OGH 8Ob28/93

OGH8Ob28/9322.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr.Gunther Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Edgar Huber, Dr.Birgit Jelinek, Dr.Ronald Rohrer und Dr.Ilse Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jörg H*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Franz Terp, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Armin H*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Konkurs der Firma W*****, Inhaber Jörg H***** GmbH, ***** wegen Zahlung von S 857.008 s.A. und Feststellung einer Konkursforderung von S 2,758.913, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 27.Jänner 1993, GZ 2 R 198/92-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 15.Juni 1992, GZ 28 Cg 60/91-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden in Ansehung der Abweisung des Begehrens auf Verurteilung zur Zahlung von S 561.795 samt 4 % Zinsen p.a. seit 16.3.1991 als Teilurteil bestätigt, im übrigen aber aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 1958 zunächst Angestellter einer OHG, deren Vermögen 1964/65 in die seit 20.6.1988 im Konkurs befindliche nunmehrige Gemeinschuldnerin Fa.W***** GmbH, eingebracht wurde. Er ist seit 1964/65 Gesellschafter dieser GmbH und seit etwa 1970 Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Geschäftsanteil von 95 % des Stammkapitals; er blieb auch zu dieser GmbH im Angestelltenverhältnis, das durch die Kündigungserklärung des Masseverwalters vom 20.7.1988 zum 20.12.1988 aufgekündigt worden ist. Seit dem Jahr 1985 hat der Kläger sein Geschäftsführergehalt nur noch teilweise bezogen, um - wie er in der Klage behauptete - die Liquidität der Gesellschaft zu verbessern, und keinen Urlaub mehr genommen; schon vorher gewährte er (bis 31.12.1995) der Gesellschaft Darlehen in beträchtlicher Höhe und er hat auch eine Honorarforderung des Steuerberaters der Gesellschaft (in nicht festgestellter Höhe) aus seinem Privatvermögen beglichen. Nach der Konkurseröffnung über das Vermögen der Gesellschaft ist er für das Unternehmen noch über ein Jahr tätig gewesen. Er hat während dieser Zeit private Entnahmen getätigt und diese im Kassabuch festgehalten. Eine Vereinbarung für seine Entlohnung über diesen Zeitraum ist nicht zustandegekommen.

Nach der Bestreitung der von ihm im Konkurs der Gesellschaft angemeldeten Forderungen von insgesamt S 2,689.013 durch den Masseverwalter brachte der Kläger am 11.12.1991 die vorliegende Klage gegen diesen mit den Begehren ein,

1. den beklagten Masseverwalter zur Zahlung von S 857.008 samt 4 % Zinsen seit 16.3.1991 zu verurteilen, und

2. festzustellen, daß dem Kläger eine Konkursforderung von S 2,758.913 zustehe.

Zur Begründung dieser beiden Klagebegehren brachte der Kläger im wesentlichen folgendes vor:

Er sei als Angestellter bei der Gemeinschuldnerin beschäftigt gewesen. Sein Dienstverhältnis sei vom Masseverwalter nach der Konkurseröffnung durch Kündigung zum Ende des Jahres 1988 aufgelöst worden. Danach sei er als "freier Mitarbeiter" bis zum 4.8.1989 für die Gemeinschuldnerin tätig geworden und dem Masseverwalter in dieser Zeit als "einziger Mitarbeiter für die Geschäftsfortführung" mit Einsatz seiner ganzen Arbeitskraft zur Verfügung gestanden; unter Aufsicht des Masseverwalters habe er für diesen einen Umsatz von mehr als S 2 Millionen erwirtschaftet.

Für das Jahr 1988 sei ihm ein monatliches Bruttogehalt von S 37.860 (vierzehnmal jährlich), demnach ein Jahresgehalt von S 530.040 zugestanden und mit dem gleichen Betrag errechne sich auch die ihm aus der Kündigung des Dienstverhältnisses zustehende Abfertigung (12 Monatsgehälter).

Seine Masseforderungen von insgesamt S 857.008 hat der Kläger folgendermaßen aufgeschlüsselt:

a) Entgelt für die Zeit vom 20.6.1988 bis

zum 31.12.1988 S 275.213

abzüglich aconti S 50.000

S 225.213

b) Abfertigung

(Jahresgehalt) S 530.040

c) Urlaubsentschädigung

S 31.755

d) Entgelt für die Zeit vom 1.1.1989 bis zum 4.8.1989,

in der der Kläger

in gleicher Weise in Anspruch genommen worden sei wie

vor der Kündigung, mit

Pauschale von S 20.000 monatlich "gerundet" angesetzt:

S 140.000

abzüglich aconti S 70.000

S 70.000

Die Konkursforderungen stellte der Kläger so dar:

"Um die Liquidität der nunmehrigen Gemeinschuldnerin zu verbessern", habe er namhafte Gehaltsansprüche seit dem Jahre 1985 "gestundet"; eine Fälligkeitsvereinbarung sei nicht getroffen worden, so daß diese Ansprüche "spätestens und auch frühestens" mit dem Tag der Konkurseröffnung fällig seien. Im einzelnen handle es sich um folgende Ansprüche:

a) 1985: Monatsgehalt von S 34.370 brutto vom Juli bis

Dezember (8 Monate) S 274.960

b) 1986: Monatsgehalt von S 35.595 brutto

für die Monate Jänner, März - Juni,

August, September, November und

Dezember S 391.545

c) 1987: Monatsgehalt von S 36.470 brutto für

das ganze Jahr S 510.580

d) 1988: Monatsgehalt von S 37.860 brutto

für die Zeit bis zur Konkurseröffnung

am 20.6.1988 S 254.826,90

e) Urlaubsentschädigungen:

