OGH 2Ob2337/96g

OGH2Ob2337/96g14.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christiane H*****,***** ***** vertreten durch Dr. Josef Lechner, Dr. Ewald Wirleitner, Rechtsanwälte in Steyr, wider die beklagten Parteien 1.) Andreas U*****, ***** ***** 2.) ***** Versicherungs AG, ***** beide vertreten durch Dr. Martin Schloßgangl, Mag. Thomas Christl, Rechtsanwälte in Steyr, wegen S 328.219,60 sA und Feststellung (Streitwert S 50.000), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Teilzwischenurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 3. Juli 1996, GZ 1 R 116/96a-35, womit das Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 11. März 1996, GZ 4 Cg 78/93s-29, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Teilzwischenurteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Am 24.5.1992 ereignete sich auf der Eisenbundesstraße bei Straßenkilometer 27,25 ein Verkehrsunfall, an dem der Erstbeklagte als Lenker und Halter des bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKWs Audi 80 und Johann M***** als Lenker des Motorrades Kawasaki ZX 500 beteiligt waren. Die Klägerin, die auf dem von Johann M***** gelenkten Motorrad mitfuhr, wurde bei diesem Unfall schwer verletzt.

Hiezu brachte sie vor, daß der Erstbeklagte den Verkehrsunfall alleine verschuldet habe, weil er ohne Beachtung des nachfolgenden Verkehrs plötzlich mit seinem PKW auf der Fahrt von Steyr in Richtung Ternberg auf der sogenannten Mühlbachkreuzung nach links einbiegen habe wollen, obwohl Johann M***** sich bereits in Überholposition befunden habe. Aus dem Titel des Schadenersatzes begehre sie daher von den Beklagten S 328.219,60 sA ersetzt. Da künftige Unfallsfolgen nicht auszuschließen seien, habe sie auch ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten für alle künftigen Schäden aus dem Unfall vom 24.5.1992.

