OGH 5Ob2309/96m

OGH5Ob2309/96m26.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schwarz, Dr. Floßmann, Dr. Adamovic und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Lieselotte S*****, vertreten durch Dr. Ernst Pammer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) Robert K*****, und 2.) Wolfgang H*****, beide vertreten durch Dr. Walter Pfliegler, Rechtsanwalt in Wien, sowie 3.) Dr. Herbert B*****, ***** 4.) Dr. Christine S*****, 5.) Franz S*****, 6.) Susanne F*****, 7.) Gerhard G*****, 8.) Maria G*****, und 9.) Margarete W*****, wegen Einverleibung des Wohnungseigentumsrechts (Streitwert S 100.000,--), infolge außerordentlicher Revision des Erstbeklagten und des Zweitbeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 9. Juli 1996, GZ 37 R 1229/95z-26, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Hietzing vom 6. September 1995, GZ 8 C 1716/94m-20, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zweiter und dritter Instanz sind als Kosten des weiteren Verfahrens zu behandeln.

Text

Begründung

Die Streitteile sind Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** mit dem Haus *****. Zugunsten der Klägerin, die im Grundbuch mit einem Miteigentumsanteil von 49/798 aufscheint, ist zu BLNR 16 a die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum am Objekt W 10 angemerkt. Sie hat diese Anwartschaft vom Erstbeklagten, dem früheren Alleineigentümer der Liegenschaft, durch einen Kaufvertrag vom 25.7.1985 erworben. Die Anteilsrechte der übrigen Beklagten beruhen auf ähnlichen Kaufverträgen. Sie alle (insbesondere die Klägerin) nahmen dabei ausdrücklich zur Kenntnis, daß es sich bei den gekauften Miteigentumsanteilen nur um vorläufige Anteile handelt, "die nach Maßgabe der endgültigen rechtskräftigen Nutzwertfeststellung unentgeltlich zu berichtigen sein werden".

Mit dem rechtskräftigen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 10.4.1990 liegt bereits seit Jahren die Festsetzung der Nutzwerte vor. Demzufolge beträgt der Gesamtnutzwert der Liegenschaft 1.039; auf die Wohnung der Klägerin entfällt ein Nutzwert von 60/1039.

Gestützt auf § 25 WEG hat nunmehr die Klägerin alle übrigen Miteigentümer der Liegenschaft auf Einverleibung ihres Wohnungseigentumsrechtes geklagt. Die Beklagten sollen schuldig erkannt werden, ihre Einwilligung zu erteilen, daß ob der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft das Wohnungseigentum an der Wohnung Nr 10 zugunsten der Klägerin einverleibt und mit deren Miteigentumsanteil (BLNR 16) untrennbar verbunden werde. Dazu wurde vorgebracht, daß der Erstbeklagte als Wohnungseigentumsorganisator mit der Einlösung der Zusage, der Klägerin Wohnungseigentum zu verschaffen, säumig sei; er und der Zweitbeklagte hätten sich grundlos geweigert, den vom Klagsvertreter verfaßten Wohnungseigentumsvertrag zu unterfertigen. Rechtliche Hindernisse stünden der Einverleibung des begehrten Wohnungseigentumsrechtes nicht entgegen, weil der Miteigentumsanteil der Klägerin ohnehin den erforderlichen Mindestanteil übersteige.

Gegen die zu 3.) bis 9.) angeführten beklagten Parteien erging in der mündlichen Streitverhandlung am 14.9.1994 (teils weil sie gar nicht erschienen waren, teils weil sie sich ohne Antragstellung wieder entfernten) ein der Klage stattgebendes Versäumungsurteil. Die Entscheidung wurde den säumigen beklagten Parteien auch zugestellt (am 20. bzw 21.10.1994) und von diesem nicht angefochten.

