Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Adalbert R***** des Verbrechens des versuchten räuberischen Diebstahls nach §§ 15, 127, 131 StGB (A I 1) und (verfehlt, allerdings nicht zu seinem Nachteil; su) des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 (A I 2), ferner der Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB (A II), der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB (A III), des Betruges nach § 146 StGB (B I) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (B II) schuldig erkannt.
Darnach hat er - zusammengefaßt wiedergegeben - in Wr.Neustadt und andernorts
(zu A) am 19.Februar 1996
(I) fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung wegzunehmen versucht, indem er die Kassen von Selbstbedienungsläden mit unter seiner Kleidung verborgenen Waren ohne deren Bezahlung zu passieren trachtete, und zwar
(1) der Firma B***** AG Mannerwürfel und ein(e Flasche) Duschbad im Wert von (insgesamt) 61,80 S, wobei er, beim Diebstahl auf frischer Tat betreten, dadurch, daß er Anita W*****, Yavuz Ko***** und Jovan N***** zur Seite stieß sowie auf sie einzuschlagen trachtete, Gewalt gegen Personen anwendete, um sich die weggenommenen Mannerwürfel zu erhalten;
(2) dem M*****-Markt 1 Flasche Wodka, 1 After-Shave und Süßigkeiten im Wert von (insgesamt) 161,70 S;
(II) die Sicherheitswachebeamten Franz Bu***** und Johann Kl***** mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich seiner Durchsuchung nach Diebsgut sowie der Feststellung seiner Generalien im Zusammenhang mit der zu A I 1 bezeichneten Straftat, durch Umsichtreten bzw Versetzen von Tritten zu hindern versucht;
(III) (in eintätigem Zusammentreffen mit der zu A II geschilderten Tat) Beamte während der Erfüllung ihrer Pflichten vorsätzlich am Körper verletzt, wobei beide Sicherheitswacheorgane Schwellungen im Bereich des jeweils rechten Kniegelenks, Franz Bu***** zudem Rötungen und eine leichte Erosion, Johann Kl***** eine Prellung in diesem Bereich erlitten;
(zu B I) zwischen dem 12. und 19.Dezember 1995 die Hotelinhaberin Christine Ke***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Auftreten als zahlungsfähiger und -williger Gast, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zur Gewährung von Quartier verleitet, wodurch die Genannte an ihrem Vermögen im Betrag von 3.754 S geschädigt wurde;
(zu B II) am 17.Dezember 1995 Rosa H***** durch Schläge und Würgen, wodurch die Genannte einen Bluterguß am linken Augenlid sowie Rötungen im Bereich der linken Gesichtshälfte und am Hals erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft (nur) die Schuldsprüche wegen der Fakten A I-III mit einer auf die Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Anzumerken ist vorerst, daß das Erstgericht - unter Mißachtung des in § 29 StGB normierten Zusammenrechnungsprinzips - die beiden Diebstähle (A I 1 und A I 2) im Tenor irrig nicht als einheitliches Verbrechen des versuchten räuberischen Diebstahls nach §§ 15, 127, 131 StGB erfaßt, sondern getrennt beurteilt hat (US 4). Diese - von der Beschwerde nicht gerügte - unrichtige Beurteilung begründet nach Lage des Falles jedoch keine dem Beschwerdeführer zum Nachteil gereichende Urteilsnichtigkeit (Z 10), weil die fehlerhafte Aufspaltung der beiden Diebstähle weder zur Verurteilung wegen eines strafbaren Verhaltens mit qualitativ höherem Unrechtsgehalt als bei rechtsrichtiger Subsumtion geführt noch in den Strafzumessungsgründen (US 16) für den Angeklagten nachteilige Auswirkungen gezeitigt hat, sodaß es einer Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO nicht bedarf (siehe SSt 59/74; 15 Os 141/87; 13 Os 19/88).
Die gegen die Qualifikation nach § 131 StGB aus tatsächlicher (Z 5) und rechtlicher Sicht (Z 10) erhobenen Einwände schlagen nicht durch.
