Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 7.10.1991 ereignete sich im Gemeindegebiet von E***** bei L***** gegen 13.00h auf der Kreuzung der Bundesstraße mit der L*****- und der S***** Gemeindestraße ein Verkehrsunfall, an dem einerseits der Kläger mit seinem Motorrad und andererseits die Erstbeklagte als Lenkerin des vom Zweitbeklagten gehaltenen und bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW beteiligt waren. Beide Unfallsbeteiligten näherten sich der Unfallstelle von W***** kommend auf der B 1. Zwischen ihnen fuhr ein weiterer vom Zeugen Wilhelm S***** gelenkter PKW. Als der Kläger die beiden vor ihm fahrenden PKW überholen wollte, stieß er mit dem nach links in die S***** Gemeindestraße abbiegenden Beklagtenfahrzeug zusammen.
Die B 1 verläuft in Fahrtrichtung der Unfallsbeteiligten in Annäherung an die Kreuzung geradlinig; nach der Kreuzung schließt eine Linkskurve an. Die Sicht auf die Unfallstelle ist schon aus mehreren hundert Metern gegeben und reicht mindestens 150 m über die Kreuzung hinaus. Die Fahrbahnbreite beträgt 7 m. Der 24 m lange Einmündungstrichter der L***** Gemeindestraße beginnt 7 m früher als jener der S***** Gemeindestraße. Der Einmündungstrichter der S***** Gemeindestraße weist eine Länge von 30 m auf. Links außerhalb der B 1 in Fahrtrichtung der Streitteile kurz nach dem Einmündungstrichter der S***** Gemeindestraße befinden sich Wegweiser. In Fahrtrichtung der Streitteile ist 59 m vor Kreuzungsbeginn links- und rechtsseitig durch Verkehrszeichen eine höchstzulässige Geschwindigkeit von 70 km/h verfügt. 3 m nach dem Beginn der Geschwindigkeitsbeschränkung ist eine Sperrlinie vorhanden, die 5 m vor Trichterbeginn endet. Der Trichterbereich der S***** Gemeindestraße und die beiden Wegweiser sind schon aus einer Entfernung von 150 m erkennbar. Die Sperrlinie ist aus etwa 70 bis 80 m vor ihrem Beginn erkennbar. Witterungsbedingte Sichtbehinderungen bestanden zum Unfallszeitpunkt nicht.
Unter Anrechnung eines Eigenverschuldens von zwei Drittel begehrt der Kläger von den Beklagten den Ersatz seiner Schäden in der Höhe von S 112.161,66 und die Feststellung der Haftung der Beklagten für ein Drittel der künftigen unfallskausalen Schäden. Der Kläger brachte dazu vor, die Erstbeklagte sei ohne Abgabe von Blinkzeichen, ohne Beachtung des Nachfolgeverkehrs und ohne einen letzten Blick in den Rückspiegel nach links abgebogen. Trotz sofortiger Reaktion habe er die Kollision nicht mehr verhindern können. Da im Endbereich des geplanten Überholmanövers eine Sperrlinie verordnet gewesen sei, rechne er sich ein Verschulden von zwei Dritteln an. Der Gesamtschaden belaufe sich inklusive eines Schmerzengeldes von S 300.000,- auf S 336.485,-.
