Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung zur Gänze wie folgt zu lauten hat:
"Die Mutter Lydia N***** ist schuldig, an den Jugendwohlfahrtsträger *****, als Kosten für die volle Erziehung des Minderjährigen für die Zeit vom 7.7.1994 bis 30.4.1996 einen Betrag in der Höhe von S 33.000,-- binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen."
Das auf den Zuspruch künftig fällig werdender Leistungen gerichtete Ersatzbegehren wird hingegen abgewiesen.
Text
Begründung
Die Ehe der Eltern des Minderjährigen wurde am 10.5.1985 im Einvernehmen geschieden. Im pflegschaftsbehördlich genehmigten Scheidungsvergleich vereinbarten die Eltern, daß die Obsorge für den Minderjährigen dem Vater voll zusteht, der auch für den Unterhalt des Kindes aufkommen wird.
Mit Beschluß vom 14.6.1994 wurde dem Vater gemäß § 176 Abs 1 ABGB die Obsorge entzogen und der Jugendwohlfahrtsträger ***** gemäß §§ 187, 213 ABGB zum Amtsvormund bestellt. Seit 7.7.1994 befindet sich der Minderjährige im Rahmen der vollen Erziehung in der Kinder- und Jugendpension H***** GmbH *****. Der Tagessatz in dieser Pension betrug 1994 S 1.515,--, ab 1.2.1995 S 1.575,-- und seit 1.2.1996 S 1.605,--. Das Land Kärnten hat für die Heimunterbringung des Kindes im Jahr 1994 S 222.705,--, im Jahr 1995 S 619.980,-- und im Jahr 1996 bisher S 107.370,-- aufgewendet. Der Vater verpflichtete sich in der Vereinbarung vom 3.6.1994, ab 7.7.1994 zur Maßnahme der vollen Erziehung einen monatlichen Kostenbeitrag von S 2.000,-- zu leisten. Dieser Verpflichtung kam er nicht regelmäßig nach, sodaß ein Rückstand von S 29.167,-- aufgelaufen ist. Der Vater ist noch für drei eheliche Kinder (eines davon über 10 Jahre, die beiden anderen sind unter 10 Jahre) sorgepflichtig. Seine Ehefrau verfügt über eigenes Einkommen. Der Vater betreibt eine Forellen- und Bienenzucht, den Obstanbau sowie als Pächter eine Landwirtschaft; er stellt auch Schnaps her und verkauft ihn. Sein jährliches Einkommen beziffert er mit rund S 60.000,-- zuzüglich der Naturalien aus der Landwirtschaft für den Eigengebrauch. Außerdem betätigt er sich als Kunstmaler und als Hilfsarbeiter. Er ist unter 50 % Teilinvalide.
Die Mutter hat in der Zeit vom 6.9.1994 bis 30.9.1995 monatlich durchschnittlich S 15.300,-- verdient. Seit 1.10.1995 bezieht sie Arbeitslosen-(Kranken-)geld von monatlich rund S 9.000,--.
Am 27.2.1995 beantragte der Jugendwohlfahrtsträger, die Mutter zu einem monatlichen Kostenersatz von S 1.500,-- ab 7.7.1994 für die Zeit der Heimunterbringung des Kindes zu verpflichten. Eine Einigung über die Kostentragung sei nicht zustandegekommen. Aufgrund ihres Einkommens könne die Mutter den geforderten Beitrag leisten.