1985: für 5 Wochen S 46.227

1986: für 6 Wochen S 57.500

1987: für 6 Wochen S 58.913

1988: aliquot bis Konkurs

S 29.403,10

Gehalts- und Urlaubsentschädigungsansprüche

somit insgesamt S 1,623.955

f) Bis 31.12.1985 seien der Gemeinschuldnerin in mehreren Tranchen Darlehen im Gesamtbetrag von

S 842.096

zugezählt worden. Dazu komme zum selben Stichtag ein Guthaben am Verrechnungskonto in Höhe von

S 238.852

g) Zur Abdeckung einer Honorarforderung

des Steuerberaters der Gemeinschuldnerin aus privaten Mitteln bezahlt S 54.010

Demnach aus Darlehensgewährung, Guthaben

und Schuldenzahlung insgesamt

S 1,134.958

Die Konkursforderungen insgesamt demnach

S 2,758.913.

Der beklagte Masseverwalter beantragte die Abweisung beider Klagebegehren und wendete folgendes ein:

Der Kläger sei zufolge seiner maßgeblichen Beteiligung von 95 % am Stammkapital der Gemeinschuldnerin wirtschaftlich einem Einzelkaufmann gleichzustellen und auch für die Geschäftsführung allein verantwortlich. Seine Bezüge als Geschäftsführer seien demnach als Einkünfte aus selbständiger Arbeit anzusehen; er sei nicht Angestellter gewesen und bei der wirtschaftlichen Natur seines Geschäftsführergehalts bestehe auch kein Raum für einen Abfertigungsanspruch oder für eine Urlaubsentschädigung. Nach der Konkurseröffnung habe er sich für eine Betriebsfortführung eingesetzt und die Vorlage eines Entschuldungskonzepts zugesagt. In einem Schreiben an ihn, den beklagten Masseverwalter, vom 22.7.1988 habe er u. a. erklärt, daß "das Unternehmen derzeit keine Beschäftigten" habe und deshalb "auch keine Personalkosten" anfielen, und er habe auch in der Folge nicht die dann überraschend angemeldeten Forderungen behauptet. Im April 1989 habe er angefragt, ob nicht aus der Konkursmasse für seine laufende Tätigkeit während der Betriebsfortführung ihm Entgelt gegeben werden könnte, und er, der Masseverwalter, habe ihm dazu erklärt, "grundsätzlich dafür offen zu sein und über die Höhe...mit dem Konkursrichter...sprechen zu wollen". Dieser habe dann erklärt, er würde einem Entgelt von S 5.000 monatlich zustimmen, wenn der Kläger einen entsprechenden Antrag stelle. Dies habe aber der davon informierte Kläger schließlich unterlassen, woraus er, der Masseverwalter, geschlossen habe, dieser Anspruch gegen die Masse werde nicht aufrecht erhalten. Im übrigen seien sämtliche Gehaltsansprüche des Klägers verjährt und seine Konstruktion, diese Ansprüche seien seit 1985 gestundet worden, sei nicht haltbar. Aus der zur Insolvenz der Gesellschaft führenden Geschäftsführung des Klägers stünden der Gemeinschuldnerin Schadenersatzforderungen zu, die bis zur Höhe der Klageforderungen aufrechnungsweise geltend gemacht werden.

Das Erstgericht hat, ohne auf die Gegenforderungen der Gemeinschuldnerin einzugehen, beide Klagebegehren kostenersatzpflichtig abgewiesen. Es hat über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus auch als erwiesen angenommen, daß der Kläger sein Geschäftsführergehalt nur deshalb teilweise stehengelassen und Urlaub nur deshalb nicht gänzlich in Anspruch genommen habe, "um die Liquidität der Gemeinschuldnerin zu verbessern" (S 65). Rechtlich folgerte das Erstgericht daraus, daß dieses Stehenlassen des Geschätsführerbezuges ebenso wie die Gewährung von Darlehen an die Gesellschaft und die Abdeckung von sie treffenden Verbindlichkeiten dem Wesen nach als Eigenkapital ersetzendes Darlehen zu qualifizieren sei, das im Konkurs der Gesellschaft wie das im Rang zurücktretende Eigenkapital behandelt werden müsse, so daß Ansprüche daraus erst nach Befriedigung aller Gläubiger aus einem Aktivrest der Masse abgedeckt werden dürften. Deshalb brauche auch nicht erörtert werden, ob die Gründe für die Handlungsweise des Klägers in "Liquiditätsproblemen der GmbH" oder in der formlosen Rückzahlbarkeit eines Darlehens oder in anderen Bereichen lägen. Aus den gleichen Gründen könne auch keine Masseforderung entstanden sein. Dem Kläger sei die Möglichkeit offengestanden, nach § 5 KO Unterhalt von der Masse zu begehren.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung nicht zulässig sei. Es verwarf die Rüge der Verfahrensmangelhaftigkeit und übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes mit der Begründung, die Beweiswürdigung durch das Erstgericht sei unbedenklich. Zur rechtlichen Beurteilung der Sache führte es im wesentlichen aus:

Die Masseforderungen des Klägers bestünden schon dem Grunde nach nicht zu Recht:

Das Dienstverhältnis des Klägers zur Gemeinschuldnerin sei durch die unbestrittenermaßen rechtzeitige Kündigung des Masseverwalters gemäß § 25 Abs 1 KO innerhalb eines Monats nach Konkurseröffnung aufgelöst und unter Einhaltung der richtigen Kündigungsfrist zum 20.12.1988 beendet worden. Deshalb könnten dem Kläger allfällige Ansprüche daraus bzw für die weitere Tätigkeit bis zur Beendigung dieses Dienstverhältnisses nur als Konkursforderung, nicht jedoch als Masseforderung zustehen. Die als Masseforderung mit Leistungsklage begehrte Konkursforderung könne aber nicht als solche festgestellt werden, da es sich um ein aliud im Sinne des § 405 ZPO handle.