Die Beklagten wendeten ein, die Erstbeklagte habe schon 100 m vor der Kreuzung nach einem Blick in den Rückspiegel den linken Blinker betätigt und sich zur Fahrbahnmitte hin eingeordnet. Trotz der vor der Unfallstelle angebrachten Sperrlinie und einer dort verfügten höchstzulässigen Geschwindigkeit von 70 km/h habe der Kläger beide vor ihm fahrenden PKW mit ca. 100 km/h überholen wollen und dabei den linken Blinker am Beklagtenfahrzeug übersehen. Zu einem letzten Blick in den Rückspiegel sei die Erstbeklagte nicht mehr verpflichtet gewesen, weil sie auf Grund der angebrachten Sperrlinie mit einem Überholmanöver im Kreuzungsbereich nicht habe rechnen müssen. Das Alleinverschulden am Unfall treffe den Kläger.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es über den eingangs wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt hinausgehend im wesentlichen folgende Feststellungen traf:
Der Kläger näherte sich dem vor ihm fahrenden von Wilhelm S***** gelenkten PKW, vor dem die Erstbeklagte mit dem Fahrzeug des Zweitbeklagten fuhr. Beide PKW hielten zunächst eine Geschwindigkeit von annähernd 60 bis 70 km/h ein. Sie fuhren etwa in der Mitte des rechten Fahrstreifens. Der Kläger fuhr nur kurz hinter den beiden PKW nach, dann entschloß er sich, diese zu überholen. Währenddessen hatte die Erstbeklagte, die an der Kreuzung nach links einbbiegen wollte, jedenfalls rund 60 m bzw. 6 Sekunden vor der Kreuzung den linken Blinker betätigt. Beim Setzen des linken Blinkers hatte die Erstbeklagte in den Rückspiegel geblickt, den Kläger aber nicht wahrgenommen, weil er sich zu diesem Zeitpunkt noch verdeckt hinter dem von Wilhem S***** gesteuert PKW befand. Der Kläger begann sein Überholmanöver noch vor Beginn der Sperrlinie, in - dem er aus einer Position nur knapp hinter dem von Wilhem S***** gesteuerten PKW nach links ausscherte und rund 4,5 Sekunden vor der Kreuzung die Überholposition erreichte. Während seines Überholmanövers hielt er eine Geschwindigkeit von rund 98 km/h ein. Die Erstbeklagte verringerte nach Betätigung des linken Blinkers kontinuierlich ihre Geschwindigkeit auf letztlich 20 bis 30 km/h beim eigentlichen Abbiegebeginn. Nach Blinkbeginn begann sie auch, sich zur Fahrbahnmitte hin einzuordnen, sodaß sie etwa 35 m oder gut 3 Sekunden vor der Kreuzung, zugleich gut 20 m vor dem eigentlichen Abbiegebeginn nahe an der Leitlinie fuhr. Der Kläger wurde rund 2,9 Sekunden oder rund 70 m vor der Unfallstelle auf den linken Blinker des Beklagtenfahrzeuges aufmerksam und leitete zu diesem Zeitpunkt die Bremsung ein. Die Erstbeklagte begann dann rund 1,5 Sekunden vor der Kollision aus der an der Fahrbahnmitte eingeordneten Fahrlinie nach links einzubiegen, ohne vor dem eigentlichen Abbiegemanöver noch einmal in den linken Außenspiegel zu blicken. Die anschließende Kollision erfolgte knapp nach Beginn des Einmündungstrichters der S***** Gemeindestraße auf dem linken Fahrstreifen der B 1 im Bereich von 1,5 m links der Mitte bis etwa Mitte des linken Fahrstreifens. Die Winkelstellung zwischen den beiden Fahrzeugen betrug rund 20 Grad. Hätte der Kläger sein Überholmanöver technisch richtig aus einer Position begonnen, bei der zum ersten vor ihm fahrenden PKW noch der erforderliche Sicherheitsabstand gegeben gewesen wäre, so hätte er den linken Blinker am Fahrzeug des Zweitbeklagten schon bei Beginn der Blinkzeichengebung erkennen und sein Überholmanöver abbrechen können. Bei der tatsächlichen Durchführung des Überholmanövers war für den Kläger der linke Blinker am Beklagtenfahrzeug jedenfalls ab 4,5 Sekunden vor der Kollision erkennbar, sodaß er bei einer sofortigen Bremsreaktion seine Geschwindigkeit noch an jene des Beklagtenfahrzeuges hätte anpassen und dadurch eine Kollision vermeiden können. Für die Erstbeklagte war der Kläger in der Zeit von 4,5 Sekunden bis 1,5 Sekunden vor dem Anstoß im linken Außenspiegel und bei sorgfältiger Beobachtung aus dem Innenspiegel erkennbar, sodaß sie dann noch durch Abstandnahme von ihrem Abbiegemanöver den Unfall hätte vermeiden können.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, der Kläger habe sich schwer sorgfaltswidrig verhalten, indem er ein Überholmanöver eingeleitet habe, obwohl er dies nur bei Überfahren einer Sperrlinie und unter Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit von 70 km/h habe durchführen können. Weiters habe er auf das Blinkzeichen am Beklagtenfahrzeug um ca 1,6 Sekunden verspätet reagiert. Der Erstbeklagten sei hingegen kein Sorgfaltsverstoß anzulasten, weil sie den linken Blinker rechtzeitig betätigt habe. Zu einem letzten Blick in den Außenspiegel sei sie nicht verpflichtet gewesen, weil sie ihr Abbiegemanöver ordnungsgemäß eingeleitet habe; die Kreuzung sei übersichtlich gewesen, auf Grund der im Unfallsbereich angebrachten Sperrlinie habe die Erstbeklagte mit keinem Überholmanöver rechnen müssen. Das Erstgericht vertrat daher die Ansicht, den Kläger treffe das Alleinverschulden am Unfall.