Die Mutter beantragt die Abweisung des Ersatzbegehrens. Aufgrund des Scheidungsvergleichs kämen alle Rechte und Pflichten in bezug auf Erziehung und Unterhalt des Minderjährigen dem Vater zu. Der Unterhalt des Kindes sei durch die Leistungsfähigkeit des Vaters gesichert. Die Mutter sei nunmehr saisonbedingt arbeitslos. Ob sie wieder eine Saisonarbeit finden werde, sei nicht gewiß. Durch die Versicherungsprämie für ihr berufsbedingt verwendetes Kraftfahrzeug von jährlich S 8.000,--, durch Miete und Betriebskosten für ihre Wohnung von monatlich S 6.700,--, Strom- und Telefonkosten von monatlich S 850,-- sowie die Prämien für ihre berufsbedingten Versicherungen (Unfall- und Taggeldversicherung) von monatlich S 480,-- und S 1.250,-- sowie eine monatliche Kreditbelastung von S 3.700,-- und ihre Aufwendungen für Berufskleidung von jährlich S 2.000,-- sei ihre Leistungsfähigkeit erschöpft.
Das Erstgericht wies - im zweiten Rechtsgang - den Antrag ab. Beide Elternteile seien gemäß § 140 Abs 1 ABGB zur anteiligen Zahlung von Geldunterhalt verpflichtet, wenn kein Elternteil seinen Beitrag durch Betreuung des Kindes im Sinne des § 140 Abs 2 ABGB leiste. Da der Vater aufgrund des Scheidungsvergleiches allein für den Unterhalt des Minderjährigen aufzukommen habe, sei zu prüfen, ob er aufgrund seiner Lebensverhältnisse außerstande sei, für den Unterhalt des Kindes sowie für den vom Jugendwohlfahrtsträger begehrten Kostenersatz für die Heimunterbringung zur Gänze selbst aufzukommen. Der Vater begnüge sich mit einem geringeren als dem nach seinen Fähigkeiten erzielbaren Einkommen. Bei einem fiktiven Einkommen von monatlich S 12.000,-- wäre er in der Lage, auch den von der Mutter begehrten Kostenbeitrag zu leisten.
Das Rekursgericht verpflichtete die Mutter, ab 7.7.1994 einen monatlichen Beitrag von S 1.500,-- zu den Kosten der vollen Erziehung des Minderjährigen zu leisten, und zwar die bis zur Rechtskraft des Beschlusses fällig gewordenen Beträge binnen 14 Tagen, die in Hinkunft fällig werdenden Beträge am ersten eines jeden Monats im vorhinein.
Der durch eine pflegschaftsbehördlich genehmigte Vereinbarung nur subsidiär unterhaltspflichtige Elternteil könne zu Unterhaltsleistungen erst dann herangezogen werden, wenn der primär unterhaltspflichtige Elternteil außerstande sei, für den Unterhalt des Kindes zu Gänze aufzukommen. Die Unterhaltspflicht des subsidiär Unterhaltspflichtigen trete schon dann ein, wenn es der primär unterhaltspflichtig gewordene Elternteil unterlassen habe, seiner Verpflichtung nachzukommen. Nicht entscheidend hingegen sei, ob der primär Unterhaltspflichtige den Unterhalt des Kindes auch unter Heranziehung eines fiktiven höheren Einkommens im Sinne der Anspannungstheorie nicht zur Gänze decken könne. Werde der andere Elternteil in einem solchen Fall im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit zu Unterhaltsleistungen herangezogen, dann verblieben ihm allfällige Regreßansprüche gegen den primär Unterhaltspflichtigen.
Der Vater sei seiner durch Vereinbarung festgelegten bloß anteiligen Unterhaltsverpflichtung nicht zur Gänze nachgekommen. Er unterlasse es damit aber auch, seiner vertraglichen Verpflichtung zu entsprechen, allein für den Unterhalt des Kindes aufzukommen. Es sei daher gerechtfertigt, die Mutter im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit anteilig zu Unterhaltsleistungen heranzuziehen, damit der Gesamtunterhaltsanspruch des Minderjährigen nicht geschmälert werde. Diese unterhaltsrechtlichen Kriterien seien auch bei der Entscheidung über einen Ersatzanspruch des Jugendwohlfahrtsträgers heranzuziehen.
