OGH 5Ob2119/96w

OGH5Ob2119/96w27.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schwarz, Dr. Floßmann, Dr. Adamovic und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Alfred K*****, Bundesbediensteter, ***** vertreten durch Dr. Wenzel Drögsler, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Hildegard W*****, Hauseigentümerin, ***** wegen § 37 Abs 1 Z 8, 11 und 12 MRG, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Teilsachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12. März 1996, GZ 40 R 101/96s-18, womit der Teilsachbeschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 15. Dezember 1995, GZ 5 Msch 15/95d-13, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß der erstgerichtliche Teilsachbeschluß wiederhergestellt wird.

Text

Begründung

Das gemäß § 40 Abs 2 MRG angerufene Erstgericht verpflichtete die Antragsgegnerin in einem Verfahren gemäß § 37 Abs 1 Z 8, 11 und 12 MRG mit Teilsachbeschluß zur Legung einer Hauptmietzins- und Betriebskostenabrechnung für die Jahre 1990 bis 1994 unter Androhung einer Ordnungsstrafe von S 10.000. Es ging hiebei im wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:

Die Antragsgegnerin (Mehrheitseigentümerin des Hauses) erstellte für die Jahre 1990 bis 1992 Abrechnungen. Die Vorlage dieser Abrechnungen und die Einsichtnahmegewährung in diese Belege erfolgte dergestalt, daß die Antragsgegnerin nach telefonischer Ankündigung an eine der im Hause wohnenden Altmieterinnen an einem Nachmittag mit den Belegen in die Wohnung einer der Mieterinnen kam. Die Verständigung der übrigen Mieter erfolgte durch die telefonisch kontaktierte Mieterin. An diesem Nachmittag war die Antragsgegnerin dann mit der Belegmappe in der Wohnung anwesend. In ihrer Gegenwart konnte Einsicht in die Belege genommen werden, diese Einsichtnahme(möglichkeit) erstreckte sich daher auf einige Stunden. Es konnte nicht festgestellt werden, daß über diese Abrechnungen hinaus weitere Abrechnungen vorgelegt wurden. Auch liegen dem Gericht trotz Auftrag an die Antragsgegnerin keine weiteren Abrechnungen für die Folgeperioden vor.

Das Erstgericht hielt sowohl die Art der Einsichtgewährung als auch die vorgelegten Abrechnungen für unzureichend. So fordere § 20 MRG für die Hauptmietzinsabrechnung, daß allen Einnahmen des Hauseigentümers aus Vermietung (zuzüglich den fiktiven Einnahmen aus Leerstehung) die Ausgaben wie Erhaltungs- und Verbesserungskosten, Investitionskosten und Vermögenssteuer gegenüberzustellen seien, woraus sich dann ein Unterschiedsbetrag nach Gegenüberstellung der Beträge ergäbe, der Mietzinsabgang bzw die Mietzinsreserve. Den Abrechnungen der Antragsgegnerin sei keine Einnahmenseite zu entnehmen, was auch nicht verwundere, da die Antragsgegnerin ausgeführt habe, daß die Einnahmenseite die Mieter nichts angehe. Letztlich bestehe die den Mietern zur Verfügung gestellte Mietzinsabrechnung lediglich in einer Aufstellung der vom Mieter erbrachten Zahlungen, der die nach Ansicht der Antragsgegnerin einzuhebenden Beträge gegenübergestellt würden. Die als Mietenabrechnung bzw als Jahresabrechnung bezeichnete Abrechnung der Antragsgegnerin sei wohl in ihrer oberen Hälfte als Betriebskostenabrechnung aufzufassen, auch diese Abrechnung sei in keiner Weise dem Gesetz entsprechend nachvollziehbar. Es seien weder Belegdaten noch sonstige ordentliche Kriterien angeführt, es würden lediglich für einzelne Positionen wie Wasser, Rauchfangkehrer, Rattenvertilger und ähnliches Gesamtsummen ausgeworfen, eine nähere Aufschlüsselung finde nicht statt. Aus den von der Antragsgegnerin dem Gericht vorgezeigten Belegen ergebe sich, daß offenkundig die unter den jeweiligen Positionen im Jahr angelaufenen Kosten addiert und lediglich die Gesamtsumme in der Abrechnung ausgeworfen worden sei. Da die Antragsgegnerin nicht bereit gewesen sei, die Belegsammlung dem Gericht zu überlassen, sei auch eine stichprobenartige Nachkontrolle der Abrechnung nicht möglich gewesen. Auch im Bereich der Betriebskostenabrechnung wäre es allerdings erforderlich, die aufgelaufenen Betriebskosten, die näher zu bezeichnen und den vorhandenen Belegen näher zuzuordnen wären, den Betriebskostenakontozahlungen, daher den Einnahmen gegenüberzustellen, um allfällige Nachforderungen nachvollziehen und schlüssig begründen zu können. Auch daran fehle es bei den vorliegenden Abrechnungen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin Folge und wies den Antrag, der Antragsgegnerin aufzutragen, eine Hauptmietzins- und Betriebskostenabrechnung "für die verfahrensgegenständlichen Jahre" zu legen, ab. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es für nicht zulässig, weil keine wesentliche Rechtsfrage vorliege. Es führte folgendes aus:

