OGH 6Ob612/91

OGH6Ob612/9112.12.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei SDS ***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.R.Kaan und andere Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Dkfm.Günther L*****, Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 187.517,15 samt Anhang und Feststellung (Streitwert S 50.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 29.Mai 1991, GZ 14 R 246/90-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 3.September 1990, GZ 29 Cg 20/90-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.501,40 (darin S 1.416,90 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit S 20.200,60 (darin S 1.700,10 Umsatzsteuer und S 10.000 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war vom 1.11.1982 bis 23.1.1985 mit der steuerlichen und wirtschaftlichen Beratung der klagenden Partei betraut und legte über seine Tätigkeit in diesem Zeitraum auch Honorarnoten.

Zum 1.1.1983 schloß die klagende Partei mit vier bei ihr angestellten Mitarbeitern, deren Arbeitsverhältnisse bereits in den Jahren 1980 und 1981 begründet worden waren, Gesellschaftsverträge ab, durch welche diese Angestellten noch enger an das Unternehmen gebunden werden sollten. Bei Abschluß dieser Verträge wurde die klagende Partei vom Beklagten beraten, der den Auftrag hatte, die Gesellschaftsverträge nach allen abgabenrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Diese Verträge hatten folgenden gleichlautenden Inhalt:

"Vertrag und stille Gesellschaft.

1. Die Firma SDS nimmt NN als echten stillen Gesellschafter in das Unternehmen auf. Letzterer tritt mit 1.1.1983 als echter stiller Gesellschafter diesem Unternehmen bei.

2. NN beteiligt sich in dieser Eigenschaft gegen Anteil an Gewinn und Verlust, jedoch nicht am Vermögen und an den stillen Reserven mit einer Einlage von S 100.000. Er hat diese Einlage bis 23.02.85 in Barem zu leisten.

3. Die Übetragung an Dritte ist nur unter Zustimmung der übrigen Gesellschafter möglich.

4. Dieser Vertrag geht nicht auf die Erben des NN über.

5. Dieser Vertrag kann vom stillen Gesellschafter nach vorangegangener halbjähriger Kündigungsfrist per 30.6. oder 31.12. jeden Jahres aufgelöst werden. Die Firma SDS kann diesen Vertrag nach vorangegangener halbjähriger Kündigungsfrist per

30.6. oder 31.12. jeden Jahres nur auflösen, wenn mindestens 2/3 der übrigen stillen Gesellschafter zustimmen.

Jederzeitige Vertragsauflösung ist jedoch möglich, wenn der stille Gesellschafter als Dienstnehmer bei SDS Handlungen setzt, die zu seiner Entlassung bzw. wenn SDS als Dienstgeber Handlungen setzt, die zur vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses führen ...

8. Unabhängig vom Ergebnis der Bilanz ist dem stillen Gesellschafter eine Garantieverzinsung von S 10.000 p.a. in vier gleichen Teilen jeweils zum Quartalsende auszuzahlen. Diese Garantieverzinsung wird an die Bankrate gebunden, ausgehend von der zum Zeitpunkt der Vertragsausstellung geltenden.

9. Der auf den stillen Gesellschafter entfallende Gewinn beträgt 6 v.H. des ermittelten jährlichen Gesamtgewinnes.

Der jährliche Gesamtgewinn ermittelt sich wie folgt:

Der Bilanzgewinn wird um die oa Aufwendungen erhöht sowie um die oa Erträge vermindert, die aufgrund folgender steurrechtlicher Bestimmungen entstanden:

§ 9 EStG - Investitionsrücklage

§ 10 EStG Investitionsfreibetrag

§ 11 ES G Nicht entnommene Gewinne

§ 14 EStG Abfertigungsrücklage.

Diese so ermittelte Basis wird sodann um die bilanzmäßige KÖSt und GESt erhöht, um die neu berechnete KÖSt und GESt geschmälert und ergibt somit den Gesamtgewinn.

Die Basis für eine eventuelle Verlustzuweisung hat analog zu den oa Definitionen zu erfolgen."

Eine der Angestellten kündigte ihre Beteiligung als stille Gesellschafterin zum 31.12.1984 auf, die übrigen drei Angestellten waren auch noch im Jahre 1985 stille Gesellschafter der klagenden Partei.

