OGH 10Ob2416/96h

OGH10Ob2416/96h13.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Ehmayr, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) mj. Felix M*****, geboren 18.März 1993, ***** und 2.) mj. Laura M*****, geboren 18.März 1993, ebendort, beide vertreten durch die Mutter Dr.Sybille M*****, ebendort, diese vertreten durch Dr.Martin Dellasega und Dr.Lukas Lorenz, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Dr.Raif Georges K*****, vertreten durch Dr.Manfred Opperer und Dr.Gerhard Schartner, Rechtsanwälte in Telfs, wegen Vaterschaft und Unterhalt infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 9.August 1996, GZ 3 R 203/96s-42, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Nach dem von Österreich und der BRD ratifizierten Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht (BGBl 1961/293) bestimmt das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Kindes (hier: Österreich), ob, in welchem Ausmaß und von wem das Kind Unterhaltsleistungen verlangen kann (Art 1 Abs 1). Nicht nur der Unterhaltsanspruch als solcher, sondern auch die Unterhaltshöhe der Kläger sind daher ausschließlich nach materiellem österreichischen Recht zu beurteilen (Schütz, Vormundschafts- und Pflegschaftsrechtliche Fragen im Verhältnis zwischen Österreich und der BRD unter besonderer Berücksichtigung von Unterhaltsfragen, ÖA 1982, 27 [28]; Scheucher, Das Haager Unterhaltsstatutabkommen, ZfRV 1963, 82 [85]), da sich die Unterhaltsbedürfnisse nach den Lebenshaltungskosten des Kindes richten, die am besten vom Recht des Ortes, wo das Kind lebt, berücksichtigt werden. Dadurch wird freilich nicht ausgeschlossen, unter Umständen die Lebenshaltungskosten des Vaters, die sich ja nach dem Lohnniveau, den Preisverhältnissen und den gesetzlichen Steuerbestimmungen etc seines Staates richten, nach dessen gewöhnlichen Aufenthaltsort zu berücksichtigen (Scheucher, aaO 90 und 103).

2. Zu den Rekursgründen im Einzelnen:

a) Die geltend gemachte Nichtigkeit liegt schon deshalb nicht vor, weil das (angebliche) Übergehen unbekämpft gebliebener Feststellungen im Berufungsurteil keinen Verstoß gegen eine Teilrechtskraft begründen kann. Der Rechtskraft fähig ist nur der Spruch einer Entscheidung, nicht einzelne Teile seiner Begründung.

b) Auch der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

c) Zur Unterhaltsbemessung heranziehbares Einkommen ist grundsätzlich die Summe aller dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden Mittel unter Berücksichtigung unterhaltsrechtlich beachtlicher Abzüge und Aufwendungen (SZ 65/126, 3 Ob 503/96). Ob bei einem überdurchschnittlichen Einkommen des Unterhaltspflichtigen (wovon jedenfalls ausgegangen werden kann), ein Unterhaltsstop beim 2 1/2-fachen des Regelbedarfs anzunehmen ist, ist grundsätzlich keine - ausschließlich nach österreichischem Verfahrensrecht zu beurteilende - erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG (ÖA 1990, 109 RZ 1991/86, 2 Ob 2261/96f). Der vom Berufungsgericht gegenüber dem Erstgericht von 14 % auf 13 % richtiggestellte Prozentsatz wird vom Rechtsmittelwerber lediglich dadurch bestritten, daß für die (einkommenslose) Ehefrau 3 % und nicht bloß 2 % in Abzug gebracht hätten werden dürfen. Damit entfernt er sich jedoch teilweise von den Feststellungen des Erstgerichtes, wonach diese zwar seit ca. 10 Jahren einen Lehrauftrag an der Universität Heidelberg hat, ohne hiefür eine Vergütung zu erhalten, jedoch (wenngleich geringes) Einkommen aus Kapital(Spar)vermögen bezieht. Daß unter diesen Voraussetzungen kein Abzug von 3 % vorgenommen wurde, begründet als Frage der Einzelfallbeurteilung ebenfalls keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung. Nur unter dieser Prämisse würde sich aber - ausgehend von der vom Rechtsmittelwerber selbst zugestandenen Unterhaltsbemessungs- grundlage von netto S 39.573,-- ein Unterhaltsbetrag von bloß S 4.750,-- je Kind ergeben; bei 13 % liegt dieser Betrag aber bereits bei S 5.150,--.

d) Steuerliche Vorschriften, die einem (insbesondere selbstständig) Steuerpflichtigen die Möglichkeit geben, Aufwendungen als Abzugsposten geltend zu machen, können nicht ohne weiteres auch bei der Unterhaltsbemessung geltend gemacht werden (Salzmann, Die Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage, SV 1990/1, 8 [10]; 3 Ob 503/96). In Detailfragen der Unterhaltsbemessung hat grundsätzlich der Unterhaltsschuldner die für seinen Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen ausreichend zu behaupten und zu beweisen (Gitschthaler, Einige aktuelle Probleme des Kindesunterhaltsrechts, ÖJZ 1994, 10 [16]; RZ 1981/7). Hiezu erschöpfte sich das Vorbringen des anwaltlich vertretenen Beklagten jedoch vorrangig auf die Bestreitung seiner Vaterschaft (und damit die Unterhaltspflicht dem Grunde nach), im übrigen aber auf nur sehr allgemein gehaltene Ausführungen. Weder zur Kirchensteuer noch zu den Auslagen im Zusammenhang mit Fachzeitschriften und Mitgliedsbeiträgen bei wissenschaftlichen Gesellschaften wurde im Verfahren erster Instanz ein konkretes Vorbringen erstattet. Auch der Revisionsrekurs gibt hierüber keinen Aufschluß. Darauf hat das Berufungsgericht bereits zutreffend hingewiesen und den Beklagten insoweit zutreffend auf das geltende Neuerungsverbot verwiesen. Aussagen im Rahmen der Parteienvernehmung oder Beweisurkunden vermögen fehlendes Vorbringen nicht zu ersetzen (SZ 39/8, SZ 41/87, 3 Ob 2065/96i). Im übrigen hat das Erstgericht - und ihm folgend das Berufungsgericht - ohnedies Feststellungen zum Nettoeinkommen des Beklagten 1994 und 1995 getroffen, in welchem somit die in der BRD (abweichend von Österreich) gesetzlich zu leistende Kirchensteuer bereits in Abzug gebracht ist. Diese kann schon aus diesem Grunde kein zweites Mal als Abzugsposten geltend gemacht werden (Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis3, Rz 489 zu § 1). Darauf, ob die vom Berufungsgericht zur fehlenden Abzugsfähigkeit des österreichischen Kirchenbeitrags zitierte Judikatur (vgl etwa EFSlg 42.971, 71.218) Anwendung finden kann, kommt es nicht an. Auch nach deutschem Recht sind im übrigen Aufwendungen für Fachliteratur nicht schlechthin abzugsfähig, sondern nur, wenn sie nicht dienstlich zur Verfügung stehen (Wendl/Staudigl, aaO Rz 103). Zu den "privaten Zusatzversicherungen" des Beklagten fehlen ebenfalls konkrete Ausführungen, sodaß ihr Charakter als Vorsorgeaufwendung für Krankheit, Invalidität, Alter und/oder Arbeitslosigkeit nicht geprüft werden konnte.

3.) Damit steht die Entscheidung des Berufungsgerichtes mit den dargestellten Grundsätzen in Einklang. Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision wurde vom Berufungsgericht somit zutreffend verneint.

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