OGH 10ObS2307/96d

OGH10ObS2307/96d20.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Theodor Zeh (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mario Medjimorec (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Judith F*****, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram und Dr. Anton Ehm, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. April 1996, GZ 10 Rs 25/96m-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 14. November 1995, GZ 13 Cgs 130/95t-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates können Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen bereits vom Berufungsgericht verneint wurden, wie hier die Unterlassung der Bestellung von Sachverständigen für Orthopädie und Berufskunde, im Revisionsverfahren nicht neuerlich mit Erfolg geltend gemacht werden (SSV-NF 7/74 ua). Dem Obersten Gerichtshof ist daher ein Eingehen auf die Ausführungen zur Mängelrüge der Revision verwehrt.

Der Einwand, daß die der medizinischen Einschätzung zugrunde liegenden Richtlinien von einem Direktor der Beklagten aufgestellt worden seien, betrifft den irrevisiblen Tatsachenbereich. Im übrigen sei die Revisionswerberin auf den Inhalt des Protokolls vom 14.11.1995 verwiesen, wonach ihre konkrete Einschätzung unter Berücksichtigung ihrer Situation ohnehin über die sich aus der Rententabelle ergebende Minderung der Erwerbsfähigkeit vorgenommen wurde.

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Es sei nur folgendes ausgeführt:

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des mit der sozialen Unfallversicherung befaßten Senates des Obersten Gerichtshofes, daß die Minderung der Erwerbsfähigkeit (= MdE) grundsätzlich abstrakt zu prüfen und anhand der veröffentlichten Rententabellen nachvollziehbar zu begründen ist (SSV-NF 1/64 = SZ 60/262 = JBl 1988, 259 = DRdA 1989, 128; SSV-NF 3/19, 7/52, 7/127, 7/130; 10 ObS 13/95, 10 ObS 164/95, 10 ObS 177/95; 10 ObS 2022/96t; ebenso auch Grillberger, Österr.Sozialrecht2, 67 f sowie Gitter, Sozialrecht3, 133 f). Auf Grund dieses für die Ermittlung der MdE maßgeblichen Prinzips der abstrakten Schadensberechnung wird die Versehrtenrente sowohl dann gewährt, wenn im konkreten Fall kein Lohnausfall entstanden ist oder sogar ein höheres Einkommen erzielt wird (10 ObS 2022/96t mwN), als auch, wenn ein Versicherter seinen früheren Beruf nicht mehr ausüben kann und damit allenfalls ein Einkommensentfall einhergeht (10 ObS 2022/96t mwN; Grillberger aaO 68). Die vom Erstgericht im Rahmen der Sachverhaltsfeststellungen wiedergegebene Einschätzung der MdE auf Grund des Gutachtens des medizinischen Sachverständigen ist hiebei ein zum Tatsachenbereich gehöriger Akt der irrevisiblen Beweiswürdigung (SSV-NF 3/90, 5/125, 6/15, 10 ObS 2022/96t). Der Senat hat stets daran festgehalten, daß Grundlage für die Ermittlung der MdE regelmäßig ein ärztliches Gutachten über die Unfallfolgen und deren Auswirkungen ist; diese medizinische MdE, die auch auf die Verhältnisse auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Bedacht nimmt, ist im allgemeinen dann aber auch die Grundlage für die rechtliche Einschätzung der MdE (stRsp SSV-NF 1/64, zuletzt SSV-NF 9/26; jüngst 10 ObS 55/96, 10 ObS 2022/96t mwN).

Nur unter besonderen Umständen sind die Ausbildung und der bisherige Beruf des Versicherten zur Vermeidung unbilliger Härten angemessen zu berücksichtigen und der Grad der MdE abweichend von der medizinischen Einschätzung höher einzuschätzen (SSV-NF 9/26; 10 ObS 2022/96t). Daß ein solcher besonderer Härtefall bei der Klägerin, die als Hauswartin keinen spezifischen Fachberuf ausübte, vorliege, wurde nicht einmal behauptet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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