OGH 2Ob2205/96w

OGH2Ob2205/96w26.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Elisabeth C*****, vertreten durch Czerwenka & Partner, Rechtsanwälte KEG in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Dipl.Ing.Wolfgang B*****, 2. Prof.Mag.Arch.Hannes L*****, 3. Prof.Mag.Arch.Alexander M*****, 4. Prof.Mag.Arch.Roland M*****, alle vertreten durch Dr.Hannes Pflaum, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 652,249,40 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 23. Juni 1995, GZ 11 R 41/95-68, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 14.Dezember 1994, GZ 4 Cg 352/93a-57, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der am 16.4.1993 verstorbene ursprüngliche Kläger Rechtsanwalt Dr.Fritz C***** begehrte die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von S 652.249,40 sA mit dem Vorbringen, die Beklagten und andere Architekten hätten sich zur Durchführung eines Werkvertrages in einer ARGE in der Rechtsform einer bürgerlichen Erwerbsgesellschaft vereinigt. Der Kläger habe diese ARGE im Jahre 1987 beraten und vertreten; daraus sei ein Honoraranspruch von S 1,153.002,81 erwachsen. Davon werde unter Gewährung eines Nachlasses von 43 % der Klagsbetrag gerichtlich geltend gemacht. Der Honoraranspruch setze sich aus dem Honorar für Verhandlungen und Schriftsätze in einem Schiedsgerichtsverfahren gegen die V***** GesmbH von S 357.537,37, in einem Verfahren vor dem Handelsgericht Wien (Berufshaftpflichtprozeß) von S 38.934, weiters aus dem Honorar für 44 Briefe (S 60.368), 128 halbe Stunden Besprechungen (S 585.216), einer Kommission (S 2.744) sowie Barauslagen von S 3.385 und der 10%igen Umsatzsteuer von S 104.818,44 zusammen.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Sie verwiesen auf eine am 15.Jänner 1986 getroffene Honorarvereinbarung, wonach die anwaltlichen Leistungen auf Basis des Rechtsanwaltstarifes, Stand 1984, mit einem Nachlaß von 25 % verrechnet werden sollten. Einzelleistungen, wie Telefonate, Briefe, Kommissionen, sollten nicht verrechnet werden. Der Kläger habe der ARGE Leistungen verrechnet, die er für Dipl.Ing.Georg L***** ohne Genehmigung der ARGE erbracht habe; dieser sei ab 26.Mai 1987 nicht mehr für die ARGE vertretungsbefugt gewesen.

Dem Kläger gebühre für seine anwaltlichen Leistungen im Schiedsgerichtsverfahren kein Honorar für die Verhandlung vom 5. Oktober 1987, weil er diese entgegen der ausdrücklichen Weisung des ARGE-Federführenden verrichtet habe; dies gelte auch für eine an das Schiedsgericht am 2.November 1987 übermittelte Bekanntgabe. Für das Schiedsgerichtsverfahren sei ein Honorar von S 205.481,25 ausschließlich Umsatzsteuer angemessen. Da in diesem Betrag auch ein 50%iger Einheitssatz enthalten sei, seien dadurch nach § 23 RATG alle Leistungen nach TP 5, 6 und 8 abgegolten, weshalb keine zusätzlichen 48 halbe Stunden für Telefonate und Konferenzen verzeichnet werden könnten. Der Honorarbetrag, der für das vor dem Handelsgericht Wien geführte Verfahren (Berufshaftpflichtversicherung) in Rechnung gestellte werde, sei nicht berechtigt, weil der Kläger dieses Verfahren trotz fehlender Aktivlegitimation der dortigen Kläger fortgesetzt habe. Hinsichtlich der Architektenverträge II gebühre lediglich ein Honorar für eine Besprechung vom 30.September 1987 in der Dauer von zwei halben Stunden zu S 3.975 und es sei somit bloß ein Betrag von S 7.950 berechtigt. Unter Berücksichtigung eines 28%igen Nachlasses und eines Pauschales von S 1.000 für Barauslagen ergebe sich ein angemessenes Honorar von S 177.180,78.