In den vom Beklagten für die klagende Partei erstellten Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 1983 und 1984 nahm der Beklagte keine Hinzurechnung der Gehälter der stillen Gesellschafter zum Gewinn aus dem Gewerbebetrieb vor. Mit Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom 12.12.1986 erfolgte die Bemessung der Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer der klagenden Partei für 1985. In diesem Bescheid wurde der Gewerbeertrag so festgestellt, daß dem Gewinn laut KStG und den Dauerschuldzinsen gemäß § 7 Z 3 GewStG die Gehälter der stillen Gesellschafter, die Verzinsung von deren Einlagen und die Gewinnanteile der stillen Gesellschafter von insgesamt S 1,100.527 hinzugerechnet wurden. Damit ergab sich für die klagende Partei eine Gewerbesteuermehrbelastung für das Jahr 1985 von S 154.581. Die klagende Partei beauftragte ihren neuen Steuerberater mit der Erhebung einer Berufung, welcher mit Berufungsentscheidung der FLD Steiermark vom 10.11.1989 keine Folge gegeben wurde.

Mit Schreiben vom 7.12.1989 verständigte der Klagevertreter den Beklagten vom negativen Ausgang des finanzbehördlichen Berufungsverfahrens und teilte mit, daß die klagende Partei eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nicht beabsichtige, weil eine solche offenbar aussichtslos sei, stellte aber dem Beklagten anheim, auf eigene Rechnung eine Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde zu verfassen oder verfassen zu lassen. Dies lehnte der Beklagte ab.

Die klagende Partei begehrt vom Beklagten die Zahlung von S 187.517,15 samt Anhang an Mehrbelastung mit Gewerbesteuer aus dem Abschluß der Verträge über stille Gesellschaften mit ihren Mitarbeitern, die für Vertretungskosten im Steuerberufungsverfahren aufgelaufenen Beträge und Zinsenbelastung für den aufgenommenen Kredit zur Nachzahlung der Steuer sowie die Feststellung, daß der Beklagte ihr für alle künftigen gewerbesteuerlichen Mehrbelastungen aus der Hinzurechnung der Gehälter und sonstigen Vergütungen der Mitarbeiter, mit denen 1983 stille Gesellschaftsverträge abgeschlossen wurden, gemäß § 7 Z 3 GewStG Ersatz zu leisten haben.

Sie brachte dazu vor, der Beklagte habe sie nicht über die gewerbesteuerlichen Risken einer Beteiligung von Mitarbeitern als stille Gesellschafter beraten und über steuerlich günstigere Vertragsgestaltungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 7 Z 3 GewStG seien die Gehälter von stillen Gesellschaftern der Gewerbeertragssteuer zu unterziehen. Wäre eine Beteiligung in der vorliegenden Form unterblieben, wären die Gehälter vom Gewinn aus dem Gewerbeertrag absetzbar gewesen. Bei Kenntnis der erwachsenden unverhältnismäßigen Steuermehrbelastung hätte die klagende Partei eine Beteiligung ihrer Mitarbeiter als stille Gesellschafter unterlassen und den Vertragszweck, diese an das Unternehmen zu binden, durch eine steuerlich unschädliche andere Form der Gratifikation erreichen können. Sie begehre daher die ihr aus der Schlechtvertretung des Beklagten als Schaden aufgelaufenen Beträge. Da damit zu rechnen sei, daß das Finanzamt auch für die Jahre 1983 und 1984 das Veranlagungsverfahren zur Neubemessung der Gewerbesteuer wieder eröffnen werde, sei auch das Feststellungsbegehren gerechtfertigt.

Der Beklagte wandte ein, er habe die Bestimmung des § 7 Z 3 GewStG im Hinblick auf die abgeschlossenen stillen Gesellschaftsverträge für steuerlich unbedenklich angesehen, weil nach der Judikatur und der bestehenden Literatur diese Gesetzesbestimmung nur anzuwenden sei, wenn eine atypische stille Gesellschaft vorliege, der Gesellschafter somit nicht nur am Gewinn und Verlust beteiligt sei. Im gegenständlichen Fall seien typische stille Gesellschaften vorgesehen worden, bei welchen nach einheitlicher Lehre und Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu beurteilen sei, welcher Vertragstypus (stille Gesellschaft oder Dienstvertrag) überwiege. Trete die Gewinn- und Verlustbeteiligung im Verhältnis zu den Gehältern wesentlich zurück, liege keine stille Gesellschaft vor, sondern ein Dienstvertrag mit Gewinnbeteiligung. Für die Annahme eines stillen Gesellschaftsverhältnisses bei einem sogenannten Arbeitsgesellschafter sei die faktische Gestaltung des Entgeltes von Bedeutung. Dabei komme es nicht nur auf die einzelne Benennung und Unterteilung der Gegenleistungen, sondern auf die Höhe der Gesamtbeträge und deren Verhältnis zum Gewinn an. Der Gewinnanteil der stillen Gesellschafter sei im Verhältnis zum Arbeitseinkommen so geringfügig, daß dieses nicht der Gewerbeertragsbesteuerung unterliege. Die in der Entscheidung der FLD für Steiermark vertretene Rechtsansicht sei überraschend und von der ständigen Judikatur abweichend gewesen, sodaß sie vom Beklagten nicht zu vertreten sei. Eine VwGH-Beschwerde der beklagten Partei wäre nicht von vornherein aussichtslos gewesen.