Das Berufungsgericht änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, daß es in Form eines Teilzwischenurteiles aussprach, der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Ersatz eines Drittels der Schäden des Klägers bestehe dem Grunde nach mit drei Viertel zu Recht und einem Viertel nicht zu Recht.
Das Berufungsgericht teilte die Bedenken des Klägers gegen die Feststellung des Erstgerichtes, wonach das Beklagtenfahrzeug ca. 35 m vor der Kreuzung bzw. 20 m vor dem Abbiegebeginn nahe der Leitlinie fuhr, nachdem es zuvor zur Fahrbahnmitte hin eingeordnet wurde. Nach Beweiswiederholung traf es die Feststellung, das Beklagtenfahrzeug wurde vor Beginn des Linksabbiegens nicht zur Fahrbahnmitte hin eingeordnet.
Im Rahmen der Beweiswürdigung wies das Berufungsgericht darauf hin, daß seitens der beklagten Parteien die Lenkereigenschaft der Erstbeklagten außer Streit gestellt wurde, sodaß gemäß § 266 Abs 1 ZPO diese zugestandene Tatsache als wahr anzunehmen und der Entscheidung ungeprüft zugrunde zu legen sei. Bei der Beurteilung einer anderen (strittigen) Tatsache könne das Gericht aber durch dieses Beweisthemenverbot nicht in der durch § 272 ZPO festgelegten freien Beweiswürdigung beeinträchtigt werden. Im vorliegenden Fall hätten von Anfang an größte Zweifel daran bestanden, daß die Erstbeklagte das Beklagtenfahrzeug zum Unfallszeitpunkt tatsächlich lenkte. Der Zeuge S*****, der auch vor dem Berufungsgericht einen sehr glaubwürdigen und verläßlichen Eindruck gemacht habe, habe nämlich angegeben, er habe eindeutig erkennen können, daß am Fahrersitz ein Mann und am Beifahrersitz eine Frau saß, die Dame mit den blonden Haaren sei rechts auf der Beifahrerseite und der Mann auf der linken Seite ausgestiegen. Die Frage, ob sich der Zeuge S***** hinsichtlich dieser Umstände irrte oder ob die Erstbeklagte und der Zeuge A***** (Mitfahrer im PKW des Zweitbeklagten) gelogen haben, stehe in untrennbarem Zusammenhang mit der Beweiswürdigung zur Frage, ob das Beklagtenfahrzeug vor dem Abbiegemanöver zur Fahrbahnmitte hin eingeordnet wurde. Hätten nämlich die Erstbeklagten und der Zeuge A***** in der Frage, wer das Fahrzeug lenkte, gelogen, so sei damit zwangsläufig auch ihre Unglaubwürdigkeit in anderen Bereichen verbunden. Anderseits wäre es praktisch undenkbar, der Darstellung des Zeugen S***** hinsichtlich der Fahrlinie des Beklagtenfahrzeuges zu folgen, wenn tatsächlich die Erstbeklagte das Fahrzeug lenkte. Unter Würdigung der verschiedenen Aussagen (auch) zur Frage, wer das Fahrzeug lenkte, kam das Berufungsgericht zur Ansicht, es sei der Aussage des Zeugen S***** zu folgen, sodaß, abweichend von den Feststellungen des Erstgerichtes, festgestellt wurde, daß eine Einordnung des Beklagtenfahrzeuges vor Beginn des Linksabbiegens zur Fahrbahnmitte hin nicht erfolgte.
