OGH 8ObS2072/96f

OGH8ObS2072/96f29.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Werner Jeitschko und Alfred Klair als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Norbert S*****, vertreten durch Dr.Günther Nagele, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Oberösterreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen S 1.715,-- netto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13.Februar 1996, GZ 12 Rs 87/95-8, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 23.Mai 1995, GZ 4 Cgs 191/94-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben zu Recht einen über den Zeitraum der privilegierten nicht an Kündigungstermine gebundenen Aufkündigung durch den Masseverwalter hinausgehenden Anspruch des gemäß § 25 Abs 1 KO austretenden Dienstnehmers auf Kündigungsentschädigung verneint. Gemäß § 48 ASGG kann auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteiles verwiesen werden, weil der Oberste Gerichtshof jüngst in seiner Entscheidung 8 ObS 4/96 zu allen in der Revision angeschnittenen Rechtsfragen ausführlich Stellung genommen hat. Diese Rechtsansicht ist zusammenfassend neuerlich wie folgt darzustellen:

Im Gegensatz zu der durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes

VfGHSlg 13.498 aufgehobenen, bisher in Geltung gestandenen Fassung

des § 25 KO wird nunmehr dem durch den Masseverwalter begünstigt

gekündigten Arbeitnehmer ein Schadenersatzanspruch als

Konkursforderung zuerkannt, welcher auch unter Berücksichtigung der

gesetzlichen Kündigungstermine aufgrund der Bestimmung des § 3 Abs 3

IESG, welche ebenfalls ausdrücklich auf die begünstigte Kündigung

abstellt, gesichert ist (8 ObS 4/94 = SZ 67/85 = DRdA 1995, 158). Wie

schon zur bisherigen Rechtslage kann allerdings auch unter Einschluß

der Neufassung durch das IRÄG 1994 weiterhin gesagt werden, daß § 25

KO in keiner seiner Entwicklungsphasen das Problem des

Schadenersatzanspruches des austretenden Arbeitnehmers regelt (vgl

zur alten Gesetzeslage Fenyves in FS Strasser 362; 9 Ob 901/90; 9 ObS

20/92 = RdW 1993, 115). Diese Tatsache ist verfassungsrechtlich nicht

bedenklich. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung

VfGHSlg 10.411 ausgesprochen hat, ist nicht zu sehen, welche

Verfassungsbestimmung den Gesetzgeber verhalten könnte, dem selbst

vorzeitig austretenden Arbeitnehmer über den Anspruch auf

Kündigungsentschädigung bis zum Ablauf der gesetzlichen

Kündigungsfrist hinaus noch weitergehende Schadenersatzansprüche

einzuräumen (vgl hiezu auch 9 ObS 17/93 = DRdA 1993, 468 = SZ 66/2; 9

ObS 16/93 = DRdA 1993, 389; 9 ObS 20/92 = RdW 1993, 115).

Durch das IRÄG 1994 ist an der bisherigen ständigen Rechtsprechung (SZ 46/73; SZ 53/34; SZ 57/145; SZ 62/83; ArbSlg 10.093, 10.328, 10.944), daß der Masseverwalter an Befristungen ebensowenig gebunden ist wie an längere, vertraglich vereinbarte Kündigungsfristen und abweichende Kündigungstermine, keine Änderung eingetreten (8 ObS 8/95). Der nach § 25 Abs 1 KO vorzeitig austretende Arbeitnehmer, der seine Ansprüche aus § 29 AngG (§ 1162b ABGB) ableitet, ist daher auf den dort genannten Zeitraum, nämlich jenen, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch "ordnungsgemäße Kündigung" des Arbeitsverhältnisses hätte verstreichen müssen, beschränkt. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, daß der im § 29 Abs 1 erster Satz AngG enthaltene Verweis "unbeschadet weitergehenden Schadenersatzes" das Verlangen nach höherer "Kündigungsentschädigung" nicht begründen kann (8 ObS 20/92 = RdW 1993, 115). Gleiches gilt für die offenbar auf die Ausführungen von Schwarz/Reissner/Holzer/Holler,

Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz, Nachtrag 1995, 58, zurückgehenden Überlegungen, daß die Schadenersatzpflicht des § 25 Abs 2 KO nunmehr zu einer Begrenzung der Ansprüche des austretenden Arbeitnehmers nur nach den allgemeinen Lösungsregeln für das Arbeitsverhältnis ohne Bedachtnahme auf das begünstigte Lösungsrecht des Masseverwalters führe. Abgesehen davon, daß für eine derartige Auslegung sowohl im Gesetzestext als auch in den Materialien jeglicher Anhaltspunkt fehlt, spricht gegen diese Argumentation, daß der Austritt nach § 25 KO dem Arbeitnehmer ausschließlich im eigenen Interesse zugebilligt wird, also nicht auf einer Privilegierung der Konkursmasse beruht. Bis auf den Umstand, daß sich sein Arbeitgeber im Konkurs befindet, wird der Arbeitsvertrag nach wie vor ja zur Gänze erfüllt (Frauenberger, Insolvenz- und Arbeitsverhältnis, ecolex 1994, 334 f; iglS auch Liebeck, Die Änderung der Rechtsstellung der Arbeitnehmer im Insolvenzverfahren und des IESG durch das IRÄG 1994, WBl 1994, 141 f; Griesser, Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Insolvenz, ZAS 1993, 188, 194).

Die durch das IRÄG 1994 neu gefaßte Bestimmung des § 25 KO, insbesondere dessen Abs 2, vermag daher ebensowenig wie die Vorgängerbestimmungen für den austretenden Arbeitnehmer einen über den Zeitraum der privilegierten, nicht an Kündigungstermine gebundenen Aufkündigung durch den Masseverwalter hinausgehenden Anspruch auf Kündigungsentschädigung zu begründen.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 ASGG, da der Kläger keinerlei Gründe für einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach Billigkeit darlegte.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte