OGH Rkv1/97

OGHRkv1/971.4.1997

Die Oberste Rückstellungskommission hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Gerstenecker und Dr.Zechner als Beisitzer in der Rückstellungssache der Antragsteller 1. Anton S*****, 2. Dr.Josef S*****, und 3. Christiana S*****, der Zweitantragsteller und die Drittanstragstellerin vertreten durch den Erstantragsteller, wider die Antragsgegnerinnen 1. Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, und 2. N*****, wegen Rückstellung von Grundstücken, infolge Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck als Vorsitzenden der Rückstellungsoberkommission beim Oberlandesgericht Innsbruck vom 20. Dezember 1996, Jv 3755-30/96, womit der Beschluß des Präsidenten des Landesgerichts Innsbruck als Vorsitzenden der Rückstellungskommission beim Landesgericht Innsbruck vom 17.Oktober 1996, Jv 2905-30/96, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Aus Anlaß der Beschwerde werden die Beschlüsse der Vorinstanzen als nichtig aufgehoben; die Rechtssache wird an die Rückstellungskommission beim Landesgericht Innsbruck zur allfälligen Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Text

Begründung

Mit einer Eingabe vom 12.3.1996 beantragte der Einschreiter (Erstantragsteller) im eigenen Namen und im Namen des Zweitantragstellers und der Drittantragstellerin unter Berufung auf eine gleichzeitig vorgelegte Vollmacht seines Bruders (Zweitantragstellers) und der Witwe nach seinem bereits vorverstorbenen weiteren Bruder (Drittantragstellerin) die unverzügliche Aufhebung der Enteignung, Rückstellung und Rückübereignung von Grundstücken im Gesamtausmaß von 27.643 m2 durch die Erstantragsgegnerin, die seinem Vater, ihm und seinen beiden Brüdern vom Nationalsozialistischen Regime durch unrechtmäßige Enteignung im Jahre 1941 entzogen worden seien. Er führte dazu im wesentlichen aus, die Rückstellung sei von seinem Vater bereits 1948 betrieben worden, die Anträge seien indessen von der Rückstellungskommission beim Landesgericht Innsbruck abgewiesen worden; die Rückstellungsoberkommission beim Oberlandesgericht Innsbruck habe dieses Erkenntnis mit Erkenntnis vom 17.6.1949 bestätigt. Beide Erkenntnisse seien jedoch eindeutig falsch. Im Zeitraum vom Frühjahr bis Ende 1995 seien dem Erstantragsteller maßgebliche Tatsachen und Gesetze erstmals zugänglich geworden. Insbesondere seien sein Vater und dessen drei Söhne als "direkt Beraubte und Enteignete" sowie diese als Erben nach ihrem Vater sowie die Drittantragstellerin als Erbin nach einem dieser Söhne "Opfer und gröbstens Geschädigte" der Republik Österreich. Das ergebe sich unter anderem aus den vom Erstantragsteller erst seit dem Frühjahr 1993 in Erfahrung gebrachten Gesetzen und Dokumenten, wie der Proklamation vom 27.4.1945, dem Verfassungs-Überleitungsgesetz vom 1.5.1945, dem Rechts-Überleitungsgesetz vom 1.5.1945, dem Verbotsgesetz 1947, dem Nichtigkeitsgesetz vom 15.5.1946, dem Dritten Rückstellungsgesetz vom 6.2.1947, den Staatsverträgen von St.Germain und Versailles sowie verschiedenen Büchern, so etwa jenem von Dr.Klaus Lugger, dem Direktor der "Neuen Heimat" (Zweitantragsgegnerin) verfaßten Buch "Wohnbau sozial". Diesen erst in den Jahren 1993 bis 1995 hervorgekommenen Tatsachen und Gesetze zufolge sei es allein maßgeblich, daß den Antragstellern (bzw deren Rechtsvorgängern) die geraubten Grundstücke unrechtmäßig vorenthalten wurden und von der Republik Österreich unverzüglich zurückzustellen seien.