Das Erstgericht gab sowohl dem Leistungs- als auch dem Feststellungsbegehren der Klägerin statt. Rechtlich führte es aus, nach § 7 Z 3 GewStG (in der hier zu beurteilenden Fassung) seien dem Gewinn aus Gewerbebetrieb, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinnes abgesetzt sind, wieder hinzuzurechnen:

die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art, die für eine Beschäftigung des stillen Gesellschafters im Betrieb gewährt worden seien, soweit diese Beträge nicht beim Empfänger zur Steuer nach dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen seien. Bereits aus dem klaren Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung ergebe sich, daß bei Vorliegen einer echten stillen Beteiligung, nicht aber bei der als Mitunternehmerschaft geltenden unechten stillen Beteiligung, auch die Gehälter der stillen Gesellschafter zurechnungspflichtig seien, die diesen für ihre Beschäftigung im Betrieb gewährt worden seien. Die Rechtsansicht des Beklagten, die vorliegenden Gesellschaftsverträge lösten keine gewerbesteuerrechtliche Mehrbelastung aus, sei nicht vertretbar. Der Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, daß Dienstverhältnis und Gesellschaftsverhältnis als einheitliches Rechtsverhältnis anzusehen seien, das steuerrechtlich nach dem überwiegenden Vertragselement zu beurteilen sei. Es seien hier mit jedem Angestellten rechtlich nicht miteinander verknüpfte, voneinander zu trennende Vertragsverhältnisse gegeben. Die Arbeitsverhältnisse mit den Angestellten seien schon in den Jahren 1980 und 1981 abgeschlossen worden, während die Gesellschaftsverhältnisse erst 1983 begründet worden seien. Insbesondere aber bedinge die Beendigung des Dienstverhältnisses, außer bei fristloser Entlassung oder vorzeitigem Austritt, nicht auch die Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses. Auch bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines angestellten stillen Gesellschafters sei die klagende Partei verpflichtet, das Gesellschaftsverhältnis mit dem ehemaligen Angestellten fortzusetzen, wenn mehr als 1/3 der übrigen stillen Gesellschafter einer Kündigung nicht zustimmten. Im Sinne des § 1299 ABGB bilde es einen groben Mangel der erforderlichen Kenntnisse, wenn der Beklagte einen so gestalteten Vertragstext als "Arbeitsvertrag mit Gewinnbeteiligung" angesehen habe. Pflichtgemäßes Verhalten des Beklagten hätte die Warnung der klagenden Partei vor den gewerbesteuerlichen Mehrbelastungen bei Abschluß von Gesellschaftsverträgen mit dem vorliegenden Inhalt erfordert. Der Beklagte habe daher die aus seiner Unterlassung entstehenden Nachteile zu vertreten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte das Ersturteil im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab. Die Bestimmung des § 7 Z 3 GewStG unterwerfe nicht nur die Gewinnanteile, sondern auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen, die für eine Beschäftigung des stillen Gesellschafters im Betrieb gewährt werden, der Hinzurechnung zum Gewinn aus dem Gewerbebetrieb. Sie habe den Sinn, schwierige Untersuchungen zu vermeiden, ob der im Betrieb angestellte stille Gesellschafter eine Vergütung als solcher oder als Angestellter bezogen habe, weil bei einer Beteiligung in der Form einer stillen Einlage sich der stille Gesellschafter entweder nur mit einer Kapitaleinlage oder nur mit seiner Arbeitskraft beteiligen könne. Am 21.11.1983 habe der Verfassungsgerichtshof den Ministerialerlaß als gesetzwidrig aufgehoben, wonach von der Hinzurechnung abzusehen sei, wenn der stille Gesellschafter Angestellter und nur mit einer geringen Vermögenseinlage beteiligt sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe aber bis zu diesem Zeitpunkt und auch noch danach ausgesprochen, daß es darauf ankomme, ob die Merkmale eines Dienstverhältnisses oder eines Gesellschaftsverhältnisses nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung überwögen. Danach spreche eine bedeutende Gewinnbeteiligung für das Gesellschaftsverhältnis (VwGHSlg (F) 2088, 2827, 3096, 4419 ua). Daraus folge, daß die Trennung des Dienstvertrages von der Gewinnbeteiligung kein Indiz für das Vorliegen einer einheitlichen stillen Beteiligung des stillen Gesellschafters durch Kapital und Arbeitseinlage sein könne. Die Rechtsprechung lege Wert auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, um das Verstecken einer zusätzlichen Gewinnbeteiligung aus einer stillen Einlage in Form von Arbeitsleistungen in einer als Dienstverhältnis konstruierten Vereinbarung zu verhindern. Das Fortbestehen der Gewinnbeteiligung trotz Beendigung des Dienstverhältnisses spreche daher nicht für einen sowohl seine Arbeitsleistung als auch sein Kapital einsetzenden stillen Gesellschafter. Die garantierte Verzinsung der jeweiligen Einlage von S 100.000 mit S 10.000 p.a. und die Gewinnbeteiligung von 6 % p.a. könne nach der bis dahin veröffentlichten VwGH-Judikatur jedenfalls nicht für das Überwiegen der Merkmale des Gesellschaftsverhältnisses sprechen. Ein solches werde erst bei einer Gewinnbeteiligung von 25 % und darüber angenommen, wobei bei einer niedrigeren Gewinnbeteiligung die Einflußmöglichkeit auf die Geschäftsführung den Ausschlag geben könne (VwGHSlg (F) 1820, 2088, 3096, 4419).

