Spruch:
Der Mieter kann den Ersatz seiner nützlichen Aufwendungen für das Bestandobjekt vom Vermieter in der Regel erst dann begehren, wenn das Bestandverhältnis bereits beendet ist, denn erst dann steht fest, ob diese Aufwendungen überhaupt noch wirksam sind und daher dem Bestandgeber zum klaren und überwiegenden Vorteil gereichen können
Dem Bestandnehmer steht für die von ihm selbst verrichteten Arbeiten aus dem Rechtsgrund des § 1036 (§ 1097) ABGB nur dann eine Entlohnung für Mühewaltung zu, wenn diese von ihm berufs- oder gewerbsmäßig ausgeführt wurden
OGH 17. September 1974, 3 Ob 168/74 (LG Innsbruck 2 R 351/74; BG Kufstein C 287/72 )
Text
Der Kläger betreibt seit einigen Jahren in K einen Installationsbetrieb. Er ist Mieter einer im 1. Stock des Hauses K, Untere S Nr. 62 gelegenen, aus drei Räumen bestehenden Wohnung. Die Beklagte ist Eigentümerin dieses Hauses.
Mit seiner Klage begehrte der Kläger von der Beklagten die Bezahlung von 18.230 S samt Anhang für von ihm in deren Auftrag durchgeführte Reparaturarbeiten an der im 1. Stock dieses Hauses gelegenen Klosettanlage. Selbst ohne erteilten Auftrag habe ihm die Beklagte Ersatz zu leisten, weil es sich bei der Reparatur um notwendige Erhaltungsarbeiten gehandelt habe.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und behauptete, dem Kläger niemals einen Auftrag zur Durchführung der Reparaturarbeiten gegeben zu haben. Außerdem stelle die Klosettanlage einen Bestandteil der Wohnung des Klägers dar, so daß dieser für die Reparaturkosten selbst aufzukommen habe. Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Nach seinen Feststellungen wird das im 1. Stock des Hauses K, Untere S Nr. 62 befindliche Klosett vom Kläger und einer zweiten Mietpartei benützt. Es befand sich in einem äußerst schlechten Erhaltungszustand, weil der Bretterfußboden und die tragenden Trambalken bereits durchgefault waren, so daß Einsturzgefahr bestand. Der Kläger wandte sich daher an die beiden Geschäftsführer der Beklagten, die sich an Ort und Stelle von den Gebrechen im Klosett des 1. Stockes überzeugten und sich beim Kläger erkundigten, wie hoch sich die Reparaturkosten stellen würden. Der Kläger erwiderte ihnen, daß er hierüber nichts sagen könne, weil es sich nicht um sein Fach handle. Die beiden Geschäftsführer der Beklagten sprachen sich nicht gegen die gewünschte Reparatur aus, machten aber eine Auftragserteilung an den Kläger von der Erstattung eines Voranschlages abhängig, der vom Kläger nicht erstellt wurde.
Im späten Frühjahr 1970 führte der Kläger die erforderlichen Reparaturarbeiten im vorgenannten Klosett unter Mithilfe seines Monteurs und eines Bekannten durch. Mit Rechnung vom 4. Juni 1971 - also zirka ein Jahr nach Beendigung der Reparaturarbeiten - verlangte er von der Beklagten für die vorgenannten Arbeiten die Bezahlung von 18.230 S. Hievon entfiel nur ein Betrag von zirka 1500 S auf Installationsmaterial, während der weitaus überwiegende Teil der Rechnung Bau- und Zimmermannsarbeiten, Bretter- und Bodenbelagskosten und sonstige Baumaterialien betraf.