Werde das Kind von keinem Elternteil betreut, so sei die Unterhaltsbestimmung anteilig vorzunehmen. Bei unterschiedlicher Leistungsfähigkeit der Eltern sei von den Unterhaltsbemessungsgrundlagen jeweils der Betrag abzuziehen, der für den eigenen Unterhalt erforderlich sei; sodann seien die für den Gesamtunterhalt des Kindes erforderlichen Beträge im Verhältnis der Restsummen aufzuteilen. Das geschehe in der Weise, daß vom Nettoeinkommen jedes Elternteiles zumindest das Unterhaltsexistenzminimum im Sinne des § 291b Abs 2 EO abgezogen und der Gesamtunterhaltsbedarf im Verhältnis der Resteinkommen aufgeteilt werde. Der Gesamtunterhaltsbedarf des Kindes ergebe sich bei voller Drittpflege aus den Drittpflegekosten und einem Zuschlag für zusätzliche Kindesbedürfnisse, wie Kleidung, Ferienkosten u.ä., bei Eigenpflege und durchschnittlichen Lebensverhältnissen aus dem doppelten Regelbedarfssatz, der bei abweichenden Lebensverhältnissen durch entsprechende Zu- oder Abschläge zu korrigieren sei.
Die monatlichen Kosten für die Unterbringung des Minderjährigen betrügen rund S 45.000,-- bis S 50.000,--. Wenngleich die Leistungsfähigkeit des Vaters vom Erstgericht nicht eingehend geprüft worden sei, bestehe kein Zweifel, daß die vom Jugendwohlfahrtsträger von der Mutter begehrten Kostenbeiträge ihre anteilige Unterhaltsverpflichtung nicht überstiegen. Die Mutter habe vom 6.6.1994 bis 30.9.1995 monatlich durchschnittlich S 15.300,-- verdient. Selbst wenn man die von ihr geltend gemachten berufsbedingten Ausgaben als Abzugsposten behandle, ergebe sich noch eine Bemessungsgrundlage für diesen Zeitraum von monatlich S 13.900,--. Seit 1.10.1995 beziehe die Mutter nur mehr Arbeitslosengeld von monatlich S 9.000,--. Da während dieser Zeit berufsbedingte Auslagen nicht anfielen, sei dieser Betrag ungeschmälert zur Beurteilung der anteiligen Unterhaltsverpflichtung heranzuziehen.
Die vom Vater angegebenen Einkünfte ensprächen nach der Lebenserfahrung den Einkünften aus land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ähnlicher Größe. Bei dem vorliegenden Gesamtunterhaltsbedarf, zu dem beide Eltern anteilig beizutragen hätten, wäre ein wesentlich höheres Einkommen des Vaters nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Auch in diesem Fall entspreche der von der Mutter geforderte Betrag ihrer anteiligen Verpflichtung. Dieser Beitrag, der auch dem Prozentunterhalt entspreche, könne der Mutter, die keine weiteren Sorgepflichten habe, auch leisten. Ihr verblieben bei den derzeitigen Einkünften immer noch rund S 6.500,-- im Monat, also nur geringfügig weniger als das Unterhaltsexistenzminimum. Mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes über die Belastbarkeitsgrenze von Unterhaltspflichtigen bestünden keine Bedenken, das Unterhaltsexistenzminimum geringfügig zu unterschreiten.
Auf Ersatzansprüche gemäß § 33 JWG (hier iVm § 32 Abs 2 KntnJWG) sei § 406 Satz 2 ZPO sinngemäß anzuwenden. Schon bisher habe die Rechtsprechung § 406 Abs 2 ZPO unter Anerkennung besonderer Interessenlagen über Ansprüche mit Alimentationscharakter hinaus erweitert. Auch im Falle einer - hier allerdings nicht geltend gemachten - Legalzession eines Unterhaltsanspruchs werde die Anwendbarkeit des § 406 Satz 2 ZPO bejaht. Wie bei einem solchen Anspruch aus einer Legalzession hänge auch hier der Ersatzanspruch von der Höhe der Unterhaltsverpflichtung ab. Der Jugendwohlfahrtsträger, der sich auf § 33 JWG berufe, solle daher nicht zu immer neuerlicher Prozeßführung genötigt sein.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen von der Mutter erhobene Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.
Gegenstand der Entscheidung nach § 40 JWG 1989 ist der Anspruch des Jugendwohlfahrtsträgers auf Kostentragung oder Kostenersatz, aber nicht unmittelbar der diesem Anspruch zugrundeliegende gesetzliche Unterhaltsanspruch; § 14 Abs 3 AußStrG ist daher nicht anzuwenden (EvBl 1993/149). Im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch, der nicht nur in der Vergangenheit liegende, sondern auch künftig fällig werdende Ersatzbeträge umfaßt, und unter Bedachtnahme auf den gemäß § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG sinngemäß anzuwendenden § 58 Abs 1 JN übersteigt der Entscheidungsgegenstand jedoch S 50.000,-- sodaß der Revisionsrekurs nicht absolut unzulässig ist.
Gemäß § 33 JWG (hier iVm § 32 Abs 2 KntnJWG) haben die Kosten der vollen Erziehung der Minderjährige und seine Unterhaltspflichtigen nach bürgerlichem Recht zu tragen, gegebenfalls rückwirkend für drei Jahre zu ersetzen, soweit sie nach ihren Lebensverhältnissen dazu imstande sind; die Unterhaltspflichtigen haben die Kosten auch insoweit zu ersetzen, als sie nach ihren Lebensverhältnissen zur Zeit der Durchführung der vollen Erziehung dazu imstande gewesen sind. Soweit eine Vereinbarung über die Tragung und den Ersatz der Kosten der vollen Erziehung nicht zustandekommt, entscheidet darüber, unabhängig vom Alter des Kindes, auf Antrag des Jugendwohlfahrtsträgers das Pflegschafts-(Vormundschafts-)gericht im Verfahren Außerstreitsachen (§ 40 JWG). Der Kostenersatzanspruch des Jugendwohlfahrtsträgers setzt demnach das Bestehen einer Unterhaltspflicht voraus.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat (RZ 1992/4; 7 Ob 649/92; 7 Ob 512/94) bleibt den Eltern im Rahmen der gesetzlichen Regelung des § 140 ABGB in der Frage ihrer jeweiligen Beitragsleistung für das mj. Kind eine gewisse Dispositionsfreiheit gewahrt. Sie können mit pflegschaftsbehördlicher Zustimmung eine Vereinbarung darüber treffen, wie sie in Kenntnis der beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu dem der Höhe nach nicht geschmälerten Gesamtunterhalt des Kindes beitragen wollen; solche Vereinbarungen dürfen aber nicht zu Lasten des Kindes gehen, insbesondere darf der dem Kind gebührende Gesamtunterhalt nicht geschmälert werden. Tritt durch eine solche Vereinbarung an die Stelle der primären Unterhaltspflicht eines Elternteiles eine bloß subsidiäre, so kann der subsidiär Unterhaltspflichtige erst dann zu Unterhaltsleistungen herangezogen werden, wenn der primär Unterhaltspflichtige außerstande wäre, für den Unterhalt des Kindes zur Gänze allein zu sorgen (EvBl 1973/24; 7 Ob 512/94). Unterläßt es der durch eine solche Vereinbarung primär Unterhaltspflichtige, seiner Verpflichtung nachzukommen, darf das nicht zum Nachteil des Kindes ausschlagen, es sei denn, der subsidär Unterhaltspflichtige wäre zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes allein nicht imstande, oder müßte, würden ihm diese auferlegt, mehr leisten, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre (vgl EFSlg
40.623 f; 7 Ob 512/94).