Die Beklagten wandten ein, daß der Erstbeklagte rechtzeitig den linken Blinker betätigt und sich auch rechtzeitig zur Fahrbahnmitte hinein gereiht habe. Johann M***** habe trotz ungenügender Sicht mit überhöhter Geschwindigkeit ein Überholmanöver durchgeführt. Johann M***** hätte jedenfalls den PKW des Erstbeklagten, der über zehn Sekunden mit eingeschaltetem linken Blinklicht und eingeordnet zur Fahrbahnmitte hin gefahren sei, wahrnehmen müssen. Auf das beabsichtigte Linksabbiegen des Erstbeklagten hätte der Nachfolgeverkehr geachtet, nicht jedoch Johann M*****. Unmittelbar vor dem Abbiegevorgang habe sich der Erstbeklagte nochmals vergewissert, daß sich kein Fahrzeug auf der Überholspur befinde, worauf er mit dem Linksabbiegen begonnen habe. Für den Erstbeklagten habe sich der Unfall aber auch als unabwendbares Ereignis im Sinne des § 9 EKHG dargestellt. Er habe jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen betätigte der Erstbeklagte rechtzeitig den linken Blinker und ordnete sich auch mit seinem Fahrzeug zur Fahrbahnmitte vor dem Linksabbiegen ein. Vor ihm fuhr ein Autobus, hinter ihm folgten zwei PKWs sowie der Motorradlenker, der rund 100 m vor der Kreuzung der Eisenbundesstraße mit der Mühlbachstraße auf die dem PKW des Erstbeklagten nachfolgenden PKWs aufschloß. Bereits 100 m vor dieser Kreuzung reihte sich der Erstbeklagte mit seinem PKW zur Fahrbahnmitte hin ein und betätigte den linken Blinker. Als der Erstbeklagte nach Verringerung der Geschwindigkeit den Beginn des Einmündungstrichters der Mühlbachstraße erreichte, blieb er stehen. Nach einem Stillstand von mehreren Sekunden blickte er in den Innen- und Außenspiegel, ohne ein überholendes Fahrzeug zu sehen. Unter normaler Beschleunigung im ersten Gang bog er dann nach links in die Mühlbachstraße ein. Nach einer Wegstrecke von 6,7 m kam es dann zum Zusammenstoß mit dem Motorrad. Diese Strecke legte der PKW des Erstbeklagten in einer Zeit von ca 3,7 Sekunden zurück. Ca 2,25 Sekunden vor der Kollision hatte der PKW des Erstbeklagten eine Abbiegestrecke von ca 1 m zurückgelegt und damit eine Position erreicht, in der das beabsichtigte Abbiegen für den Motorradlenker erkennbar wurde - anders ausgedrückt, nach einer Fahrzeit des PKWs des Erstbeklagten von ca 1,45 Sekunden war dieser für den Motorradlenker erkennbar. Die Reaktionseinleitung durch den Motorradlenker erfolgte ca 33 m vor der Kollisionsstelle oder rund 1,6 Sekunden vor der Kollision. Zu Beginn des Linksabbiegemanövers des PKWs des Erstbeklagten befand sich das Motorrad noch ca 77 m vor der Kollisionsstelle. Im Zuge des Überholmanövers überfuhr der Motorradlenker die Fahrbahnmitte rund 70 m vor Trichterbeginn. Zeitlich wäre die Kollision durch den Motorradfahrer nur dann vermeibar gewesen, wenn die Reaktionseinleitung ca 1 Sekunde früher erfolgt wäre, sohin ca 2,6 Sekunden vor der Kollision. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Motorrad ca 55 m vor der Querungslinie des PKWs des Erstbeklagten.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß den Erstbeklagten an diesem Unfall kein Verschulden treffe bzw den Unfall der Lenker des Motorrades alleine verschuldet habe. Der Erstbeklagte habe mit dem Linksabbiegen zu einem Zeitpunkt begonnen, als der Motorradlenker die Fahrbahnmitte noch nicht überfahren habe. Für ihn sei daher der Motorradlenker noch nicht in Überholposition erkennbar gewesen. Da der Erstbeklagte das Linksabbiegen rechtzeitig angezeigt und seinen PKW auch ordnungsgemäß zur Fahrbahnmitte hin eingeordnet habe, sei er nicht mehr verpflichtet gewesen, unmittelbar vor dem Linksabbiegen durch einen neuerlichen Blick in den Rückspiegel sich vom Nachfolgeverkehr zu überzeugen. Besondere Gründe, die eine Gefahr erkennen hätten lassen und demnach eine besondere Vorsicht erforderlich gemacht hätten, seien nicht hervorgekommen. Ein neuerlicher Blick des Erstbeklagten in den Rückspiegel unmittelbar vor dem Abbiegen sei daher nicht notwendig gewesen, insbesondere auch im Hinblick auf die Übersichtlichkeit des Straßenverlaufes und die Erkennbarkeit der Abbiegemöglichkeit. Vielmehr hätte sich der Motorradlenker auf das Einordnen und das Linksabbiegen des PKWs des Erstbeklagten einstellen und ein Überholen unterlassen müssen. Den Erstbeklagten treffe demgegenüber kein Verschulden bzw habe er auch die nach den Umständen gebotene Sorgfalt beachtet, sodaß eine Haftung der beklagten Parteien zu verneinen gewesen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge, änderte das erstgerichtliche Urteil in seinem Leistungsteil dahin ab, daß mit Teilzwischenurteil die Klagsforderung dem Grunde nach zur Gänze als zu Recht bestehend erkannt wurde, und erklärte die Revision gegen das Teilzwischenurteil für nicht zulässig. Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens und im Kostenpunkt wurde das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und die Rechtssache zu fortgesetzter Verhandlung und neuerlicher Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht ging vorweg auf die Rechtsrüge der Klägerin folgendermaßen ein:

Da der Klägerin - unstrittig - kein Verschulden angelastet werden könne, könnten die Beklagten, die der Klägerin gegenüber gemäß § 8 EKHG zur ungeteilten Hand mit dem Motorradlenker hafteten, ihre Ersatzpflicht nur durch den Entlastungsbeweis gemäß § 9 EKHG abwenden. Dieser sei aber, wie noch nachstehend auszuführen sein werde, als mißlungen anzusehen, sodaß jedenfalls die Haftung der Beklagten für die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nach dem EKHG gegeben sei, wobei - hier zwar nicht gegenständlich - ihnen gemäß § 11 EKHG wiederum ein Rückgriffsanspruch gegen den Motorradlenker zustehe.

Das Berufungsgericht vertrete aber die Auffassung, daß der Erstbeklagte nicht nur nicht den Nachweis, jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet zu haben, erbracht habe, sondern daß ihn bereits ein Verschulden an diesem Unfall treffe. Die Nichteinhaltung "jeder gebotenen Sorgfalt" sei zwar nicht mit Verschulden gleichzusetzen, sei doch ein solches erst dann gegeben, wenn der gewöhnliche Grad des Fleißes und der Aufmerksamkeit nicht eingehalten worden sei. Dies treffe hier, wenngleich das Verschulden durchaus nur als gering zu gewichten sei, zu bzw stehe diese Rechtsauffassung auch nicht im Widerspruch zur Vorentscheidung zu 3 C 219/93p des Bezirksgerichtes Steyr, wonach im Rechtsstreit zwischen dem hier Erstbeklagten und dem Motorradlenker vom alleinigen Verschulden des Motorradlenkers ausgegangen worden sei, weil dort jedenfalls das hier geringe Verschulden des hier Erstbeklagten zu vernachlässigen gewesen sei. Hier könne es aber, weil die Klägerin kein Verschulden an diesem Unfall treffe, zu keiner Verschuldensabwägung kommen, sodaß selbst schon ein geringes Verschulden des Erstbeklagten Rechtserheblichkeit erlange.