Die Beklagten wendeten weiters gegen die Klagsforderung Forderungen von S 586.512,50 und von S 238.449,25 aufrechnungsweise ein. Dazu führten sie aus, daß ihr nunmehriger Vertreter im Schiedsgerichtsverfahren im Auftrag der ARGE Vergleichsgespräche geführt habe. In einer Sitzung vom 16.September 1987, in der auch Prof.Dipl.Ing.L***** vertreten gewesen sei, sei ein Vergleichsanbot der V***** GesmbH angenommen worden. Am 30.September 1987 habe Dipl.Ing.L***** ihrem nunmehrigen Vertreter mitgeteilt, mit dem Vergleich nicht einverstanden zu sein. Der Zweitbeklagte habe als Vertretungsbefugter der ARGE ihren nunmehrigen Vertreter beauftragt, den Vergleich abzuschließen, was am 1.Oktober 1987 geschehen sei. Der Kläger habe dem Ersuchen ihres nunmehrigen Vertreters, die für den 5. Oktober 1987 anberaumte Schiedsgerichtsverhandlung wegen des Vergleichsabschlusses unbesucht zu lassen, nicht entsprochen und in dieser Verhandlung die Ungültigkeit des Vergleiches behauptet. Deshalb hätten die ARGE-Gesellschafter - mit Ausnahme Dipl.Ing.L***** - dem Kläger am 5.Oktober 1987 die Vollmacht gekündigt. Dem Kläger sei aber bekannt gewesen, daß nach dem von ihm verfaßten Gesellschaftsvertrag in Angelegenheiten der ARGE Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit zu fassen seien. Durch die auftragswidrige Vorgangsweise des Klägers sei ein Schaden von S 586.512,50 verursacht worden. Dieser setze sich aus einem erhöhten Kostenbetrag von S 420.000,-- infolge Nichtzustandekommen des Vergleiches vom 1.10.1987, Zinsenverlust von S 79.062,50 sowie weiteren Kosten des Beklagtenvertreters zusammen. Der weiters eingewendete Betrag von S 238.449,25 sei durch die Prozeßführung des Klägers vor dem Handelsgericht Wien verursacht worden. Es handle sich um die an die Verfahrensgegner zu bezahlenden Prozeßkosten. Der Kläger hätte die Aussichtslosigkeit des Verfahrens wegen der fehlenden Aktivlegitimation schon vor der Klageeinbringung erkennen können.

Die Klägerin erwiderte dazu, daß die beklagten Parteien über die Problematik der Klagsführung immer informiert gewesen seien und daß der verstorbene Rechtsvertreter ein Rechtsmittelverfahren für aussichtslos gehalten habe.

Das Erstgericht erkannte, daß die eingeklagte Forderung mit S 327.647,15 zu Recht besteht und die eingewendeten Gegenforderungen nicht zu Recht bestehen, gab dem Klagebegehren daher mit einem Teilbetrag von S 327.647,15 sA statt und wies das Mehrbegehren von S 324.602,25 ab.

Es ging von nachstehenden wesentlichen Feststellungen aus:

Am 13.März 1981 schlossen die Beklagten und weitere fünf Architekten einen Gesellschaftsvertrag über eine Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts als ARGE zur Durchführung der Architektenarbeiten für den Neubau des Wiener Allgemeinen Krankenhauses; § 4 letzter Absatz dieses Gesellschaftsvertrages lautet:

"Die Gesellschafter bestellen einen der Gesellschafter zum Federführenden sowie einen Stellvertreter; diese vertreten die ARGE nach außen je einzeln."

Architekt Dipl.Ing.Georg L***** war bis zum 26.Mai 1987 stellvertretender Federführender der ARGE. Danach wurde der bis dahin federführende Zweitbeklagte wiedergewählt und als sein Stellvertreter der Drittbeklagte gewählt, der gleichzeitig im Jahre 1987 geschäftsführender Gesellschafter war. Nach § 5 Abs 3 des Gesellschaftsvertrages kam ihm eine Vertretungsbefugnis nach außen zu. Nach § 5 letzter Absatz des Gesellschaftsvertrages entscheidet die Gesellschafterversammlung in der Regel mit einfacher Stimmenmehrheit.

In einer Besprechung vom 15.Jänner 1986 wurde für die Kostenverrechnung zwischen der ARGE und dem Kläger folgendes vereinbart:

"Die vom Kläger geführten Gerichtsverfahren werden normal abgerechnet, während sonst nur Besprechungen im Sinne des TP 8 des RATG honoriert werden. Als Kostenbemessungsgrundlage wird für die Besprechungen der im RATG angeführte Höchstsatz angenommen. Die Besprechungen werden nach ihrer Länge unabhängig von den besprochenen Themen honoriert. Als Basis der Verrechnung dienen die Sätze des RAT, Stand 1984 für TP 3 und TP 8. Damit sind auch alle anderen Verpflichtungen abgegolten. Auf die sich ergebende Gesamtsumme wird ein Nachlaß von 25 % gewährt."

Nicht festgestellt werden konnte, daß diese Vereinbarung nur für die Jahre 1985 und 1986 gelten sollte.

Der Kläger erbrachte im Jahre 1987 folgende Leistungen:

1. Hinsichtlich des "Schiedsgerichtsverfahrens wegen Pönaleforderungen (OP III, IV)" fielen Verfahrenskosten inklusive 50 % Einheitssatz und 50%igem Streitgenossenzuschlag exklusive Umsatzsteuer von S 357,537,37 an, wobei auf die Verhandlung vom 5. Oktober 1987 und die Bekanntgabe vom 2.November 1987 insgesamt S

43.836 exklusive Umsatzsteuer entfielen. Im Zuge dieses Verfahrens wurden 48 halbe Stunden Telefonate und Besprechungen vom Kläger geführt. Barauslagen wurden in Höhe von S 1.256 bezahlt, wobei seit dem 5.Oktober 1987 S 265 anfielen. Das Schiedsgerichtsverfahren wurde im Jahre 1984 von den Beklagten gegen die Republik Österreich und die Stadt Wien eingeleitet. Gegenstand des Schiedsverfahrens war die Frage der Berechtigung einer Konventionalstrafe von S 3,700.000.

Am 16.September 1987 fand eine Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der Architekten statt, an der der nunmehrige Vertreter der Beklagten und im Vollmachtsnamen von Dipl.Ing.L***** Dr.B***** aus der Kanzlei des Klägers teilnahmen. Dr.B***** hatte lediglich den Auftrag, die Sitzungsvorgänge zu beobachten, jedoch an keinerlei Abstimmungen teilzunehmen. Anläßlich dieser Sitzung wurde dem nunmehrigen Vertreter der Beklagten der Auftrag erteilt, einen Vergleich abzuschließen, weshalb die für den 5.Oktober 1987 anberaumte weitere Verhandlung des Schiedsgerichtes nicht mehr stattfinden müsse. Dieser Auftrag beruhte jedenfalls auf der Zustimmung der Mehrheit der anwesenden Architekten. Der nunmehrige Vertreter der Beklagten erzielte am 1.Oktober 1987 einen Vergleich zwischen den am Schiedsverfahren beteiligten Parteien und übermittelte diesen noch am gleichen Tag dem Kläger mit dem Ersuchen, die für den 5.Oktober 1987 anberaumte Verhandlung abzuberaumen und das Schiedsgericht von der Beendigung des Verfahrens zu unterrichten. Schon am 30.September 1987 hatten der Zweitbeklagte und Dipl.Ing.L***** dem Kläger mitgeteilt, daß sie mit dem Vergleichsanbot nicht einverstanden seien. Der Kläger teilte mit Schreiben vom 30.September 1987 den Beteiligten, darunter auch dem nunmehrigen Vertreter der Beklagten mit, daß die Vergleichsverhandlungen unter Umgehung seiner Person geführt worden seien; mangels Zustimmung sämtlicher Kläger seien die Voraussetzungen für den Abschluß eines Vergleiches nicht gegeben.

Der Kläger besuchte namens der Beklagten am 5.Oktober 1987 die Sitzung des Schiedsgerichtes, in der die Frage erörtert wurde, ob ein Vergleich der Streitteile zustande gekommen sei. Der Kläger berichtete der ARGE, daß seine Vollmacht bisher nicht widerrufen worden sei und der Vergleich mangels Zustimmung durch Dipl.Ing.L***** unwirksam sei. Schließlich wurde am 15.Dezember 1987 zwischen den Streitteilen des Schiedsverfahrens ein Vergleich abgeschlossen, in dem der Kläger die Architektengemeinschaft vertrat.

2. Im Verfahren "Berufshaftpflichtversicherung" entstanden 1987 Rechtsanwaltskosten in der Höhe von S 38.934,69. Barauslagen fielen in der Höhe von S 112 an. In diesen Angelegenheiten wurden Besprechungen in der Dauer von fünf halben Stunden abgehalten. Gegenstand dieses Verfahrens war eine vom Kläger namens der Architektengemeinschaft gegen die ***** Versicherungs AG und gegen die Ingenieurkammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland eingebrachte Nichtigkeitsklage. Die Ingenieurkammer hatte mit der ***** Versicherungs AG einen Versicherungsvertrag mit Versicherungsbeginn 1.Jänner 1981 abgeschlossen. Gegenstand der Versicherung war die gesetzliche Haftpflicht (Berufshaftpflichtversicherung) der Versicherten. Versichert waren alle bis zum Zeitpunkt des Versicherungsbeginnes befugten Ziviltechniker mit aufrechter Befugnis, die Mitglieder der Ingenieurkammer waren. Zu diesem Personenkreis gehörten die damals klagenden Mitglieder der Architektengemeinschaft. Nach Art 6 Punkt 5 und 6 der vereinbarten Versicherungsbedingungen erstreckte sich die Versicherung nicht auf Schadenersatzverpflichtungen aus der Teilnahme an einer Arbeitsgemeinschaft, bei der nicht ausschließlich österreichische Ziviltechniker Partner der Arbeitsgemeinschaft waren. Die Architektengemeinschaft, vertreten durch den Kläger, begehrte die Feststellung der Nichtigkeit des Haftpflichtversicherungsvertrages, der zwischen den beklagten Parteien des damaligen Rechtsstreites abgeschlossen wurde. Der von der Ingenieurkammer eingehobene Umlagenteil für die Berufshaftpflichtversicherung übersteige die pro Versichertem vereinbarte Versicherungsprämie erheblich, wodurch die Ingenieurkammer einen Provisionsgewinn erziele. Die Architekten seien Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft für die Planung und den Neubau des Allgemeinen Krankenhauses Wien, an der auch zwei ausländische Partner beteiligt seien. Sie würden zwar zur Beitragsleistung herangezogen, erhielten jedoch für die berufliche Tätigkeit infolge der Ausschlußklausel keinen Versicherungsschutz und somit keine Gegenleistung.