In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, daß auch bei Vorhandensein nur eines Fahrstreifens derjenige, der nach links einzubiegen beabsichtige, möglichst nahe an die Fahrbahnmitte heranzufahren habe. Das Einordnen zur Straßenmitte vor dem Linksabbiegen habe nicht nur den Zweck, das Rechtsüberholen zu ermöglichen, sondern auch den, die Abbiegeabsicht zu verdeutlichen. Ein Kfz-Lenker, der das Einordnen unterlasse, sei zu erhöhter Vorsicht und einen "zweiten Blick in den Rückspiegel" verpflichtet, auch wenn er die beabsichtigte Fahrtrichtungsänderung ansonst korrekt angezeigt habe. Sei auf Grund zu geringer Fahrbahnbreite ein Einordnen zur Straßenmitte nicht möglich, bestehe jedenfalls die Verpflichtung zu einem zusätzlichen Kontrollblick nach hinten unmittelbar vor dem beabsichtigten Linksabbiegemanöver.
Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, daß ein Blick in den Rückspiegel unmittelbar vor Abbiegebeginn nicht erfolgte und der Lenker des Beklagtenfahrzeuges durch einen solchen zweiten Blick in den Rückspiegel den Unfall hätte vermeiden können. Der Lenker des Beklagtenfahrzeuges wäre zu einem derartigen Blick aber verpflichtet gewesen, weil das Fahrzeug vor dem Abbiegemanöver nicht zur Mitte eingeordnet wurde. Auch die im Annäherungsbereich an die Unfallstelle vorhandene Sperrlinie ändere an dieser Verpflichtung nichts. Der Vertrauensgrundsatz komme nämlich demjenigen nicht zugute, der es selbst an der erforderlichen Sorgfalt im Straßenverkehr fehlen lasse. Ein Mitverschulden des Geschädigten entschuldige den Täter nicht. Der selbst sorgfaltswidrig handelnde Lenker des Beklagtenfahrzeuges hätte daher trotz der vorhandenen Sperrlinie nicht darauf vertrauen dürfe, daß er nicht überholt werde.
Der aufgezeigte Verstoß des Lenkers des Beklagtenfahrzeuges gegen §§ 11 Abs 1 und 12 Abs 1 StVO begründe ein Mitverschulden von einem Viertel.
Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil es zur Frage, ob das Gericht durch eine außerstreitgestellte Tatsache auch bei der Beweiswürdigung zu einer anderen (strittigen) Tatsache gebunden sei, wenn es gegen die Richtigkeit der Außerstreitstellung erhebliche Bedenken habe, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gebe.
Dagegen richtet sich die Revision der beklagten Parteien wegen Nichtigkeit und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der beklagten Parteien keine Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Eine Nichtigkeit des Berufungsverfahrens erblicken die Beklagten darin, daß das Berufungsgericht von der in Rechtskraft erwachsenen Tatsachenfeststellung des Erstgerichtes, wonach die Erstbeklagte Lenkerin des Beklagtenfahrzeuges war, abgewichen sei.
Dieser Nichtigkeitsgrund ist nicht gegeben, weil Tatsachenfeststellungen des Gerichtes, die es zur Gewinnung des für die Subsumtion erforderlichen Tatbestandes benötigt, nicht in Rechtskraft erwachsen (JBl 1984, 489 mwN).