In der Mängelrüge (Z 5) übergeht die Beschwerde einerseits wesentliche Entscheidungsprämissen mit Stillschweigen, andererseits vermag sie keine formalen Begründungsfehler darzutun; vielmehr unterzieht sie die im kollegialgerichtlichen Verfahren mit dem relevierten Nichtigkeitsgrund nicht anfechtbare Beweiswürdigung einer unzulässigen Kritik. Der - punktuell auf die Feststellung des "Aufreibens" gegen die Tatopfer (US 8, 13) bezogene - Einwand vernachlässigt jene vom Erstgericht für glaubwürdig erachteten und mit den Bekundungen des später hinzugekommenen Zeugen N***** (153 ff) durchaus im Einklang stehenden Angaben der Zeugin Anita W***** (229, 233), wonach er die Filialleiterin Anita W***** sowie den Lehrling Yavuz Ko***** beim Versuch, "sich loszureissen", mehrmals zur Seite stieß, um von ihnen loszukommen. Zwischen dieser Schilderung und der vom Beschwerdeführer isoliert (und damit sinnentkleidet) betrachteten Passage der Aussage der Zeugin Anita W***** in der Hauptverhandlung am 4.Juni 1996, wonach er weder "hingeschlagen noch aufgerieben" habe (abermals 229), besteht kein erörterungsbedürftiger Widerspruch; vielmehr bringt die Zeugin nur ihre (von der Aussage des N***** abweichende) Auffassung über die treffendste Bezeichnung der Tätlichkeiten des Angeklagten zum Ausdruck, beantwortet sohin eine Formulierungsfrage (vgl 230). Demnach ist das Erstgericht seiner Begründungspflicht hinsichtlich der Gewaltanwendung hinlänglich nachgekommen.
Die Subsumtionsrüge (Z 10), in welcher sich der Angeklagte gegen die Qualifikation nach § 131 StGB mit der Behauptung wendet, das festgestellte Tatmittel - mehrmaliges Wegstoßen der Opfer bzw Ausholen zum Schlag - habe die für die Unterstellung unter den Gewaltbegriff erforderliche Erheblichkeitsschwelle nicht erreicht, geht gleichfalls fehl.
Unter "Gewalt" im Sinne des § 131 StGB fällt nämlich jeder (nicht ganz unerhebliche) Einsatz physischer Kraft zur Überwindung eines wirklichen oder vermeintlichen, auf die Aufhebung des (Mit-)Gewahrsams des Diebes abzielender Widerstand, wobei eine besondere körperliche Kraftanwendung nicht erforderlich ist, sofern dem Körpereinsatz nur an sich (in abstracto) die Eignung zukommt, dem Täter - wenn auch nur vorläufig - zumindest den Mitgewahrsam an der Beute zu erhalten (vgl swN Leukauf/Steininger Komm3 § 131 RN 8; EvBl 191/12 = JBl 1990/670; 13 Os 67/93; 15 Os 52/95 ua). Die Eignung der Vorgangsweise des Angeklagten gegen die Marktangestellten (bzw Jovan N*****) als Mittel, sich den Mitgewahrsam am Diebsgut wenigstens vorläufig zu erhalten, ergibt sich vorliegend schon daraus, daß dem Beschwerdeführer das Diebsgut erst durch die in der Folge herbeigerufenen (vom Angeklagten gleichfalls tätlich bekämpften) Sicherheitsbeamten abgenommen werden konnte. Das konstatierte wiederholte Zurseitestoßen der beiden die Rückerlangung der Ware anstrebenden Kaufhausbediensteten iVm dem Ausholen zum Schlag (auch) gegen den hinzutretenden Jovan N***** stellt daher eine Gewaltanwendung im Sinne der in Rede stehenden Gesetzesstelle dar, sodaß dem Urteil der reklamierte Subsumtionsirrtum nicht anhaftet.
