezieher privatrechtlicher Pensionsleistungen kein Anspruch auf landesgesetzliche Pflegegeldleistungen besteht. Auch die Regelung der Gewährung von Grundleistungen im Sinne des § 3 Abs 1 BPGG an Freiberufler liegt grundsätzlich in der Kompetenz des Bundes (verweist doch § 3 Abs 1 FSVG grundsätzlich auf die pensionsrechtlichen Vorschriften des GSVG und nennt - auf den vorliegenden Fall bezogen - § 2 Abs 1 Z 2 FSVG die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern ausdrücklich im Katalog der selbständig erwerbstätigen Pflichtversicherten). Der Umstand, daß der Bund von der Kompetenz des § 3 Abs 2 BPGG (hier) im Hinblick auf die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern bis dato nicht Gebrauch gemacht hat, vermag noch keine Landeszuständigkeit zu begründen. Diese Lücke im Gesamtsystem der Pflegevorsorge zu schließen, wäre nach der gegebenen Verfassungslage Aufgabe des Bundes (ausführlich und besonders auf die Situation eines pflegebedürftig gewordenen, nicht mehr aktiven Rechtsanwaltes bezugnehmend Pfeil, BPGG 56f und 64). Ein Anspruch auf Landespflegegeld besteht daher - nicht zuletzt aufgrund der Ausschlußbestimmung des § 3 Abs 2 Z 2 oöPGG idgF - in einem solchen Fall nicht (idS auch Gruber/Pallinger, BPGG Rz 24 aE zu § 3).
Diese die zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes tragenden Ausführungen sind - entgegen der Ansicht des Revisionswerbers - auch auf den vorliegenden Fall im grundsätzlichen anwendbar. Die Vorinstanzen haben daher sein Klagebegehren zu Recht abgewiesen. Die (schwerpunktmäßig) auf das föderalistische Element der Organisation der österreichischen Rechtsanwaltschaft eingehenden Ausführungen können dagegen nicht stichhaltig ins Treffen geführt werden.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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