OGH 4Ob2382/96i

OGH4Ob2382/96i28.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Wolfgang Schüssel, Vizekanzler, ***** vertreten durch Mag.Werner Suppan, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Sozialdemokratische Partei Österreichs, ***** 2. Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter/Innen im ÖGB, ***** beide vertreten durch Dr.Andrea Wukovits, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000; Revisionsrekursinteressen S 225.000), infolge außerordentlicher Revisionsrekurse des Klägers und der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 18.Oktober 1996, GZ 2 R 17/96a, 2 R 18/96y-14, womit infolge Rekursen der beklagten Parteien die Beschlüsse des Handelsgerichtes Wien vom 28.November 1995, GZ 24 Cg 354/95g-3, und vom 15.Dezember 1995, GZ 24 Cg 354/95g-7, teilweise abgeändert wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

I. Dem Revisionsrekurs des Klägers wird nicht Folge gegeben, wohl aber jenem der beklagten Parteien.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung - unter Einschluß des bestätigten Ausspruches des Rekursgerichtes, jedoch ohne die in Rechtskraft erwachsenen abweisenden Aussprüche des Erstgerichtes - insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Der Antrag des Klägers, den beklagten Parteien ab sofort bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils die Veröffentlichung und Verbreitung von Personenbildnissen des Klägers zu verbieten, wenn damit dessen berechtigte Interessen dadurch verletzt werden, daß

a) im Begleittext dem Kläger vorgeworfen wird, er betreibe Sozialabbau und/oder sei ein Bildungsklau, oder inhaltsgleiche und ähnliche Vorwürfe gemacht werden und/oder

b) das Personenbildnis des Klägers derart entstellt wird, daß sein Gesicht verschwimmend bzw überlappend und ineinander übergehend mit dem Gesicht eines Politikers einer mit der Partei des Klägers konkurrierenden politischen Gruppe, insbesondere Jörg Haiders, dargestellt wird, wird abgewiesen.

Mit ihrem Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung vom 28. November 1995, ON 3, werden die beklagten Parteien auf diese Entscheidung verwiesen."

Der Kläger ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 62.827,38 bestimmten Kosten des Provisorialverfahrens (darin enthalten S S 10.471,23 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Im Zuge des Wahlkampfes zur Nationalratswahl 1995 wurde von sozialdemokratischer Seite folgendes Werbematerial in der Form von Aufklebern produziert und verteilt:

Zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches begehrt der Kläger - soweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung -, den beiden Beklagten mit einstweiliger Verfügung die Veröffentlichung und Verbreitung seines Personenbildnisses zu verbieten, wenn damit seine berechtigten Interessen dadurch verletzt werden, daß

a) ihm im Begleittext vorgeworfen wird, er betreibe Sozialabbau und/oder sei ein Bildungsklau, oder inhaltsgleiche und ähnliche Vorwürfe (gemacht werden) und/oder

b) sein Personenbildnis derart entstellt wird, daß sein Gesicht verschwimmend bzw überlappend und ineinander übergehend mit dem Gesicht eines Politikers einer mit der Partei des Klägers konkurrierenden politischen Gruppe, insbesondere Jörg Haiders, dargestellt wird.