Soweit der Angeklagte ferner unter Behauptung von Feststellungsmängeln Überlegungen zur Frage der Ursachen für das (kurzfristige) Gelingen seiner Flucht anstellt, verläßt er den Boden des maßgeblichen Urteilssachverhaltes, der für einen von seinem Krafteinsatz unabhängigen Verzicht der Opfer auf Wiedererlangung der weggenommenen Sache keine Interpretationsmöglichkeit offen läßt (US 8 f).
Gegen die Annahme seiner Absicht (§ 5 Abs 2 StGB), sich durch die Gewaltanwendung die Beute (im Sinne von Mitgewahrsam) zu erhalten, führt der Angeklagte der Sache nach ins Treffen, es sei nach den Beweisergebnissen nicht auszuschließen, daß es ihm beim inkriminierten Wegstoßen ausschließlich um seine Flucht gegangen sei. Bei diesem Vorbringen negiert der Beschwerdeführer jedoch aus der Sicht des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes (Z 10) die unmißverständlichen Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite (US 8, 15); er vermag aber auch keinen formalen Mangel (Z 5) darzutun, sondern bekämpft nur erneut die Würdigung der Verfahrensresultate nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung mit dem (bloßen) Hinweis auf die Möglichkeit, daß die Tatrichter aufgrund der Beweislage auch zu anderen, für ihn günstigeren Tatsachenfeststellungen hätten gelangen können.
Dem Angeklagten kann auch nicht gefolgt werden, soweit er in der gegen beide Diebstahlsschuldsprüche (A I 1 und A I 2) gerichteten Rechtsrüge (Z 10 - der Sache nach Z 9 lit a, aber auch Z 5) aus der Konstatierung des in einer Mutprobe (als Ergebnis einer mit einem Zechkumpanen abgeschlossenen Wette) gelegenen Tatmotivs (US 7) die erstrichterlichen Annahmen über das Vorliegen des Bereicherungsvorsatzes mit der hypothetischen (und auf einer unzulässigen Neuerung beruhenden) Behauptung eines auf Rückgabe der Waren gerichteten Vorhabens in Frage zu stellen sucht; diese Argumentation zielt - erneut unter Vernachlässigung der wesentlichen Tatsachenfeststellungen zur subjektiven Tatseite (US 7 f) - darauf ab, den vom Schöffensenat aus dem äußeren Tatgeschehen empirisch einwandfrei und denklogisch abgeleiteten Schlußfolgerungen auf die subjektiven Komponenten (US 11 f) eine konträre Würdigungsvariante gegenüberzustellen. Für die in diesem Zusammenhang - abermals mit spekulativen Erwägungen angestrebte - Subsumtion des Sachverhalts unter den Tatbestand der dauernden Sachentziehung (nach § 135 StGB) verbleibt sohin weder nach den Urteilsannahmen noch nach der Aktenlage Raum.
Der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch A II (Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt gemäß §§ 15, 269 Abs 1 StGB) zuwider bestand angesichts der Urteilsannahme des beim Angeklagten vorhandenen tatbestandsspezifischen Vorsatzes (US 9) zu Feststellungen in Richtung eines diesen Vorsatz ausschließenden Tatbildirrtums (dahin, daß der Angeklagte die angegriffenen Sicherheitswacheorgane zufolge seiner Alkoholbeeinträchtigung nicht als Beamte erkannte) kein Anlaß. Da sich der Nichtigkeitswerber im Rahmen seiner Verantwortung zwar auf mangelndes Erinnerungsvermögen bezüglich des Tatherganges berufen, das Bewußtwerden der Androhung der Festnahme durch die intervenierenden Polizeibeamten aber schließlich ausdrücklich zugestanden hat (137, 138), war das Erstgericht im Zusammenhalt mit den übrigen Verfahrensergebnissen (insbesondere den Angaben der betroffenen Polizeibeamten - 114, 116, 142 ff, 149 f, 152) auch nicht verhalten, die Irrtumsfrage bei Begründung der erwähnten Urteilsannahmen näher zu erörtern; sohin liegt auch der insoweit (inhaltlich) behauptete Begründungsmangel (Z 5) nicht vor.
