OGH 9ObA107/97v

OGH9ObA107/97v9.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Fritz Miklau und Richard Thöndel als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Claus P*****, Monteur, ***** vertreten durch Dr.Gottfried Eypeltauer und andere, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei I***** und M***** GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Wolfram Wutzel, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 164.583,62 brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12.Dezember 1996, GZ 11 Ra 215/96h-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 21.Mai 1996, GZ 9 Cga 50/95p-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

9.135 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.522,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die aus der Bezeichnung "Blankobestätigung" vom Berufungsgericht gezogene rechtliche Schlußfolgerung einer Ermächtigung zur Ausfüllung des vorgeschriebenen Textes in dessem Sinn ist kein Abweichen von den Feststellungen des Erstgerichtes und bedurfte daher weder einer Beweisergänzung noch einer besonderen Begründung. Auch stellt der Hinweis des Berufungsgerichtes auf die Offenkundigkeit der Bedeutung einer Blankobestätigung keine Scheinbegründung dar. Weder Nichtigkeit noch Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegen daher vor. Selbst eine aktenwidrige Beurteilung des Parteienvorbringens, ob die beklagte Partei ein konstitutives Anerkenntnis oder einen schlüssigen Verzicht des Klägers auf seine Ansprüche behauptet hat, begründet keine Aktenwidrigkeit, sondern könnte allenfalls zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung führen. Aktenwidrigkeit liegt nämlich nur dann vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen wurden (Kodek in Rechberger ZPO Rz 4 zu § 503).

Im übrigen hat das Berufungsgericht den Entlassungsgrund der Begehung einer Vertrauensunwürdigkeit hervorrufenden strafbaren Handlung zutreffend verneint, weshalb es ausreicht, auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist anzumerken:

Wenn auch der Tatbestand des § 223 StGB durch eine dem Willen des Ausstellers widersprechende Ausfüllung eines Blanketts durch Mißbrauch der erkennbaren Ausfüllungsermächtigung hergestellt wird (14 Os 125/93), so erfordert die Strafbarkeit auch die Verwendung im Rechtsverkehr. Dies bedeutet die Verwendung ihres Inhaltes, sohin eine Einflußnahme zwecks rechtserheblicher Reaktion eines anderen, wie etwa wirtschaftliche Dispositionen (13 Os 1/96).

Das Delikt des § 223 Abs 1 StGB erfordert einen bestimmten über die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes hinausreichenden (= überschießenden) Vorsatz, daß die Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht werde. Der Täter muß den Vorsatz haben, daß die Urkunde einem anderen zugänglich wird und dieser zu einem bestimmten Verhalten im Rechtsverkehr veranlaßt wird (Leukauf/Steininger, StGB3, Rz 37 zu § 223; Kienapfel in WK 16.Lfg. Rz 223 zu § 223; Bertel/Schwaighofer, Österreichisches Strafrecht, BT II Rz 17 zu § 223).

Der Täuschungsvorsatz muß schon im Zeitpunkt des (Ver-)fälschens vorliegen. Ist dies nicht der Fall oder bleibt insoweit ein non liquet, entfällt die Tatbestandsmäßigkeit der Handlung im Sinne des § 223 Abs 1 StGB, doch findet § 223 Abs 2 StGB Anwendung, wenn das Falsifikat später mit Täuschungsvorsatz verwendet wird (Kienapfel aaO, Rz 226; Leukauf/Steininger aaO Rz 37, 39).

Der Kläger wollte nach den Feststellungen mit der Bestätigung dem Dienstgeber kundtun, daß er in der in der Blankobestätigung eingesetzten Zeit an der Arbeitsverrichtung verhindert war und hat, weil er wußte, daß jeder im Betrieb seine Schrift kannte, dem Geschäftsführer letztlich mitgeteilt, daß in der Bestätigung auch die Fahrzeit zum und vom Arzt enthalten ist. Damit fehlt aber jeder Vorsatz, den verfälschten Inhalt der Urkunde im Rechtsverkehr zu einem bestimmten Verhalten oder einer bestimmten Annahme des Dienstgebers zu verwenden. Durch die Klarstellung, daß auch die Fahrzeit in der Bestätigung enthalten ist, war eine Veranlassung eines Irrtums des Dienstgebers über die Dauer der Anwesenheit des Klägers in der Ordination ausgeschlossen und fiel auch eine Erschleichung einer Entgeltfortzahlung für die Wegzeit weg, und zwar unabhängig davon, ob sie der Kläger dennoch bezahlt haben wollte.

Dem Berufungsgericht ist damit aber auch zu folgen, daß es mangels Vorliegens einer strafbaren Handlung einer Prüfung, ob diese Handlung überhaupt Vertrauensunwürdigkeit begründet hat, unterbleiben kann.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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