Der Antragsteller habe mit Antrag vom 2.8.1994 vor der Schlichtungsstelle beantragt, die Liegenschaftseigentümer "verhalten zu wollen, eine Hauptmietzinsabrechnung für die verfahrensgegenständlichen Jahre zu legen". Zuvor sei der Antragsteller erfolglos aufgefordert worden, den Antragszeitraum zu konkretisieren. Das Begehren des einer Entscheidung zugrunde liegenden Sachantrages müsse im Zusammenhang mit dem Vorbringen hinreichend bestimmt sein, und sei die Partei, wenn das nicht der Fall sei, zu einer entsprechenden Erklärung anzuleiten. Im vorliegenden Fall sei vollkommen unklar, hinsichtlich welcher Kalenderjahre die Liegenschaftseigentümer zur Legung einer Abrechnung verpflichtet werden sollten, und sei es dabei geblieben, obwohl eine entsprechende Aufforderung von der Schlichtungsstelle erfolgt sei. Eine solche Unbestimmtheit des Antrages bei vorgeschalteter Schlichtungsstelle (§ 39 MRG) könne vor Gericht nicht mehr beseitigt werden. Der bezughabende Antrag sei daher mangels ausreichender Bestimmtheit abzuweisen. Zusätzlich seien für die Abrechnung gemäß § 20 MRG sämtliche Vermieter verantwortlich, die im Fälligkeitszeitraum Vermieter seien, somit nicht nur die letztlich verbliebene Antragsgegnerin. Dies unabhängig von der Außerstreitstellung, daß die gegenständliche Wohnung der Antragsgegnerin zur alleinigen Benützung zur Verfügung stehe. Mietvertragspartner des Antragstellers sei die Gesamtheit der Liegenschaftseigentümer.

Weiters traf das Rekursgericht Aussagen zu den noch offenen Anträgen gemäß § 37 Abs 1 Z 8 und 12 sowie Abs 4 MRG.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß dem Rekurs der Antragsgegnerin gegen den erstgerichtlichen Teilsachbeschluß nicht Folge gegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen und "abzulehnen".

Der Revisionsrekurs ist im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtsentwicklung zulässig, er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, sein Antrag an die Schlichtungsstelle vom 2.8.1994 sei hinsichtlich der abzurechnenden Kalenderjahre im Zusammenhang mit seinem ursprünglichen Antrag vom 15.4.1993 ausreichend bestimmt. Der Antrag sei vorerst gegen sämtliche Liegenschaftseigentümer eingebracht worden. Erst nach der Außerstreitstellung vom 2.5.1995, daß die gegenständliche Wohnung der Antragsgegnerin zur alleinigen Benützung zur Verfügung stehe, und deren Verzicht auf den Einwand der Solidarhaftung habe der Antragsteller die Anträge gegen die übrigen Liegenschaftseigentümer zurückgezogen.

Mit dieser Argumentation ist der Rechtsmittelwerber im wesentlichen im Recht.