Beide Beklagte besäßen Rechtspersönlichkeit; sie müßten sich die Verbreitung des Wahlkampfaufklebers zurechnen lassen. Durch die Veröffentlichung seines Personenbildnisses würden die Interessen des Klägers in mehrfacher Hinsicht verletzt. Der Vorwurf, er betreibe Sozialabbau und sei ein Bildungsklau, übersteige jede zulässige politische Kritik bei weitem und sei nach § 1330 ABGB kreditschädigend und ehrenrührig. Durch die grafische Gestaltung werde das Gesicht des Klägers entstellt und eine "Mischfigur" mit der Person Jörg Haiders dargestellt. In jedem Wahlkampf wolle sich aber jede politische Gruppe von anderen Gruppen und Kandidaten abgrenzen. Die Botschaft des Werbeetiketts, daß in der Sozial- und Bildungspolitik die politischen Positionen des Klägers und Jörg Haiders identisch wären, sei unwahr und interessenverletzend.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung ohne Anhörung der Beklagten. Die Verknüpfung der Abbildung des Klägers mit emotionalen und unsachlichen herabwürdigenden Ausdrücken (" ... klau"), die dem Abgebildeten über politische Kritik hinaus verächtliche Eigenschaften unterstellten, nämlich zu stehlen und generell gleichgültig gegen soziale Bedürfnisse zu sein ("Sozialabbau betreiben"), schädige die berechtigten Interessen auch desjenigen, der sich selbst ins öffentliche Interesse als Leitfigur einer politischen Partei gestellt habe. Außerdem sei das Bild des Klägers auf herabsetzende und verspottende Weise verzerrt und entstellt worden. Die Veränderung seines Bildes in der Weise, daß es mit dem eines anderen politischen Gegners verschmolzen wird, brauche der Kläger nicht zu dulden.

Die Beklagten erhoben gegen diese einstweilige Verfügung Widerspruch und Rekurs.

Mit Beschluß vom 15.Dezember 1995, ON 7, gab das Erstgericht dem Widerspruch der Beklagten nicht Folge. Es nahm als bescheinigt an:

Die Zweitbeklagte besitzt sowohl nach dem Organisationsstatut der Erstbeklagten als auch aufgrund ihrer eigenen Statuten Rechtspersönlichkeit. Die beanstandete Werbeschrift wurde von der Zweitbeklagten in Auftrag gegeben.

Im November 1995 wurde sie von einem Mitarbeiter der Zweitbeklagten als deren Werbematerial weitergegeben. Am 19.November 1995 fand in G***** eine Wahlkampfveranstaltung der Erstbeklagten statt, in deren Zuge dieses Werbeplakat von Mitarbeitern der Landesorganisation Oberösterreich der Zweitbeklagten verteilt wurde. Davon war die Erstbeklagte und die Landesorganisation Oberösterreich nicht konkret informiert worden.

Bei einer Wahlveranstaltung der Pensionisten der Erstbeklagten am 12. Dezember 1995 in W***** wurde die Werbeschrift in der Form von Klebeetiketten von mehreren Jugendlichen verteilt. Sie erschien auch in dem von der SPÖ Wien herausgegebenen Wahlwerbemagazin "T*****".

Rechtlich meinte das Erstgericht, daß die Passivlegitimation auch der Erstbeklagten zu bejahen sei, wenn auch ihre definitive Mitwirkung oder Billigung der Verbreitung des beanstandeten Bildnisses nicht bescheinigt worden sei. Die Erstbeklagte habe aber auch nicht glaubhaft gemacht, daß sie von den Handlungen ihrer selbständigen Teilorganisationen zur Förderung der Erstbeklagten im Wahlkampf keine Kenntnis gehabt und diese nicht gebilligt habe. Prima facie sei aber davon auszugehen, daß die selbständigen Fraktionen der Erstbeklagten in einem Nationalratswahlkampf Werbeaktionen nicht ohne Billigung der Erstbeklagten durchführten.

Das Rekursgericht wies das Sicherungsbegehren zu lit a) ab, bestätigte aber das Unterlassungsgebot zu lit b). Mit dem Rekurs gegen die Entscheidung über den Widerspruch verwies es die Beklagten auf die Entscheidung über den Rekurs gegen die einstweilige Verfügung. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Soweit dem Kläger "Sozialabbau" und "Bildungsklau" vorgeworfen wird, sei das - insbesondere in der Zeit des Wahlkampfes, in der alle Parteien und ihre Vertreter, letztlich auch der Kläger, mit griffigen Formulierungen nicht gegeizt haben - eine drastische, jedoch unter den Parteien durchaus übliche Ausdrucksweise. Der Durchschnittsbürger werde darunter nichts weiter verstehen, als daß der Kläger dafür eintreten werde, Sozialleistungen einzuschränken und Kürzungen der Mittel im Schul- und Bildungsbereich vorzunehmen. Ein persönlicher (Diebstahls-)Vorwurf sei dem Kläger nach dem allgemeinen Verständnis nicht gemacht worden. Damit sei er nicht einer verächtlichen Gesinnung geziehen und gegen ihn auch nicht der Vorwurf erhoben worden, generell gleichgültig gegen soziale Belange zu sein. Das Begehren zu a) sei daher abzuweisen. Der Kläger müsse aber nicht dulden, entstellt abgebildet zu werden. Sein Gesicht sei nicht so abgebildet worden, daß es teilweise durch andere Personen oder Gegenstände verdeckt wurde oder daß neben seinem teilweise sichtbaren Gesicht Gesichtsteile einer anderen Person gezeigt wurden, vielmehr sei die Abbildung seiner linken Gesichtshälfte durch die Fotografie der linken Gesichtshälfte einer anderen Person derart ersetzt worden, daß ein Kopf mit drei Augen, zwei Nasen und zwei Mundpartien entstand. Daß eine solche Abbildung entstellend (auch im Sinne einer Mißbildung) wirke, brauche nicht näher ausgeführt zu werden. Zu Recht habe daher das Erstgericht die einstweilige Verfügung zu lit b) erlassen.

Zum Rekurs gegen die Widerspruchsentscheidung, ON 7, führte das Gericht zweiter Instanz aus:

Tatsache sei, daß das beanstandete Werbemittel mehrfach im Wahlkampf verwendet wurde und die SPÖ- Landesorganisation Wien den Aufkleber der Zweitbeklagten in verschiedenen Medien abgedruckt habe. Damit habe sie sich mit dessen Inhalt identifiziert und ihn zu ihrer eigenen Werbeaussage gemacht. Dem vorgelegten Auszug aus dem Organisationsstatut der Erstbeklagten sei nicht zu entnehmen, daß die Landesorganisationen der Erstbeklagten Rechtspersönlichkeit haben. Untergliederungen politischer Parteien besäßen auch dann keine eigene Rechtspersönlichkeit, wenn sie in den Satzungen erwähnt werden; vielmehr seien sie interne Einrichtungen der politischen Partei. Sollten Untergliederungen selbst juristische Personen sein, dann müßten für sie eigene Satzungen beim Bundesministerium für Inneres hinterlegt werden und die Satzungen der Hauptorganisation und jene der Untergliederungen entsprechend aufeinander Bezug nehmen. Derartiges hätten die Beklagten nicht behauptet und treffe auch nicht zu. Da infolge Rekurses das Begehren zu lit a) abgewiesen wurde, brauche insoweit auf den durch den Widerspruch erweiterten Sachverhalt nicht eingegangen zu werden.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den abweisenden Teil und gegen die Verweisung der Beklagten mit ihrem Rekurs gegen den Beschluß ON 7 auf die Rekursentscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Der von den Beklagten erhobene außerordentliche Revisionsrekurs gegen den stattgebenden Teil ist zulässig und auch berechtigt:

I. Zum Revisionsrekurs des Klägers:

Nach § 78 Abs 1 UrhG dürfen Bildnisse von Personen weder öffentlich ausgestellt noch auf andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden. Durch § 78 UrhG soll jedermann gegen einen Mißbrauch seiner Abbildung in der Öffentlichkeit geschützt werden, also namentlich dagegen, daß er durch die Verbreitung seines Bildnisses bloßgestellt, daß dadurch sein Privatleben der Öffentlichkeit preisgegeben oder sein Bildnis auf eine Art benützt wird, die zu Mißdeutungen Anlaß geben kann oder entwürdigend oder herabsetzend wirkt (EBzUrhG, abgedruckt bei Peter, Urheberrecht 617). Das Gesetz legt den Begriff der "berechtigten Interessen" nicht näher fest, weil es bewußt einen weiten Spielraum offen lassen wollte, um den Verhältnissen des Einzelfalles gerecht zu

werden (SZ 60/188 = ÖBl 1988, 139 - Wahlnachlese; MR 1990, 226 - Rote

Karte; ÖBl 1993, 39 - Austria-Boß; SZ 67/114 = ÖBl 1995, 136 -

Marmor, Stein und Eisen uva). Die Beurteilung, ob berechtigte Interessen verletzt wurden, ist darauf abzustellen, ob Interessen des Abgebildeten bei objektiver Prüfung als schutzwürdig anzusehen sind (SZ 67/114 = ÖBl 1995, 196 - Marmor, Stein und Eisen mwN).