Das Klagebegehren wurde in allen drei Instanzen abgewiesen, wobei das

streitgegenständliche Versicherungsverhältnis als Versicherung auf

fremde Rechnung qualifiziert wurde. Der Oberste Gerichtshof führte in

diesem Verfahren ua aus: "Nach § 75 Abs 1 Satz 1 VersVG stehen bei

der Versicherung für fremde Rechte die Rechte aus dem

Versicherungsvertrag dem Versicherten zu. Nach Prölls-Martin (VVG23

454) sind damit nur die geldlichen Ansprüche gemeint. Sieg in

Bruck/Möller (VVG8 II 945) zählt hiezu alle Rechte, die mit der

Entschädigung zusammenhängen. Ihm folgte auch der Oberste Gerichtshof

(7 Ob 90/83). Die Gestaltungsrechte, insbesondere das Recht der

Vertragsanfechtung, gehört nach der im Schrifttum überwiegend

vertretenen Meinung nicht zu den in § 75 Abs 1 Satz 1 VersVG

angeführten Rechten. ... Für die herrschende Ansicht spricht zunächst

der Gesetzeswortlaut, weil unter den Rechten aus dem Vertrag nach dem

allgemeinen Sprachgebrauch nicht auch jene verstanden werden können,

die die Begründung des Vertragsverhältnisses betreffen ... . Daraus

ergibt sich, daß § 75 Abs 1 Satz 1 VersVG dahin auszulegen ist, daß zu den dort angeführten Rechten des Versicherten nicht auch das Recht gehört, den Versicherungsvertrag anzufechten."

3. Betreffend "Architektenverträge" kam es neben der anerkannten Besprechung vom 30.September 1987 in der Dauer von zwei halben Stunden zwischen dem Kläger und Dipl.Ing.L***** am 6.Juli, 13.Juli, 31. August, 1.Oktober und 22.Oktober 1987 zu telefonischen Besprechungen. Am 29.September 1987 teilte Dipl.Ing.L***** dem Kläger einen Termin mit. Am 4.September 1987 kam es mit dem den Zweitbeklagten vertretenden Rechtsanwalt Dr.H***** zu einer telefonischen Besprechung, welcher Umstand Dipl.Ing.L***** in Form einer Besprechungsnotiz mitgeteilt wurde. An Barauslagen fielen S 70 an.

4. Hinsichtlich des Themas "ARGE" kam es neben der anerkannten Besprechung vom 27.April 1987 in der Dauer von zwei halben Stunden zu einer Besprechung in der Dauer von vier halben Stunden mit Dipl.Ing.L***** am 28.April 1987 und einer weiteren am 2.Juni 1987.

5. Betreffend den Problemkreis "Orientierungssystem" besprach sich der Kläger am 8.Jänner 1987 mit Rechtsanwalt Dr.L*****, wobei nicht festgestellt werden konnte, ob der Kläger diese Besprechung aus eigenem oder auftragsgemäß durchführte. In einer Besprechung am 7. Jänner 1987, in der es vornehmlich um das wegen der Pönale anhängige Schiedsgerichtsverfahren ging, wurde auch über das Orientierungssystem und das Ausscheiden zweier weiterer Architekten gesprochen. Am 21.Jänner 1987 kam es zu einer halbstündigen telefonischen Besprechung mit Dipl.Ing.L***** zur Frage eines zu führenden Schiedsgerichtsverfahrens. Danach wußte der Kläger, daß der nunmehrige Vertreter der Beklagten von der ARGE mit der Führung des Schiedsgerichtsgerichtsverfahrens betraut worden war, führte aber dennoch telefonische Besprechungen im Ausmaß von weiteren 24/2 Stunden durch und hatte bei seiner Tätigkeit Barauslagen in Höhe von

S 127,50.

6. Die Angelegenheit der ARGE-Mitglieder Kö***** und Kä***** wurde am 7. Jänner 1987 anläßlich einer Besprechung zum Thema "Schiedsgerichtsverfahren" zur Sprache gebracht. Am 28.April 1987 hatte Dipl.Ing.L***** mit dem Kläger in eigener Sache ohne Weisung der ARGE über ein Vorgehen gegen diese Architekten beraten.

7. Unter dem Schlagwort "Planung AKH" hatte der Kläger außerdem eine kurze Mitteilung Dipl.Ing.L*****s über eine Erkrankung des Drittbeklagten am 3.April 1987 als Besprechung in seinen Expensaren geführt und Barauslagen von S 35 verzeichnet.

8. Zum Thema "Herstellungskosten" kam es neben der anerkannten Besprechung vom 5.Februar 1987 in der Dauer einer halben Stunde zu einer Besprechung mit dem Drittbeklagten und Dr.K***** am 1.September 1987 in der Dauer von zwei halben Stunden. Danach kam es zu einer telefonischen Besprechung mit Dipl.Ing.L*****, dem der Inhalt des Gespräches mitgeteilt wurde.

9. Im Rahmen einer umfassenden Besprechung über die in den Punkten 1. und 5. angeführten Themen am 9.April 1987 wurde auch das Thema "Koordination" mit Dipl.Ing.L***** besprochen.

10. Hinsichtlich der "Fußbodenschäden" ersuchte Frau E***** vom Büro der ARGE am 2.März 1987 um Übersendung einer Fotokopie eines Beschlusses. Durch die Übersendung entstanden S 7,50 an Barauslagen.

