OGH 1Ob2168/96x

OGH1Ob2168/96x3.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael N*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Berger, Dr.Christine Kolbitsch, Dr.Heinrich Vana und Dr.Gabriele Vana‑Kowarzik, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Heinrich K*****, vertreten durch Dr.Helmut Meindl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 470.400 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichts vom 15.April 1996, GZ 13 R 173/95‑15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 21.Mai 1995, GZ 13 Cg 131/94‑11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger betreibt gemeinsam mit einem Partner ein Büro für Genealogie. Er stellte, ohne damit beauftragt zu sein, Ermittlungen darüber an, ob es nach der am 23.6.1978 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorbenen Leopoldine G***** gesetzliche Erben gebe. Der Nachlaß nach der Verstorbenen war, zumal gesetzliche Erben nicht bekannt waren, im Jahre 1981 gemäß § 130 AußStrG für erblos erklärt und der Republik Österreich übergeben worden.

Der Kläger begehrte vom Beklagten den Betrag von S 470.400 als angemessene Entlohnung für die Ausforschung des Beklagten als gesetzlichen Erben nach der Verstorbenen, weil er als Geschäftsführer ohne Auftrag zum „überwiegenden und klaren“ Vorteil des Beklagten tätig geworden sei. Während der ebenfalls als Erbe ausgeforschte Bruder des Beklagten die Bezahlung eines Honorars in der Höhe von 20 % des Wertes des ihm zukommenden Nachlasses (vor Abzug der Erbschaftssteuer) zugesagt habe, habe sich der Beklagte geweigert, eine gleichlautende Vereinbarung zu treffen. Die angemessene und regelmäßig vereinbarte Entlohnung für die Tätigkeit des Klägers betrage 20 % des auf den Beklagten entfallenden Anteils an der Verlassenschaft. Die Republik Österreich habe dem Beklagten S 1,960.000 herausgegeben, sodaß das Honorar des Klägers zuzüglich Umsatzsteuer den geforderten Betrag ergebe. Im Laufe des Verfahrens brachte der Kläger noch vor, daß sich die dem Beklagten zugeflossene Erbschaft sogar auf mehr als 3 Mio S belaufen habe, weshalb ihm grundsätzlich sogar ein höheres Honorar zustünde. Er stütze sein Begehren auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere auch auf den der Bereicherung.

Der Beklagte wendete ein, da der Kläger lediglich seinen Bruder als Erben ausgeforscht habe, habe er nur Anspruch auf Ersatz der auf seine Tätigkeit entfallenden Kosten; diesbezüglich sei keine Aufschlüsselung erfolgt. Im übrigen seien diese Kosten durch die Bezahlung des Honorars, zu welchem sich der Bruder des Beklagten verpflichtet habe, bei weitem abgedeckt. Da der Kläger gemeinsam mit einem Partner das Büro für Genealogie betreibe, sei er zur Klage nicht allein legitimiert.

Der Kläger hielt den Einwendungen des Beklagten entgegen, lediglich er sei als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig geworden. Sofern seinem Partner Ansprüche gegen den Beklagten zustünden, sei eine Forderungsabtretung erfolgt. Er habe zunächst den Bruder des Beklagten als gesetzlichen Erben ermittelt und von diesem den Beklagten als weiteren Erben erfragt. Für die Höhe der begehrten Entlohnung sei nicht der Zeitaufwand für die Tätigkeit des Klägers entscheidend, sondern daß er aufgrund seiner besonderen Kenntnisse und Erfahrung durch seine ‑ näher bezeichneten ‑ Recherchen die Erben ausgeforscht habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte fest, der Reinnachlaß nach der Erblasserin habe S 3,450.893,30 betragen. Daraus habe sich ein Heimfallsbetrag von S 3,304.477,46 ergeben. Das „Büro“ des Klägers und seines Partners verrechne „normal“ 20 % des Reinnachlasses als Honorar. Im Zuge der Unterfertigung der Honorarvereinbarung durch den Bruder des Beklagten sei von diesem erklärt worden, er habe noch einen Bruder; er habe dem Kläger dessen Adresse mitgeteilt. Sowohl der Beklagte wie auch sein Bruder hätten „von der Republik Österreich den heimgefallenen Nachlaß zurückgefordert und eine Entschädigungssumme erhalten“. Der Beklagte habe die Tätigkeit des Klägers nie „ausdrücklich nachträglich“ genehmigt. Der Partner des Klägers habe „seine Anteile“ an dem vorliegenden Ausforschungsfall mündlich an den Kläger abgetreten.