Es sei in der Folge, also nach Beendigung des Dienstverhältnisses zum 20.12.1988, durch den Masseverwalter kein neues Dienstverhältnis mit dem Kläger eingegangen worden, und zwar auch nicht konkludent. Obwohl die Konkurseröffnung gemäß § 84 Abs 1 Z 4 GmbHG die Auflösung der GmbH bewirke, blieben die Organe der aufgelösten Gesellschaft weiterhin in ihrer Funktion, könnten sie aber nur soweit ausüben, als dies zu keiner Kollision mit den Aufgaben des Masseverwalters führe. Der Kläger behaupte selbst nicht, daß er weiter als Geschäftsführer tätig geworden sei, vielmehr bezeichne er sich für diese Zeit als "freier Mitarbeiter". Selbst wenn dies vom Masseverwalter geduldet wurde, könnten die für seine (sonstige) Tätigkeit aus der Geschäftskasse entnommenen Geldbeträge - der Kläger behaupte, er habe S 70.000,- entnommen, der Masseverwalter behauptet, es sei weit mehr gewesen - im Sinne des § 863 ABGB nur für eine schlüssige Zustimmung des Masseverwalters zu einer angemessenen Entlohnung in dieser Höhe sprechen; höhere Forderungen stünden dem Kläger für seine Mitarbeit jedoch aus den Rechtshandlungen des Masseverwalters als Masseforderungen gemäß § 46 Abs 1 Z 5 KO keinesfalls zu.

Da das Erstgericht keine Feststellungen zu der Prozeßbehauptung des Klägers, auf seinem Verrechnungskonto habe zum 31.12.1985 ein Guthaben gegen die Gesellschaft von S 238.852 bestanden, getroffen und der Kläger diesen Mangel nicht gerügt habe, müsse von der unbekämpften Ablehnung dieses Teilanspruches ausgegangen werden. Deshalb erübrige sich auch ein Eingehen auf die Problematik des § 110 KO, wonach der Kläger mit der Prüfungsklage nicht mehr und nichts anderes begehren könne als er angemeldet habe; tatsächlich habe er nämlich um S 69.000,- weniger angemeldet als nun von ihm eingeklagt worden seien.

Zu Unrecht rüge der Kläger das Fehlen von Feststellungen, die eine Qualifikation seiner übrigen Konkursforderungen als Eigenkapital ersetzende Darlehen rechtfertigen könnten:

Die im deutschen Recht entwickelten Grundsätze über die Behandlung Eigenkapital ersetzender Gesellschafterdarlehen im Konkurs der GmbH (§ 32 a dGmbHG) seien auch im österreichischen Recht anzuwenden. Die von einem Gesellschafter der kreditunfähigen Gesellschaft gewährten Darlehen unterliegen in Analogie zu § 74 Abs 1 GmbHG dem Rückzahlungsverbot und dürften bis zur nachhaltigen Sanierung der Gesellschaft weder mittelbar noch unmittelbar zurückgezahlt werden. Dies führe dazu, daß Ansprüche aus solchen Darlehen hinter die Ansprüche der übrigen Gläubiger zurückzutreten haben. Kreditunfähig sei eine GmbH, wenn sie von dritter Seite zu marktüblichen Bedingungen keinen Kredit mehr erhalte und ohne Zuführung von Eigenkapital oder Gesellschafterdarlehen liquidiert werden müßte. In Kritik der oberstgerichtlichen Entscheidung vom 8.5.1991, 8 Ob 9/91 (WBl 1991,398) habe Ostheim - nach Auffassung des Berufungsgerichtes zutreffend - hervorgehoben, daß die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft im Zeitpunkt der Darlehensgewährung nur dann Bedeutung für die Qualifikation als Eigenkapital ersetzend hätte, wenn gleichzeitig festgestellt werden könnte, daß sich an diesem Zustand bis zur Konkurseröffnung nichts geändert habe. Es gehe demnach in Wahrheit um das Problem des "Stehenlassens" von Darlehen, unabhängig davon, ob die Gesellschaft im Zeitpunkt der Darlehensgewährung kreditunfähig gewesen sei oder nicht. Wenn keine anderweitige Deckung des Kapitalbedarfs innerhalb kurzer Zeit möglich sei und das Darlehen stehengelassen werde, werde es nachträglich zum Eigenkapital ersetzenden Darlehen (Ostheim in WBl 1991, 401 f mwN). Der damals vom Obersten Gerichtshof entschiedene Fall gleiche nach Ansicht des Berufungsgerichtes dem vorliegenden insoweit als der Kläger der nunmehrigen Gemeinschuldnerin die Darlehen und in gleicher Weise auch die gestundeten Geschäftsführergehälter sowie das zur Zahlung übernommene Steuerberatungshonorar eben gerade im Zuge einer Finanzierungsentscheidung zur Verfügung gestellt bzw. seine Rückforderung unterlassen habe: er habe nämlich, wie er selbst behaupte, die Liquidität der Gesellschaft verbessern (nicht gefährden oder verschlechtern!) wollen. Damit sei aber aufgrund dieser Widmung durch den Darlehensgeber - der mit 95 % Beteiligung Hauptgesellschafter sei - die Qualifikation des Darlehens als Eigenkapital ersetzendes Darlehen für den Fall, daß die Gesellschaft kreditunwürdig werden sollte, von vornherein festgestanden (Ostheim aaO, 402 aE).

