Spruch:
Eine Geschäftsführung ohne Auftrag bleibt nur solange notwendig, als ein unmittelbar bevorstehender Schaden bis zum Zeitpunkt einer möglichen Einholung der Zustimmung des Geschäftsherrn abgewendet wird
Der Anspruch auf Herausgabe des Gewinnes aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag umfaßt nicht jene Umsatzsteuerleistungen, für die ein Anspruch des Geschäftsführers auf Vorsteuerabzug bestanden hätte
OGH 26. November 1981, 7 Ob 658/81 (OLG Wien, 18 R 38/81; KG Korneuburg 2 Cg 63/80)
Text
Der Kläger begehrt die Herausgabe des Gewinnes der Beklagten aus der ohne seinen Auftrag erfolgten Führung seiner Legehühnerfarm ab dem 18. November 1977.
Der Erstrichter gab dem Klagebegehren im Teilbetrag von 18 437.41 S (Rechenfehler 71 g) samt Nebengebühren statt und wies das Mehrbegehren ab. Nach seinen Feststellungen hatte der Erstbeklagte am gleichen Standort bis August oder September 1977 eine Hühnerfarm geführt. Ab 4. Oktober 1977 übernahm der Kläger diese Hühnerfarm mit eigenen Hühnern auf eigene Rechnung. Er kümmerte sich aber nicht sonderlich um die Betreuung der Hühner und um den Verkauf und verließ am 17. November 1977 auf Grund familiärer Schwierigkeiten die Betriebsstätte, ohne sich weiter um die Hühner zu kümmern. In der Folge betreuten die Beklagten die Hühner und führten den Verkauf der Eier durch. Am 9. Feber 1978 boten die Beklagten dem Kläger unter Vorlage einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung den Kauf der Hühner an. Der Kläger behauptete in seinem Antwortschreiben wahrheitswidrig, die Beklagten hätten die Hühnerfarm mit der Zusage einer "schadlosen" Ablöse übernommen. Der Höhe nach stellte der Erstrichter die Gesamteinnahmen der Beklagten aus dem Eierverkauf und aus dem Verkauf der Hennen nach der Legeperiode mit 178 661.90 S fest und zog davon Kosten für Futtermittel von 127 247 S, den vereinbarten Mietzins für die Legebatterien von 13 000 S, Barauslagen für Energie und Wasser von 9114.30 S und einen Teilbetrag von 4113.90 S als jenen Teil der Mehrwertsteuer aus dem Eierverkauf ab, den die Beklagten als nicht pauschalierte Landwirte nicht als Vorsteuer aus den Futtermittelkäufen rückersetzt erhalten. Restliche 6750 S entsprechen einer Entlohnung des Erstbeklagten für die Zeit vom 17. November bis 31. Dezember 1977 von täglich 2 1/2 Stunden a 60 S. Der Erstrichter vertrat die Rechtsansicht, daß bis Ende Dezember 1977 eine Geschäftsführung ohne Auftrag im Notfall vorliege, weil die Beklagten den Betrieb zwar nicht in der Absicht, den Nutzen des Klägers zu fördern, wohl aber großen Schaden zu vermeiden, weiterführten. Spätestens bis zum Jahresende 1977 hätten sie sich aber um die Einwilligung des Klägers im Sinne des § 1037 ABGB bewerben können; der Kläger hätte wie bei der späteren Kontaktnahme sofort geantwortet. Bei der Abrechnung der gesamten Ausgaben und Einnahmen aus dem ohne Auftrag geführten Geschäft sei daher nur bis zum Jahresende 1977 eine angemessene Entlohnung des Erstbeklagten für Mühewaltung zu berücksichtigen. Die Mehrwertsteuer für die Eierverkäufe sei nur so weit als Abzugspost anzuerkennen, als die Beklagten sie vom Staat nicht mehr rückersetzt erhalten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht, wohl aber der Berufung des Klägers teilweise Folge und sprach ihm weitere 10 866.19 S zu. Es übernahm die Feststellungen des Erstrichters als unbedenklich und trat seiner rechtlichen Beurteilung mit der Abweichung bei, daß zwar die im Notfall begonnene Geschäftsführung ohne Auftrag diesen Charakter in der Folge nicht habe verlieren können, daß aber den Beklagten weder der Ersatz von Umsatzsteuer (4113.90 S) noch eine Entlohnung für Mühewaltung (6750 S) gebühre (3 S Rechenfehler).
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten teilweise Folge und verminderte den Zuspruch um die Umsatzsteuer von 4113.90 S.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Rechtsrüge kann im Umfang der begehrten Entlohnung für den Arbeitsaufwand nicht gefolgt werden. Geradezu abwegig ist die Meinung der Beklagten, es komme hier nicht auf irgendwelche gesetzlichen Bestimmungen an, weil schon das natürliche Rechtsempfinden den Anspruch auf ein angemessenes Entgelt für jede Arbeitsleistung klarstelle. Genau umgekehrt hat sich jede Entscheidung auf dem Boden des Gesetzes zu halten; und Entgeltlichkeit ist für die Besorgung fremder Geschäfte keineswegs typisch (z. B. §§ 1004, 1038). Der in der Revision bezogene § 1152 ABGB betrifft Dienst- und Werk-Verträge und kann entgegen der Meinung der Revisionswerber auch nicht analog auf die hier strittige Geschäftsführung ohne Auftrag angewendet werden, weil das Gesetz hiefür andere Regeln enthält und § 1004 ABGB über die Frage der Entgeltlichkeit eines Auftragsverhältnisses näher steht. Fraglich könnte demnach nur sein, ob der nach § 1236 ABGB für die Geschäftsführung im Notfall zu ersetzende "Aufwand" oder die nach § 1037 ABGB bei einer nützlichen Geschäftsführung zu ersetzenden "Kosten" einen Ersatz für die Mühewaltung des Geschäftsführers ohne Auftrag umfassen. Das Berufungsgericht hat im Sinne der von ihm zitierten herrschenden Rechtsansicht (zuletzt SZ 51/7) diese Frage in analoger Anwendung des § 1004 ABGB mit Recht höchstens für den Fall bejaht, daß die Tätigkeit im Rahmen des Berufes oder Gewerbes des Geschäftsführers ausgeführt wurde.