Rechtlich meinte das Erstgericht, der Kläger sei als nützlicher Geschäftsführer gemäß § 1037 ABGB zum klaren überwiegenden Vorteil des Beklagten tätig geworden. Es gebühre ihm lediglich ein mit dem Ersatz seiner Aufwendungen „gleichbedeutender“ Kostenersatz. Trotz Aufforderung durch das Gericht habe der Kläger nicht aufgeschlüsselt, welche Tätigkeiten von ihm ausgeführt worden seien, wieviele Stunden er hiefür aufgewendet und wer die Leistungen erbracht habe bzw wie hoch die Barauslagen gewesen seien. Es sei daher nicht möglich, die Kostenersatzansprüche des Klägers nachzuvollziehen.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Kläger sei der gerichtlichen Aufforderung, ein detailliertes Vorbringen über die von ihm für den Beklagten erbrachten Leistungen zu erstatten, nicht nachgekommen. Demnach habe das Gericht erster Instanz zu Recht die Zuziehung eines Sachverständigen zwecks Feststellung einer angemessenen Entlohnung für den zum Nutzen des Beklagten erbrachten Aufwand des Klägers unterlassen. Der Honoraranspruch des Klägers sei schon deshalb nicht berechtigt, weil der Name des Beklagten ohne darauf gerichtete Nachforschungstätigkeit des Klägers gesprächsweise von dessen Bruder mitgeteilt worden sei. Der Begriff der Kosten des § 1037 ABGB sei zwar nicht auf Barauslagen einzuschränken, weil dem „beruflichen“ Geschäftsführer ohne Auftrag auch ein Anspruch auf Entlohnung zukomme. Für einen solchen Anspruch werde aber „eine genaue Kalkulationsgrundlage für Auslagen und Mühewaltung“ gefordert. Der Kläger habe eine ziffernmäßige Aufschlüsselung seines Arbeitseinsatzes unterlassen und damit auch die Beantwortung der Frage verhindert, wie sich sein Arbeitsaufwand auf die beiden als Erben festgestellten Brüder ausgewirkt habe und in welchem Umfang durch die Zahlung des Bruders des Beklagten bereits eine Abgeltung des Aufwands des Klägers erfolgt sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Ersatz seines von ihm getätigten, für den Beklagten nützlichen Aufwands gemäß § 1037 ABGB in Anspruch. Daß er bei Vornahme der Aufwendungen zugleich auch eigene Interessen verfolgte, steht seinem Ersatzanspruch nicht entgegen (Rummel in Rummel, ABGB2 § 1035 Rz 5 mwN aus der Rechtsprechung). Wurde der Kläger ‑ was hier unstrittig der Fall ist ‑ als Geschäftsführer ohne Auftrag im Rahmen seines Berufs oder Gewerbes tätig, und geschah der Aufwand zum überwiegenden Vorteil des Beklagten, steht ihm auch eine Entlohnung für Mühewaltung zu (8 Ob 513/86; SZ 57/167; JBl 1984, 256; SZ 54/176; SZ 51/7; SZ 47/98; EvBl 1968/39; Stanzl in Klang IV/12 898 f, 904; Apathy in Schwimann, ABGB, Rz 4 zu § 1040; Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 192 ff). Daß die hier in Rede stehende Tätigkeit des Klägers auch im Interesse des Beklagten erfolgte, kann nicht zweifelhaft sein, auch wenn er erst am Ende seiner Nachforschungen und über Mitteilung des Bruders des Beklagten auf diesen als Erbberechtigten stieß. Bei der nützlichen Geschäftsführung ohne Auftrag, die im Rahmen eines Gewerbes des Geschäftsführers ausgeübt wird, spricht die Vermutung für anderweitigen Erwerbsentgang, so daß im Ergebnis praktisch Entlohnung geschuldet wird (Rummel aaO, § 1036, Rz 4, § 1037 Rz 5). Die Judikatur hat sich, soweit es um die Honorierung der Arbeitskraft bei der Geschäftsführung ohne Auftrag geht, zunehmend in Richtung eines Entlohnungsanspruchs „verschoben“ (Meissel aaO 192). Daraus folgt, daß dem Kläger eine Entlohnung in dem Ausmaß gebührt, wie er sie aufgrund der Ausübung seines Berufs erhielte.

Wohl hat der Kläger konkrete Tatsachenbehauptungen aufzustellen, welche Tätigkeiten (Aufwendungen) er entfaltete (8 Ob 513/86), dieser Behauptungslast hat er indes entgegen der Ansicht des Beklagten und der Vorinstanzen ohnehin entsprochen, indem er den Umfang seiner Tätigkeit beschrieben hat (siehe Seite 3 des Schriftsatzes vom 12.12.1994 = AS 53). Eine Aufschlüsselung nach geleisteten Arbeitsstunden ist dann nicht nötig, wenn Genealogen ‑ wie vom Kläger behauptet ‑ üblicherweise (also nach der Verkehrsübung) nach bestimmten Prozentsätzen des Wertes, der dem durch die Tätigkeit Begünstigten zukommt, entlohnt werden. Es ist allerdings Sache des Klägers, einen entsprechenden Beweis für diese Verkehrsübung zu erbringen. Die Vorinstanzen haben aufgrund ihrer unrichtigen Rechtsansicht, Behauptungen über den vom Kläger erbrachten Zeitaufwand seien jedenfalls nötig, den von diesem beantragten Beweis auf Zuziehung eines Sachverständigen zur Prüfung der Angemessenheit des von ihm begehrten Betrags abgelehnt. Daher wird im fortzusetzenden Verfahren durch Vernehmung eines Sachverständigen zunächst zu klären sein, ob Genealogen nach der Verkehrsübung mit einem bestimmten Prozentsatz des dem Geschäftsherrn zukommenden Werts entlohnt werden, für den Fall der Bejahung wird dieser Prozentsatz festzustellen sein und ein entsprechender Zuspruch erfolgen müssen (vgl SZ 57/167).

Inwieweit infolge Zahlung eines Entgelts durch den Bruder des Beklagten eine Abgeltung der Leistung des Klägers erfolgt sein sollte, läßt sich erst dann beantworten, wenn die Höhe des üblicherweise für die Tätigkeit eines Genealogen bezahlten Entgelts feststeht. Bei dem in der Berufungsbeantwortung (S.3) erstatteten und in der Revisionsbeantwortung (S.3) wiederholten Vorbringen, der Beklagte habe die Hälfte der von seinem Bruder zugesagten Zahlung „übernommen“, handelt es sich um eine im Rechtsmittelverfahren unbeachtliche Neuerung; der Kläger hat im erstinstanzlichen Verfahren stets nur von einer „Zahlung seines Bruders“ gesprochen (Seite 2 der Klagebeantwortung = AS 8, Seite 2 des Schriftsatzes vom 1.6.1994 = AS 22, Seite 2 des Schriftsatzes vom 30.12.1994 = AS 58).

Soweit der Kläger sein Begehren auf den Rechtsgrund der Bereicherung stützt, ist auszuführen, daß Verwendungsansprüche im Verhältnis zu vertraglichen oder Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag subsidiär sind (ergänzende Funktion der Verwendungsklage). Der Verwendungsanspruch entfällt demnach, wenn die Vermögensverschiebung durch das Gesetz gedeckt ist, wenn also eine Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegt (JBl 1996, 48; SZ 67/79; WBl 1993, 260; SZ 49/63; SZ 47/130 ua).

In seiner Berufungs‑ bzw Revisionsbeantwortung (dort jeweils S 4) vermißt der Beklagte Feststellungen über die behauptete Zession jenes Teils des Klagsanspruchs, der dem Partner des Klägers zustehen sollte. Die Zession sei weder schriftlich erfolgt, noch sei hiefür eine Gegenleistung erbracht worden. Sie stelle eine des Notariatsakts bedürftige Schenkung dar; die Zession sei daher unwirksam. Im Verfahren erster Instanz hat der Beklagte aber nur das faktische Vorliegen einer Zession bestritten (Seite 2 des Schriftsatzes vom 1.6.1994 = AS 22), er hat vor allem kein Vorbringen dahin erstattet, daß die Zession wegen Fehlens von Formerfordernissen unwirksam sei. Dieses Vorbringen ist deshalb eine im Rechtsmittelverfahren unbeachtliche Neuerung. Daß der Partner des Klägers seine Ansprüche aus dem hier maßgeblichen Vorgang an den Kläger abgetreten hat, hat das Erstgericht ohnehin festgestellt (Seite 11 seines Urteils).

Das Erstgericht hat das Verfahren daher in diesem Sinne zu ergänzen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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