Doralt-Ruppe hätten bereits in der ersten Auflage (des Grundrisses des österreichischen Steuerrechtes) darauf hingewiesen, daß die Heranziehungsvorschrift des § 7 Z 3 GewStG auch Tätigkeitsvergütungen bereffe und dies zu problematischen Ergebnissen führe, wenn langjährige Arbeitnehmer des Unternehmens als Belohnung eine stille Beteiligung erhielten, weil das bisher gewerbesteuerlich abzugsfähige Gehalt hinzurechnungspflichtig werde. Der Beklagte könne aber für sich in Anspruch nehmen, daß bis zur Vertragserrichtung keine einzige von der bis zur Aufhebung des Ministerialerlasses ergangenen Judikatur des VwGH zu § 7 Z 3 GewStG abweichende Entscheidung veröffentlicht worden sei. Die Frage nach der Höhe der "geringfügigen Beteiligung" sei im übrigen mit der Gewerbesteuernovelle 1988 obsolet geworden, weil darin die Geringfügigkeitsgrenze mit S 200.000 festgesetzt worden sei. Bei dieser Situation sei der Beklagte nicht verpflichtet gewesen, von sich aus eine Beschwerde beim VwGH gegen den Berufungsbescheid der FLD für Steiermark einzubringen, nach dem ihm die Klägerin mitgeteilt habe, daß sie selbst eine solche Beschwerde für aussichtslos halte.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil zum Haftungsumfang eines Steuerberaters bei Vertragserrichtung im Zusammenhang mit der zu berücksichtigenden Steuergesetzgebung und der hiezu ergangenen Rechtsprechung keine Entscheidungen des OGH veröffentlicht seien.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist auch berechtigt.

§ 7 Z 3 GewStG in der vom Beklagten 1983 anzuwendenden Fassung lautete: "Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 6) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinnes abgesetzt sind: Die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters sowie die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die für eine Beschäftigung des stillen Gesellschafters im Betrieb gewährt worden sind. Das gilt nicht, wenn diese Beträge beim Empfänger zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind."