Der Zeit-Wegablauf bis zur Kollision zeige nach den Feststellungen des Erstgerichtes auf, daß zum einen der Erstbeklagte mit dem Linksabbiegen erst nach einer Verweildauer von mehreren Sekunden im Bereich der Fahrbahnmitte begonnen habe, zum anderen, daß die Reaktionseinleitung des Motorradlenkers unmittelbar nach Erkennbarkeit des Linksabbiegevorganges, und zwar nach einer Wegstrecke des PKWs des Erstbeklagten von ca 1 m, erfolgt sei.

Das Erstgericht habe durchaus richtig die von einem Kraftfahrer beim Linksabbiegen zu beachtenden Verkehrsregeln dargestellt. Es übersehe aber, daß in Ausnahmefällen, wenn nach den Umständen mit dem Entstehen einer unklaren Verkehrssituation zu rechnen sei oder besondere Gründe eine Gefahr erkennen ließen, besondere Vorsicht geboten erscheine und daher ein neuerlicher Blick in den Rückspiegel erforderlich sei. Immer die Umstände des Einzelfalles seien hier maßgeblich. Ein solcher Ausnahmefall sei vorliegendenfalls anzunehmen. Der Erstbeklagte habe zwar seinen PKW vorschriftsmäßig zum Linksabbiegen eingeordnet, er sei aber im Bereich der Fahrbahnmitte mehrere Sekunden lang stehen geblieben, obwohl die zu überquerende Fahrbahnhälfte von jeglichem Verkehr frei sei - Gegenteiliges sei nicht festgestellt worden. Für den nachfolgenden Verkehr habe daher eine unklare Verkehrssituation bestanden. In einer solchen Situation, die nicht mehr erkennen lasse, wann wirklich eingebogen werde, sei aber vor der tatsächlichen Durchführung eines selbst vorschriftsmäßig eingeleiteten Abbiegemanövers jedenfalls eine neuerliche, gewissenhafte Beobachtung des Nachfolgeverkehrs erforderlich. Eine solche Situation liege aber nicht schon deshalb vor, wenn sich der Erstbeklagte mit einem Blick in den Innen- und in den linken Außenspiegel begnügt habe. Zutreffend fordere daher die Rechtsprechung, daß gerade in solch einer unklaren Verkehrssituation eine neuerliche, gewissenhafte Beobachtung des Nachfolgeverkehrs erforderlich sei. Eine mehrfache, in kurzen Intervallen folgende direkte Beobachtung des Nachfolgeverkehrs hätte etwa dem entsprochen, was bei den gegebenen Zeit-Wegabläufen den Unfall durchaus noch verhindern hätte können. Diese Unaufmerksamkeit sei daher, wenn auch nur als geringes Verschulden zu werten, sodaß auf die Gefährdungshaftung der Beklagten nach dem EKHG, die jedenfalls als gegeben anzusehen gewesen wäre, nicht mehr zurückzugreifen sei.

Mit Teilzwischenurteil sei daher gemäß § 393 Abs 1 ZPO die Haftung der Beklagten dem Grunde nach zu bejahen gewesen. Da das Erstgericht, ausgehend von seiner Rechtsansicht, die von der Klägerin angebotenen Beweise zu den von ihr geltend gemachten Schadenersatzansprüchen noch nicht aufgenommen habe, werde daher im fortgesetzten Verfahren dies noch nachzuholen sein. Gleiches treffe auch für die Beweisaufnahme zu dem von der Klägerin geltend gemachten Feststellungsbegehren zu.

Gemäß § 500 Abs 2 Z 3 ZPO sei auszusprechen gewesen, daß die ordentliche Revision gegen das Teilzwischenurteil nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu lösen gewesen wären. Die Haftung der Beklagten sei von den Umständen des Einzelfalles abhängig. Ein Aussspruch, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen den aufhebenden Teil zulässig sei (§ 519 Abs 1 Z 2 ZPO), sei nicht aufzunehmen gewesen, weil die Voraussetzungen nach § 502 ZPO auch hiefür nicht vorlägen.