Erbringt kein Elternteil die Betreuungsleistungen und findet deshalb § 140 Abs 2 ABGB nicht Anwendung, ist die Unterhaltsbestimmung nach § 140 Abs 1 ABGB anteilig, das heißt im Verhältnis zu den Kräften vorzunehmen. Die Unterhaltsbemessung kann in diesen Fällen nicht gesondert für einen Elternteil erfolgen, die Bestimmung der Höhe des Unterhaltsbeitrages hat vielmehr auch die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des anderen Elternteiles zur Voraussetzung; bei unterschiedlicher Leistungsfähigkeit ist dabei von den Unterhaltsbemessungsgrundlagen jeweils der Betrag abzuziehen, der für den eigenen Unterhalt erforderlich ist; sodann sind die für den Gesamtunterhalt des Kindes erforderlichen Beträge im Verhältnis der Restsummen aufzuteilen (EvBl 1991/166 = ÖAV 1992, 21; 10 Ob 502/96; Schwimann, Unterhaltsrecht 23; Pichler in Rummel, ABGB2 Rz 7 zu § 140; Gitschthaler, ÖJZ 1994, 12). Der Gesamtunterhaltsbedarf ergibt sich bei Drittpflege aus den Drittpflegekosten und einem Zuschlag für zusätzliche Kindesbedürfnisse, wie Kleidung, Ferienkosten und ähnliches (Schwimann aaO; Gitschthaler aaO).
Im vorliegenden Fall leben beide Elternteile in unterdurchschnittlichen Lebensverhältnissen. Ob dem Vater eine nach seinen Fähigkeiten entsprechende Beschäftigung zuzumuten ist und er auf ein höheres fiktives Einkommen angespannt werden könnte, muß aber schon deshalb nicht geprüft werden, weil auch eine Anspannung auf ein durchschnittliches Einkommen keinen Unterhaltsbeitrag ergeben würde, der die Kosten der Heimunterbringung voll decken könnte. Die Mutter muß daher ungeachtet der getroffenen Vereinbarung nach ihren Lebensverhältnissen beitragen, um die Kosten der Drittpflege zu decken. Da ein nach den vorstehenden Ausführungen zu ermittelnder Anteil jedenfalls höher wäre, als es der Leistungsfähigkeit der Mutter entsprechen würde, kommt es im vorliegenden Fall für die Beurteilung der Höhe des Ersatzanspruches des Jugendwohlfahrtsträgers nur mehr auf die Belastbarkeitsgrenze bei der Mutter an.
Die Mutter hat in der Zeit von Juni 1994 bis 30.9.1995 durchgehend gearbeitet und monatlich durchschnittlich S 15.300,-- verdient. Auch unter Berücksichtigung der geltend gemachten Auslagen wäre sie in diesem Zeitraum zur Zahlung eines Unterhaltsbetrags von monatlich S 1.500,-- imstande gewesen. Nach ihren damaligen Lebensverhältnissen war sie somit auch in der Lage, die in diesem Zeitraum durchgeführten Erziehungsmaßnahmen zu ersetzen (siehe § 33 Satz 2 JWG). Die Ersatzforderung des Jugendwohlfahrtsträgers für diesen Zeitraum beträgt daher S 22.500,--. Seit Oktober 1995 bezieht die Mutter Arbeitslosenunterstützung in der Höhe von rund S 9.000,-- monatlich. Berufsbedingter Sonderbedarf kann in diesem Zeitraum nicht berücksichtigt werden. Zieht man davon den geforderten Betrag von S 1.500,-- ab, dann verbleiben der Mutter noch immer S 7.500,--, also mehr als das Unterhaltsexistenzminimum laut Tabelle 2 c m der Existenzminimum V 1996 BGBl 1995/860, welches nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auch geringfügig unterschritten werden könnte (4 Ob 556/94; 3 Ob 528/95). Auch in diesem Zeitraum war die Mutter daher in der Lage, den geforderten Betrag zu zahlen. Der Ersatzanspruch für die Zeit vom 1.10.1995 bis zu dem der Beschlußfassung des Erstgerichts vorangegangenen Monat April 1996 beträgt somit S 10.500,--.
