OGH 2Ob11/97z

OGH2Ob11/97z27.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Gerstenecker und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erwin W*****, vertreten durch Dr.Rudolf Tobler und andere Rechtsanwälte in Neusiedl am See, wider die beklagten Parteien 1.) Karl-Heinz H*****, 2.) ***** Versicherungs-AG, ***** beide vertreten durch Dr.Georg Döcker, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,405.422,35 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 8.November 1996, GZ 15 R 152/96z-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 13.Juni 1996, GZ 9 Cg 3/95t-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 27.9.1975 ereignete sich ein Unfall, an dem der Kläger als Lenker eines Mopeds und der Erstbeklagte als Lenker eines bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW beteiligt waren. Bei diesem Unfall wurde dem Kläger das linke Bein unterhalb des Kniegelenks abgetrennt.

Mit der am 4.Jänner 1995 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt der Kläger den Ersatz seines Verdienstentganges für den Zeitraum 9.7.1984 bis Ende 1995. Er brachte dazu vor, das Alleinverschulden an dem Unfall treffe den Erstbeklagten, weil er über die Fahrbahnmitte geraten sei. Sein vormaliger Vertreter habe mit den beklagten Parteien Vergleichsgespräche geführt. Die zweitbeklagte Versicherung habe mit Schreiben vom 4.4.1980 die auch für den Erstbeklagten wirksame Erklärung abgegeben, auf die Einrede der Verjährung unpräjudiziell zu verzichten.

In der Folge seien mit der zweitbeklagten Partei Teilvergleiche geschlossen worden und sei der bis 8.7.1984 eingetretene Verdienstentgang verglichen worden. Bei der Berechnung des Verdienstentganges sei seine Berufsausbildung als Bauspengler - er sei im Unfallszeitpunkt kurz vor dem Abschluß seiner Lehre gestanden - zu berücksichtigen. Durch den Unfall habe er seinen Beruf als Bauspengler nicht mehr weiter ausüben können. Es seien ihm auch weitere unfallskausale Ausgaben entstanden, die sich durch den Berufswechsel ergeben hätten, wie etwa Fahrtkosten und Wohnungsaufwand. Bei der Ermittlung des Klagsbetrages sei eine von der zweitbeklagten Partei am 5.11.1992 geleistete Akontozahlung von S 100.000,- in Abzug gebracht worden. Diese Teilzahlung sei auf die älteste noch unberichtigte Forderung, daher auf den Verdienstentgang für die Jahre 1984 und teilweise 1985 zu verrechnen. Für den Zeitraum 9.7.1984 bis 1988 machte der Kläger unter Berücksichtigung der sonstigen Aufwendungen Forderungen in der Höhe von S 536.619,50 geltend.

Die beklagten Parteien wendeten ein, es treffe den Kläger ein Mitverschulden von einem Drittel, weil er mit seinem Moped ebenfalls im Bereich der Fahrbahnmitte gefahren sei und dieses Mitverschulden den bisher abgeschlossenen Vergleichen zugrundegelegt worden sei. Richtig sei, daß die zweitbeklagte Partei gegenüber dem früheren Vertreter des Klägers einen unpräjudiziellen Verjährungsverzicht abgegeben habe. Die vom Kläger nunmehr geltend gemachten Verdienstentgangsansprüche seien allerdings laufende, bereits seit Jahren fällige Ansprüche, auf die die dreijährige Verjährungsfrist zur Anwendung komme. Der Kläger könne Ansprüche aus dem Titel des Verdienstentganges bis frühestens drei Jahre vor Klagseinbringung geltend machen.

Darauf replizierte der Kläger, daß die beklagten Parteien am 4.4.1980 ohne jede Einschränkung auf die Einrede der Verjährung verzichtet hätten. Der abgegebene Verjährungsverzicht sei auch unter dem Gesichtspunkt des § 1502 ABGB wirksam.

