OGH 8ObA2108/96z

OGH8ObA2108/96z12.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter MR Dr.Zimmermann und Peter Pulkrab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Peter M*****, vertreten durch Dr.Peter Rosenthal, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei V***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 2,997.522 brutto sA und Feststellung (Feststellungsinteresse S 100.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30.Jänner 1996, GZ 12 Ra 102/95-41, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 24.Mai 1995, GZ 16 Cga 148/93-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 28.387,80 (darin S 4.731,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben den festgestellten Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, so daß es gemäß § 48 ASGG genügt, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteiles zu verweisen.

Ergänzend ist auszuführen:

Für die Beurteilung der Frage, welche Dienste der Arbeitnehmer zu leisten hat, ist grundsätzlich der Inhalt des Dienstvertrages maßgebend. Er umschreibt die Gattung der Arbeit allgemein und steckt damit einen weiteren oder engeren Rahmen der vom Arbeitnehmer nach Bedarf auszuführenden Tätigkeit ab. Art und Umfang der Dienstleistungen müssen allerdings nicht ausdrücklich festgelegt sein, sondern können auch schlüssig etwa in Form einer langjährigen Übung vereinbart werden. In diesem Sinne kann daher eine Tätigkeitszuweisung und Kompetenzaufteilung, an die sich die Parteien durch lange Zeit gehalten haben, als inhaltliche Ausformung des Arbeitsvertrages angesehen werden (ZAS 1993/2). Es ist zwischen den für die Auslegung der Vereinbarung über den Rahmen der Arbeitspflicht allein maßgeblichen Umständen bei Abschluß des Vertrages einerseits und den für die Ausführung des vereinbarten Rahmens bedeutsamen Umständen im Verlauf des Arbeitsverhältnisses andererseits zu unterscheiden. Hiebei ist nicht am Buchstaben zu haften, sondern auf den Sinn der Vereinbarung zu sehen, der nach redlicher Verkehrsübung im wechselnden Maß auch den Inhalt der Arbeitspflicht von den jeweils gegebenen Umständen abhängig machen kann (DRdA 1989/25). Wenn der Arbeitgeber aus wichtigen Gründen zu einer Umorganisation seines Betriebes genötigt ist und es ihm nicht zugemutet werden kann, die bisherigen Verhältnisse unverändert aufrechtzuerhalten, entspricht es schon der Treuepflicht des Dienstnehmers, im Rahmen einer weiteren Auslegung des Dienstvertrages andere gleichwertige Dienste zu leisten (DRdA 1980/5; DRdA 1989/25). Ob eine solche Änderung der Unternehmensorganisation durch den Arbeitgeber auf den sachlichen Umfang der Arbeitspflicht eines leitenden Angestellten durchschlagen kann, bestimmt sich mangels vertraglicher Eingrenzung nach der Verkehrssitte, das heißt dem, was von vergleichbaren Arbeitnehmern billigerweise erwartet werden kann (Runggaldier/Schiemer, Die Rechtsstellung von Führungskräften, 117). Eine dem Arbeitsvertrag kraß widersprechende "Degradierung" muß der Arbeitnehmer jedenfalls nicht hinnehmen (vgl ZAS 1993/2).