11. Weiters sind im Zusammenhang mit einer Vertragsurkunde "Dipl.Ing.B*****" und dem Entwurf einer Zusatzvereinbarung im Jahre 1987 für die ARGE getätigte Barauslagen von S 75 aufgelaufen.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, daß der Kläger neben den der geführten Gerichtsverfahren nur Leistungen nach TP 8 (Konferenzen, Telefonate) gegenüber der ARGE verrechnen habe können. Hinsichtlich der Gerichtsverfahren sei eine "normale" Abrechnung vereinbart worden. Darunter sei eine Abrechnung nach den Grundsätzen des RATG zu verstehen. Nach § 23 Abs 1 RATG könnten neben dem Einheitssatz keine Leistungen nach TP 8 verrechnet werden. Es sei die Absicht der Parteien gewesen, eine doppelte Verrechnung nach dem Einheitssatz und TP 8 nicht vorzusehen. Die neben den Gerichtsverfahren getätigten Besprechungen seien daher bereits im Einheitssatz enthalten und nicht zusätzlich zu honorieren. Der Kläger habe die Weisung zur Abberaumung der Verhandlung vom 5.Oktober 1987, die für das Schiedsgerichtsverfahren am 2.Oktober 1987 von der Mehrheit der ARGE beschlossen worden sei, nicht befolgt. Die dennoch gesetzten Vertretungsverhandlungen habe er ohne Auftrag vorgenommen, weshalb ihm hiefür kein Honoraranspruch zustehe.

Da Dipl.Ing.L***** nach dem 26.Mai 1987 für die ARGE nicht mehr vertretungsbefugt gewesen sei, seien die nach diesem Zeitpunkt mit ihm geführten Besprechungen nicht der ARGE zuzurechnen. Dies gelte auch für die Besprechungen zu Punkt 3 (Architektenverträge) und für die Besprechung vom 2.Juni 1987 zum Thema ARGE (Punkt 4). Die Besprechung vom 4.September 1987 mit Dr.H***** zum Thema "Architektenverträge" sei ausschließlich im Interesse von Dipl.Ing.L***** erfolgt. Die Besprechung vom 8.Jänner 1987 über das unter Punkt 5 geführte "Orientierungssystem" sei nicht zu honorieren, weil unklar sei, ob überhaupt auftragsgemäß gehandelt worden sei. Die Besprechung vom 7.Jänner 1987 sei bereits im Einheitssatz im Schiedsgerichtsverfahren berücksichtigt. Nach der Honorarvereinbarung seien die Besprechungen nach ihrer Länge unabhängig von den besprochenen Themen mit dem 1984 geltenden Höchstsatz von S 3.975 für TP 8 zu verrechnen. Eine Doppel- und Mehrfachverrechnung einer Leistung widerspreche der Honorarvereinbarung. Die Barauslagen und Besprechungen zu Punkt 5 seien nach dem 21.Jänner 1987 nicht zu honorieren, weil ein Auftrag der ARGE hiezu nicht einmal behauptet worden sei. Die Besprechung vom 7.Jänner 1987 in Angelegenheiten der Architekten Kö***** und Kä***** (Punkt 6), die mehrere Themenkomplexe umfaßt habe, und die Besprechung vom 28.April 1987, die ohne Auftrag der ARGE durchgeführt worden sei, seien ebenfalls nicht zu honorieren. Für die kurze Mitteilung nach Punkt 7 und die telefonische Besprechung nach Punkt 8 gebühre nach der Honorarvereinbarung kein Entgelt. Das Thema "Koordination" (Punkt 9) sei neben anderen Themen besprochen worden, weshalb eine gesonderte Verrechnung unzulässig sei. Die Bitte um Übersendung einer Fotokopie unter Punkt 10 stelle keine telefonische Besprechung im Sinne der TP 8 dar.

Insgesamt seien neben den Honoraren für die unter Punkt 1 und Punkt 2 geführten Verfahren abzüglich der im Punkt 1 genannten Verhandlung vom 5.Oktober 1987 und der Bekanntgabe vom 2.November 1987 noch Besprechungen nach TP 8 in der Dauer von 12/2 Stunden zu S 3.975 zu berücksichtigen. Unter Abzug der 25%igen Ermäßigung ergebe sich ein Betrag von S 296.142,41 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer. An Barauslagen seien insgesamt S 1.890,50 zu vergüten, weshalb insgesamt S 327.647,15 zuzusprechen seien. Was die Kompensandoforderungen wegen behaupteter Schlechtvertretung betreffe, sei anzumerken, daß der Kläger jeweils einen vertretbaren Rechtsstandpunkt eingenommen habe. Die aus dem Titel des Schadenersatzes eingewendeten Gegenforderungen bestünden daher nicht zu Recht.

Mit dem angefochtenen Beschluß hob das Berufungsgericht dieses Urteil infolge Berufung der Beklagten zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Es hielt zunächst noch weitere Feststellungen über den Umfang der zu honorierenden Besprechungen des Klägers mit der ARGE für erforderlich. Das Ausmaß von 12/2 Stunden für die Besprechungen, für die ein Entgelt nach TP 8 RATG zugesprochen worden sei, sei nicht nachvollziehbar. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren zu begründen haben, welche Besprechungen im Ausmaß von 12/2 Stunden honoriert worden seien.