An die Bestimmtheit eines Begehrens in einem außerstreitigen Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 11 MRG sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Es reicht für eine sachliche Erledigung aus, wenn das Begehren im Zusammenhang mit dem Sachvorbringen wenigstens erkennbar ist (vgl 5 Ob 13/95 mwN).

Im vorliegenden Fall war das Begehren des Antragstellers schon vor der Schlichtungsstelle - trotz des von dieser erteilten, vom Rekursgericht erwähnten Auftrages, den Antragszeitraum zu konkretisieren - hinreichend erkennbar. Der (zusätzliche) Antrag gemäß § 37 Abs 1 Z 11 MRG vom 2.8.1994, über den das Erstgericht mit Teilsachbeschluß entschieden hat, bezog sich auf "die verfahrensgegenständlichen Jahre", der das Verfahren vor der Schlichtungsstelle einleitende Antrag vom 15.4.1993 auf "die letzten drei Jahre". Nicht nur für den Antragsteller und das Erstgericht, sondern auch für die Antragsgegnerin (vgl Schlichtungsstellen-Akt S 15 und 71) war immer klar, daß damit der Zeitraum ab 1990 (der Antragsteller ist 1994 ausgezogen) gemeint war. Der erkennende Senat vermag daher der Meinung des Rekursgerichtes, der Abrechnungszeitraum sei vollkommen unklar, der Antrag sei schon mangels ausreichender Bestimmtheit abzuweisen, nicht beizutreten.

Dem Rekursgericht ist zuzugeben, daß ein Antrag gemäß § 37 Abs 1 Z 11 MRG gegen alle - sogar noch im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen beizuziehenden - Vermieter zu richten ist (MietSlg 38.538; 5 Ob 1055/95; vgl Würth in Rummel2 § 20 MRG Rz 9) und daß trotz Benützungsregelung alle Miteigentümer Vermieter sind, weil der Benützungsberechtigte eine Verfügung auch als Vertreter der anderen Miteigentümer vornimmt (2 Ob 520/95 = EvBl 1995/186 = JBl 1996, 256 = SZ 68/70 mwN).

Im vorliegenden Fall wurde das Verfahren zunächst vor der Schlichtungsstelle ohnehin gegen alle Miteigentümer eingeleitet, die somit rechtliches Gehör hatten. Vor Gericht wurde sodann am 2.5.1995 außer Streit gestellt, daß die gegenständliche Wohnung zur alleinigen Benützung der Antragsgegnerin zur Verfügung steht; diese verzichtete gegenüber dem Antragsteller und den beiden übrigen in Anspruch genommenen Miteigentümern der Liegenschaft auf den "Einwand der Solidarhaftung"; auf Grund dessen zog der Antragsteller seine Anträge gegen die übrigen Liegenschaftseigentümer zurück.

Die Äußerung der Antragsgegnerin vom 2.5.1995 ist dahin zu verstehen, daß sie sich hinsichtlich der gestellten Anträge für allein verantwortlich erklärt hat. Zwischen allen ursprünglich am Verfahren Beteiligten bestand Einvernehmen darüber, daß letztlich nur die Antragsgegnerin leistungspflichtig wäre. Der erkennende Senat hat bei einer derartigen Fallgestaltung keine Bedenken dagegen, daß das Erstgericht das Verfahren nur gegen die Antragsgegnerin weitergeführt und nur diese zur Legung gesetzmäßiger Abrechnungen verpflichtet hat (vgl auch Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 37 MRG Rz 50).

Die vom Rekursgericht herangezogenen Abweisungsgründe sind somit nicht gegeben. Da das Erstgericht richtig erkannt hat, daß die von der Antragsgegnerin erstellten Abrechnungen (soweit solche überhaupt vorgelegt wurden) in formaler Hinsicht dem Gesetz nicht entsprechen (vgl Würth in Rummel2 § 20 MRG Rz 9, § 21 MRG Rz 10 b), war dessen Teilsachbeschluß wiederherzustellen.

Auf die Ausführungen des Rekursgerichtes zu Anträgen, über die das Erstgericht noch nicht entschieden hat, ist nicht einzugehen.

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