Spruch:
Die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei sowie des Zweit- und Drittbeklagten werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Zur Revision der klagenden Partei:
Soweit die Revisionswerberin argumentiert, das Darlehen der klagenden Partei an die erstbeklagte Partei sei nicht kapitalersetzend gewesen, weil zum Zeitpunkt der Darlehenszuzählung durch die 90 % des Stammkapitals der erstbeklagten Partei haltende klagende Partei die erstbeklagte Partei ungeachtet ihrer buchmäßigen Überschuldung nicht kreditunwürdig gewesen sei, übersieht sie, daß das Berufungsgericht die Kreditgewährung der klagenden Partei nicht als Sanierungsdarlehen zur Abwendung des drohenden Konkurses oder als im Zustand der Kreditunwürdigkeit gewährtes oder stehengelassenes Darlehen, sondern als zur Krisenfinanzierung bestimmten Finanzplankredit im Sinne der Entscheidung 8 Ob 28/93 (= ecolex 1994, 234 [zust Dellinger] = RdW 1994, 143 [zust Karsten Schmidt, Fortschritt im Recht der Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterleistungen, RdW 1994, 135 ff]
= WBl 1994, 205 [zust Ostheim, Zur Behandlung "stehengelassener"
Gesellschafterdarlehen, 185 ff] = GesRZ 1994, 136 [zust Grünwald,
Eigenkapitalersatz durch Stehenlassen von Gesellschafterleistungen, 113 ff]) gewertet hat. In der genannten Entscheidung wurde nun bezüglich der drei Fallgruppen (Sanierungsdarlehen zur Abwendung drohenden Konkurses; Finanzplankredite, die von vorneherein zur Krisenfinanzierung bestimmt sind; im Zustand der Kreditunwürdigkeit gewährte oder stehengelassene Darlehen) zustimmend auf die Darstellungen Karsten Schmidts (in GesRZ 1993, 8 f, insbesondere 12 und 13) und Thierys (in FS Frotz, 841 f insbesondere 853) verwiesen. Karsten Schmidt definiert Finanzplankredite als Gesellschafterdarlehen, die von vornherein - ganz ohne daß die Gesellschaft schon kreditunwürdig oder sanierungsbedürftig wäre - planvoll als Eigenkapitalersatz gegeben werden. Thiery folgt der Darstellung Karsten Schmidts (aaO 853, FN 61) und definiert Finanzplankredite - verkürzt - als von vorneherein zur Krisenfinanzierung gewidmete Darlehen. Berücksichtigt man die Widmung des Darlehens durch die klagende Partei als "Kapitalerhöhung" und die trotz dieser Finanzierungshilfe bestehende bilanzmäßige Überschuldung der erstbeklagten Partei, dann erfüllte die Kreditgewährung durch die klagende Partei die Kriterien eines zur Krisenfinanzierung gewidmeten Finanzplankredites im Sinne der Entscheidung 8 Ob 28/93 und der darin zitierten Lehre.
2. Zur Revision des Zweit- und Drittbeklagten:
Der Zweit- und Drittbeklagte erwarben mit Abtretungsvertrag vom 19. Juni 1991 (Beilage A) sämtliche Geschäftsanteile der erstbeklagten Partei, wobei sie zur Kenntnis nahmen, daß der klagenden Partei noch Forderungen gegen die erstbeklagte Partei von 3,2 Mio S zustanden, die Richtigkeit dieser Forderung anerkannten und der Verpflichtung der erstbeklagten Partei als Bürgen und Zahler zur ungeteilten Hand beitraten. Bezüglich Fälligkeit (zwei gleiche Raten, fällig am 30. Juni 1992 und am 30.Juni 1993), Verzinsung (12 % jährlich, beginnend mit dem 15.Juni 1991) und Terminsverlust wurden die für die Begleichung des ausdrücklich als "Abtretungspreis" bezeichneten Betrages getroffenen Regelungen übernommen. Zuvor hatte die erstbeklagte Partei durch die damalige Geschäftsführerin und Minderheitsgesellschafterin mit Schreiben vom 18.Juni 1991 (Beilage D) der klagenden Partei gegenüber das Bestehen einer mit 12 % jährlich verzinslichen Forderung von 3,2 Mio S anerkannt und die Rückzahlung in zwei gleichen, am 30.Juni 1992 und 30.Juni 1993 fälligen Raten unter Terminsverlust vorgeschlagen; dieses Schreiben wurde seitens der klagenden Partei zustimmend bestätigt. Dem Abtretungsvertrag war als Anlage die buchmäßig eine erhebliche Überschuldung ausweisende Bilanz der erstbeklagten Partei zum 31. Dezember 1991 angeschlossen.
Die "Bürgschaft" für die Rückzahlung des Eigenkapital ersetzenden Kredites der klagenden Partei durch die Erwerber der Geschäftsanteile an der erstbeklagten Partei bildete demnach - ebenso wie der mit der Höhe der von den veräußernden Gesellschaftern geleisteten Stammeinlagen von 500.000 S festgelegte "Abtretungspreis" selbst - eine Gegenleistung des Zweit- und Drittbeklagten für die Abtretung der Geschäftsanteile an der erstbeklagten Partei. Die Verpflichtung des Zweit- und Drittbeklagten aus diesem Titel ist daher ebenso wie die Verpflichtung zur Leistung des ausdrücklich als "Abtretungspreis" bezeichneten Betrages als eigene Verpflichtung des Zweit- und Drittbeklagten und nicht als akzessorische Bürgschaft zu qualifizieren, da nicht die Benennung des Vertrages durch die Parteien, sondern der Vertragsinhalt und die sich daraus ergebende Parteienabsicht für die Einordnung unter einen bestimmten Vertragstypus maßgeblich sind (SZ 46/92 = JBl 1974, 316; JB 1975, 161; JBl 1987, 378; zuletzt 7 Ob 561/95; Rummel in Rummel ABGB2 I § 914 Rz 6).
Es erübrigt sich daher eine Stellungnahme zu der von den Revisionswerbern für die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision ins Treffen geführten Rechtsfrage, ob der für das Eigenkapital ersetzende Darlehen des Gesellschafters als Bürge haftende Dritte infolge der Akzessorietät der Bürgschaft dem Gläubiger für die Dauer der Eigenkapitalersatzfunktion die Undurchsetzbarkeit des besicherten Darlehens entgegenhalten kann (siehe Grünwald, Eigenkapitalersatz durch Stehenlassen von Gesellschafterleistungen, GesRZ 1994, 113 ff [123]; aM Nowotny, Probleme des Eigenkapital ersetzenden Darlehens, ÖBA 1994, 669 ff [673, insbesondere Anm 32] sowie Nowotny/Berger, Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen durch "Stehenlassen" von Ansprüchen, ZIK 1995, 2 ff [6 f]).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)