Da die grundlegenden Rechtsfragen bereits durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt erscheinen, habe zur Zulassung der ordentlichen Revision keine Veranlassung bestanden.

Der Kläger bekämpft dieses Urteil mit außerordentlicher Revision. Er stellt den Hauptantrag, in Abänderung der angefochtenen Entscheidung seinen Klagebegehren Folge zu geben, und begehrt hilfsweise die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an das Gericht erster Instanz zur Beweiswiederholung zurückzuverweisen.

Es werden in der außerordentlichen Revision im wesentlichen zwei Rechtsfragen als erheblich im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufgeworfen, nämlich die des "Stehenlassens" von Forderungen gegen die GmbH durch den Gesellschafter als Fall Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehens, und die, ob Gehaltsforderungen von Mitgliedern von Organen juristischen Personen im Hinblick auf § 1 Abs 6 IESG unter den Voraussetzungen des § 46 Abs 1 Z 3 KO Masseforderungen sind oder nicht.

Zur erstgenannten Rechtsfrage führt der Kläger aus, daß die Entscheidung des Berufungsgerichtes insofern von der neuesten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu 8 Ob 9/91 abweiche, als sie die Ansicht zum Ausdruck bringe, es komme beim "Stehenlassen" eines Darlehens unabhängig von den Verhältnissen der Gesellschaft bei der Darlehensgewährung nur darauf an, daß in der Folge die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft eingetreten ist. Tatsächlich sei jedoch sehr wohl ein Konnex zwischen der Zuzählung des Darlehens und dem Vorliegen der Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft herzustellen und somit der Zweck der Darlehenszuzählung zu ergründen. Dies verlangt aber, auf den Zeitpunkt der Darlehenszuzählung abzustellen, denn es müsse geprüft werden, ob die Hausbank oder ein sonstiger der Gesellschaft nicht als Mitglied vrebundener Kreditgeber das Darlehen gewährt hätte. Die Unhaltbarkeit der Ansicht des Berufungsgerichts zeige sich daran, daß dann auch ein zur Finanzierung von Investitionen einer zu diesem Zeitpunkt nicht notleidenden Gesellschaft gegebenes Darlehen als Eigenkapital ersetzend zu qualifizieren wäre, wenn die Gesellschaft in der Folge kreditunwürdig geworden ist. Es sei deshalb richtigerweise umfassend die konkrete Finanzlage der Gesellschaft nach den Bilanzansätzen, der Ertragskraft, den verfügbaren Sicherheiten, aber auch das konkrete Darlehen, seine Laufzeit, sein Umfang, die Art seiner Besicherung sowie der Finanzierungsplan der Gesellschaft im Zeitpunkt der Darlehensgewährung zu untersuchen.

Das alles sei von den Vorinstanzen nicht geprüft worden, sodaß - wie schon in der Berufung dargelegt worden sei - Feststellungsmängel vorlägen, die zu einer unrichtigen Entscheidung geführt hätten. Deshalb habe auch das Berufungsgericht falsche Schlüsse aus der Behauptung des Klägers, daß er durch das "Stehenlassen" seiner Forderungen "die Liquidität der Gesellschaft verbessern" wollte. Schon rein begrifflich sei dieser Interpretation im Sinne eines "nicht gefährden oder verschlechtern" unzulässig, weil die "Verbesserung" der Liquidität ihr Vorhandensein voraussetze.

Zur zweitgenannten erheblichen Rechtsfrage legt der Kläger folgendes dar:

Im Sinne des § 46 Abs 1 Z 3 KO seien Forderungen von Arbeitnehmern bzw arbeitnehmerähnlichen Personen für die Zeit nach der Konkurseröffnung dann keine Masseforderungen, sondern Konkursforderungen, wenn das Beschäftigungsverhältnis fristgerecht durch den Arbeitnehmer bzw. die arbeitnehmerähnliche Person oder durch den Masseverwalter gelöst wurde. Rechtspolitisch werde diese "Ungleichbehandlung" der Arbeitnehmer bzw arbeitnehmerähnlichen Personen damit begründet, daß dadurch für den Arbeitnehmer wegen der Absicherung durch den IESG - wirtschaftlich gesehen - keine Änderung seiner Rechtsposition eintrete. Der Kläger gehöre zumindest zu dem Kreis der "arbeitnehmerähnlichen Personen", aber § 1 Abs 6 IESG schließe ihn als Geschäftsführer der gemeinschuldnerischen GmbH vom Anspruch auf Insolvenz-Ausfallsentgelt aus, sodaß für ihn die Absicherung nach diesem Gesetz entfalle und er somit eine Schlechterstellung erfahre. Dazu fehle es Judikatur, sodaß eine erhebliche Rechtsfrage vorliege.