Der Jugendwohlfahrtsträger hat seinen Ersatzanspruch jedoch nicht mit einem bestimmten Endzeitpunkt beschränkt, sondern den Zuspruch der monatlichen Beträge für die gesamte Zeit der Heimunterbringung, somit auch künftig fällig werdende Leistungen begehrt. Die Vorinstanzen haben die Mutter auch zum Ersatz künftig fällig werdender Leistungen verpflichtet. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen (ÖAV 1994, 31), daß auf den Ersatzanspruch des Jugendwohlfahrtsträgers gemäß § 33 JWG, § 406 Satz 2 ZPO nicht anzuwenden ist; diesem fehlt der zur Rechtfertigung der Erlassung eines in die Zukunft greifenden Leistungsbefehls in erster Linie herangezogene Zweck, nämlich die Notwendigkeit der Schaffung eines Titels, der Verzögerungen, die die Existenz oder doch zumindest wichtige Lebensbelange des Klägers gefährden könnten, durch neuerliche Klagsführung verhindern soll (in diesem Sinn auch 7 Ob 586/95). Aus § 33 JWG, welcher vom "Tragen" der vollen Kosten der Erziehung und vom gegebenenfalls rückwirkend für drei Jahre möglichen "Ersetzen" spricht, kann entgegen den Ausführungen des Rekursgerichts nicht die Anordnung entnommen werden, daß der Minderjährige und seine Unterhaltspflichtigen auch zur Tragung künftiger Kosten der vollen Erziehung verpflichtet werden können. Nach der Rechtsprechung werden zu den Ansprüchen auf Alimente zwar Forderungen gezählt, die nach ihrem Wesen und ihrem Zweck einer Unterhaltsforderung ähnlich sind. Unter Anerkennung besonderer Interessenlagen hat die Rechtsprechung § 406 Satz 2 ZPO auch auf nicht fällige Leistungen aus Dauerschuldverhältnissen oder aus Verträgen, die zu sukzessiven Lieferungen verpflichten, ausgedehnt (siehe zu allem Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 9 f zu § 406). Der Ersatzanspruch des Jugendwohlfahrtsträgers gemäß § 33 JWG bemißt sich zwar nach unterhaltsrechtlichen Kriterien, ist aber kein Unterhaltsanspruch (ÖAV 1992, 163). Auch ein besonderes Interesse, ihn wie Ansprüche auf Alimente zu behandeln, besteht nicht, hat doch der Jugendwohlfahrtsträger auch die Möglichkeit, gemäß § 34 JWG durch eine Anzeige an den Unterhaltspflichtigen einen gesetzlichen Übergang der Unterhaltsforderung des Minderjährigen auf ihn zu bewirken. Im Fall einer Legalzession des Unterhaltsanspruchs aber macht der Jugendwohlfahrtsträger einen Unterhaltsanspruch geltend, sodaß er gemäß § 406 Satz 2 ZPO bei einer nur in der Vergangenheit liegenden Verletzung Ansprüche auf künftige Leistungen geltend machen kann (RZ 1969, 153; SZ 42/28; ÖAV 1994, 31). Daher besteht auch kein Anlaß, dem Jugendwohlfahrtsträger auch erst künftige Ersatzansprüche gemäß § 33 JWG zuzusprechen, deren Hereinbringung im Sinne des § 291 c Abs 1 Z 1 und 2 EO gar nicht möglich wäre (Rechberger aaO Rz 10 zu § 406 ZPO).
Demgemäß besteht nur Anspruch des Jugendwohlfahrtsträgers auf Ersatz der zum Zeitpunkt der Beschlußfassung in erster Instanz fällig gewordenen Beträge von S 33.000,--. Da auf diesen Ersatzanspruch für die Kosten der vollen Erziehung § 1418 Satz 2 ABGB nicht anzuwenden ist (ÖAV 1992, 163), war der auf den Monat der Beschlußfassung fallende Ersatzbetrag im Zeitpunkt dieser Beschlußfassung noch nicht fällig. Das auf künftige Leistungen gerichtete Begehren hingegen war abzuweisen.
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