Das Erstgericht sprach mit Teil- und (Teil-)Zwischenurteil aus, daß das Klagebegehren auf Zahlung von Verdienstentgang für die Zeit vom 25.5.1989 bis 31.12.1995 von S 917.515,81 sA unter Berücksichtigung eines vom Kläger zu verantwortenden Mitverschuldens von einem Drittel und in Ansehung der zweitbeklagten Partei bis zur Höhe der vereinbarten Haftpflichtversicherungssumme dem Grunde nach zu Recht bestehe. Das Klagebegehren auf Zahlung von Verdienstentgang für die Zeit vom 8.7.1984 bis 24.5.1989 in der Höhe von S 487.906,54 sA wurde abgewiesen.

Dabei wurden im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Der Kläger fuhr am 27.9.1975 mit dem Moped seines Freundes in Hainburg an der Donau in Richtung Bundesstraße 9. In einer leichten Linkskrümmung kam ihm der Erstbeklagte mit seinem Auto in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand entgegen. Infolge der Alkoholisierung von 1,6 Promille und einer überhöhten Fahrgeschwindigkeit von 40 bis 45 km/h geriet der Erstbeklagte über die Fahrbahnmitte und kollidierte mit dem ebenfalls nicht ganz am rechten Fahrbahnrand fahrenden Kläger. Bei diesem Unfall wurde dem Kläger das linke Bein unterhalb des Kniegelenkes abgetrennt. Der Kläger hatte gleichfalls eine Geschwindigkeit von 40 bis 45 km/h eingehalten und damit ebenfalls die im Unfallsbereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h überschritten. Der Erstbeklagte wurde wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Der Kläger überließ die Durchsetzung seiner Ansprüche bis in das Jahr 1992 Rechtsanwalt Dr.R*****. Bereits 1976 oder 1977 legte dieser dem Kläger ein Schriftstück zur Unterzeichnung vor, welches die Grundlage für die Auszahlung von Schmerzengeld durch die Haftpflichtversicherung darstellte. Dr.R***** hatte den Kläger dabei darauf hingewiesen, "daß es ansonsten kein Geld gebe". Der Kläger erhielt darauf Schmerzengeld von S 130.000,-. Dr.R***** hat den Kläger insoweit falsch informiert, als er ihn darauf hinwies, daß er nur dann Ansprüche auf Verdienstentgang geltend machen könne, wenn er arbeitslos sei. Der Kläger hat daher die die Differenz zwischen seinem Einkommen als Hilfsarbeiter und jenem Einkommen, das er in seinem erlernten Beruf erzielen hätte können, nicht geltend gemacht; Dr.R***** hatte ihm nämlich erklärt, daß es sich nicht auszahle, diese Differenz einzuklagen. Bis zum 8.7.1984 wurden von Dr.R***** für den Kläger Teilvergleiche über dessen Ansprüche auf Verdienstentgang abgeschlossen. Dies geschah allerdings nur dann, wenn der Kläger ohne Arbeit war. Die Ansprüche des Klägers auf Verdienstentgang wurden bis zum 8.7.1984 im Vergleichswege bereinigt. Den Vergleichsgesprächen, die der damalige Rechtsvertreter des Klägers führte, wurde eine Mitverschuldensquote von einem Drittel zu Lasten des Klägers zugrundegelegt.

Am 4.4.1980 gab die zweitbeklagte Partei gegenüber dem Kläger eine Verzichtserklärung auf Verjährung ab. Zwischen 1984 und 1992 war der Kläger beschäftigt. Erst als er im Jahre 1992 wieder arbeitslos wurde, wollte er sich an Dr.R***** wenden. Zu diesem Zeitpunkt hatte dieser aber seine anwaltliche Tätigkeit freiwillig zurückgelegt. Der Kläger wandte sich darauf an seine nunmehrigen Vertreter, die am 25.5.1992 ein Aufforderungsschreiben an die zweitbeklagte Partei richteten, in dem sie die Geltendmachung der Verdienstentgangsansprüche ankündigten.