Aktenwidrig sei die Feststellung, daß am 15.Dezember 1987 zwischen den Streitteilen des Schiedsverfahrens ein Vergleich abgeschlossen worden sei, "in dem der Kläger die Architektengemeinschaft vertreten habe". Aus der zur Stützung dieser Feststellung herangezogenen Urkunde ergebe sich nämlich, daß der Kläger anläßlich des am 15. Dezember 1987 geschlossenen Vergleiches lediglich Dipl.Ing.L***** und die Verlassenschaft nach Dipl.Ing.Otto M***** vertreten habe. Auch diese relevante Feststellung werde vom Erstgericht zu überprüfen sein.

Das Berufungsgericht erachtete auch weitere Feststellungen über die eingewendeten Gegenforderungen für erforderlich. Habe der Kläger entgegen dem Auftrag der ARGE vor dem Schiedsgericht weitere Vertretungshandlungen für diese durchgeführt, dann könne von einem vertretbaren Rechtsstandpunkt nicht mehr gesprochen werden. Dem Kläger hätte schon aufgrund des Gesellschaftsvertrages bekannt sein müssen, daß ein wirksamer außergerichtlicher Vergleich zustande gekommen sei und seine weiteren Vertretungshandlungen auftragswidrig erfolgten. Überschreite der Bevollmächtigte die Grenzen seiner Vollmacht, so hafte er für die Folgen. Die Beklagten hätten auch ausdrücklich Schadenersatzansprüche zufolge auftragswidrigen Vorgehens des Klägers behauptet. Feststellungen darüber fehlten. Das Erstgericht werde daher auch weitere Feststellungen darüber zu treffen haben, ob den Beklagten durch die auftragswidrige Vorgangsweise des Klägers ein Schaden entstanden sei.

Schließlich könne die Rechtsauffassung des Erstgerichtes, der vom Kläger im Verfahren vor dem Handelsgericht Wien (Berufshaftpflichtprozeß) eingenommene Rechtsstandpunkt sei rechtlich vertretbar, nicht geteilt werden. Bei dem von der Versicherung und der Ingenieurkammer als Versicherungsnehmer für deren Mitglieder abgeschlossenen Versicherungsvertrag handle es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter, bei dem dem Dritten, auch wenn ihm aus dem Vertrag unmittelbare Rechte eingeräumt worden seien, nicht das Recht zukomme, den Vertrag anzufechten. Bereits zur Zeit der Einleitung des Verfahrens vor dem Handelsgericht Wien sei eine Judikatur vorgelegen, die sich mit der Frage der Aktivlegitimation des Versicherten bei der Versicherung eines fremden Interesses auseinandergesetzt habe. Die Rechtsauffassung, daß die Anfechtung eines Vertrages zugunsten Dritter durch den nicht am Vertrag beteiligten Dritten zulässig sei, sei daher nicht als vertretbar anzusehen. Auch der im Verfahren eingenommene Rechtsstandpunkt, die angefochtene Vereinbarung sei sittenwidrig, weil die Kläger des damaligen Verfahrens zu Prämienzahlungen herangezogen wurden, ohne daß ihnen ein Versicherungsschutz gewährt werde, sei unvertretbar gewesen. Dabei sei nämlich übersehen worden, daß eine Ausnahme vom Versicherungsschutz nur für die Tätigkeit als Mitglieder einer Arbeitsgemeinschaft mit ausländischen Partnern vorgesehen, für die übrige Tätigkeit der Versicherungsschutz aber bestanden habe. Die Ausnahme sei jedoch sachgerecht und deshalb nicht sittenwidrig gewesen. Das Erstgericht habe sich deshalb mit der aus dem Titel des Schadenersatzes geltend gemachten Gegenforderung der Beklagten auseinanderzusetzen, weil die Einbringung der Klage durch den Kläger auf einer nicht vertretbaren Rechtsauffassung beruht habe.

Die infolge Einantwortung des Nachlasses in das Verfahren eingetretene Erbin nach dem früheren Kläger begehrt mit ihrem Revisionsrekurs die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Rekurswerberin macht zusammengefaßt geltend, daß entgegen der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes die Anzahl der zu honorierenden Besprechungen nachvollziehbar sei, die behauptete Aktenwidrigkeit deshalb nicht vorliege, weil sich das Erstgericht lediglich grammatikalisch unscharf ausgedrückt habe und schließlich die Rechtsmeinung verfehlt sei, der Kläger habe als Bevollmächtigter die Grenzen seiner Vollmacht überschritten bzw schlecht vertreten. Der Kläger habe in der Zeit unmittelbar vor der Schiedsgerichtsverhandlung am 5.Oktober 1987 eine unklare und widersprüchliche Situation vorgefunden, weil einerseits der Zweitbeklagte und Federführende der ARGE gemeinsam mit Architekt Dipl.Ing.L***** mit dem angestebten Vergleich nicht einverstanden waren, während die Mehrheit der übrigen ARGE-Mitglieder diesen Vergleich für abgeschlossen hielten. In dieser Situation habe er irgendetwas unternehmen müssen, weil ihm Untätigbleiben zur Last gelegt hätte werden können. Er sei daher geradezu verpflichtet gewesen, den Termin der Schiedsgerichtsverhandlung wahrzunehmen. Dies werde auch durch die Entscheidung der OBDK untermauert, nach der ihm ein schuldhaftes Verhalten am Besuch der Schiedsgerichtsverhandlung nicht vorgeworfen wurde. Die Einbringung der Klage im "Betriebshaftpflichtprozeß" habe nicht auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruht, weil es einem Rechtsanwalt nicht verwehrt werden könne, im Falle unterschiedlicher Rechtsmeinungen eine dieser Ansichten zu vertreten. Er habe auch die damaligen Kläger auf die rechtlich nicht eindeutige Situation hingewiesen; diese hätten dennoch der Klage und den weiterführenden Rechtsmitteln zugestimmt.