Die Verletzung berechtigter Interessen muß - wie sich aus dem insoweit völlig eindeutigen Wortlaut des § 78 Abs 1 UrhG ergibt - durch die Bildveröffentlichung als solche geschehen (Korn/Neumayr, Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht 103 Rz 633). Bei der Beurteilung der Frage, ob die Veröffentlichung eines Bildnisses nach objektiven Grundsätzen berechtigte Interessen verletzt, kann daher der Bekanntheitsgrad der abgebildeten Person nicht außer Betracht bleiben (ÖBl 1992, 87 - Lästige Witwe; ÖBl 1993, 39 - Austria-Boß; SZ 67/114 = ÖBl 1995, 136 - Marmor, Stein und Eisen; Korn/Neumayr aaO 104). Während dann, wenn der Abgebildete nicht im öffentlichen Leben steht, durch die Bildveröffentlichung die Identifikationsmöglichkeit erst geschaffen wird und durch die Beigabe eines Bildes ein für den Abgebildeten abträglicher Text eine "Prangerwirkung" erzielen kann (ÖBl 1992, 87 - Lästige Witwe; SZ 67/114 = ÖBl 1995, 136 - Marmor, Stein und Eisen ua), werden die Interessen einer allgemein bekannten Person durch die Bildveröffentlichung in der Regel nicht beeinträchtigt. Allerdings ist auch die Verbreitung des Bildes eines allgemein bekannten Politikers wie des Klägers nicht schrankenlos zulässig; ihr steht gleichfalls ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten entgegen. Die Privat- und Intimsphäre auch einer solchen Person ist geschützt; ebenso ist die Verbreitung von Bildern unzulässig, die entstellend wirken oder die im Zusammenhang mit der Bildunterschrift oder dem Begleittext den Abgebildeten mit Vorgängen in Verbindung bringen, mit denen er nichts zu tun hatte (SZ 67/114 = ÖBl 1995, 136 - Marmor, Stein und Eisen mwN aus dem Schrifttum). Eine Verletzung berechtigter Interessen kann auch dann vorliegen, wenn ein Bild in einem solchen Zusammenhang veröffentlicht wird, daß damit dem Abgebildeten eine politische Auffassung unterstellt wird, die er in Wahrheit nicht teilt oder sogar ausdrücklich ablehnt und bekämpft (SZ 67/114 = ÖBl 1995, 136 - Marmor, Stein und Eisen).

Daraus kann aber der Kläger nicht das Verbot ableiten, sein Bildnis in Verbindung mit dem vom politischen Gegner im Wahlkampf gegen ihn erhobenen Vorwurf zu verbreiten, er sei für Sozialabbau und sei ein "Bildungsklau". Darin liegt entgegen der Meinung des Klägers nicht die Behauptung von Tatsachen. Tatsachen im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB sind Umstände, die ihrer allgemeinen Natur nach objektiv überprüfbar sind; die Richtigkeit der verbreiteten Äußerung muß grundsätzlich einem Beweis zugänglich sein, sodaß sie als richtig oder falsch beurteilt werden kann (MR 1996, 28 - Nazi uva).

Bei der Beurteilung der Frage, ob Tatsachen verbreitet wurden oder bloß eine wertende Meinungsäußerung vorliegt, kommt es immer auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerungen an (MR 1995, 16 - Sauerei uva). Wird im politischen Kampf dem Gegner eine bestimmte (negative) politische Absicht unterstellt, dann wird das vom Publikum als Wertung verstanden. Im vorliegenden Fall wäre auch eine andere Auslegung nicht vertretbar, weil weder der Begriff des "Sozialabbaus" noch derjenige eines "Bildungsklaus" scharf umrissen ist. Ob Maßnahmen, wie sie im Interesse der Budgetkonsolidierung vorgeschlagen wurden, als Sozialabbau oder als Sicherung der Wirtschaft und damit der Grundlage für Sozialleistungen dargestellt wird, ist eine bloße Wertung.

Ohne - auch drastische - Äußerung im politischen Kampf ist die Meinungsbildung unter den Wahlberechtigten nicht wirksam zu beeinflussen. Solche Einflußnahmen erscheinen aber für einen möglichst uneingeschränkten Gedanken-, Ideen- und Argumentationsaustausch in einem der Demokratie verpflichteten Staatswesen unerläßlich. Der politischen Äußerung ist deshalb im Rahmen des Rechtes der freien Meinungsäußerung gemäß Art 10 EMRK ein überaus hoher Stellenwert beizumessen (MR 1995, 177 - Politischer Ziehvater des rechtsextremen Terrorismus). Da die Freiheit der Meinungsäußerung eine der wesentlichen Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft bildet und eine der grundlegenden Voraussetzungen für ihren Fortschritt und die Selbstverwirklichung jedes einzelnen ist, gilt die Äußerung der Meinungsfreiheit auch für solche Aussagen, die als verletzend, schockierend oder irritierend empfunden werden; das verlangen der Pluralismus, die Toleranz und Großzügigkeit, ohne die keine demokratische Gesellschaft existieren kann (EGMR, MR 1986, H 4, 11; MR 1991, 171 mwN; SZ 67/114 = ÖBl 1995, 136 - Marmor, Stein und Eisen). Da die Freiheit der politischen Debatte einer der Pfeiler des Konzeptes einer demokratischen Gesellschaft ist, sind die Grenzen einer vertretbaren Kritik in bezug auf einen Politiker, der in seiner öffentlichen Eigenschaft auftritt, weiter zu ziehen als in bezug auf eine Privatperson. Jeder Politiker setzt sich selbst unvermeidlich und willentlich einer genauen Beurteilung jeder seiner Worte und Taten nicht nur durch Journalisten und das breitere Publikum, sondern insbesondere auch durch den politischen Gegner aus (SZ 67/114 = ÖBl 1995, 136 - Marmor, Stein und Eisen).

Zutreffend hat schon das Rekursgericht ausgeführt, daß dem Kläger nicht der Vorwurf einer unehrenhaften Handlung gemacht wurde. Als Spitzenkandidat einer wahlwerbenden Partei muß er sich aber von seinem Gegner gefallen lassen, daß dieser seine politischen Ziele mit dem abschätzigen Begriff eines Sozialabbaus und eines Bildungsklaus charakterisiert.

Mit Recht hat daher das Rekursgericht den Sicherungsantrag zu lit a) abgewiesen.

Soweit sich der Kläger gegen die Verweisung der Beklagten mit ihrem Rekurs im Widerspruchsverfahren auf die Entscheidung über den Rekurs gegen die Bewilligung der einstweiligen Verfügung wendet, kann ihm gleichfalls kein Erfolg beschieden sein. Seiner Auffassung nämlich, daß dem Rekurs der Beklagten gegen den Beschluß ON 7 der Erfolg hätte versagt werden müssen, ist nicht zuzustimmen:

Der Kläger vertritt die Auffassung, daß infolge der Abweisung des Sicherungsantrages zu lit a) durch das Gericht zweiter Instanz das Rechtsschutzinteresse der Beklagten auf Erledigung ihres Rekurses im Widerspruchsverfahren weggefallen sei; allfällige Kostenansprüche könnten die Beklagten nur nach § 394 EO geltend machen.