Der beklagte Masseverwalter hat eine Rechtsmittelgegenschrift eingebracht und in erster Linie die Zurückweisung der außerordentlichen Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage beantragt; hilfsweise begehrte er, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Zur Begründung seiner Anträge führte der Masseverwalter aus, daß die Rechtsfrage des "Stehenlassens" von Darlehen eines Gesellschafters und seine Qualifikation als Eigenkapital ersetzend vom Berufungsgericht durchaus in Übereinstimmung mit der neuen Judikatur des Obersten Gerichtshofes und den Ausführungen Ostheims dazu gelöst worden sei, denn es komme wesentlich darauf an, daß Gesellschafter eine notleidend gewordene Gesellschaft dadurch am Leben zu erhalten versuchen, daß sie ihr, anstatt das zur Sanierung erforderliche Eigenkapital zuzuführen, Darlehen gewähren und damit das Risiko aus der Zuführung neuer Mittel soweit als möglich zu Lasten der Gläubiger reduzieren; dies sei gleichermaßen auch beim "Stehenlassen" eines der Gesellschaft schon früher gewährten Darlehens der Fall, auch wenn sie vormals gesund gewesen sei. Die zweite, vom Kläger als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, sei bereits vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung WBl 1989,377 beantwortet worden: der Ausschluß der vertretungsbefugten Organe juristischer Personen aus dem Kreis der nach dem IESG gesicheretn Personen sei im Hinblick auf ihre Möglichkeiten, typischerweise verstärkt und unmittelbar auf die Gesellschaft Einfluß zu nehmen und sich rechtzeitig einen umfassenden Einblick in die maßgeblichen Verhältnisse der Gesellschaft zu verschaffen, sachlich gerechtfertigt, sodaß keine Ungleichbehandlung vorliege. Selbst wenn man den Kläger dem Kreis der arbeitnehmerähnlichen Personen zurechne, sei für ihn nichts gewonnen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im vollen Umfang der Anfechtung der beiden Aussprüche über die kumulierten Klagebegehren (Masseforderungen-Leistungsbegehren und Konkursforderungen-Feststellungsbegehren) aus folgenden Gründen zulässig:

I) Zur Qualifikation der Ansprüche des Gesellschafter-Geschäftsführers einer im Konkurs befindlichen GmbH

1) aufgrund des vom Masseverwalter gekündigten Geschäftsführer-Anstellungsvertrages für die Zeit ab Konkurseröffnung bis zum Ende der Kündigungsfrist (Geschäftsführer-Gehalt, Abfertigung und Urlaubsentschädigung) und

2) aufgrund seiner Leistungen für den Masseverwalter bzw die Gemeinschuldnerin im Rahmen der Betriebsfortführung nach Konkurseröffnung als "freier Mitarbeiter" ("angemessenes Entgelt")

als Masseforderungen liegt keine gesicherte Rechtsprechung vor.

II) Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in der Frage der

grundsätzlichen Billigung und weitgehenden Übernahme der in

Deutschland entwickelten Regeln über die Behandlung Eigenkapital

ersetzender Gesellschafterdarlehen (Leitentscheidung 8 Ob 9/91 vom

8.5.1991 = SZ 64/53; WBl 1991,398 mit Anm.Ostheim; RdW 1991,290 =

EvBl 1991/179 S 779 = ecolex 1991,697 = JAP 1991/92 mit Anm.

P.Bydlinski; Folgeentscheidung 1 Ob 617/91 = SZ 64/160 = RdW 1993,143

= JBl 1992, 444 mit Anm. Ostheim) bedarf im vorliegenden Streitfall

einer Fortentwicklung zu den Fragen der

1) Gleichsetzung von "Stehenlassen" im Sinne des bewußten Nicht-geltend-Machens von Forderungen (Darlehensrückzahlung, Geschäftsführergehalt, Urlaubsentschädigung, Erstattungsanspruch aus der Bezahlung von Gesellschaftsschulden, Guthaben am Verrechnungskonto),

2) Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Eintretens der "Kreditunwürdigkeit" der GmbH und

3) Behauptungs- und Beweislast.

Die Revision ist teilweise auch berechtigt.

Zu den Masseforderungen (Punkt I):

1) Es ist unbekämpft festgestellt, daß der klagende Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund seines Anstellungsvertrages Ansprüche gegen die Gesellschaft, u.a. auf Zahlung eines Geschäftsführergehalts, hatte und daß dieses Anstellungsverhältnis infolge Kündigung durch den beklagten Masseverwalter (mit Schreiben vom 20.7.1988, Beilage A) zum 20.12.1988 aufgelöst worden ist. Der Kläger behauptet, für die Zeit von der Konkurseröffnung bis zum 31.12.1988 (richtig: 20.12.1988) Ansprüche auf "Entgelt" (Geschäftsführergehalt) sowie auf Abfertigung in Höhe eines Jahresgehalts und auf Entschädigung für nicht konsumierten anteiligen Urlaub zu haben, die als Masseforderungen zu befriedigen seien.

Zum Inhalt des Anstellungsvertrages, der nicht in den Akten liegt,

haben die Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen, weil sie die

vom Kläger daraus abgeleiteten Masseansprüche aus rechtlichen Gründen

verneinten. Es kann daher darüber keine Aussage gemacht werden.

Der 8.Senat des Obersten Gerichtshofes ist jedoch nicht der Ansicht

der Vorinstanzen, daß die vom Kläger behaupteten Ansprüche jedenfalls

als Masseforderungen ausscheiden. Richtig ist lediglich, daß man den

Kläger in Anbetracht seiner beherrschenden Beteiligung an der

Gesellschaft mit einem Anteil von 95 % am Stammkapital in seiner

Stellung als Geschäftsführer nicht als Arbeitnehmer oder als Person

in arbeitnehmerähnlicher Stellung iS des § 46 Abs 1 Z 3 lit a KO

bezeichnen kann. Sein Anstellungsvertrag zur GmbH kann deshalb

keineswegs als echter Dienstvertrag, sondern - je nach dem

Vertragsinhalt - als freier Dienstvertrag oder als Auftragsvertrag

beurteilt werden; auch wenn der Vertragsinhalt am Angestelltenvertrag ausgerichtet sein mag, ändert dies nichts daran, daß der Kläger kein abhängiger Arbeitnehmer und auch keine arbeitnehmerähnliche Person war (vgl. Wünsch, Komm.zum GmbHG Rz 52 zu § 15; Reich-Rohrwig, Das österr.GmbH-Recht 103 ff; Arb 9538), denn es fehlen hier alle Kriterien, die für das Vorliegen der dazu nötigen Ein- und Unterordnung unter die funktionelle Autorität des Arbeitgebers gewöhnlich gefordert werden (vgl. etwa JBl 1987,332).