Der Vorsitzende der Rückstellungsoberkommission beim Oberlandesgericht Innsbruck überwies die Rechtssache mit Beschluß vom 20.3.1996 an die Rückstellungskommission beim Landesgericht Innsbruck.

Der Vorsitzende der Rückstellungskommission beim Landesgericht Innsbruck wies den Antrag zurück. Er führte zur Begründung dieses Beschlusses aus, die Entscheidung der Rückstellungsoberkommission beim Oberlandesgericht Innsbruck vom 17.6.1949, mit der die Rückstellungsansprüche des Vaters des Erst- und des Zweitantragstellers und anderer als nicht berechtigt erkannt worden seien, sei sowohl in formelle wie auch materielle Rechtskraft erwachsen. Das Wesen der materiellen Rechtskraft liege in deren Feststellungswirkung; eine in materielle Rechtskraft erwachsene Entscheidung stelle "autoritativ und endgültig fest, was rechtens ist", und verhindere eine neue Feststellung der Rechtslage in derselben Sache bzw deren abweichende Beurteilung in einem Folgeverfahren. Die erwähnte Entscheidung der Rückstellungsoberkommission beim Oberlandesgericht Innsbruck verwehre demnach die neuerliche Entscheidung über die bereits entschiedene Rechtssache. Der Antrag sei deshalb wegen entschiedener Rechtssache zurückzuweisen.

Der Vorsitzende der Rückstellungsoberkommission beim Oberlandesgericht Innsbruck bestätigte infolge Beschwerde der Antragsteller den erstinstanzlichen Beschluß und sprach aus, daß der Streitwert S 15.000,-- übersteige und die Beschwerde an die Oberste Rückstellungskommission zulässig sei. Seiner Begründung ist zu entnehmen, daß die "Aufforderung" der Antragsteller "an die Republik Österreich", das dem Erstantragsteller, seinem Vater und seinen Brüdern durch das NS-Regime entzogene Vermögen unverzüglich zurückzustellen bzw lastenfrei rückzuübereignen, könne nur als Rückstellungsanspruch im Sinne des Dritten Rückstellungsgesetzes (BGBl 1947/54 - im folgenden kurz RG) verstanden werden, zumal darin auch die Aufhebung des Erkenntnisses der Rückstellungsoberkommission beim Oberlandesgericht Innsbruck vom 17.6.1949 begehrt werde. Der Vater des Erst- und des Zweitantragstellers habe bereits 1948 ein Verfahren zur Rückstellung dieser Grundstücke angestrengt; seine Anträge seien jedoch von der Rückstellungsoberkommission beim Oberlandesgericht Innsbruck abgewiesen worden. Dieses Erkenntnis sei in Rechtskraft erwachsen; auf die Rechtskraft sei von Amts wegen Bedacht zu nehmen. Den Parteien sei die Disposition über die Rechtskraft verwehrt. Die Antragsteller hätten nicht das Vorliegen des rechtskräftigen Erkenntnisses, sondern bloß dessen rechtmäßiges Zustandekommen bestritten, hätten sie doch stets nur behauptet, das Erkenntnis der Rückstellungsoberkommission beruhe auf Macht- und Amtsmißbrauch sowie "verbrecherischem Verhalten", ohne allerdings darzulegen, worin dieses Verhalten bestanden habe. Das Anliegen der Antragsteller, das rechtskräftige Erkenntnis der Rückstellungsoberkommission vom 17.6.1949 im Wege der Wiederaufnahme zu beseitigen, sei unzulässig, weil gemäß § 23 RG für das Verfahren vor den Rückstellungskommissionen die Bestimmungen des Verfahrens außer Streitsachen sinngemäß gälten. Das Außerstreitgesetz enthalte aber weder Bestimmungen über die Wiederaufnahme noch darüber, daß die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über die Wiederaufnahme sinngemäß anzuwenden seien. Es sei noch darauf hinzuweisen, daß die im RG zur Geltendmachung von Rückstellungsansprüchen bestimmte Antragsfrist letztmalig mit Verordnung BGBl 1955/201 unter den besonderen Voraussetzungen von deren § 5 bis 31.6.1956 verlängert worden sei. Wenngleich das RG nie "formal" aufgehoben worden sei, könnten doch Ansprüche nach diesem Gesetz schon seit rund 40 Jahren wegen Ablaufs der dort vorgesehenen Fristen nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden. Damit seien auch die Bestimmungen der §§ 15 ff RG über die Einrichtung und Bildung der Rückstellungskommissionen bei den Gerichtshöfen "obsolet" geworden.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Antragsteller, die deshalb zulässig ist, weil der Streitwert mehr als S 15.000,-- beträgt und die Rückstellungsoberkommission die Beschwerde gegen ihren bestätigenden Beschluß für zulässig erklärte (§ 21 Abs 2 RG).

In die meritorische Prüfung der Beschwerde der Antragsteller hat die Oberste Rückstellungskommission indes nicht einzutreten, weil sowohl die Rückstellungskommission als auch die Rückstellungsoberkommission allein durch ihren Vorsitzenden entschieden und beide Spruchkörper somit - wie noch zu zeigen sein wird - nicht vorschriftsmäßig besetzt waren (§ 23 Abs 1 RG iVm § 477 Abs 1 Z 2 ZPO):

Gemäß § 17 Abs 1 RG entscheiden die Rückstellungskommissionen und Rückstellungsoberkommissionen in Senaten, die aus dem Vorsitzenden oder einem seiner Stellvertreter und zwei Beisitzern bestehen. Abweichend von diesem Grundsatz entscheiden der Vorsitzende der Rückstellungskommission oder dessen Stellvertreter allein, wenn zur Geltendmachung eines Anspruchs ein Abwesenheitskurator zu bestellen und die Anspruchsfrist zu verlängern (§ 14 Abs 4 RG), in besonders dringenden Fällen (konform mit § 388 EO) eine Sicherstellung anzuordnen (§ 23 Abs 2 RG), über Ansprüche, deren Streitwert S 500,-- nicht übersteigt, zu entscheiden (§ 17 Abs 3 RG) oder die Anmerkung der Einleitung des Rückstellungsverfahrens im Grundbuch zu veranlassen ist (§ 24 Abs 1 RG; vgl dazu Heller/Rauscher/Baumann, Verwaltergesetz, Rückgabegesetz, Zweites und Drittes Rückstellungsgesetz [1948], 237 ff). Abgesehen davon, daß diese Ausnahmen von der Senatsbesetzung nur für das erstinstanzliche Verfahren gelten, trifft im vorliegenden Fall auch keiner dieser Fälle zu.

Eine Begründung dafür, daß die Entscheidungen beider Vorinstanzen lediglich vom Vorsitzenden getroffen wurden, kann bloß dem zweitinstanzlichen Beschluß entnommen werden: Da Ansprüche nach dem formal allerdings nie aufgehobenen RG infolge Verfristung schon seit 40 Jahren nicht mehr erhoben werden könnten, seien die Bestimmungen der §§ 15 ff dieses Gesetzes über die Einrichtung und Bildung der Rückstellungskommissionen bei den Gerichtshöfen obsolet geworden. Diese Auffassung ist verfehlt. Wäre sie richtig, dann wären gewiß auch der Präsident des Landesgerichts Innsbruck und der Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck als Vorsitzender der Rückstellungskommission bzw der Rückstellungsoberkommission zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch nicht berufen gewesen, sondern hätten darüber wohl die ordentlichen Gerichte bzw die sonst in Betracht kommenden Behörden abzusprechen gehabt. Im übrigen räumt die zweite Instanz selbst ein, daß das RG weder ausdrücklich (durch formelle Derogation) noch durch Erlassung seinen Anordnungen widersprechender Normen (also durch materielle Derogation) - etwa durch gesetzlich angeordnete Zuweisung solcher Ansprüche an die ordentlichen Gerichte - aufgehoben worden sei. Das RG ist somit nach wie vor Bestandteil der Rechtsordnung, wenngleich die im § 14 Abs 1 erster Satz RG als einjährige Fallfrist (ORK in EvBl 1957/86 und EvBl 1955/327) ab Inkrafttreten des Gesetzes (am 27.3.1947) bestimmte Antragsfrist aufgrund der - bei Bedachtnahme auf die verfassungsgerichtliche Judikatur zu Art 18 Abs 2 B-VG als "formalgesetzliche Delegation" (vgl dazu Walter-Mayer, Bundesverfassungrecht8 Rz 598) verfassungsrechtlich bedenklichen - Ermächtigung gemäß § 14 Abs 1 zweiter Satz RG durch Verordnungen (zuletzt die Verordnung vom 3.9.1955 BGBl 1955/201) nur bis 31.7.1956 verlängert worden ist, sodaß jedenfalls Ansprüche, die sich aus der Vermögensentziehung ergeben, infolge Ablaufs der (verlängerten) Frist nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden könnten (arg "geht der Ansprüche..... verlustig" im § 14 Abs 1 erster Satz RG); die Fristen zur Verfolgung von Rückstellungsansprüchen sind auch durch den Staatsvertrag 1955 nicht verlängert worden (ORK in MietSlg 7619; VwGH in ÖJZ 1957, 410; vgl auch Klein in ÖJZ 1969, 93). Das ändert aber nichts daran, daß über solche Anträge (bzw über Anträge auf Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Verfahren) nach wie vor jene Behörden zu befinden haben, die dazu vom Gesetzgeber des immer noch in Geltung stehenden RG berufen wurden und deren Einrichtung auch nicht durch Änderung der tatsächlichen Verhältnisse sowie der maßgeblichen Rechtslage ausgeschlossen ist: Nach wie vor können Beisitzer aus dem Kreis der zu fachmännischen Laienrichtern des Landesgerichts (Handelsgerichts Wien) und der zu Beisitzern bei den Arbeitsgerichten (nun der fachkundigen Laienrichter iSd ASGG) bestellten Personen sowie aufgrund gutächtlicher Vorschläge der Landwirtschaftskammern iSd § 16 Abs 4 RG bestellt werden, sofern das nicht ohnehin geschehen ist. Zutreffend haben die Vorinstanzen das Begehren der Antragsteller auf "Aufhebung der Enteignung, Rückstellung und Rückübereignung" der in Anspruch genommenen Grundstücke als Antrag auf Rückstellung von im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Machtübernahme entzogenem Vermögen (§ 1 Abs 1 RG) beurteilt, weil sich die Antragsteller einerseits auf unrechtmäßige Enteignung durch das NS-Regime und zum andern auf ihrer Behauptung zufolge "eindeutig falsche" Erkenntnisse der Rückstellungsbehörden erster und zweiter Instanz berufen. Deshalb ist der Antrag - wenngleich das dort nicht eindeutig zum Ausdruck gelangt - als gegen die Erstantragsgegnerin, weil die Aufforderung zur Rückstellung an sie gerichtet wurde und die Zweitantragsgegnerin, die im rechtskräftig abgeschlossenen Rückstellungsverfahren als Antragsgegnerin in Anspruch genommen wurde, gerichtet anzusehen, zumal der Antrag auf Beseitigung des Erkenntnisses der Rückstellungsoberkommission beim Oberlandesgericht Innsbruck vom 17.6.1949 wohl nur als Antrag auf Wiederaufnahme des damit rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens beurteilt werden kann. Über den Antrag hätte demnach in erster Instanz ein nach dem § 16 und 17 RG zusammengesetzer Senat der Rückstellungskommission beim Landesgericht Innsbruck und über die Beschwerde gegen den Beschluß des Vorsitzenden der Rückstellungskommission ein gleichermaßen zusammengesetzter Senat der Rückstellungsoberkommission beim Oberlandesgericht Innsbruck befinden müssen. In beiden Instanzen war das zur Entscheidung berufene Organ vorschriftswidrig besetzt, weil anstelle des Senats dessen Vorsitzender allein entschied.

