OGH 5Ob13/95

OGH5Ob13/9531.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerinnen 1.) Aloisia M*****, 2.) Theresia H*****, 3.) Agnes L*****, 4.) Antonia M*****, 5.) Erna R*****, und 6.) Anna H*****, alle vertreten durch Mag.Günther Weber und Lydia Stockner, Funktionäre des Mieterschutzverbandes Österreichs, Landesorganisation Steiermark, 8010 Graz, Sparbersbachgasse 61, wider den Antragsgegner Berufsverband *****, vertreten durch Dr.Thomas Stampfer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Überprüfung der Betriebskosten (§ 37 Abs 1 Z 12 MRG) infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragstellerinnen gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 5.Oktober 1994, GZ 3 R 65/94-42, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 19. November 1993, GZ 7 Msch 12/91-37, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen (betreffend Betriebskostenüberprüfung) werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Revisionsrekursbeantwortung des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsgegner ist der Eigentümer des Hauses *****. Die Antragstellerinnen benützen in diesem Haus je eine Wohnungseinheit.

Mit dem am 23.3.1990 bei der Schlichtungsstelle eingebrachten Schriftsatz beantragten die Antragstellerinnen die Überprüfung der Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 1987 bis 1989 "hinsichtlich der geltend gemachten Positionen" und die Rückzahlung allfälliger Überschreitungsbeträge. Den Antragstellerinnen als Mieterinnen würden als Betriebskosten auch Erhaltungsarbeiten verrechnet. Andere gestellte Anträge sind nicht mehr Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens.

Das gemäß § 40 Abs 1 MRG angerufene Erstgericht wies das Begehren auf Überprüfung der Betriebskostenabrechnungen der Jahre 1987 bis 1989 ab, weil eine derartige Abrechnung gegenüber dem Antragstellerinnen nicht ergangen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerinnen nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs - mangels erheblicher Rechtsfrage - nicht zulässig sei. Es führte folgendes aus:

Mache der Vermieter, wie hier, von der Möglichkeit der Pauschalverrechnung Gebrauch, habe er bis spätestens 30.6. des Folgejahres eine Abrechnung der im Vorjahr fällig gewordenen Betriebskosten und öffentlichen Abgaben vorzunehmen. Diese zeige dann, ob die gleichbleibenden Teilbeträge zur Deckung der fällig gewordenen Betriebskosten ausreichten oder ob ein Überschuß zurückzuzahlen oder ein Fehlbetrag zu entrichten sei (§ 21 Abs 3 MRG). Ob nun die vorliegenden Abrechnungen des Antragsgegners (Beilagen D bis F und 1 bis 6) als ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnungen anzusehen seien, bedürfe keiner näheren Prüfung. Auch wenn im Sinne der Rekursausführungen eine Überprüfbarkeit dieser Abrechnungen angenommen werden würde, wäre nämlich für die Rekurswerberinnen im Ergebnis nichts gewonnen, weil ihrem Antrag jedenfalls die erforderliche Bestimmtheit fehle. Die Antragstellerinnen hätten zunächst global die Überprüfung der Betriebskostenabrechnung für die Jahre 1987 bis 1989 "hinsichtlich der geltend gemachten Positionen" begehrt. Dazu hätten sie nur vorgebracht, daß in den Betriebskostenabrechnungen Positionen ausgewiesen seien, die keine Betriebskosten darstellten, ohne diese Positionen jedoch näher zu bezeichnen. In der Folge hätten sie vor der Schlichtungsstelle zwar erklärt, daß sich der Antrag auf die Punkte 7.) bis 26.) der sogenannten Betriebskostenabrechnung, welche Erhaltungsarbeiten beträfen, beziehe. Auch damit sei jedoch keine ausreichende Konkretisierung vorgenommen worden, zumal die Abrechnungen für 1987 und 1989 weniger als 26 Positionen aufwiesen. Damit lasse der Antrag alle im Rahmen des § 37 Abs 1 Z 12 MRG gebotenen Überprüfungsmöglichkeiten offen. Dieser Mangel könne auch nicht mehr saniert werden, weil eine Ausfüllung eines unbestimmten Antrages mit bestimmten Inhalten erst im Verfahren vor dem Gericht nicht in Betracht komme (MietSlg 42.379, 39.559).

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerinnen mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im stattgebenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Antragstellerinnen machen im wesentlichen geltend, ihr Antrag auf Betriebskostenüberprüfung sei hinreichend bestimmt gewesen.

Dem Antragsgegner wurde die Einbringung einer Revisionsrekursbeantwortung freigestellt (Zustellung am 16.12.1994); er hat hievon fristgerecht keinen Gebrauch gemacht. Die erst am 27.1.1995 zur Post gegebene Revisionsrekursbeantwortung war als verspätet zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Vorweg wird auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts zur Anwendbarkeit des MRG hingewiesen.

An die Bestimmtheit eines Begehrens in einem außerstreitigen Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 12 MRG sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Es reicht für eine sachliche Erledigung aus, wenn das Begehren im Zusammenhang mit dem Sachvorbringen wenigstens erkennbar ist (Würth in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 515 f; 5 Ob 113/92 = EWr I/37/20; zuletzt 5 Ob 100/94).

Die von den Rechtsmittelwerberinnen als erheblich bezeichnete Frage der Nachholbarkeit der Präzisierung eines unbestimmten Antrages erst vor Gericht stellt sich nicht, weil noch vor der Schlichtungsstelle eine hinreichende Präzisierung vorgenommen wurde. Die Antragstellerinnen haben nämlich in der Verhandlung vom 9.8.1990 vorgebracht, daß sich ihr Antrag auf die Abrechnungspunkte 7.) bis

26.) beziehe, welche - ihrer Ansicht nach - Erhaltungsarbeiten beträfen. Ihr Anliegen ist unschwer dahin zu verstehen, daß die Überprüfung der Jahresabrechnungen 1987 bis 1989 in der Form begehrt wird, es möge festgestellt werden, daß der Vermieter nicht berechtigt sei, ihnen die in den genannten Positionen bezeichneten Auslagen für Erhaltungsarbeiten als Betriebskosten vorzuschreiben (vgl MietSlg 38.531; LGZ Wien MietSlg 42.379; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 37 MRG Rz 21); zu Unrecht vorgeschriebene Beträge mögen zurückbezahlt werden.

Zum Hinweis des Rekursgerichtes, die Abrechnungen für 1987 und 1989 würden weniger als 26 Positionen aufweisen, ist zu bemerken, daß darin ein Überprüfungshindernis für 1988, für welches Jahr die Abrechnung ohnehin 26 Positionen aufweist, keinesfalls gesehen werden kann. Für 1987 und 1989 ist der Antrag so zu verstehen, daß er sich auf alle Positionen ab 7.) [das heißt 7.) bis 21.) bzw. 7.) bis 25.)] erstreckt.

Da das Begehren der Antragstellerinnen somit wenigstens erkennbar ist, hätten sich die Vorinstanzen damit inhaltlich auseinandersetzen müssen. Dies ist unterblieben, weshalb dem Revisionsrekurs im Sinne des Aufhebungsantrages Folge zu geben war.

Im fortgesetzten Verfahren wird die von den Antragstellerinnen angestrebte inhaltliche Prüfung der Betriebskostenabrechnungen 1987 bis 1989 nachzuholen sein. Ob diese Abrechnungen überhaupt im Sinne des § 21 Abs 3 MRG vorgenommen wurden, ist mangels entsprechenden Antrages nicht Gegenstand des Verfahrens (vgl MietSlg 40.520).

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