Daß die Umstrukturierung im Unternehmen der Beklagten ihre Ursache in vorangegangenen Umsatzeinbrüchen hatte, ist im Verfahren nicht strittig. In Anbetracht dieser sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage muß dem Dienstgeber zugestanden werden, zu versuchen, durch Umstrukturierungen im Unternehmen dessen Effektivität zu erhöhen. Innerhalb der dargestellten Grenzen des Dienstvertrages gebietet es die Treuepflicht dem einzelnen Dienstnehmer und insbesondere leitenden Angestellten, sich diesen Versuchen nicht zu verschließen. Auch der leitende Angestellte kann sich im Zuge derartiger Maßnahmen nicht darauf berufen, daß schon bisher vorhandene, möglicherweise aber nicht in voller Schärfe ausgeübte Kontrollrechte gestrafft werden und daß das zur Kontrolle berufene Organ nunmehr räumlich näher an den leitenden Angestellten herangeführt wird. Wie die Vorinstanzen eingehend dargestellt haben, unterlag der Kläger schon bisher der Kontrolle eines der Geschäftsführer der in Deutschland befindlichen Muttergesellschaft, welcher gleichzeitig Geschäftsführer der Beklagten war. Der Hinweis des Revisionswerbers, daß er laut Dienstvertrag das Unternehmen gemeinsam mit den übrigen Geschäftsführern verantwortlich zu leiten habe, geht daher insoweit fehl, als er daraus die Gleichberechtigung aller Geschäftsführer der Beklagten ableiten will. Dadurch, daß diese Kontrollrechte nunmehr an einen neu ernannten weiteren Geschäftsführer der Beklagten übertragen wurden, hat sich abgesehen von der größeren räumlichen Nähe für den Kläger nichts geändert. Die übrigen in der Revision vorgebrachten Argumente wurden bereits von den Vorinstanzen ausführlich behandelt, so daß auf die diesbezüglichen Urteilsbegründungen verwiesen werden kann, welchen der Revisionswerber nichts Substantielles entgegenzusetzen vermag. Insgesamt ergibt sich das Bild einer Straffung und deutlicheren Abgrenzung der Unternehmensstruktur, durch welche in die unmittelbaren Tätigkeitsbereiche des Klägers nicht entscheidend eingegriffen wurde. Eine intensivere Ausübung von an sich bestehenden Kontroll- und Weisungsrechten durch den Dienstgeber muß der Kläger, mag dadurch auch der ihm zustehende Spielraum eingeengt werden, aus den dargestellten Erwägungen hinnehmen.

Dem Revisionswerber ist darin beizupflichten, daß nur die beharrliche Verweigerung der Dienste bzw der Befolgung der Anordnungen des Dienstgebers den Entlassungsgrund verwirklicht (RdW 1984, 180; ArbSlg 10.412; 8 ObA 259/95; 9 ObA 164/95 uva). Das festgestellte Verhalten des Klägers ist im Sinne dieser Rechtsprechung als beharrlich zu bezeichnen, hat er sich doch nach erstmaliger Mitteilung am 31.3.1993 durch rund zwei Monate hindurch der Organisationsänderung hartnäckig widersetzt. Die Tatsache, daß der Kläger die Zweitschrift des ihm zugemittelten Schreibens über die Umstrukturierung schließlich gegengezeichnet hat, wird durch den gleichzeitigen schriftlichen Protest, daß er den Änderungen nicht zustimme, entwertet. Schließlich blieb der Kläger auch nach einem persönlichen Gespräch mit dem bisher weisungsbefugten Geschäftsführer der Beklagten und der Muttergesellschaft auch nach Androhung der Entlassung bei seiner ablehnenden Haltung. Der Kläger kann auch nicht den Rechtssatz, daß eine bloße Ankündigung der Nichtbefolgung einer Weisung mangels Vorliegens des Merkmales der Beharrlichkeit den Entlassungsgrund des § 27 Z 4 AngG nicht erfülle (ZAS 1979, 142; ArbSlg 10.975; 9 ObA 181/95), für sich nutzbar machen, da seine Weigerung mit derartiger Hartnäckigkeit und Bestimmtheit erfolgte, daß für den Dienstgeber deutlich erkennbar war, der Kläger werde in Hinkunft sich tatsächlich nicht im Sinne der neu geschaffenen Betriebsstrukturen verhalten. Hiezu kommt, daß bei einem leitenden Angestellten ein strengerer Maßstab anzulegen ist, da es dem Dienstnehmer nicht zugemutet werden kann, das konkrete zukünftige Verhalten abzuwarten.

Wegen der besonderen den Geschäftsführer treffenden Verantwortung für die wirtschaftliche Entwicklung des Betriebes kann dem Dienstgeber die Weiterbeschäftigung für die Dauer der - hier einjährigen - Kündigungsfrist dann nicht zugemutet werden, wenn der leitende Angestellte zu wesentlichen, jedoch innerhalb der Grenzen seines Dienstvertrages liegenden Umstrukturierungsmaßnahmen seine Zustimmung verweigert. Er hat damit nicht nur seine Dienstpflicht verletzt, sondern ist auch gegenüber dem Dienstgeber vertrauensunwürdig geworden. Es ist daher der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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