Sowohl unter den Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens als auch unter jenem der unrichtigen rechtlichen Beurteilung machen die Beklagten geltend, es habe eine Bindung an die zugestandene Tatsache, daß die Erstbeklagte das Fahrzeug lenkte, bestanden. Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht sei das Gericht auch bei der Beurteilung anderer strittiger Tatsachen sowie bei deren Beweiswürdigung an die bereits als wahr angenommenen Tatsachen gebunden. Jede andere Auffassung würde gegen § 266 Abs 1 ZPO verstoßen, wonach zugestandene Tatsachen als wahr anzunehmen und der Entscheidung ohne nähere Begründung zugrundezulegen seien. Einer jener Ausnahmefälle, in denen eine Bindung an eine zugestandene Tatsache verneint werde, sei hier nicht gegeben; es könne keine Rede davon sein, daß die Unrichtigkeit des Geständnisses eindeutig bzw. offenkundig erwiesen sei.
Aber auch unter Zugrundelegung der Feststellungen des Berufungsgerichtes sei dessen rechtliche Beurteilung verfehlt. Die Erstbeklagte habe durch das rechtzeitige Betätigen des Blinkers und die deutlich wahrnehmbare Geschwindigkeitsreduzierung die geplante Abbiegeabsicht für den nachfolgenden Verkehr unmißverständlich angezeigt. Auf Grund der im Bereich der Kollisionsstelle vorhandenen Sperrlinie habe sie mit einem Überholvorgang nachkommender Verkehrsteilnehmer nicht rechnen müssen, zufolge der klar gezeigten Abbiegeabsicht sei sie zu einem weiteren Blick in den Rückspiegel auch nicht mehr verpflichtet gewesen. Der Erstbeklagten könne daher keinerlei Verstoß gegen die Bestimmung des § 12 Abs 1 StVO zur Last gelegt werden.
Jedenfalls aber sei ein Sorgfaltsverstoß der Erstbeklagten so geringfügig, daß er gegenüber dem schweren Verschulden des Klägers vernachlässigt werden könne.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 266 Abs 1 ZPO bedürfen in Rechtsstreitigkeiten, die nicht vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht werden, die von einer Partei behaupteten Tatsachen insoweit keines Beweises als sie vom Gegner in einem vorbereitenden Schriftsatze, im Laufe des Rechtsstreites bei einer mündlichen Verhandlung oder in einem Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters ausdrücklich zugestanden werden. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind ausdrücklich zugestandene Tatsachen grundsätzlich - die von der Judikatur entwickelten Ausnahmen liegen hier nicht vor - als wahr anzunehmen und der Entscheidung ungeprüft zugrundezulegen. Das gerichtliche Geständnis bindet grundsätzlich das Gericht an die zugestandenen Tatsachen und schafft bezüglich dieser Tatsachen ein Beweisthemenverbot (JBl 1990, 590 mwN). Diese Rechtsprechung wird von der herrschenden Lehre abgelehnt und die Ansicht vertreten, ob zugestandene Tatsachen keines (anderen) Beweises bedürften, sei stets nach den Ergebnissen der gesamten Verhandlung (§ 272 ZPO) zu beurteilen. Im Falle eines ausdrücklichen Geständnisses werde es dabei im Regelfall sein Bewenden haben. Habe aber der Richter Grund, selbst an einem ausdrücklichen Geständnis zu zweifeln, dann könne er auch zusätzliche Beweise aufnehmen (Rechberger, Das Dogma von der Bindungswirkung des Geständnisses, NZ 1991, 69 der auch die übrigen Lehrmeinungen wiedergibt). Die Frage, ob die Judikatur im Hinblick auf die gewichtigen gegenteiligen Argumente der Lehre aufrecht zu erhalten ist, braucht im vorliegenden Fall aber nicht beurteilt zu werden, weil - wie folgend noch darzulegen sein wird - aus anderen Gründen eine Bindungswirkung zu verneinen ist. Aus diesem Grunde ist auch auf die Frage, ob eine von einem Geständnis abweichende Tatsachenfeststellung überhaupt mit Revision bekämpft werden kann (gegenteilig Fasching, III, 244; diese Frage offenlassend 5 Ob 683/82, zum Teil veröffentlicht in MietSlg 34.759) nicht einzugehen. Im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung bewirkt das Geständnis nämlich, daß die ausdrücklich zugestandene