OGH 9ObA46/97y

OGH9ObA46/97y26.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Wilhelm Koutny und Heinrich Dürr als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Karl P*****, Kraftfahrer, *****, vertreten durch Dr.Konrad Ferner, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Alois M*****, Transportunternehmer, ***** vertreten durch Dr.Michael Wonisch und Dr.Hansjörg Reiner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 24.582 sA und Feststellung (Streitwert: S 60.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12.November 1996, GZ 12 Ra 216/96p-29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 16.April 1996, GZ 11 Cga 15/94f-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.871,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 811,84 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend die Anwendung der Bestimmung des § 3 DHG auf einen Ersatzanspruch des Arbeitnehmers analog § 1014 ABGB bejaht, sodaß es insoweit ausreicht, auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Da zwischen dem Dienstgeber und der T***** GmbH keine Sonderbeziehung (= Vertragsverhältnis) besteht und eine andere gesetzliche Verpflichtung zur Eigenhaftung des Dienstgebers gegenüber dem Dritten nicht hervorkam, ist das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz auf den Ausgleich zwischen den Streitteilen nicht unmittelbar anzuwenden (Kerschner, DHG Rz 23 zu § 3, 8 ObA 2051/96t). Nach der Rechtsprechung haftet der Arbeitgeber aber nach dem auch auf Arbeitsverhältnisse anzuwendenden § 1014 ABGB für "arbeitsadäquate" Sachschäden des Dienstnehmers (9 ObA 139/89 = Arb 10.784 = ZAS 1991, 8 [Oberhofer] = DRdA 1991/12 [Kerschner]; 9 ObA 184/95 = SZ 68/212 = EvBl 1996/49 = DRdA 1996/40 [Kerschner]; 8 ObA 2051/96t; 9 ObA 2136/96z). An dem aus § 1014 ABGB hervorkommenden allgemeinen Schadenszurechnungsprinzip der Risikohaftung des Arbeitgebers für die typischen Gefahren des aufgetragenen Geschäftes (Oberhofer, Außenhaftung des Arbeitnehmers, 139), das eine analoge Anwendung auf Arbeitsverhältnisse als sachgerecht erscheinen läßt (wie oben 9 ObA 139/89), ändert die Eigentümlichkeit des vorliegenden Falles nichts. Ob der Beklagte als Frachtführer zum Geschädigten in Vertragsbeziehung stand und die durch Erfüllungsgehilfen verursachten Schäden durch eine Transportversicherung gedeckt war, deliktische Schäden hingegen nicht, berührt das Rechtsverhältnis (= Arbeitsverhältnis) zwischen den Streitteilen nicht und verhindert die analoge Anwendung des § 1014 ABGB nicht. Entscheidend ist lediglich, daß bei Erbringung der Dienstleistung eine mit den typischen Gefahren des aufgetragenen Geschäftes verbundene arbeitsadäquate Schädigung beim Dritten eingetreten ist (Oberhofer aaO, 183, 189; wie oben 9 ObA 184/95; zuletzt 9 ObA 2136/96z), den dieser erfolgreich gegen den Arbeitnehmer gerichtlich durchgesetzt hat, sodaß im Ergebnis ein Eigenschaden des Dienstnehmers vorliegt (Kerschner aaO, Rz 13 zu § 3).

Da der Anspruch des Dienstnehmers analog § 1014 ABGB kein Schadenersatz- oder Rückgriffsanspruch im Sinne des § 6 DHG ist, sondern ein vertraglicher Anspruch, unterliegt er der Verjährungsfrist des § 1486 Z 5 ABGB (wie oben 9 ObA 184/95). Der vom Revisionswerber behauptete Wertungswiderspruch zwischen Ansprüchen analog nach § 1014 ABGB und § 3 DHG ergibt sich infolge der unterschiedlichen Rechtsgrundlage nicht.

Die Rechtsprechung geht davon aus, daß bei Ansprüchen analog nach § 1014 ABGB bei einem mitwirkenden Verschulden des Arbeitnehmers am Schaden der Arbeitgeber nach den Grundsätzen des DHG einzustehen und der Umfang einer Ersatzpflicht nach den in § 2 Abs 1 DHG angeführten Kriterien zu beurteilen ist (Arb 10.268; wie oben 9 ObA 139/89 und wie oben 9 ObA 184/95). § 3 DHG, der die Streitverkündigungspflicht des Dienstnehmers, der zum Ersatz des Schadens, den er dem Dritten zugefügt hat, in Anspruch genommen wird, vorsieht, knüpft die Bindungswirkung des Vorprozesses im Regreßprozeß des Dienstnehmers daran, daß der Dienstgeber im Vorprozeß die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs hatte oder gehabt hätte (Kerschner aaO, Rz 6, 7 zu § 3; Arb. 11.287). Da § 3 DHG die Haftungsmilderung des Dienstnehmers offensichtlicherweise nur in Ergänzung zu § 2 DHG bei Drittschäden und Heranziehung des Dienstnehmers zum Ersatz durch den Dritten regelt (Kerschner aaO, Rz 1 zu § 3), spricht nichts dagegen, bei Prüfung der Ersatzpflicht des Dienstgebers auch diese Ergänzungsbestimmung heranzuziehen. Die Bindungswirkung des Vorprozesses ist daher entgegen den Ausführungen des Revisionswerbers nicht nur nach zivilprozessualen Vorschriften zu lösen.

Da der Beklagte eine mit dem Kläger gleichberechtigte Prozeßhauptpartei im Vorprozeß war, erübrigte sich eine nach § 3 Abs 1 DHG erforderliche gesonderte Streitverkündung durch den Kläger. Der Beklagte hatte damit ohnehin ausreichend Gelegenheit, seine Einwendungen gegen den dort geltend gemachten Klageanspruch vorzubringen und Sachanträge zu stellen. Soweit er infolge Abweisung der gegen ihn gerichteten Klage am Rechtsmittelverfahren nicht mehr beteiligt war und nun ein mangelhaftes Rechtsmittel des Klägers für dessen Verurteilung im Vorprozeß und für die angeblich unrichtige Höhe des Urteilsbetrages verantwortlich macht, so übersieht er, daß mit Schluß der Verhandlung erster Instanz ohnehin das Neuerungsverbot einsetzte und neues Vorbringen im Rechtsmittelverfahren nicht zulässig gewesen wäre. In Kenntnis seines rechtlichen Interesses am Obsiegen des Klägers im Vorprozeß wäre es dem Beklagten auch freigestanden, auch noch im Rechtsmittelverfahren seinen Beitritt als Nebenintervenient (§ 17 ZPO) zu erklären, ohne hiezu noch gesondert aufgefordert werden zu müssen. Da der Beklagte an der Geltendmachung seines Standpunktes durch ein besseres eigenes Rechtsmittel als Nebenintervenient anstelle oder neben der Hauptpartei (Fucik in Rechberger ZPO Rz 3 zu § 19 mwN) nicht durch den Kläger be- oder verhindert wurde (Kerschner aaO, Rz 7 zu § 3), erstreckt sich die Bindungswirkung des Vorprozesses auch auf den Beklagten. Die Haftung des Klägers für die Unfallfolgen war als Ganzes Gegenstand der Entscheidung im Vorprozeß, sodaß eine inhaltliche Bindungswirkung des Vorprozesses für den Folgeprozeß eintrat (JBl 1995, 458). Die nun in der Revision wiederholten Einwendungen des Beklagten zur unrichtigen Beurteilung des Schadens, der Haftung nach CMR oder zur Höhe des Schadens, sind daher nicht beachtlich.

Der Revision kommt daher keine Berechtigung zu.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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