Letzteres wurde vom Berufungsgericht aber zutreffend nicht angenommen, weil es nicht darauf ankommen kann, ob die Beklagten früher oder später eine eigene Hühnerfarm betrieben haben, sondern nur auf ihren Stand im Zeitpunkt der Geschäftsführung, der zugegebenermaßen ein anderer (Gastwirt) war. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes kann allerdings eine im Notfall begonnene Geschäftsführung ohne Auftrag nur so lange notwendig im Sinne des § 1036 ABGB bleiben, bis zur Einholung der Zustimmung des Geschäftsherrn ein unmittelbar bevorstehender Schaden abgewendet wird, zumal bei der notwendigen Geschäftsführung nach § 1312 ABGB keine Fortsetzungspflicht besteht (Koziol - Welser I[5], 385); bei Richtigkeit des gegenteiligen Standpunktes wäre die Geschäftsführung der Beklagten übrigens wegen der dann den Nutzen übersteigenden Kosten geradezu unnütz im Sinne des § 1038 ABGB geworden.
Im Ergebnis mit Recht bekämpfen die Revisionswerber hingegen die Nichtberücksichtigung der Umsatzsteuer aus dem Verkaufspreis der Eier und zuletzt der Hennen, soweit sie nicht den Anspruch auf Rückersatz der für die Futtermittellieferungen bezahlten Vorsteuer hatten. Dem Berufungsgericht ist in diesem Umfang ein Mißverständnis unterlaufen, weil es angenommen hat, daß es sich um eine zufolge der nun gelegten Rechnung über den Aufwandersatz begehrte, nach Art. XII Z. 3 EGUStG nicht berücksichtigende Steuerleistung handle. In Wahrheit betrifft diese Verrechnungspost nur jene Umsatzsteuer, die die Revisionswerber ohne Anspruch auf Rückersatz schon aus ihrem Gewinn zu zahlen hatten, also echte Auslagen der Geschäftsführung.
Mit Recht haben hingegen die Vorinstanzen jene Umsatzsteuerbeträge nicht als Abzugspost anerkannt, die die Revisionswerber infolge ihrer Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht endgültig tragen mußten. In diesem Umfang berufen sich die Beklagten zu Unrecht auf die Bestimmung des Art. XII Z. 3 EGUStG, wonach die Berechtigung zum Vorsteuerabzug den Anspruch auf Ersatz für eine Sache oder Leistung unbeschadet eines allfälligen Rückersatzanspruches nicht berührt. Wohl kann zufolge dieser Bestimmung der Ersatzpflichtige einen solchen Rückersatzanspruch nicht schon in dem gegen ihn geführten Prozeß geltend machen, sondern ist auf die Führung eines getrennten Rechtsstreites verwiesen (EvBl. 1976/22 u. a.). Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um eine allfällige Berechtigung des Klägers, der selbst Ersatzansprüche geltend macht, zum späteren Abzug von Vorsteuern beim Finanzamt, sondern um die Abzugsfähigkeit der von den ersatzpflichtigen Beklagten eingewendeten vollen Steuerleistung. Der von ihnen herauszugebende Gewinn der Geschäftsführung vermindert sich aber richtigerweise nur um jene Umsatzsteuerbeträge, die sie bei ordnungsgemäßer Geschäftsführung endgültig aufwenden mußten. Hätten sie einen im Rahmen des geführten Geschäftes zustehenden Vorsteuerabzug nicht geltend gemacht, so wäre ihre volle Steuerleistung insofern nicht zweckmäßig im Sinne des § 1036 ABGB und noch weniger zum klaren, überwiegenden Vorteil des Geschäftsherrn im Sinne des § 1036 ABGB erfolgt. Es geht auch nicht um die in Art. XII Z. 3 EGUStG geregelte Verweisung eines allfälligen Rückersatzanspruches des Ersatzpflichtigen auf einen getrennten Rechtsstreit zur Erleichterung des gegen ihn geführten Ersatzprozesses (EvBl. 1976/22 u. a.; FBA 383 BlgNR, XIII. GP, 2), sondern darum, dem Ersatzberechtigten die Führung eines weiteren Rechtsstreites zur Klärung jener Frage des Vorsteuerabzuges zu ersparen, die schon jetzt gelöst werden kann. Soweit also die Revisionswerber nach den Feststellungen der Tatsacheninstanzen zum Vorsteuerabzug berechtigt waren, ist weder eine den Gewinn mindernde Steuerpflicht noch eine gerechtfertigte Auslage entstanden, die den Erlös der Geschäftsführung mindern könnte.
Vom Bruttoertrag der Geschäftsführung von 178 661.90 S (Rechenfehler beseitigt) sind demnach die schon vom Berufungsgericht rechtskräftig anerkannten Aufwendungen von 149 361.30 S und überdies die notwendige Ausgabe an Umsatzsteuer entsprechend der Berechnung des Erstgerichtes mit 4113.90 S abzuziehen, sodaß sich der Anspruch des Klägers auf 25 186.70 S ermäßigt.
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