Die Beklagten beantragen, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit das Berufungsgericht weitere ergänzende Feststellungen über die Anzahl der von den Beklagten zu honorierenden Besprechungen des Klägers mit der ARGE für erforderlich hält, kann dem der Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (JBl 1990, 322 mwN; JBl 1991, 580).

Es mag auch zutreffen, daß die im Ersturteil enthaltene Feststellung, daß am 15.Dezember 1987 zwischen den Streitteilen des Schiedsverfahrens ein Vergleich abgeschlossen wurde, "in welchem der Kläger die Architektengemeinschaft vertrat", lediglich unklar formuliert ist. Dennoch ist dem Berufungsgericht zuzustimmen, daß im fortgesetzten Verfahren diese Unklarheit durch eine genauere Feststellung zu beseitigen sein wird.

Das Schwergewicht des Rekurses liegt aber in der Behauptung, dem Kläger sei ein Fehlverhalten durch den Besuch der Schiedsgerichtsverhandlung vom 5.Oktober 1987 und durch die Einbringung der Klage im Berufufshaftpflichtprozeß nicht vorzuwerfen, weshalb auf die - entgegen der Meinung des Rekurses ziffernmäßig präzisierten (ON 7, S. 21 f) - Gegenforderungen nicht einzugehen sei.

Dieser Rechtsauffassung kann nicht gefolgt werden.

Zunächst ist dazu aus dem Spruch der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte (1 Bkd 5/92-9) für den Kläger nichts zu gewinnen, weil damit allenfalls über ein vorwerfbares disziplinäres Fehlverhalten eines Rechtsanwaltes abgesprochen wurde, und diese Entscheidung jedenfalls für den vorliegenden Rechtsstreit nicht bindend ist.

Es mag auch zutreffen, daß der Kläger bei dem Vergleich vom 5.10.1987 vor einer durch das Verhalten der uneinigen Architekten hervorgerufenen unklare Situation stand. Es mußte ihm jedoch nach dem unstrittig von ihm selbst verfaßten Gesellschaftsvertrag bewußt sein, daß auch mit einfacher Stimmenmehrheit gefaßte Beschlüsse gültig und daher auch für den Kläger als von der ARGE Beauftragten bindend sind. Die Rechtsmeinung, dem Vergleich komme schon deshalb keine Wirkung zu, weil zwei in der ARGE vertretene Architekten diesem Vergleich nicht zustimmten, widerspricht daher dem Gesellschaftsvertrag.

Folgerichtig hat daher das Erstgericht dem Kläger die Verrichtung der Schiedsgerichtsverhandlung am 5.Oktober 1987 nicht honoriert. Darüberhinaus kann der Gewalthaber bei Überschreiten der Grenzen seiner Vollmacht auch schadenersatzpflichtig werden (§ 1009 ABGB). Einen derartigen Schaden haben die Beklagten auch behauptet.

Auch aus der Bestimmung des § 11 Abs 2 RAO ist für die Rekurswerberin nichts gewonnen. Bei dieser Argumentation wird übersehen, daß die Schiedsgerichtsverhandlung entgegen dem ausdrücklichen Auftrag der ARGE besucht wurde. In dieser Verhandlung wurde nach dem Protokoll (Beilage ./II) lediglich die Frage erörtert, ob ein Vergleich zustande gekommen sei. Der Kläger hat sich eine Stellungnahme dazu vorbehalten. Die Verhandlung wurde ausschließlich zur Klärung dieser Angelegenheit vertagt. Da die Verhandlung auftragswidrig besucht wurde und deshalb eine Erstreckung notwendig war, ist es nicht von der Hand zu weisen, daß den Beklagten dadurch ein Schaden erwuchs. Dies wird daher im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein.

Nach ständiger Rechtsprechung haftet der Rechtsanwalt seiner Partei gegenüber für Unkenntnis der Gesetze sowie einhelliger Lehre und Rechtsprechung. Er muß, sollte diese Haftung ausgeschlossen werden, eine Partei aufklären, wenn nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes oder nach der einhelligen herrschenden Rechtsübung eine Prozeßführung aussichtslos erscheint. Tut er dies nicht, ist seine Tätigkeit wertlos. In einem solchen Fall bestehen nicht nur Schadenersatzansprüche des Klienten für ihn erwachsene tatsächliche finanzielle Nachteile, sondern der Anwalt ist auch nicht berechtigt, Honorar zu verlangen (6 Ob 2345/96p; ecolex 1991, 305; SZ 58/165). Eine irrige Gesetzesauslegung ist aber nur dann vorwerfbar, wenn die Literatur und die Gesetzesmaterialien für die vorgenommene Auslegung keinen Anhaltspunkt liefern (SZ 67/206). Im übrigen darf ein Rechtsanwalt den Versuch einer risikoreichen Bekämpfung der ständigen Rechtsprechung nur dann unternehmen, wenn er den Klienten über die mit diesem Versuch verbundenen Risken belehrt hat und wenn sich der Klient mit der Übernahme dieser Risken einverstanden erklärt (6 Ob 612/91).