Tatsache der Entscheidung ungeprüft zugrundezulegen ist. Dies ist im vorliegenden Fall aber auch geschehen, weil die Haftung der Erstbeklagten auf Grund ihrer Eigenschaft als Lenkerin des Fahrzeuges bejaht wurde. Das Berufungsgericht hat aber die Frage, wer das Fahrzeug gelenkt hat, lediglich deshalb neuerlich geprüft, um Anhaltspunkte für oder gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen A***** und S***** und jene der Erstbeklagten zu gewinnen, um auf diese Weise Feststellungen über den Hergang des Unfalles treffen zu können. Beweisthema war daher nicht die Frage, wer das Fahrzeug gelenkt hat, sondern, wie sich der Unfall ereignete, also ob das Fahrzeug des Zweitbeklagten vor dem Abbiegemanöver zur Fahrbahnmitte hin eingeordnet wurde. Es würde nun dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung widersprechen, es der Tatsacheninstanz praktisch zu verwehren, auf Grund des Geständnisses, daß die Erstbeklagte das Fahrzeug lenkte, Beweise über das Fahrverhalten aufzunehmen und sich dabei eine möglichst breite Grundlage für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der beteiligten Personen zu verschaffen. Das eigentliche Beweisthema der Beweiswiederholung des Berufungsgerichtes war die Frage, ob das Fahrzeug vor dem Unfall links eingeordnet wurde, nicht aber jene, wer das Fahrzeug lenkte, sodaß eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens zu verneinen und die vom Berufungsgericht getroffene Feststellung der Entscheidung zugrundezulegen ist.
Zutreffend erweist sich aber auch die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes in der Frage des Mitverschuldens. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Lenker eines Kfz, der seine Absicht, nach links abzubiegen, rechtzeitig angezeigt (§ 11 Abs 2 StVO) und, nachdem er sich davon überzeugte, daß niemand zum Überholen ansetzt, sein Fahrzeug ordnungsgemäß eingeordnet hat (§ 12 Abs 1 StVO), nicht verpflichtet, unmittelbar vor dem Abbiegen nach links noch einmal den Nachfolgeverkehr zu beobachten. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn besondere Gründe den Linksabbieger eine Gefahr erkennen lassen und damit besondere Vorsicht erforderlich machen. Ob die Unterlassung eines weiteren Rückblicks unmittelbar vor dem Linksabbiegen ein Verschulden begründet, hängt letztlich von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Dann, wenn ein Fahrzeuglenker ein beabsichtigtes Linksabbiegemanöver nur durch Betätigung des Blinkers, jedoch nicht zusätzlich durch ein für den nachfolgenden Verkehr auffälliges Einordnen zur Fahrbahnmitte anzeigt, besteht für ihn eine Verkehrssituation, die ihn zu besonderer Vorsicht verpflichtet und einen Rückblick unmittelbar vor Beginn des Linksabbiegens erforderlich macht (ZVR 1989/195). Zutreffend ist daher das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Lenker des Beklagtenfahrzeuges verpflichtet gewesen wäre, vor dem Linksabbiegen einen weiteren Blick in den Rückspiegel zu machen. Daß auf diese Weise der Unfall hätte vermieden werden können, wurde vom Erstgericht festgestellt. Da somit ein vorschriftswidriges Verhalten des Fahrzeuglenkers vorliegt, können sich die Beklagten auch nicht darauf berufen, der Fahrzeuglenker habe darauf vertrauen können, es werde niemand vorschriftswidrig überholen (ZVR 1991/76).
Richtig ist zwar, daß bei schwerwiegendem Verschulden eines Beteiligten ein geringfügiges Verschulden eines anderen Beteiligten zu vernachlässigen ist (Aparthy, Kommz EKHG, Rz 34 zu § 11), doch kann die Unterlassung des weiteren Rückblickes beim Abbiegen nicht gänzlich vernachlässigt werden; vielmehr erscheint nach Ansicht des erkennenden Senates die vom Berufungsgericht vorgenommene Schadensaufteilung angemessen (vgl hiezu Aparthy, aaO, Rz 86 zu § 11).
Aus den angeführten Gründen war somit der Revision der Beklagten ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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