Die Konkurseröffnung über das Vermögen der GmbH hat zwar deren Auflösung (§ 84 Z 4 GmbHG), nicht aber auch die Beendigung des Anstellungsvertrages der Gesellschaft mit ihrem Geschäftsführer zur Folge, wenn solches nicht im Anstellungsvertrag ausdrücklich vorgesehen ist. Selbst die Beendigung der Organstellung als Geschäftsführer, wenn durch den Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluß eine andere Person als Liquidator bestellt wird (§ 89 Abs 2 GmbHG), hätte nicht notwendigerweise die Beendigung des Anstellungsverhältnisses zur Folge (Reich-Rohrwig aaO 109). Dem Masseverwalter stand aber ungeachtet des Umstandes, daß im GmbH-Recht eine dem § 78 Abs 2 AktG entsprechende Vorschrift fehlt, aus der sich direkt ein Kündigungsrecht des Masseverwalters für den Anstellungsvertrag der Gesellschaft mit dem Geschäftsführer ergäbe, ein aus § 21 KO ableitbares außerordentliches Kündigungsrecht zu; Strasser (in Schiemer/Jabornegg/Strasser, AktG Kommentar3 146 zu §§ 77-84) ist in der Ansicht beizustimmen, daß die erwähnte Norm des AktG (§ 78 Abs 2) das außerordentliche Kündigungsrecht des Masseverwalters in Wahrheit nur im Einklang mit dem in der Konkursordnung angelegten System der Kündigungsmöglichkeit für Dauerschuldverhältnisse erwähnt und insoweit einen sich aus der Konkursordnung (§§ 21,23,24 und 25) ableitbaren verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken wiedergibt.

Daraus ergibt sich aber, daß der Anstellungsvertrag nach Eröffnung

des Gesellschaftskonkurses bis zu dem durch die Kündigung bestimmten

Endigungstermin vom Masseverwalter aus der Konkursmasse voll zu erfüllen ist und demnach alle Vergütungsansprüche aus diesem Vertrag für die genannte Zeit Masseforderungen nach § 46 Abs 1 Z 4 KO sind. Hingegen sind Abfertigungsansprüche und Urlaubsentschädigungsansprüche und andere Vergütungsansprüche, die aufgrund der Auflösung des Vertrages oder erst nach seiner Auflösung (zB Ruhegeldansprüche) entstehen, Konkursforderungen (zutreffend Strasser aaO Rz 147).

Bei dieser Rechtslage kann zwar einerseits schon jetzt gesagt werden,

daß dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf Abfertigung (S

530.040) und Urlaubsentschädigung (S 31.755) nur als

Konkursforderungen, nicht aber als Masseforderungen zustehen können,

sodaß das diesbezügliche Zahlungsbegehren (insgesamt S 561.795) von

den Vorinstanzen mit Recht abgewiesen wurde und die Entscheidung in

diesem Umfang als Teilurteil zu bestätigen ist, daß aber andererseits

über die Masseteilforderung von S 225.213 ("Entgelt" =

Geschäftsführergehalt für die Zeit von der Konkurseröffnung bis zum

Ende des Anstellungsvertrages) auf der bisherigen Aktengrundlage noch nicht abgesprochen werden kann. Diesbezüglich muß deshalb die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen werden.

2) Es ist aber auch der vom Kläger behauptete Entgeltanspruch (als

Masseforderung) für seine Tätigkeit als "freier Mitarbeiter" in der

Zeit vom 1.1. bis 4.8.1989 noch nicht entscheidungsreif. Dem Grunde

nach steht dem Kläger für die von ihm in dieser Zeit, mit zumindest stillschweigender Duldung des Masseverwalters, im Rahmen der Betriebsfortführung erbrachten Leistungen ein im Sinne des § 1152 ABGB angemessenes Entgelt zu. Nach hM genügt für die Anwendung dieser Norm, daß eine zumindest stillschweigende Vereinbarung über die zu leistende Arbeit zustande gekommen ist, und diese wird schon dann bejaht, wenn die Leistung mit Willen und Wissen des anderen erbracht wird (Krejci in Rummel2 Rz 1 zu § 1152 ABGB; Arb 8817 ua);

Unentgeltlichkeit müßte erwiesenermaßen vereinbart sein (Krejci aaO;

Arb.7337,7914,8457,9665 ua). Hier hat der beklagte Masseverwalter selbst zugegeben, daß er sich um eine - wenngleich geringfügige - Entlohnung des Klägers beim Konkursrichter bemüht habe, und das spricht zunächst dafür, daß der Kläger irgendwelche Leistungen für die Masse erbracht haben dürfte. Welcher Art und Intensität diese Leistungen waren, ist von den Vorinstanzen, die von anderen Rechtsansichten ausgegangen sind, nicht geklärt worden. Es muß deshalb auch in diesem Umfange die Rechtssache zur Verfahrensergänzung (Ausübung der materiellen Prozeßleitung gemäß den §§ 180 Abs 3 und 182 Abs 1 ZPO, Anstrebung von Außerstreitstellungen, allenfalls Beweisaufnahmen) und neuerlichen Entscheidung in die erste Instanz zurückverwiesen werden.