Insoweit der Beschwerdeführer schließlich bezüglich des (in echter Konkurrenz mit dem Tatbestand nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB - A II - verwirklichten) Faktums A III (Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB) unter dem Prätext von Feststellungs- und Begründungsmängeln (Z 10, sachlich auch Z 5) die Annahme der Vorsatzkomponenten rügt und eine Verurteilung (bloß) wegen fahrlässiger Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB reklamiert, negiert er (unter dem Aspekt der Rechtsrüge) wieder den maßgeblichen Urteilssachverhalt, demzufolge die subjektiven Kriterien in Form des (hier ausreichenden) dolus eventualis (§ 5 Abs 1 StGB) durch die Konstatierung des (über das "Sichabfinden" hinausgehenden - vgl Mayerhofer/Rieder StGB4 § 5 E 18 b) "billigenden Inkaufnehmens" des Verletzungserfolges klar zum Ausdruck gebracht wurden (US 9, 14). Inwiefern dem Schöffensenat durch den (zulässigen) Hinweis auf die (in Ansehung der inneren Tatbestandserfordernisse gleichgelagerten) Überlegungen - in US 11 - zum Faktum B II (Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB zum Nachteil der Rosa H*****) ein formeller Mangel des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (Z 5) unterlaufen sein soll, wird in der Beschwerde nicht nachvollziehbar dargelegt.
Soweit sich die Nichtigkeitsbeschwerde inhaltlich des (auf gänzliche Urteilsaufhebung abzielenden) Rechtsmittelantrages auch auf die übrigen Schuldsprüche (B I und II) bezieht, entbehrt sie mangels jeglicher Substantiierung der prozeßordnungsgemäßen Darstellung und ist solcherart einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich (§§ 285 Abs 1, 285 a Z 2 StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach §§ 28, 131 StGB unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes Wr.Neustadt vom 23.Februar 1996, AZ 5 U 2629/95, eine Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und drei Monaten.
Dabei wertete es als erschwerend den überaus raschen Rückfall, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art und die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, "die weit über die Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 StGB hinausgehen"; als mildernd berücksichtigte es den Beitrag zur Wahrheitsfindung und daß es teilweise beim Versuch geblieben ist.
Weiters widerrief es gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO, § 53 Abs 1 StGB, die mit Beschluß des Landesgerichtes Wr.Neustadt vom 20.Juni 1995 zum AZ 45 BE 534/95 gewährte bedingte Entlassung hinsichtlich eines Strafrestes von vier Monaten Freiheitsstrafe.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.
Die Berufung ist nicht im Recht.
Das Schöffengericht hat die Strafbemessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig erfaßt und ihrem Gehalt entsprechend gewürdigt. Der Angeklagte vermag demgegenüber vom Erstgericht nicht berücksichtigte Umstände mildernder Natur nicht darzutun. Entgegen seiner Ansicht kann von einem geringen sozialen Störwert des versuchten räuberischen Diebstahls im Hinblick auf die gegen mehrere Personen gerichtete Bedrohung bzw Gewaltanwendung nicht gesprochen werden. Soweit er mit seinem Vorbringen eine andere Gewichtung der Strafbemessungsgründe anstrebt, zeigt eine Gesamtschau, daß das Erstgericht eine dem sich in verschiedenen Tathandlungen dokumentierenden Aggressionspotential des Täters als auch der wiederholt und im Rückfall deklarierten ablehnenden Einstellung gegen Eigentumswerte und damit seinem nicht unerheblichen Verschulden, aber auch dem Unrechtsgehalt der Taten Rechnung tragende, somit keineswegs reduktionsbedürftige Sanktion verhängt hat.
Schließlich steht auch der erstgerichtliche Beschluß auf Widerruf der bedingten Entlassung mit dem Gesetz im Einklang. Der gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO auch als Beschwerde dagegen zu betrachtenden Berufung des Angeklagten mußte daher ebenfalls ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
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