Die Beteiligung in Form einer stillen Einlage wird nach einheitlicher Lehre zu §§ 335 ff HGB, die in Ermangelung einer anderen gesetzlichen Regelung auch zur Auslegung des Begriffes des typischen stillen Gesellschafters nach dem Gewerbesteuergesetz (also einer Beteiligung nur am Gewinn und Verlust, nicht auch, wie bei der atypischen stillen Gesellschaft, an den stillen Reserven und dem Firmenwert) herangezogen. Danach kann eine stille Beteiligung nicht nur in einem Kapitalbetrag, sondern auch in bewertbaren Arbeitsleistungen bestehen. Die Bestimmung des § 7 Z 3 GewStG bezweckte, die manchmal recht schwierigen Untersuchungen zu vermeiden, ob der im Betrieb angestellte stille Gesellschafter eine Vergütung als solcher oder als Angestellter bezogen hat und ordnete deshalb an, daß auch die auf eine Angestelltentätigkeit entfallenden Bezüge beim Gewinn wieder hinzuzurechnen sind (Jiresch-Langer Gewerbesteuergesetz6 Anm 9 zu § 7).

Nach dem klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut hat eine Hinzurechnung von Gehältern und sonstigen Vergütungen jeder Art, die für eine Beschäftigung eines stillen Gesellschafters im Betrieb gewährt werden, ohne jede Einschränkung und betragliche Begrenzung der Beteiligung eines Dienstnehmers zu erfolgen. So haben Doralt-Ruppe schon in der ersten Auflage ihres Grundrisses zum österreichischen Steuerrecht 1978 (S 189) wie auch in den späteren Auflagen darauf hingewiesen, daß "die Hinzurechnung auch Tätigkeitsvergütungen betrifft und zu problematischen Ergebnissen führt, wenn langjährige Arbeitnehmer des Unternehmens als Belohnung eine stille Beteiligung erhalten, weil dann das bisher gewerbesteuerlich absetzungsfähige Gehalt hinzurechnungspflichtig wird".

Die vom Beklagten vertretene Ansicht, die Hinzurechnung sei nur

bei einer maßgeblichen Beteiligung, bei einer Überschreitung der

Geringfügigkeitsgrenze vorzunehmen, wird erst durch die

Durchführungsbestimmungen betreffend die Gewerbesteuer

(DE-GewSt 1954) verständlich. Diese verfügten ohne gesetzliche

Grundlage und zu Zwecken der Verwaltungsvereinfachung in Punkt 33

Abs 1, daß "die Hinzurechnung gemäß § 7 Z 3 nicht vorzunehmen

ist, wenn der stille Gesellschafter ein Angestellter, zB

Prokurist, ist und nur mit einer geringen Vermögenseinlage

beteiligt ist". Diese Bestimmung des Ministerialerlasses hat der

Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 16.10.1963 als

gesetzwidrig aufgehoben. Die Aufhebung ist am 21.11.1963 in Kraft

getreten (BGBl 1963/268). Die Aufhebung wegen Gesetzwidrigkeit

erfolgte nicht nur aus dem Grund, weil Rechtsverordnungen eines

Bundesministers gemäß § 2 Abs 1 lit e des Gesetzes über das

Bundesgesetzblatt (Nr 33/1920) im Bundesgesetzblatt verlaubtart

werden müssen und eine solche Verlautbarung nicht erfolgt ist,

sondern ausdrücklich auch, weil die Bestimmung auch ihrem Inhalt

nach durch das Gesetz nicht gedeckt war.

Vor der Aufhebung der DE-GewSt 1954 und damit der Anwendung durch

die zuständigen Finanzbehörden war der Verwaltungsgerichtshof mit

von den Steuerbehörden von vornherein als geringfügig

eingestuften stillen Beteiligungen, welche insbesondere bei

Kapitaleinlagen leicht zu beurteilen waren, nicht befaßt. Der Schwerpunkt lag in der Abgrenzung, ob ein Angestellter mit Gewinnbeteiligung gewerbesteuerrechtlich als Angestellter oder als - verdeckter - stiller Gesellschafter anzusehen sei. Dabei vertrat der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, daß Rechtsverhältnisse, die mehrere Merkmale verschiedener Vertragstypen enthielten, nach den Merkmalen jenes Vertragstypus zu beurteilen seien, der darin überwiege, daß es also maßgeblich sei, ob die Merkmale des Dienstverhältnisses oder des Gesellschaftsverhältnisses nach ihrem wahren wirtschaftlichen Wert überwogen (so ua VwGHSlg (F) 2088, 2827 und die bei Jiresch-Langer aaO unter den Punkten 6 bis 9 und 13 zu § 7 GewStG zitierten Entscheidungen des VwGH).