Zu den noch offenen Masseforderungen muß für den Fall, daß diese (teilweise oder ganz) als zu Recht bestehend erkannt werden sollten, doch auf die vom beklagten Masseverwalter einredeweise geltend gemachten, aber bisher nicht ausreichend bestimmt dargestellten und begründeten Gegenforderungen aus der angeblich schlechten Geschäftsführung des Klägers (§ 25 GmbHG) eingegangen werden. Dies unterblieb freilich bisher auf der Grundlage der anderen Rechtsansichten der Vorinstanzen.

Zu den Konkursforderungen (Punkt II):

In der Prüfungsklage hat der klagende Gesellschafter-Geschäftsführer seine Konkursforderungen folgendermaßen aufgegliedert:

a) Darlehen, die der GmbH in mehreren Tranchen bis 31.12.1985 gewährt worden seien;

b) Guthaben auf dem Verrechnungskonto zum Stichtag 31.12.1985;

c) Bezahlung einer Honorarforderung des Steuerberaters der Gesellschaft;

d) Gehaltsansprüche und Urlaubsentschädigungsansprüche für die Jahre 1985 bis 1988 zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung über das Vermögen der Gesellschaft.

Zu den Gehalts- und Urlaubsentschädigungsansprüchen hat der Kläger erläuternd vorgebracht, daß er diese Ansprüche gestundet habe, um die Liquidität der Gesellschaft zu verbessern (Seite 4). In seiner Parteienaussage behauptete er, die Gesellschaft sei zwar im Jahre 1986 infolge von Konkursen "anderer Firmen" (offenbar Geschäftspartner) in "Liquiditätsschwierigkeiten" gekommen, es seien gleichzeitig auch "die Zessionskredite zurückgegangen" (Seite 47) und es habe sich die Gesellschaft aus Großgeschäften zurückgezogen, weil "solche Einbrüche nicht verkraftbar" gewesen seien, es wäre aber von der Liquidität der Gesellschaft her trotzdem möglich gewesen, auch im Jahre 1985 und danach die Gehaltsansprüche durch Entnahmen zu befriedigen, er habe sich aber gegenüber der Stmk.Bank nicht vorrangig stellen wollen, habe es (offenbar das Gehalt) auch nicht unbedingt notwendig gehabt und die Nichtentnahme des Gehalts habe "dem Geschäft gutgetan" (Seite 49). Zu dem Teilanspruch "Guthaben am Verrechnungskonto" erklärte sich der Kläger außerstande anzugeben, ob es sich hiebei um nicht behobenen Gewinnanteil oder um Zinsen aus der Darlehensgewährung an die Gesellschaft handle (Seite 45); bezüglich der Darlehen gab er an, es habe diesbezüglich keinerlei Vereinbarung ("mit mir selbst"), insbesondere bezüglich einer Rückzahlungsverpflichtung und Verzinsung gegeben (Seite 41).

Den Prozeßakten kann nicht entnommen werden, daß der beklagte Masseverwalter im Verfahren erster Instanz jemals den Einwand erhoben hätte, es handle sich bei den als Konkursforderungen geltend gemachten Forderungen um nachrangige, die im Sinne der schon anerkannten oder noch fortzuentwickelnden Regeln über die Behandlung Eigenkapital ersetzender Darlehen und anderer wirtschaftlich gleichzubehandelnder Gesellschafterleistungen vom Kläger nicht mit Erfolg geltend gemacht werden könnten. Dieses Rechtsinstitut wurde allem Anschein nach von den beiden Vorinstanzen ohne Erörterung mit den Prozeßparteien bloß aufgrund der Behauptung des Klägers in der Klage, er habe der Gesellschaft, um ihre Liquidität zu verbessern, seit 1985 namhafte Gehaltsansprüche gestundet (Seite 2), angewendet. Dieser Mangel hat, wie sich aus den folgenden Darlegungen ergeben wird, in mehrfacher Hinsicht ein zur richtigen rechtlichen Beurteilung der Sache erhebliches Sachverhaltsdefizit bewirkt, sodaß die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben werden müssen und die Rechtssache der ersten Instanz zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen ist. Dort wird die Rechtssache in Anwendung der §§ 180 Abs 3 und 182 Abs 1 ZPO mit den Prozeßparteien unter Bedachtnahme auf die noch aufzuzeigenden Gesichtspunkte rechtlicher Art zu erörtern und nach entsprechenden Außerstreitstellungen und/oder erforderlichden Beweisaufnahmen neuerlich abzuhandeln und zu entscheiden sein.

2) Nur insoweit es sich um die vom Kläger behauptete Darlehensgewährung an die Gesellschaft handelt (lit a oben), gibt es mit den beiden oberstgerichtlichen Entscheidungen, die zur Rechtsmittelzulässigkeit zitiert wurden, Vorjudikatur, die allerdings einer Ergänzung bedarf. Sowohl Ostheim (in WBl 1991,400 f, insbes.402 zu 8 Ob 8/91 und in JBl 1992,448 f, insbes.450 zu 1 Ob 617/91) als auch Karsten Schmidt (in GesRZ 1993,8 f, insbes.13 f zu 8 Ob 9/91) haben in ihren Entscheidungsbesprechungen zutreffend darauf hingewiesen, daß nicht nur das Gewähren von Kredit in der Krise, sondern auch das "Stehenlassen" von Krediten, die in nicht kritischer Zeit gewährt worden sind (Ostheim: "neutrales Darlehen"; JBl 1992,450), in der Krise den gleichen Regeln gemäß zu behandeln sei; auf den genauen Zeitpunkt komme es dabei nicht an.