Gemäß § 23 Abs 1 RG gelten für das Verfahren vor den Kommissionen im allgemeinen sinngemäß die Bestimmungen des Verfahrens außer Streitsachen. Der Begriff der Nichtigkeit in dieser Verfahrensart ist der Zivilprozeßordnung zu entlehnen, sodaß deren § 477 sinngemäß anzuwenden ist (JBl 1987, 258; SZ22/107 uva; zuletzt etwa 1 Ob 1542/93; iglS Rkv 1/73). Demnach sind Entscheidungen und das diesen vorangegangene Verfahren nichtig, wenn das erkennende Gericht - hier die zur Entscheidung berufene Kommission - nicht vorschriftsmäßig besetzt war (§ 477 Abs 1 Z 2 ZPO; vgl dazu Rkv 1/73), nur ist diese Nichtigkeit dann nicht gegeben, wenn anstelle des Einzelrichters ein Senat entscheidet (§ 477 Abs 3 ZPO); im umgekehrten Fall - also bei Entscheidung durch einen Einzelrichter (hier Senatsmitglied) anstelle des nach dem Gesetz berufenen Senats - ist die vorschriftswidrige Besetzung des entscheidenden Organs gemäß § 260 Abs 4 ZPO nur dann nicht zu berücksichtigen, wenn sich beide Parteien in die mündliche Streitverhandlung oder die Verhandlung über die in § 239 Abs 2 ZPO bezeichneten Einreden eingelassen haben, ohne diesen Umstand geltend zu machen. Die Frage, ob § 260 Abs 4 ZPO auch im Verfahren außer Streitsachen (bzw im Verfahren nach dem RG, in dem diese Verfahrensart - mit gewissen Abweichungen - sinngemäß anzuwenden ist) zu beachten ist, muß im vorliegenden Fall - obwohl es naheliegt, diese Frage zu bejahen, weil das hinter der Rückstufung dieses Nichtigkeitsgrunds stehende Motiv (vgl JAB 669 BlgNR, 15. GP, 53) um nichts weniger für das Verfahren außer Streitsachen Bedeutung hat - nicht abschließend beantwortet werden: Eine Heilung dieses Mangels nach § 260 Abs 4 ZPO hätte nur eintreten können, wenn es den Parteien möglich gewesen wäre, die unrichtige Besetzung vor Einlassung in eine Verhandlung geltend zu machen (EvBl 1993/131; SSV-NF 2/56; SSV-NF 1/31 ua). Eine solche Rüge war aber weder im erstinstanzlichen Verfahren, in dem der Vorsitzende der Rückstellungskommission den Antrag a limine zurückwies, noch im Beschwerdeverfahren möglich, sodaß die Nichtigkeit begründende vorschriftwidrige Besetzung der Vorinstanzen auch noch in dritter Instanz wahrzunehmen ist.

Zwar kann ein bestätigender Beschluß der Rückstellungsoberkommission gemäß § 21 Abs 2 RG nur wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten werden, die Oberste Rückstellungskommission hat aber ausgesprochen (Rkv 1/73 ua), aus Anlaß einer aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobenen, somit zulässigen Beschwerde sei auch eine Nichtigkeit wahrzunehmen, weil eine solche in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten sei. Daran ist festzuhalten.

Da sowohl der erst- wie auch der zweitinstanzliche Beschluß vom Nichtigkeitsgrund der vorschriftswidrigen Besetzung erfaßt sind, sind beide Beschlüsse aus Anlaß der (zulässigen) Beschwerde als nichtig aufzuheben; die Rückstellungskommission - und gegebenenfalls auch die Rückstellungsoberkommission - werden daher in dem zu erneuernden Verfahren in der gesetzlich gebotenen Senatsbesetzung zu entscheiden haben. Auf die sachliche Berechtigung des das Verfahren einleitenden Antrags ist in diesem Stadium des mit Nichtigkeit behafteten Verfahrens noch nicht einzugehen.

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