Das Erstgericht war der Ansicht, daß das Klosett als Bestandteil der Wohnung des Klägers zu betrachten und dieser daher für die Kosten der vorgenommenen Reparatur aufzukommen habe.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es war der Ansicht, daß der Vermieter auch zur Vornahme von Erhaltungsarbeiten in den einzelnen Wohnungen verpflichtet sei, wenn es sich um ernste Schäden des Hauses handle. Führe in einem solchen Fall der Mieter die Erhaltungsarbeiten selbst durch, so könne er Ersatz des von ihm gemachten Aufwandes gemäß § 1097 ABGB nach Maßgabe der Bestimmungen über die notwendige Geschäftsführung (§ 1036 ABGB) vom Vermieter begehren. Ob die gesamten vom Kläger verrichteten Arbeiten die Behebung ernster Schäden des Hauses K, Untere S Nr. 62 betroffen hätten, könne den erstgerichtlichen Feststellungen nicht entnommen werden. Die Rechtssache sei daher noch nicht spruchreif.
Der Oberste Gerichtshof gab dem dagegen von der Beklagten erhobenen Rekurs nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die den Bestandgeber treffende Pflicht zur Instandhaltung des Bestandobjektes (§ 1096 ABGB) ist durch die Mietengesetzgebung insofern eingeschränkt worden, als der zur Vornahme von Erhaltungsarbeiten in den einzelnen Wohn- und Geschäftsräumen nur dann verpflichtet ist, wenn diese zur Beseitigung ernster Schäden des Hauses erforderlich sind (Klang [2] V, 41 und 50. SZ 14/113). Eine auch außerhalb des Wohnungsverbandes befindliche Klosettanlage, die von mehreren Mietern benutzt wird, bildet im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes einen Bestandteil der Wohnung der betreffenden Mieter (MietSlg. 10.903). Die Instandhaltung dieser Klosettanlage obliegt daher den einzelnen sie benützenden Mietern. Nur wenn es sich um die Behebung ernster Schäden des Hauses handelt, ist der Vermieter zur Durchführung der entsprechenden Instandhaltungsarbeiten verpflichtet. Nimmt der Bestandnehmer solche dem Bestandgeber obliegende Instandhaltungsarbeiten selbst vor, so kann er von diesem im Hinblick auf die Bestimmung des § 1097 ABGB nach der Regel des § 1036 ABGB den notwendig und nützlich gemachten Aufwand ohne Rücksicht darauf ersetzt verlangen, ob dem Bestandgeber dadurch tatsächlich ein Vorteil erwachsen ist (Klang[2] V, 48). Richtig hebt daher das Berufungsgericht hervor, daß die Berechtigung des Klagsanspruches davon abhängt, ob und inwieweit die vom Kläger vorgenommenen Arbeiten zur Behebung ernster Schäden des Hauses erforderlich waren. Wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, daß der Sachverhalt in dieser Richtung noch nicht genügend geklärt erscheint, so kann dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (Fasching IV, 414; SZ 38/227; EvBl. 1970/168; RZ 1967/74 u. a.).
Ob dem Kläger auch für von ihm vorgenommene, der Beklagten nicht obliegende Instandhaltungsarbeiten an dem gegenständlichen Klosett nach §§ 1097 (1037) ABGB ein Ersatzanspruch zustehen würde, braucht nicht näher untersucht zu werden, weil ein Vorbringen in dieser Richtung nicht erstattet wurde. Außerdem kann der Mieter den Ersatz der von ihm getätigten nützlichen Aufwendungen für das Bestandobjekt vom Vermieter in der Regel erst dann begehren, wenn das Bestandverhältnis bereits beendet ist. Denn erst dann steht fest, ob vom Mieter getätigte Aufwendungen überhaupt noch wirksam sind und daher dem Bestandgeber zum klaren und überwiegenden Vorteil gereichen können.
Die Aufhebung des Ersturteils durch das Berufungsgericht war somit berechtigt. Das Erstgericht wird daher sein Verfahren in dem ihm vom Berufungsgericht aufgetragenen Umfang zu ergänzen haben. Bei seiner neuerlichen Entscheidung wird das Erstgericht zu berücksichtigen haben, daß dem Kläger für die von ihm selbst verrichteten Arbeiten nur dann eine Entlohnung für Mühewaltung zusteht, wenn diese von ihm berufs- oder gewerbsmäßig ausgeführt wurden (Klang[2] V, 49; Stanzl in Klang[2] IV/1, 898).
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