Mit Schreiben vom 1.9.1992 versuchten die Klagevertreter eine außergerichtliche Einigung zu erlangen. Sie forderten mit Schreiben vom 19.11.1992 die zweitbeklagte Partei auf, ihnen ein konkretes Angebot über die Höhe einer möglichen Abfindungszahlung zu machen. Mit Schreiben vom 10.1.1994 kündigten die Klagevertreter der zweitbeklagten Partei erstmals gerichtliche Schritte für den Fall an, daß es zu keiner außergerichtlichen Einigung kommen sollte. Am 6.9.1994 übersandten die Klagevertreter erneut der zweitbeklagten Partei eine eindringliche Aufforderung zu einer außergerichtlichen Einigung zusammen mit einem Konzept einer angestrebten Schadenersatzklage. Eine Einigung konnte nicht erzielt werden.

Am 2.11.1992 wurde von der zweitbeklagten Partei eine Akontozahlung von S 100.000,- geleistet. Diese war nicht zweckgewidmet, sondern wurde dem Kläger als allgemeines Akonto auf ihn aus dem Titel des Schadenersatzes allfällig zustehende Leistungen ausbezahlt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß der Kläger, vertreten durch seinen früheren Rechtsfreund Dr.R*****, eine Mitverschuldensquote von einem Drittel akzeptiert habe.

Der Lauf der Verjährungsfrist sei durch das Anerkenntnis der zweitbeklagten Partei vom 4.4.1980 gemäß § 1497 ABGB unterbrochen worden. Dieses Anerkenntnis schalte die Einrede der Verjährung für die Dauer von 30 Jahren aus, ausgenommen allerdings bei wiederkehrenden Leistungen; derartige Ansprüche würden neuerlich der dreijährigen Verjährungsfrist unterliegen.

Der Kläger hätte somit die Differenz, die sich zwischen seinem als Bauspengler erzielbaren Einkommen und seinem tatsächlichen Einkommen ergebe, innerhalb von drei Jahren geltend machen müssen. Es stünden ihm daher Schadenersatzansprüche für den Zeitraum von drei Jahren vor der gerichtlichen Geltendmachung zu und auch früher mit dem Beginn von Parteiengesprächen, soweit durch konkrete Vergleichsgespräche der Ablauf der Verjährung gehemmt gewesen sei. Der relevante Zeitpunkt sei im gegenständlichen Fall das Schreiben der Klagevertreter vom 25.5.1992, in dem die vom Kläger geltend gemachten Forderungen angesprochen wurden. Daß die Vergleichsgespräche letztlich erfolglos blieben, könne ihm nicht zum Nachteil gereichen. Dem Kläger stünden daher Ansprüche gegen die beklagten Parteien erstmals drei Jahre vor diesem Schreiben "bis laufend" zu.

Die am 2.11.1992 vorgenommene Akontozahlung sei nicht zweckgewidmet gewesen. Es sei davon auszugehen, daß die zweitbeklagte Partei die älteste Schuld tilgen wollte. Da es sich bei der ältesten Schuld bereits um eine verjährte Schuld handle, stelle die Zahlung der S 100.000,- die Erfüllung einer Nichtschuld, einer Naturalobligation gemäß § 1432 ABGB, dar. Die beklagten Parteien könnten diese Zahlung deshalb weder vom Kläger zurückfordern noch die Anrechnung auf offene, noch nicht verjährte Forderungen des Klägers begehren. Der Anspruch des Klägers auf Verdienstentgang für die Zeit vom 8.7.1984 bis 24.5.1989 in der Höhe von S 587.906,54 sei sohin verjährt. Von dieser Summe sei allerdings die geleistete Akontozahlung von S 100.000,- abzuziehen, wodurch sich eine Klagsabweisung über S 487.906,54 sA ergebe.

Für die einzelnen Verdienstentgangsansprüche beginne die kurze Verjährungsfrist jeweils mit dem Eintritt der Schädigung zu laufen; eine Feststellungsklage sei wegen des Verjährungsverzichtes der beklagten Parteien nicht notwendig gewesen. Der Klage sei daher teilweise im Rahmen eines Zwischenurteils dem Grunde nach (im Verhältnis 2 : 1 zugunsten des Klägers) stattzugeben, zum Teil sei sie infolge Verjährung durch Teilurteil abzuweisen.

Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht führte aus, es habe für die zweitbeklagte Versicherungsgesellschaft kein Grund bestanden, in den Verhandlungen mit den nunmehrigen Klagevertretern ein Mitverschulden geltend zu machen; gerade in Zweifelsfällen könne kein schlüssiger Verzicht oder ein Verstoß gegen Treu und Glauben wegen verspäteter Geltendmachung angenommen werden. Richtig sei zwar, daß die Zahlung einer Teilschuld ein Anerkenntnis auch der Restschuld bedeuten könne, dies treffe jedoch nur dann zu, wenn besondere, über die bloße Zahlung hinausgehende Umstände vorliegen (Ertl in Rummel2 Rz 7 zu § 1380; SZ 45/66 ua). Solche Umstände seien aber hier nicht erkennbar.

Richtig sei zwar, daß durch Leistung einer Abschlagszahlung auf die Einwendung der vollendeten Verjährung verzichtet werden könne, doch lasse sich daraus nicht der Schluß ziehen, daß ungewidmete Teilzahlungen zuerst auf verjährte Forderungen anzurechnen seien, was auch mit der gesetzlichen Tilgungsfolge der § 1416 ABGB nicht im Einklang stehe.

Der Verzicht der zweitbeklagten Partei auf die Verjährungseinrede am 4.4.1980 sei zwar unglücklich formuliert; im Zusammenhang mit den Teilzahlungen der zweitbeklagten Partei, die jahrelang unter Zugrundelegung einer Schadensteilungsquote von 2 : 1 zugunsten des Klägers erfolgten, sei aber ihr Zweck eindeutig. Es sollte nicht ein pauschaler Verzicht auf jegliche Verjährung ohne Zugrundelegung einer Quote abgegeben werden, sondern nur auf rechtsgeschäftlichem Weg die Wirkung eines Feststellungsurteils mit der Quote von 2 : 1 erreicht werden. Daß der vom Kläger behauptete pauschale Verzicht auf die Einwendung jeglicher Verjährung in Bezug auf künftige Schäden im Einklang mit § 1502 ABGB stehe, werde nur behauptet, aber nicht belegt. Dem seinerzeitigen Vertreter des Klägers hätte klar sein müssen, daß die Erklärung der zweitbeklagten Partei vom 4.4.1980 im Zusammenhang mit den wiederholten Teilzahlungen nach der üblichen Praxis der Versicherungen nicht anders als ein Vergleich hinsichtlich der Schadensteilungsquote für künftige Schäden verstanden werden konnte; auch die Versicherung hätte keinen ersichtlichen Zweifel an diesem Verständnis des Vertreters des Klägers haben können. Es wäre Sache des Klägers gewesen darzutun, daß dieses aus den Parteienerklärungen und den dem Gericht bekannten konkreten Verhältnissen gewonnene Verständnis auf Grund besonderer Umstände unrichtig sei. Die Pflicht, nicht am Wortlaut zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen, könne auch Interpretationsergebnisse rechtfertigen, die an der Grenze zur Umdeutung liegen; dies setze aber jedenfalls ein entsprechendes Vorbringen der Partei voraus, die dartun wolle, daß der naheliegende aus den Erklärungen zu erschließende Sinn gerade nicht in Betracht kommt.

Das Berufungsgericht meinte, die ordentliche Revision sei deshalb nicht zulässig, weil es der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gefolgt sei.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß der Klage zur Gänze stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagten Parteien haben eine Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der klagenden Partei nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil es zu den Rechtswirkungen einer Teilzahlung bei Geltendmachung verjährter und unverjährter Ansprüche keine neuere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gibt, sie ist aber nicht berechtigt.

Der Kläger macht in seinem Rechtsmittel geltend, daß vor der Akontozahlung von S 100.000,- kein Teilposten der erhobenen Ansprüche bestritten und vor der Abschlagszahlung bereits der Verdienstentgang ab 1984 geltend gemacht worden sei. Die Teilzahlung habe die Verjährung unterbrochen, weil darin ein Anerkenntnis zu erblicken sei. Selbst die verjährte Schuld könne durch Anerkennung wieder ins Leben gerufen werden und es bewirke daher eine Abschlagszahlung ohne spätestens gleichzeitiges Erheben des Verjährungseinwandes hinsichtlich einzelner Ansprüche, daß die geltend gemachten, an und für sich verjährten Ansprüche infolge der Abschlagszahlung "wieder ins Leben gerufen werden", zumal sie als anerkannt zu gelten haben. Dies sei etwa in der Entscheidung GlU 759 ausgesprochen worden.

Weiters ergebe sich aus dem Gang der Vergleichsgespräche zwischen den Rechtsvertretern des Klägers und dem Organ der zweitbeklagten Partei, daß die beklagten Parteien durch die Teilzahlung sämtliche streitgegenständliche Ansprüche zumindestens dem Grunde nach anerkannt und dadurch auf die Einrede der Verjährung verzichtet hätten. Das Verhalten der beklagten Parteien könne nach Treu und Glauben nur so verstanden werden, daß sie sich nach Scheitern der Vergleichsverhandlungen nach Ablauf der Verjährungsfrist auf sachliche Einwendungen beschränken werden. Der Verjährungseinwand der beklagten Parteien sei arglistig und unbeachtlich. Es sei auch der Verzicht im Schreiben vom 4.4.1980 ohne jede Einschränkung erklärt worden. Zum Zeitpunkt der Verzichtserklärung sei die Verjährung für die beklagten Parteien bereits in ihrem vollen Umfang erkennbar gewesen, weshalb der abgegebene Verjährungsverzicht auch unter dem Gesichtspunkt des § 1502 ABGB voll wirksam gewesen sei. Es fehle auch an einem rechtswirksamen Vergleich, wonach die klagsgegenständlichen Ansprüche nur auf der Basis eines Mitverschuldens des Klägers reguliert werden. Den diesbezüglichen Nachweis hätten die beklagten Parteien nicht erbracht. Das Berufungsgericht hätte daher die Verschuldensfrage klären müssen und wäre dabei zum Erkenntnis gelangt, daß den Erstbeklagten das Alleinverschulden am Unfall treffe.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:

Gemäß § 1502 ABGB ist ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung vor Ablauf der Verjährungsfrist oder die Vereinbarung einer längeren Verjährungsfrist unwirksam. Wirksam ist hingegen der Verzicht auf die bereits eingetretenen, also in ihrem vollen Wert erkennbare Verjährung (SZ 47/104; SZ 48/79). Ein derartiger Verzicht kann auch stillschweigend erfolgen (SZ 50/110; 3 Ob 524/87), wobei ein stillschweigender Verzicht auch in einer Teilzahlung gelegen sein kann (Klang in Klang VI2 670; Schubert in Rummel2, Rz 1 zu § 1502; Mader in Schwimann, Rz 1 zu § 1502). Bei der Annahme eines stillschweigenden Verzichtes ist aber besondere Vorsicht geboten und es ist ein solcher immer nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, daß er ernstlich gewollt ist. Es muß eine Sachlage bestehen, aus der der Verpflichtete unter Bedachtnahme auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche und unter Überlegung aller Umstände den zweifelsfreien Schluß ziehen durfte und auch gezogen hat, der Berechtigte habe auf seinen Anspruch ernstlich verzichtet (7 Ob 2014/96 mwN). Im Zweifel ist ein Verzicht einschränkend auszulegen (JBl 1989, 717). Auch ein konkludenter Verzicht auf die Verjährungseinrede kann nur dann angenommen werden, wenn ein Sachverhalt gesetzt worden ist, der im Sinne des § 863 ABGB eindeutig für einen solchen Verzicht spricht (3 Ob 524/87). Wer etwa nach Ablauf der Verjährungsfrist erklärt, er werde die Schuld bezahlen, falls er sie nicht ohnedies schon bezahlt habe, leistet für den erwiesenen Fall der Nichtzahlung einen solchen Verzicht (SZ 50/110). Auch wer nach Ablauf der Verjährungsfrist für eine Schuld ein Pfand bestellt, gibt damit zu verstehen, daß er trotz Ablaufs der Verjährung wenigstens die Möglichkeit der Befriedigung aus dem Pfand zusichert, was wiederum als Verzicht auf die Verjährungseinrede aufzufassen ist (GlU 10562).

Mit den dargestellten Sachverhalten kann aber der vorliegende Fall nicht verglichen werden. Wenn auf Grund verjährter und unverjährter Forderungen eine ungewidmete Teilzahlung geleistet wird, dann stellt diese Teilzahlung keinen Verzicht auf die Einrede der Verjährung dar, weil auch die Zahlung selbst mangels anderer Widmung jedenfalls nicht primär auf die verjährten Forderungen anzurechnen ist (Harrer in Schwimann, Rz 14 zu § 1416; Reischauer in Rummel2, Rz 19 zu § 1416). Auch der in der Revision zitierten Entscheidung GlU 759 läßt sich nichts Gegenteiliges entnehmen; in dieser Entscheidung wurde dargelegt, daß in einer Teilzahlung nur dann ein Anerkenntnis der ganzen Forderung liegt, wenn ersichtlich ist, "daß die Zahlung eine Teilzahlung sei, nämlich auf Abschlag einer bestehenden mehr betragenden Schuld gemacht wurde". Da dies nicht der Fall war, wurde ein Erlöschen der Schuld, teils durch Zahlung, teils durch Verjährung, angenommen. Es sprechen unter diesen Umständen auch die Ausführungen von Klang (in Klang2 VI 670), der zwar einen stillschweigenden Verzicht im Fall einer Teilzahlung für möglich hält, sich dabei aber nur auf die Entscheidung GlU 759 beruft, und von Schubert (in Rummel2, Rz 1 zu § 1502), der seinerseits nur auf Klang (aaO) Bezug nimmt, nicht für den Standpunkt des Klägers.

Wie schon oben ausgeführt, konnten die beklagten Parteien gemäß § 1502 ABGB am 4.4.1980 nicht auf die Einrede der Verjährung hinsichtlich noch nicht abgelaufener Verjährungsfristen verzichten. Die in der Revision als gegenteilig zitierten Entscheidungen SZ 47/104 und SZ 48/79 betreffen Fälle, denen der arglistige Schuldner den Gläubiger davon abgehalten hat, der Verjährung durch Einklagung vorzubeugen, wovon hier keine Rede sein kann.

Zutreffend hat das Berufungsgericht auch eine Überprüfung der Verschuldensfrage unterlassen, weil sich die Streitteile darüber einigten, daß die Schadensteilung hinsichtlich künftiger Schäden im Verhältnis von 2 : 1 zugunsten des Klägers zu erfolgen habe. Hiezu kann gemäß § 510 Abs 3 ZPO auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden (S 16 und 17 der Ausfertigung des Berufungsurteiles).

Somit war der Revision der klagenden Partei nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 393 Abs 4, 52 Abs 2 ZPO.

Stichworte