Gegen das Teilzwischenurteil richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Rechtslage verkannt hat; sie ist im Sinne des Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Die Beklagten machen geltend, wenn der Erstbeklagte nach der Stillstandsdauer trotz Erkennbarkeit der Kreuzung und Erkennbarkeit der Einbiegeabsicht (Einordnen, Links-Blinken) nochmals in den Innen- und in den linken Außenspiegel geblickt habe, so habe er damit jede nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet. Selbst die vom Berufungsgericht verlangte mehrfache, in kurzen Intervallen folgende direkte Beobachtung des Nachfolgeverkehrs hätte den Unfall nicht vermieden. Auch in diesem Falle wäre der Motorradlenker im Zeitpunkt des Beginnes des Abbiegevorganges noch immer auf der rechten Fahrspur in Fahrtrichtung der unfallsbeteiligten Fahrzeuge gewesen und wäre für den Erstbeklagten, wenn überhaupt, nur durch einen Blick durch zwei hinter ihm fahrende Fahrzeuge hindurch das Motorrad erkennbar gewesen. Es liege somit jedenfalls kein Kausalzusammenhang zwischen der Außerachtlassung jeder nach den Umständen gebotenen Sorgfalt und dem Unfall vor. Es habe auch keine unklare Verkehrslage bestanden.

Hiezu wurde erwogen:

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß der Erstbeklagte sich vor der Kreuzung zur Fahrbahnmitte eingeordnet, den linken Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt und nach einem Stillstand von mehreren Sekunden in den Innen- und einen Außenspiegel geblickt hat, ohne ein überholendes Fahrzeug zu sehen, worauf er links einbog. Der Erstbeklagte ist demnach seiner bei dieser Sachlage bestehenden Verpflichtung zu einem Rückblick unmittelbar vor Beginn des Linksabbiegens (ZVR 1982/20; vgl ZVR 1985/24, 1989/195 uva; zuletzt 2 Ob 28/94) ohnehin nachgekommen. Der Ansicht des Berufungsgerichtes, der Erstbeklagte hätte darüber hinaus eine mehrfache, in kurzen Intervallen folgende direkte Beobachtung des Nachfolgeverkehrs vornehmen müssen, ist nicht beizupflichten. Hatte der Erstbeklagte unmittelbar vor dem Einbiegen in die Spiegel geblickt, so mußte er sich während des Linksabbiegens nicht neuerlich überzeugen, ob ein Fahrzeug im Begriff ist, ihn zu überholen (ZVR 1974/61). Dies kann ohne Überspannung der Sorgfaltspflicht auch von einem idealen Verkehrsteilnehmer nicht verlangt werden (vgl Apathy, EKHG § 9 Rz 16, 18), weil auch ein solcher während des Linksabbiegens seine Aufmerksamkeit besser auf die vor ihm liegende Kreuzung richten sollte, zumal die Rückblickspiegel bei Schrägstellung des Fahrzeuges nicht mehr den Nachfolgeverkehr zeigen.

Es trifft entgegen den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung auch nicht zu, daß der Erstbeklagte den Unfall schon infolge Schaffung einer unklaren Verkehrslage durch unbegründetes Anhalten verschuldet hätte. Der sekundenlange Stillstand des Fahrzeuges begründete lediglich seine Verpflichtung zum Rückspiegelblick unmittelbar vor dem Einbiegen. Im übrigen bog der Erstbeklagte nach den erstgerichtlichen Feststellungen deshalb nicht in einem Zug nach links ein, weil er wegen eines vor ihm fahrenden Autobusses erst später genügende Sicht auf die Gegenfahrbahn erlangte.

Die Beklagten träfe daher weder eine Verschuldens- noch eine EKHG-Haftung, wenn man davon ausgeht, daß der Überholvorgang für den Erstbeklagten bei seinem Rückspiegelblick unmittelbar vor dem Einbiegen noch nicht erkennbar war. Insoweit ist allerdings noch eine in der Berufung der Klägerin erhobene Beweisrüge offen, die einer Erledigung durch das Berufungsgericht bedarf.

Das angefochtene Teilzwischenurteil war daher unter Rückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht aufzuheben.

Sollte sich im fortgesetzten Verfahren ergeben, daß der Erstbeklagte das überholende Motorrad beim Rückspiegelblick vor dem Einbiegen hätte erkennen können, wäre ihm ein Aufmerksamkeitsfehler anzulasten. Sollte die Beweisrüge der Klägerin hingegen erfolglos bleiben, wäre im Sinne der obigen Ausführungen eine Haftung der Beklagten zu verneinen. Für letzteren Fall wird aus prozeßökonomischen Gründen zum aufhebenden Teil der Berufungsentscheidung darauf hingewiesen, daß eine Bindung des Erstgerichts an die Rechtsmeinung des Berufungsgerichts über die Haftung der Beklagten im Sinne des § 499 Abs 2 ZPO nicht bestünde, weil der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht des Berufungsgerichts - auch ohne Zulassung des Rekurses gegen den Aufhebungsbeschluß - bereits anläßlich der Behandlung der (zulässigen) Revision gegen den abändernden Teil der Berufungsentscheidung überprüft und nicht gebilligt hat (2 Ob 30/95 = EvBl 1995/170 = ZVR 1996/37).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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