Dem Kläger ist aber offenbar selbst bewußt, daß das Rekursgericht den Rekurs der Beklagten gegen den Beschluß ON 7 insoweit, als ihm durch einen Erfolg der Beklagten mit ihrem Rekurs gegen den Beschluß ON 3 der Boden entzogen war, nicht abweisen konnte. Hätte aber das Rekursgericht den Rekurs, statt die Beklagten nur auf die Entscheidung im Bewilligungsverfahren zu verweisen, mangels Beschwer zurückgewiesen, dann hätte das auch an der Kostenentscheidung dem Grunde nach nichts geändert, ist doch das Rechtsschutzinteresse erst nachträglich - nämlich durch die Entscheidung über den Rekurs gegen den Beschluß ON 3 - weggefallen. Dieser Umstand ist aber nach § 50 Abs 2 ZPO bei der Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren nicht zu berücksichtigen. § 394 EO steht der Geltendmachung von Kosten im Provisorialverfahren einschließlich des Widerspruchsverfahrens nicht entgegen.

Dem Revisionsrekurs des Klägers war somit ein Erfolg zu versagen.

II. Zum Revisionsrekurs der Beklagten:

Wie schon bei Erledigung des Revisionsrekurses des Klägers dargelegt wurde, kann sich auch eine allgemein bekannte Person wie der Kläger dagegen zur Wehr setzen, daß von ihm ein Bild verbreitet wird, das zu Mißdeutungen Anlaß geben kann, oder entwürdigend, herabsetzend oder entstellend wirkt. Das trifft etwa dann zu, wenn ein Politiker ohne sein Wissen und seinem Willen nackt abgebildet wird (4 Ob 2249/96f) oder wenn er in einer peinlichen oder unvorteilhaften Position gezeigt würde. Davon kann aber hier keine Rede sein:

Wer als Interessent am Wahlkampf das beanstandete Werbeetikett gesehen hat, mußte selbst bei flüchtiger Betrachtung erkennen, daß hier die - allgemein bekannten - Gesichter zweier führender politischer Persönlichkeiten Österreichs durch Fotomontage zusammengefügt wurden. Das Bild des Klägers zeigt ihn in durchaus vorteilhafter Weise, so wie er selbst sich im Wahlkampf abbilden ließ. Das "Monstrum" mit drei Augen, zwei Nasen und zwei Mundpartien entstand - für jedermann sofort erkennbar - durch die Verbindung zweier Gesichtshälften. Damit entsteht aber nicht der Eindruck, der Kläger sei häßlich oder gar mißgebildet. Das Bild transportiert nur die politische Aussage, er vertrete - zumindest was die Sozial- und Bildungspolitik angeht - die gleichen Positionen wie Jörg Haider; insgesamt zeige sich damit das häßliche Gesicht der beiden Hauptgegner der Beklagten. Das ist aber wiederum nur eine politisch zulässige Aussage, nicht aber eine persönliche Verunglimpfung des Klägers oder ein Eingriff in seine Privat- oder Intimsphäre.

In Stattgebung des Revisionsrekurses der Beklagten war daher der Sicherungsantrag zur Gänze abzuweisen.

Da somit die Beklagten schon mit ihrem Rechtsmittel im Bewilligungsverfahren erfolgreich waren, ist auf ihren weiteren Rechtsbehelf, den Widerspruch, nicht mehr einzugehen. Sie waren daher - wie es schon das Rekursgericht getan hat - mit ihrem Widerspruch (und dem Rekurs gegen den Beschluß ON 7) auf die Entscheidung im Bewilligungsverfahren zu verweisen (Heller/Berger/Stix 2879).

Der Ausspruch über die im Provisorialverfahren entstandenen Kosten der - siegreichen - Beklagten gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1, § 52 ZPO. Da zwei der vom Kläger in erster Instanz geltend gemachten vier Sicherungsbegehren schon mit Beschluß ON 3 rechtskräftig abgewiesen worden waren, war der Streitwert ab dem Widerspruchsverfahren nur noch mit S 225.000 anzunehmen. Gegenstand des Rekurses und Revisionsrekurses der Beklagten war nur noch einer der vier Ansprüche; hierauf entfällt somit ein Streitwert von S

112.500.

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