Nach dem aufhebenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs aber hat der Verwaltungsgerichtshof unmittelbar nach Abtretung der diesem zugrundeliegenden Beschwerde an ihn zur Entscheidung darüber, ob die Beschwerdeführerin in einem sonstigen Recht verletzt sei, ausgesprochen, daß es sich bei den Durchführungsbestimmungen zur Gewerbesteuer bloß um Verwaltungsanweisungen gehandelt habe, aus denen vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbare Rechte - auch für Veranlagungszeiträume vor der Aufhebung - nicht abgeleitet werden könnten (E vom 31.3.1967, Z 1248/65; 2.6.1967, Z 1092/66). In der bereits 1972 herausgegebenen 6. Auflage des Kommentars zum Gewerbesteuergesetz von Jiresch-Langer (E 15 zu § 7 S 141) sind diese Erkenntnisse bereits abgedruckt. Sie sind somit rund 10 Jahre vor den hier zu beurteilenden Gesellschaftsverträgen veröffentlicht worden. Das vom Beklagten zitierte Erkenntnis des VwGHSlg (F) 4419 vom 13.9.1972 befaßte sich, ebenso wie schon aus früheren Jahren zitierte Entscheidungen, lediglich mit der Abgrenzung, ob ein (reiner) Arbeitsgesellschafter als stiller Gesellschafter oder als Dienstnehmer anzusehen sei und kommt zu dem Ergebnis, daß es immer auf die Verhältnisse des Einzelfalles ankomme. Eine 25 %ige Gewinnbeteiligung spreche für ein Gesellschaftsverhältnis. Seien jedoch die Gesamtbezüge nicht höher als sie ein Geschäftsführer für eine gleiche Tätigkeit annähernd bekommen würde (wenn der Unternehmer wegen Krankheit verhindert sei), könne eine Beteiligung als reiner Arbeitsgesellschafter nicht unterstellt werden. Auch in diesem Fall wurde also bloß die Abgrenzung, ob aufgrund einer getroffenen Vereinbarung im Rahmen eines partiarischen Arbeitsverhältnisses, bei welchem ein Teil des Arbeitsentgeltes in Form einer Remuneration durch einen prozentuellen Anteil am Reingewinn ausgezahlt werden sollte, überhaupt ein stilles Gesellschaftsverhältnis anzunehmen sei, entschieden.

Im vorliegenden Fall kann nach den Umständen des Einzelfalles auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise aufgrund der gewählten Vertragsgestaltung aber keineswegs angenommen werden, daß mit dem klar definierten Gesellschaftsverhältnis, das nicht nur als (echte) stille Gesellschaft bezeichnet wird, sondern auch alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale einer solchen enthält und insbesondere unabhängig vom schon vorher bestandenen Arbeitsvertrag weiter bestehen oder aufgelöst werden kann (eine solche Auflösung wurde auch von einer der Arbeitnehmer unabhängig vom Arbeitsverhältnis bereits bewirkt), eine rechtliche und wirtschaftliche Gestaltungsweise gewählt wurde, die eine Qualifikation als einheitliches Arbeitsverhältnis zuließe, bei welchem nur ein nicht erheblicher Teil des Entgeltes als Gewinnbeteiligung ausgezahlt werden sollte.

Ein Steuerberater haftet gemäß § 1299 ABGB als Vertragsverfasser oder Berater für die Unkenntnis der Gesetze sowie der herrschenden Lehre und Rechtsprechung, nicht aber dafür, daß ein von ihm eingenommener vertretbarer Standpunkt in der Folge von der Rechtsprechung nicht geteilt wurde. Die Wahrscheinlichkeit einer baldigen Judikaturwende muß nicht vorhergesehen werden (vgl SZ 58/165). Wer in gleichgelagerten Fällen bereits mehrfach mit den Finanzbehörden zu tun gehabt hatte, darf darauf vertrauen, daß eine bisherige ständige Auslegung einer bestimmten Gesetzesstelle auch in Zukunft Entscheidungen dieser Behörde zugrundegelegt werde. Auf Erlässe des Bundesministeriums für Finanzen, die durch Jahre hindurch den Entscheidungen der Finanzbehörden zugrundegelegt sind, kann ein Steuerberater bei seinen Dispositionen daher auch dann bauen, wenn diese Erlässe - wie im Regelfall - nicht ordnungsgemäß im Bundesgesetzblatt kundgemacht werden, weil sie nicht nur im Amtsblatt für die österreichische Finanzverwaltung verlautbart werden, sondern die Norm des Gesetzes durch sie eine bindende Auslegung gegenüber den vollziehenden Behörden erlangt. Solange die Verordnung besteht, ist die Finanzverwaltung verpflichtet, sie anzuwenden. Der hier in Frage stehende Ministerialerlaß wurde aber fast 10 Jahre vor den zu beurteilenden Gesellschaftsverträgen auch wegen Gesetzwidrigkeit seines Inhaltes vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben; die Aufhebung wurde im Bundesgesetzblatt verlautbart. Der Verwaltungsgerichtshof hat, wie ausgeführt, diesem Umstand in mehreren Entscheidungen Rechnung getragen. Der Beklagte hat auch nicht vorgebracht und unter Beweis gestellt, daß sich die Praxis der Finanzbehörden bei der Beurteilung "geringfügiger Vermögensbeteiligungen im Rahmen einer stillen Gesellschaft" hinsichtlich der Auswirkungen auf die Gewerbesteuerpflicht der Unternehmer nicht dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes entsprechend geändert habe. Vielmehr ist nicht nur, wie sich aus dem Anlaßfall selbst, sondern auch aus der Reaktion des Gesetzgebers ergibt, das Gegenteil anzunehmen: Durch die Gewerbesteuergesetznovelle 1988, BGBl 1988/403, mit Gültigkeit ab 1.1.1989, wurde der § 7 Z 3 GewStG neu gefaßt: Danach werden die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters, nominelle Mehrbeträge aufgrund der Wertsicherung der Einlage des stillen Gesellschafters sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art, die für eine Beschäftigung des stillen Gesellschafters im Betrieb gewährt worden sind, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinnes abgesetzt sind. Die Hinzurechnung der Gehälter und sonstigen Vergütungen für eine Beschäftigung des stillen Gesellschafters im Betrieb unterbleibt auch dann, wenn sich ein Arbeitnehmer als stiller Gesellschafter am Betrieb seines Arbeitgebers unmittelbar mit einer Geldeinlage bis zu S 200.000 beteiligt. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (628 BlgNR 17. GP 5) führen hiezu aus "daß bisher eine Heranziehung auch dann zu erfolgen hat, wenn Dienstverhältnis und typisches (echtes) stilles Gesellschaftsverhältnis selbständig nebeneinander bestehen. Diese gewerbesteuerliche Auswirkung hat in der Regel eine Beteiligung des Arbeitnehmers am Unternehmen des Arbeitgebers in Form einer typischen (echten) stillen Gesellschaft verhindert. Mit der vorgeschlagenen Änderung des § 7 Z 3 soll ein Schritt zum Abbau der gewerbesteuerlichen Hemmnisse für Mitarbeiterbeteiligungen gesetzt werden. Beteiligt sich ein Arbeitnehmer mit einer tatsächlich geleisteten Geldeinlage (nicht Sacheinlage) bis S 200.000 als stiller Gesellschafter am Betrieb des Arbeitgebers, dann sollen nur mehr die Gewinnanteile einschließlich Wertsicherungsbeträge aus diesen stillen Beteiligungen hinzurechnungspflichtig sein. Bei der alten Hinzurechnungsregel bleibt es hingegen, wenn die Geldeinlage S 200.000 übersteigt oder eine Sacheinlage geleistet wird, weiters, wenn ein Dienstverhältnis steuerlich einheitlich als stille Gesellschaft zu beurteilen ist (arg. "Arbeitnehmer" im § 7 Z 3).

Auch diese Ausführungen zeigen deutlich, daß der Beklagte nicht nur die seit dem Aufhebungserkenntnis des Verfassungsgerichtshofes eingetretene Änderung der Spruchpraxis der Finanzbehörden im Sinne des Gesetzestextes nicht beachtet hat, sondern auch die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung eines einheitlichen Dienstverhältnisses als Arbeitsverhältnis oder als stille (Arbeits-)Gesellschaft in ihm im Sinne der Vorschrift des § 1299 ABGB vorwerfbarer Weise mißverstanden hat. Die Voraussetzungen für seine Haftung nach dieser Gesetzesstelle sind daher gegeben.

In Stattgebung der Revision der klagenden Partei war daher das Ersturteil wiederherzustellen.

Der Ausspruch über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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