Im vorliegenden Fall war Gegenstand der Klage vor dem Handelsgericht Wien die Anfechtung eines zwischen den dort Beklagten als Versicherungsunternehmer und Versicherungsnehmer geschlossenen Vertrages. Die vom Kläger vertretenen damaligen Kläger waren Mitversicherte. Es handelte sich um eine Versicherung für fremde Rechnung. Bereits zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage (22.12.1983) gab es zur Frage der Aktivlegitimation des Versicherten bei Versicherung eines fremden Interesses veröffentlichte Judikatur, die im wesentlichen einen dem Versicherten zustehenden eigenen Anspruch verneinte und nur den Versicherungsnehmer selbst als Anspruchberechtigten ansah (EvBl 1967/115; VersR 1970, 654; VersR 1977, 753; VersR 1981, 991). In der Lehre wurde ebenfalls die Meinung vertreten, daß bei einem Vertrag zugunsten Dritter der Dritte das Deckungsverhältnis nicht umgestalten könne und ihm weder das Wandlungs- noch das Anfechtungs-, Widerrufs- oder Rücktrittsrecht zustehe (Gschnitzer in Klang**2 IV/1, 227). Auch wurde zum Versicherungsvertrag für fremde Rechnung überwiegend die Meinung vertreten, daß der Dritte als materieller Anspruchsträger seine Ansprüche gerichtlich nicht geltend machen und insbesondere keine Gestaltungsrechte ausüben könne (Prölss/Martin**23 VersVG § 75 Anm 3; Sieg in Bruck/Möller8, VersVG II § 75 Anm 54; Hofmann, Privatversicherungsrecht**2, 131 f; aM nur Ehrenzweig, Deutsches (österreichisches) Versicherungsvertragsrecht, 214 f mit Hinweis auf die gegenteiligen Lehrmeinungen in Prölss und Kisch, Handbuch des Privatversicherungsrechtes [1922], III 464 und 471). Im Hinblick auf die bereits veröffentlichte Judikatur zur Aktivlegitimation des versicherten Dritten zur Geltendmachung seiner Ansprüche, auf die bestehenden Lehrmeinungen zur Berechtigung des Dritten zur Anfechtung des nur zu seinen Gunsten, aber nicht von ihm, geschlossenen Vertrages hätte daher der Kläger vor Klagseinbringung die damaligen Kläger auf das Risiko der Prozeßführung hinweisen müssen, um es abzuklären. Sollten diese, trotz Belehrung dem Prozeß zugestimmt haben, könnten sie aus der Tatsache des Prozeßverlustes keine Forderungen ableiten. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn eine derartige Belehrung unterblieben wäre. Diese Belehrung betrifft auch die Einbringung weiterer Rechtsmittel. Die Frage der Belehrung wird im fortgesetzten Verfahren zu klären sein.

Nicht gefolgt werden kann aber der Meinung des Berufungsgerichtes, der im Verfahren eingenommene Rechtsstandpunkt selbst sei als unvertretbar anzusehen. Die Klage wurde darauf gestützt, daß die Kläger des damaligen Verfahrens im Wege der Kammerumlage zu Prämienzahlungen herangezogen worden seien, ohne daß ihnen Versicherungsschutz gewährt werde. Der zwischen den beklagten Parteien des Vorverfahrens geschlossene Vertrag sei deshalb sittenwidrig und unwirksam. Ob aber eine Vereinbarung als sittenwidrig anzusehen ist, ist weitgehend eine Wertungsfrage deren Lösung durch die hiezu berufenen ordentlichen Gerichte oft und auch hier nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit vorhergesehen werden kann. Abgesehen von der oben erwähnten Frage der Aktivlegitimation zur Anfechtung eines Vertrages wegen Sittenwidrigkeit kann daher nicht von vorneherein gesagt werden, der vom damaligen Klagevertreter behauptete Rechtsstandpunkt sie unvertretbar gewesen. Die vom Berufungsgericht zur Stützung seiner Rechtsansicht zitierte Entscheidung (VersR 1981, 991) betraf die Aktivlegitimation des mitversicherten Schädigers für Deckungsansprüche und sprach lediglich aus, daß die ausschließliche Ausübung der dem Versicherten zustehenden Ansprüche durch den Versicherungsnehmer nicht sittenwidrig sei, weil sie der Bestimmung der §§ 74 ff VersVG entspreche.

Da das Berufungsgericht mit Recht die Möglichkeit des Bestandes einer Gegenforderung bejaht hat und Feststellungen dazu fehlen, ist eine neuerliche Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht notwendig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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