Die erst- und zweitbeklagte Partei (mit denen in der Folge das Verfahren weitergeführt wurde, ohne die übrigen beklagten Parteien zu beteiligen) beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Sie brachten vor, daß es zur Einverleibung des Wohnungseigentums der Klägerin der vorherigen Berichtigung ihres Miteigentumsanteils auf Grund des Nutzwertfestsetzungsbescheides bedürfe; außerdem sei das der Nutzwertfestsetzung zugrunde liegende Gutachten aus verschiedenen Gründen unrichtig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren (in Ansehung der noch am Verfahren beteiligten erst- und zweitbeklagten Partei) ab. Es sei rechtlich unmöglich, das Wohnungseigentum - wie von der Klägerin verlangt - mit einem den Mindestanteil übersteigenden Miteigentumsanteil zu verbinden.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im klagsstattgebenden Sinn ab. Es erkannte den Erstbeklagten und den Zweitbeklagten schuldig, "ihre Einwilligung zu erteilen, daß ob der Liegenschaft EZ ***** das Wohnungseigentum an der Wohnung Nr 10 zugunsten der Klägerin einverleibt und mit deren Miteigentumsanteil (BLNR 16) untrennbar verbunden werde." Begründet wurde dies wie folgt:

Gemäß § 12 Abs 1 WEG werde das Wohnungseigentum durch die Einverleibung in das Grundbuch erworben; es sei im Eigentumsblatt auf dem Mindestanteil einzutragen. Gemäß § 12 Abs 2 WEG seien dem Antrag auf Einverleibung jedenfalls die schriftliche Vereinbarung der Miteigentümer über die Einräumung des Wohnungseigentums, die Bescheinigung der Baubehörde über den Bestand an selbständigen Wohnungen und die rechtskräftige Entscheidung des Gerichtes über die Festsetzung der Nutzwerte beizulegen.

Gemäß § 25 Abs 1 WEG könne der Wohnungseigentumsbewerber den Eigentümer der Liegenschaft auf die Einwilligung in die Einverleibung seines Eigentumsrechtsrechts am Mindestanteil und seines Wohnungseigentums an der zugesagten Wohnung klagen. Derjenige, der bereis Miteigentümer ist, könne in diesem Sinne das Wohnungseigentum allein verlangen (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Anmerkung 16 zu § 25 WEG). Werden nach der Einverleibung des Wohnungseigentums die Nutzwerte neu festgesetzt, so seien gemäß § 12 Abs 3 WEG auf Antrag die Mindestanteile (die Anteile am Mindestanteil) der Miteigentümer so zu berichtigen, daß jedem von ihnen der zur Begründung seines Wohnungseigentums erforderliche Mindestanteil oder Anteil am Mindestanteil zukommt. Der zum Erwerb des Wohnungseigentums erforderliche Mindestanteil sei gemäß § 3 Abs 1 WEG ein solcher Anteil, der dem Verhältnis des Nutzwerts der im Wohnungseigentum stehenden Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit zum Nutzwert aller Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten der Liegenschaft entspricht. Die Nutzwerte seien vom Gericht festzusetzen. Das Wohnungseigentum könne gemäß § 2 Abs 1 WEG von jedem Miteigentümer, dessen Anteil den zum Erwerb des Wohnungseigentums erforderlichen Mindestanteil nicht unterschreitet, erworben werden.

Völlig zu Recht führe die Klägerin sohin in ihrer Berufung aus, zum Zweck des Erwerbes von Wohnungseigentum dürfe der Miteigentumsanteil bloß nicht kleiner sein als der Mindestanteil. Der im Grundbuch bereits einverleibte Miteigentumsanteil der Klägerin an der Liegenschaft betrage 49/798stel, in Dezimalzahlen ausgedrückt also 0,0614. Der auf die Wohnung der Beklagten entfallende Nutzwert betrage 60/1039stel, in Dezimalzahlen ausgedrückt 0,0577. Der bereits im Grundbuch einverleibte Miteigentumsanteil der Klägerin sei daher höher als der Nutzwert ihrer Wohnung und damit auch höher als der Mindestanteil, der im Sinne des § 2 Abs 1 WEG zum Erwerb des Wohnungseigentums erforderlich sei.

Beim seinerzeitigen Kauf des Liegenschaftsanteiles durch die Klägerin hätten die Vertragsparteien vereinbart, daß nach Rechtskraft der Nutzwertfeststellung ein Wohnungseigentumsvertrag abzuschließen sei, nach dem unter anderem der Klägerin das Recht der ausschließlichen Nutzung an der Wohnung Nr 10 zustehen sollte. Nunmehr sei die Nutzwertfeststellung mit rechtskräftigem Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 10.4.1990 erfolgt; die Klägerin habe sohin Anspruch auf Eintragung auch ihres Wohnungseigentums an der Wohnung Nr 10. Hiefür sei es nicht erforderlich, daß der Miteigentumsanteil der Klägerin dem Nutzwert ihrer Wohnung genau entspricht; wie bereits ausgeführt, dürfe gemäß § 2 Abs 1 WEG zum Zweck des Erwerbes von Wohnungseigentum der Miteigentumsanteil bloß nicht kleiner sein als der Mindestanteil bzw der Nutzwert.

