OGH 14Os125/93

OGH14Os125/9324.8.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. August 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Dr. Massauer, Mag. Strieder und Dr. Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Weigl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dietmar H* wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 5. Mai 1993, GZ 29 Vr 1214/92‑22, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Presslauer, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Rittler zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0140OS00125.9300000.0824.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Unterbleiben des Ausspruchs, der Angeklagte habe den Betrug begangen, indem er falsche Urkunden benützte, demgemäß in der Nichtannahme der Betrugsqualifikation des § 147 Abs 1 Z 1 StGB sowie infolgedessen auch im Strafausspruch aufgehoben und in diesem Umfang gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StGB in der Sache selbst erkannt:

Dietmar H* hat den ihm nach dem unberührt gebliebenen Schuldspruch zur Last liegenden Betrug begangen, indem er falsche Urkunden benützte.

Für das ihm demnach zur Last liegende Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148, zweiter Fall, StGB wird er nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 (einundzwanzig) Monaten verurteilt. Davon wird gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Teil von 14 (vierzehn) Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16. Feber 1956 geborene Bürokaufmann Dietmar H* des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall StGB schuldig erkannt, weil er in Innsbruck in der Zeit von Anfang 1988 bis Dezember 1991 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der C* und der T* Bank AG durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die wiederholte Vorlage inhaltlich unrichtiger Sammelüberweisungsaufträge, zu Handlungen, nämlich zur Überweisung von zumindest 1,615.316,67 S von Konten der Firma P* GesmbH an sich selbst verleitet hat, wodurch die genannte Firma um zumindest diesen Betrag an ihrem Vermögen geschädigt wurde, wobei H* die Betrugshandlungen in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte als selbständiger Bürokaufmann in der Zeit von 1987 bis Anfang 1992 für die Firma P* die gesamte Buchhaltung und die Lohnverrechnung erledigt. Ihm oblag auch der Zahlungsvollzug, zu welchem Zwck er vom Firmenchef blanko unterschriebene Sammelüberweisungsaufträge erhielt, in die der Angeklagte vereinbarungsgemäß die jeweils zur Zahlung fälligen Rechnungen sowie sein vereinbartes Honorar von monatlich 5.000 S für die von ihm geleistete Tätigkeit, darüber hinaus aber im Deliktszeitraum auch eigenmächtig Beträge in unterschiedlicher Höhe für in Wahrheit nicht existierende Rechnungen seiner eigenen Firma B*einsetzte. Diese Sammelüberweisungsaufträge übergab er sodann den Kreditinstituten seines Auftraggebers, die die Überweisungen durchführten. Solcherart kam ihm unter Schädigung der Firma P* GesmbH der im Spruch genannte Betrag zu.

Der Angeklagte hat auf Rechtsmittel gegen dieses Urteil verzichtet.

 

Rechtliche Beurteilung

Die Anklagebehörde bekämpft den Schuldspruch in Ansehung der unterbliebenen Qualifikation der Tat nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB mit Nichtigkeitsbeschwerde aus dem Grunde des § 281 Abs 1 Z 10 StPO.

Sie ist damit im Recht.

Ein Betrug ist nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB auch dann als schwer qualifiziert, wenn er unter Benützung einer falschen oder verfälschten Urkunde begangen wird. Eine falsche (dh unechte) Urkunde kann auch durch die dem Willen des Ausstellers widersprechende Ausfüllung eines Blanketts hergestellt werden. Eine solche Blankettfälschung liegt in der hier aktuellen Form des Mißbrauchs einer Ausfüllungsermächtigung vor. In diesem Sonderfall der Blankettfälschung geht es darum, daß jemand, der ermächtigt ist, eine fremde (vom Aussteller blanko unterschriebene) Urkunde durch Ausfüllung zu vervollständigen, ihr einen von der Vereinbarung im Innenverhältnis abweichenden Inhalt gibt (vgl Kienapfel, WK, Rz 178, 180 zu § 223 StGB; ähnlich Steininger StGB3 RN 9 zu § 147, RN 27 zu § 223 mwN). Eben dies trifft auf den vorliegenden Fall zu, hat doch der Angeklagte nicht nur vereinbarungsgemäß die ihm zum Zahlungsvollzug übergebenen Rechnungen in die vom Zeichnungsberechtigten blanko unterschriebenen Banküberweisungsaufträge eingesetzt, sondern vereinbarungswidrig und eigenmächtig auch erfundene Rechnungen seiner eigenen Firma. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Erstgericht daher auch diese - allerdings auch bei Anklageerhebung übersehene - Qualifikation heranziehen müssen (§ 262 StPO).

Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher Folge zu geben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Unterbleiben des Ausspruchs, der Angeklagte habe den Betrug begangen, indem er falsche Urkunden benützte, demgemäß in der Nichtannahme der Betrugsqualifikation nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB sowie im Strafausspruch aufzuheben, in diesem Sinne (Benützung von falschen Urkunden) in der Sache selbst zu erkennen, der Angeklagte des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig zu sprechen und die Strafe nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB neu zu bemessen.

Hiebei waren die zweifache Qualifikation des Betruges zum Verbrechen sowie der grobe Vertrauensmißbrauch erschwerend, mildernd hingegen der schon vom Erstgericht festgestellte bisherige ordentliche Wandel sowie das umfassende und reumütige Geständnis.

Auf der Basis dieses Strafzumessungssachverhalts (die einmalige Überweisung von 5.000 S an die geschädigte Firma am 23. August 1993 fiel angesichts des urteilsmäßigen Privatbeteiligtenzuspruchs von 1,615.316,67 S kaum ins Gewicht) war mit der Verhängung einer der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten entsprechenden Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten vorzugehen.

Eine gänzliche bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe kam angesichts des Gewichtes des vor allem in den Modalitäten der sich über rund drei Jahre erstreckenden Betrugshandlungen liegenden Tatunrechts nicht in Betracht.

Unter Berücksichtigung der bisherigen Unbescholtenheit des Angeklagten kann jedoch angenommen werden, daß nach der Vollstreckung des Strafdrittels die bloße Androhung der Vollziehung des Restes der Freiheitsstrafe genügen werde, um ihn zu nachhaltiger Einkehr anzuregen und von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.

Die Staatsanwaltschaft war mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

 

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