Diese Gleichstellung wird auch vom erkennenden 8.Senat prinzipiell bejaht, denn es wird aus der maßgeblichen betriebswirtschaftlichen Sicht, die das Wesentliche der Kreditgewährung in der bewußten Überlassung von Liquidität erblickt, derselbe Effekt erreicht (Karsten Schmidt aaO 14). Deshalb kann, wie Karsten Schmidt (aaO) richtig schließt, das Belassen ("Stehenlassen") von Fremdmitteln im Gesellschaftsvermögen eine eigenkapitalersetzende Finanzierungsentscheidung sein. Eine derartige Entscheidung bedarf jedoch nach Ansicht des erkennenden 8.Senates jedenfalls einer - durchaus und sogar in der Regel nur erschließbaren, also konkludenten - Bewußtseinslage: es ist erforderlich, daß der Anspruch des Gesellschafters gegen die Gesellschaft über den Zeitpunkt hinaus, von dem an ordentliche Kaufleute der Gesellschaft Eigenkapital zugeführt hätten, weil sie zu marktüblichen Bedingungen am Kapitalmarkt kein Fremdkapital mehr ohne Besicherung durch Gesellschafter oder Dritte bekommen hätte, bewußt nicht geltend gemacht wurde. Ist, wie im vorliegenden Fall, der solcherart der Gesellschaft Liquidität verschaffende Gesellschafter dominanter Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft, so darf prima facie die Annahme zugrundegelegt werden, daß ihm wie einem ordentlichen Kaufmann die Kreditunwürdigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt auf der Basis der dafür relevanten betriebswirtschaftlichen Tatsachenvoraussetzungen bewußt gewesen ist. Hier ist sicherlich ein gewichtiges Indiz dafür, daß dem Kläger die (objektiv) kritische Kreditsituation der Gesellschaft schon im Jahre 1986 und danach bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung über ihr Vermögen, die auf Antrag eines Gläubigers erfolgte, bewußt war, in seinem Eingeständnis von Liquiditätsschwierigkeiten der Gesellschaft und in der offenkundig damit im Zusammenhang stehenden Gewährung und Belassung von Krediten, im "Stehenlassen" (durch Stundung) von Gehalts- und Urlaubsentschädigungsforderungen in fortlaufender Reihe bis zur Konkurseröffnung sowie in der Bezahlung einer Gesellschaftsschuld (Honorar des Steuerberaters der Gesellschaft) zu erblicken.

Es ist weiters erforderlich, daß die Gesellschaft bereits zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Konkurseröffnung kreditunwürdig war - auf den genauen Zeitpunkt kommt es dabei, wie schon erwähnt, nicht an - und damals vom Kläger die der Gesellschaft gewährten Kredite "stehengelassen" bzw die gegen sie bestehenden Forderungen gestundet wurden. Sollte jedoch ausnahmsweise der Eintritt der Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft mit der Antragstellung auf Konkurseröffnung über ihr Vermögen zeitlich zusammenfallen, kann von einem "Stehenlassen" bzw. "Nicht-geltend-Machen" in der Krise nicht gesprochen werden. Prima facie ist freilich das zeitliche Vorangehen der Krise im Falle eines permanenten Liquiditätsschwierigkeiten folgenden Insolvenzverfahrens anzunehmen.

Der erkennende 8.Senat des Obersten Gerichtshofes ist der Ansicht, daß auch in der Stundung der Geldforderungen, die der Kläger gegen die Gesellschaft behauptet, eine dem eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen gleichwertige Art der Zuführung von Liquidität an die Gesellschaft liegen kann, wenn die sonst für jenes geforderten Voraussetzungen vorliegen. Dies träfe auch auf das "Stehenlassen" des angeblichen Guthabens des Klägers am Verrechnungskonto der Gesellschaft zu, wenn diese Forderung im fortgesetzten Verfahren erster Instanz noch ausreichend substantiiert und erwiesen werden sollte.

Dem Verjährungseinwand des beklagten Masseverwalters gegen die stehengelassenen Gehaltsansprüche des Klägers ist entgegenzuhalten, daß eine "reine" Stundung, welche die Fälligkeit unberührt läßt, aber ihre Geltendmachung hinausschiebt, den Lauf der Verjährungsfrist hemmt (Koziol-Welser, Grundriß I9 226 mwN in FN 5, insbes.OGH in JBl 1988, 447; Schubert in Rummel2 Rz 2 zu § 1478 ABGB).

Zur Frage der Darlegungs- und Beweislast ist zusätzlich zu dem bereits angeführten prima-facie-Beweis auf die schon in der Entscheidung des 1.Senates vom 20.11.1991, 1 Ob 617/91 (SZ 64/160 = RdW 1993,143 = JBl 1992,444) dargelegte allgemeine Regel zu verweisen, daß sie den treffe, der für sich aus diesem Institut günstige Schlüsse ableiten will.

Da sich im vorliegenden Fall der danach im grundsätzlichen darlegungs- und beweispflichtige beklagte Masseverwalter noch in keiner Weise zur Einordnung der Forderungen des Klägers in das Institut der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen geäußert hat, ist das Erstgericht auf die zusammenfassenden Darstellungen insbesondere Karsten Schmidts (in GesRZ 1993,8 f, insbes. 12-13) und zuletzt auch Thierys (in FS Frotz, 841 f, insbes. 853) bezüglich der im wesentlichen drei Fallgruppen (Sanierungsdarlehen zur Abwendung drohenden Konkurses, Finanzplankredite, die von vornherein zur Krisenfinanzierung bestimmt sind, und im Zustande der Kreditunwürdigkeit gewährte oder stehengelassene Darlehen) zu verweisen, mit deren Hilfe die materielle Prozeßleitung im Sinne der §§ 180 Abs 3 und 182 Abs 1 ZPO im konkreten Fall ausgeübt werden kann.

Aus den dargelegten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Der Ausspruch über die Prozeßkosten beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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