Die Ansicht des Erstgerichtes, es sei rechtlich nicht möglich, das Wohnungseigentum ohne gleichzeitige Berichtigung der Miteigentumsanteile mit einem den Mindestanteil übersteigenden Miteigentumsanteil zu verbinden, sei daher nicht richtig. Es würden vielmehr allenfalls gemäß § 12 Abs 3 WEG die Miteigentumsanteile entsprechend zu berichtigen sein.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt, die ordentliche Revision jedoch nicht zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO (für die Anrufung des Obersten Gerichtshofes) nicht erfüllt seien.

In der jetzt vorliegenden außerordentlichen Revision machen der Erstbeklagte und der Zweitbeklagte zur Dartuung der Zulässigkeit des Rechtsmittels eine wesentliche Verkennung der Rechtslage durch das Berufungsgericht geltend. Sie vertreten den Standpunkt, daß es dem eindeutigen Gesetzeswortlaut der in § 7 und § 25 WEG enthaltenen Regelungen widerspreche, Wohnungseigentum auf einem den Mindestanteil übersteigenden Miteigentumsanteil einzuverleiben bzw das Wohnungseigentum mit einem solchen Mindestanteil zu verbinden. Zumindest fehle eine Judikatur, die die gegenteilige Rechtsansicht des Berufungsgerichtes decke. In diesem Sinn wird dann auch die allein auf den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung des Streitfalls gestützte Revision ausgeführt. Der Revisionsantrag geht dahin, das angefochtene Urteil entweder im Sinn einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen, allenfalls nach einer Ergänzung des Verfahrens zu fällenden Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückzuverweisen.

Die Klägerin hat dazu (§ 508a Abs 2 iVm § 507 Abs 3 ZPO) fristgerecht eine Revisionsbeantwortung erstattet und die Bestätigung des angefochtenen Urteils beantragt. Hilfsweise möge der Spruch des Berufungsurteils dahingehend berichtigt werden, daß der mit dem Wohnungseigentum zu verbindende Miteigentumsanteil der Klägerin durch eine entsprechende Einfügung mit "60-1011-stel" (richtig wohl: "60/1039-stel") bezeichnet wird; in eventu soll die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eines der Untergerichte zurückverwiesen werden.

Die Revision ist zulässig, weil zur Frage, ob Wohnungseigentum an einem den Mindestanteil übersteigenden Miteigentumsanteil des Wohnungseigentumsbewerbers einverleibt werden kann, eine höchstgerichtliche Judikatur fehlt; außerdem wurden von den Vorinstanzen die Rechtswirkungen verkannt, die sich aus der Verbindung der beklagten Parteien zu einer einheitlichen Streitpartei ergeben. Dies berücksichtigend, erweist sich die Revision im Sinn ihres Aufhebungsbegehrens (das im Zusammenhang mit dem Abänderungsbegehren jedenfalls auch die Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht deckt) als berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die in § 25 WEG geregelte Klage des Wohnungseigentumsbewerbers auf Einverleibung des Eigentumsrechts richtet sich gegen den "Eigentümer der Liegenschaft", womit diejenige Person bezeichnet werden sollte, die die erforderliche Einverleibungsbewilligung wirksam abgeben kann (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 5 zu § 25 WEG). Hat die Liegenschaft mehrere Miteigentümer, so werden diese in Beziehung auf das Ganze "für eine einzige Person angesehen" (§ 361 ABGB). Diese Verschmelzung mehrerer Miteigentümer zu einer einheitlichen Streitpartei ist bei einer Klage nach § 25 Abs 1 WEG dadurch geboten, daß ein ausschließliches (also allseitig wirksames) Sondernutzungsrecht des Klägers an einer bestimmten Wohnung oder sonstigen selbständigen Räumlichkeit der Liegenschaft begründet werden soll (§ 1 Abs 1 WEG; vgl auch § 2 Abs 2 WEG). Auch die Verbindung dieses Sondernutzungsrechtes mit einem bestimmten Miteigentumsanteil (§ 7 Abs 1 WEG) kann nur in einer gegenüber allen Miteigentümern gleichen Weise erfolgen. Es käme zu unlösbaren Verwicklungen, würde mangels Erfassung aller Miteigentümer in einem einheitlichen Verfahren dieser Miteigentumsanteil in verschiedenen Urteilen unterschiedlich festgestellt.

