OGH 15Os214/96

OGH15Os214/9630.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Jänner 1997 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Schmucker und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kirchgasser als Schriftführer, in der Strafsache gegen Andreas G***** wegen des Vergehens der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 (§ 81 Z 2) StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 21.Jänner 1993, GZ 16 U 18/93-3, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Kirchbacher, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 21.Jänner 1993, GZ 16 U 18/93-3, verletzt durch den Ausspruch über die Verlängerung der Probezeiten das Gesetz in der Bestimmung des § 15 Abs 2 JGG.

Dieser Beschluß wird, soweit er den bezeichneten Ausspruch betrifft, aufgehoben.

Text

Gründe:

Der am 24.Juli 1973 geborene - sohin zu den jeweiligen Tatzeiten noch jugendliche (§ 1 Z 2 JGG) - Andreas G***** wurde mit den Urteilen des Bezirksgerichtes Lambach vom 11.Juli 1991, GZ U 54/91-7, des (zwischen 19.März und 11.April 1991 begangenen) Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB und des Einzelrichters in Jugendstrafsachen des Kreis-(nunmehr Landes-)gerichtes Wels vom 14. Oktober 1991, GZ 15 E Vr 622/91-11, des am 9.Mai 1991 verübten Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt. In beiden (unmittelbar nach Verkündung in Rechtskraft erwachsenen und nach den Begehungszeiten im - vom Kreisgericht Wels mangels aktueller Strafregisterauskunft nicht erkannten - Verhältnis des § 31 StGB stehenden) Urteilen wurde der Ausspruch der zu verhängenden Strafe gemäß § 13 Abs 1 JGG für eine Probezeit von jeweils drei Jahren vorbehalten.

Mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Wels vom 21.Jänner 1993 (rechtskräftig seit 22.Februar 1993), GZ 16 U 18/93-3, wurde G***** wegen des Vergehens der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 (§ 81 Z 2) StGB (Tatzeit: 27.November 1992) zu einer Geldstrafe und für den Fall deren Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt. Unter einem faßte der Bezirksrichter den (gleichfalls unangefochten gebliebenen) Beschluß, daß von einer Straffestsetzung zu U 54/91 des BG Lambach und einem Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu 15 E Vr 622/91 des KG Wels abgesehen wird (obwohl in diesem Verfahren gar keine Strafe ausgesprochen worden war); gleichzeitig verlängerte er die Probezeit jeweils auf 5 Jahre.

Rechtliche Beurteilung

Soweit damit die Probezeiten verlängert wurden, verletzt der bezeichnete Beschluß das Gesetz in der Bestimmung des § 15 Abs 2 JGG 1988.

Wird der Rechtsbrecher - wie vorliegend - nach einem Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe (§ 13 Abs 1 JGG) wegen einer vor Ablauf der Probezeit begangenen strafbaren Handlung neuerlich verurteilt, so ist gemäß § 15 Abs 1 JGG über Antrag der Staatsanwaltschaft (§ 16 Abs 1 JGG) die Strafe auszusprechen, wenn diese in Anbetracht der Verurteilung zusätzlich zu dieser geboten erscheint, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Wird aber im Falle des § 15 Abs 1 JGG keine Strafe ausgesprochen, so hat das Gericht lediglich zu prüfen, ob bereits verfügte Maßnahmen beizubehalten oder andere Maßnahmen zu treffen sind. Hingegen ist die Verlängerung der mit einem Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe nach § 13 Abs 1 JGG bestimmten Probezeit im Gesetz - anders als nach § 53 Abs 2 StGB im Fall der bedingten Strafnachsicht und der bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe - nicht vorgesehen und demnach in jedem Fall unzulässig (15 Os 140/91, 14 Os 97/91, 15 Os 176/96; Leukauf/Steininger Komm3 § 53 RN 7; Jesionek JGG 1988 Anm 9 zu § 13 Abs 1 mwN). Eine Probezeitverlängerung könnte bei der vorliegenden Fallgestaltung auch nicht auf die Bestimmung des § 494 a Abs 6 StPO gestützt werden, weil es sich bei dieser nur um eine im Anwendungsbereich der materiellen Vorschriften (§ 53 Abs 2 StGB, § 15 Abs 2 JGG) nicht erweiternde Zuständigkeitsnorm handelt (14 Os 14/91).

In Stattgebung der vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher die zum Nachteil des Verurteilten unterlaufene Gesetzesverletzung wie im Spruch festzustellen und nach § 292 letzter Satz StPO zu beheben.

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