Folgerichtig hat der Oberste Gerichtshof schon einmal entschieden, daß die von einem Wohnungseigentumsbewerber gemäß § 25 Abs 1 WEG auf Einwilligung in die Einverleibung seines Wohnungseigentumsrechtes geklagten Miteigentümer der Liegenschaft eine notwendige Streitgenossenschaft iSd § 14 ZPO bilden (MietSlg 30.592; vgl auch Palten, Wohnungseigentumsrecht, Rz 294). Daß andererseits der Wohnungseigentumsorganisator, der zugleich Miteigentümer der fraglichen Liegenschaft ist, auf Grund seiner Wohnungseigentumszusage allein auf Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Wohnungseigentumsbewerbers am versprochenen Mindestanteil geklagt werden kann (MietSlg 33.497; MietSlg 37.651) steht dem nicht entgegen, weil es um unterschiedliche Ansprüche (einmal um den gesetzlichen Eigentumseinverleibungsanspruch gegen den Liegenschaftseigentümer nach § 25 Abs 1 WEG, das andere Mal um einen Anspruch auf Vertragserfüllung) geht. Gerade der gegenständliche Streitfall zeigt, daß die auf § 25 Abs 1 WEG gestützte Einverleibung des Wohnungseigentumsrechtes, bei der unter einem die Verbindung dieses Rechtes mit dem Mindestanteil des Klägers wirksam wird (§ 7 Abs 1 WEG), nur einheitlich gegenüber allen Miteigentümern der Liegenschaft erfolgen kann.

Bei einer notwendigen Streitgenossenschaft haben die von einem Streitgenossen gegen den Willen des anderen vorgenommenen Prozeßhandlungen keine rechtliche Wirkung (SZ 30/29 ua). Die Verschmelzung der Streitgenossen zu einem einzigen Prozeßsubjekt bedingt vielmehr einen einheitlichen Prozeß mit einem einheitlichen, gleichlautenden Urteil. Den hier eingetretenen Konfliktsfall der Säumigkeit eines Mitglieds (oder mehrerer Mitglieder) der einheitlichen Streitpartei löst das Gesetz so, daß eine einheitliche Streitpartei gar nicht säumig werden kann, wenn auch nur einer der Streitgenossen im Prozeß tätig wird. Die Wirkung seiner Prozeßhandlung erstreckt sich dann auch auf die säumigen Streitgenossen (§ 14 letzter Satz ZPO). In einem solchen Fall darf kein Versäumungsurteil gefällt werden; § 15 Abs 2 ZPO ordnet vielmehr ausdrücklich an, daß der "säumig" gewordene Streitgenosse zu jeder weiteren Tagsatzung zu laden ist (4 Ob 548/91 mwN).

Dementsprechend hätte das eingangs erwähnte Versäumungsurteil gegen die unter 3.) bis 9.) angeführten beklagten Parteien gar nicht gefällt werden dürfen. Das Urteil blieb von diesen "säumigen" Parteien zwar unangefochten, ist aber nicht weiter zu beachten (und konnte auch nicht in Rechtskraft erwachsen), weil der Erstbeklagte und der Zweitbeklagte (denen es folgerichtig nicht zugestellt wurde) mit Wirkung auch für alle anderen Streitgenossen die Fortsetzung des Prozesses betrieben haben. Nach dem "prozessualen Günstigkeitsprinzip" (vgl Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 381 und 410; Fucik in Rechberger, Rz 6 zu § 14 ZPO) konnte damit das gesetzwidrige Versäumungsurteil nicht wirksam werden. Es bleibt zu untersuchen, welche Folgen mit dem Ausschluß der "säumigen" beklagten Parteien vom weiteren Verfahren verbunden sind.

Eine Nichtigkeit des Verfahrens wäre nur dann anzunehmen, wenn der gesetzwidrige Vorgang (hier der Verstoß gegen § 15 Abs 2 ZPO, demzufolge alle beklagten Parteien zu den weiteren Tagsatzungen hätten geladen werden müssen) dazu geführt hätte, die gesamte einheitliche Streitpartei vom rechtlichen Gehör auszuschließen (SZ 61/155 mwN). Das war, wie das mit dem Erst- und dem Zweitbeklagten abgewickelte weitere Verfahren zeigt, nicht der Fall. Der Ausschluß der übrigen Streitgenossen von der Verhandlung stellt aber jedenfalls einen Verfahrensmangel dar. Dieser Mangel resultiert aus einer Verkennung des materiellen Rechts, nämlich des Umstands, daß es sich bei den beklagten Parteien kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses um eine notwendige (anspruchsgebundene) Streitgenossenschaft handelt. Ein solcher Beurteilungsfehler und ein daraus entstandener "sekundärer" Verfahrensmangel sind aus Anlaß einer Rechtsrüge iSd § 503 Z 4 ZPO aufzugreifen (vgl SZ 30/29; 4 Ob 548/91), was im konkreten Fall zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zu führen hat, um den "säumigen" beklagten Parteien die Möglichkeit zur Verfahrensbeteiligung zu geben.

In der Sache selbst ist den Rechtsausführungen der Revisionswerber insoweit beizupflichten, als das von der Klägerin (als zulässiges minus gegenüber dem Anspruch auf Einverleibung des Eigentumsrechtes:

Würth/Zingher aaO, Rz 16 zu § 25 WEG) angestrebte Wohnungseigentum gemäß § 7 Abs 1 WEG mit dem entsprechenden Mindestanteil untrennbar verbunden ist und daher auch - wie in § 12 Abs 1 WEG vorgesehen - auf diesem Mindestanteil eingetragen werden muß. Auch die in § 25 WEG geregelte Klage auf Einverleibung des Eigentumsrechts nimmt auf diesen Mindestanteil Bezug und sieht (in Abs 2) sogar ein besonderes Verfahren für den Fall vor, daß dem Kläger eine Bezifferung dieses Anteils noch nicht möglich ist. Die Einverleibung des Wohnungseigentumsrechtes kann daher nur auf dem Mindestanteil erfolgen (vgl Würth in Rummel2, Rz 1 zu § 7 WEG und Rz 1 zu § 12 WEG; Palten aaO, Rz 83). Darunter ist gemäß § 3 Abs 1 WEG jener Miteigentumsanteil zu verstehen, der dem Verhältnis des Nutzwertes der im Wohnungseigentum stehenden Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit zum Nutzwert aller Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten der Liegenschaft entspricht, wobei die Nutzwerte vom Gericht (bzw der Schlichtungsstelle) festzusetzen sind. Übersteigt der Anteil eines Miteigentümers den mit seinem Wohnungseigentum an einem bestimmten Objekt verbundenen Mindestanteil, so ist der durch das Wohnungseigentum nicht gebundene "Mehranteil" unter Ersichtlichmachung der Nämlichkeit (§ 20 GBG) getrennt einzutragen (siehe dazu die EB zu § 11 der RV zum WEG 1975, abgedruckt bei Meinhart, WEG 1975, 102; idS auch Würth und Palten aaO).

Hier steht der Klägerin, die sich gegenüber allen anderen Miteigentümern zur Berichtigung ihres Miteigentumsanteils entsprechend dem rechtskräftigen Bescheid über die Festsetzung der Nutzwerte verpflichtete, von vorne herein nur ein Titel zur Einverleibung ihres Wohnungseigentums auf dem sich aus der Nutzwertfestsetzung ergebenden Mindestanteil zu. Sollte sie im weiteren Verfahren ihr Mehrbegehren aufrechterhalten, wird es daher auch aus diesem Grund abzuweisen sein. Für die (Teil-)Stattgebung ihres Begehrens, das ihr zugesagte Wohnungseigentum (als minus) auf dem Mindestanteil einzutragen, sind jedoch nach dem derzeitigen Verfahrensstand keine Hindernisse erkennbar.

Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte