OGH 10Ob2063/96x

OGH10Ob2063/96x25.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Steinbauer, Dr. Tittel und Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred D*****,***** ***** vertreten durch Dr. Hans Eckhard Ruby, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Dr. Johannes S*****, Rechtsanwalt, ***** vertreten durch Dr. Ernst Gruber, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 322.514,37 s. A., infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25. Jänner 1996, GZ 15 R 192/95-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20. Juni 1995, GZ 5 Cg 74/94b-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Revision bilden weitere Verfahrenskosten.

Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei, deren Kosten sie selbst zu tragen hat, wird als verspätet zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger verkaufte 1986 seine Liegenschaft EZ 495 KG T***** (Gerichtsbezirk H*****) samt Wohnhaus an Birgitt S***** (späterer Familienname K*****), eine Schwester des Beklagten, sowie deren (späteren) Ehemann Rainer K*****, wobei der Kaufpreis S 2,000.000 betrug. Die Hälfte war zugleich mit der verbücherungsfähigen Fertigung des Vertrages durch den Verkäufer und der wertgesicherte Rest von S 1,000.000 in monatlichen Raten zu je S 6.000 (ab dem vierten Jahr nach Vertragsunterfertigung auch mit einer Verzinsung von 5,25 % p.a.) zu bezahlen. Dieser Vertrag wurde vom Beklagten errichtet. Eine grundbücherliche Sicherstellung der Kaufpreisrestforderung wurde hierin nicht vorgesehen. Vom Gesamtkaufpreis wurden S 1,7 Mio über einen Bankkredit finanziert, zu dessen Besicherung der kreditierenden Bank im ersten Rang ein Pfandrecht samt Nebengebührensicherstellung eingeräumt wurde. Die Käufer gerieten in der Folge mit ihren Ratenzahlungen in Rückstand. Ab Februar 1992 haften diese überhaupt unberichtigt aus. Auf Betreiben des Klägers und weiterer Gläubiger wurde die Liegenschaft schließlich zwangsversteigert, wobei allerdings der Kläger keine Befriedigung erlangte.

Mit der Behauptung, daß der Beklagte trotz Aufforderung nicht für eine Sicherstellung des Restkaufpreises Sorge getragen habe, begehrt der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung seines mit S 322.514,37 s.A. bezifferten Zinsschadens bis einschließlich 1.9.1994.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren mit der Behauptung, lediglich von der Käuferseite mit der Wahrnehmung deren Interessen beauftragt worden zu sein; der Kläger und Verkäufer habe sich hingegen anderweitig rechtlich beraten lassen und auch nie eine Sicherstellung des Restkaufpreises begehrt. Er habe den Vertrag sowohl in Kenntnis der Fremdfinanzierung als auch des Fehlens von Sicherheiten unterfertigt. Außerdem treffe den Kläger "ein solches Mitverschulden, daß Culpakompensation eintrete". Da das Mandatsverhältnis nur zu seiner Schwester bestanden habe und unentgeltlich gewesen sei, käme überhaupt nur eine Haftung bei grober Fahrlässigkeit zum Tragen. Da der Kläger auch nicht unverzüglich nach Erkennen, daß eine Sicherstellung im Vertrag nicht enthalten sei, diese betrieben habe, habe er seine Schadensminderungspflicht verletzt.

Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, daß das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es traf hiezu - zusammengefaßt - nachstehende Feststellungen:

Der Kläger hatte den Vertrag eines früheren Hausverkaufs bei Notar Dr. L***** errichten lassen und schlug im Zuge der Vertragsgespräche daher zunächst diesen als Vertragserrichter vor. Allerdings ersuchte ihn die Käuferin S*****, ob es dem Kläger etwas ausmache, wenn ihr Bruder den Vertrag errichte, weil ihr das dann nichts kosten würde. Der Kläger sprach hierauf - als er sich gerade bei der Schwester des Beklagten aufhielt - telefonisch mit diesem und fragte ihn, ob "er das alles übernimmt" und erwähnte dabei neuerlich Notar Dr. L*****. Der Beklagte antwortete sinngemäß, der Kläger brauche sonst niemanden beizuziehen, er werde ihn "genauso berücksichtigen", er brauche also niemand anderen zu konsultieren, und er (der Beklagte) werde das, wie vorgesehen, "für beide abschließen".

Im Zuge der Vertragsgespräche fragte der Kläger die Käufer, wie sie den Restkaufpreis finanzieren würden, und erwähnte, daß er seine Forderung sichergestellt haben möchte. Die Käufer erwiderten, daß dies ohnehin selbstverständlich sei. Diesen ihm wesentlich erscheinenden Vertragspunkt hielt er auch handschriftlich auf einem Zettel fest, der auch Notizen der Käuferin S***** enthielt. Es ist davon auszugehen, daß der Beklagte von seiner Schwester erfuhr, daß der Kläger diese Sicherstellung wünschte. Für den Beklagten bestanden keine Anhaltspunkte, daß sich der Kläger anderweitig rechtlich beraten ließ; tatsächlich konsulierte dieser auch niemanden.

In der Folge erhielt der Kläger den vom Beklagten stammenden Vertragsentwurf, der aber eine grundbücherliche Sicherstellung des Restkaufpreises nicht enthielt. Frau S***** meinte, ihr Bruder habe das wahrscheinlich vergessen und werde es nachholen. Auch der tatsächlich unterfertigte Vertrag enthielt keine Sicherstellung. Der Kläger erhielt den Text desselben erst unmittelbar vor dem bei Notar Dr. L***** zur Unterschriftenbeglaubigung vereinbarten Termin am 29.10.1986. Während geringfügigere Vertragsergänzungen, welche fehlten, noch handschriftlich beigesetzt wurden, erklärte der Notar dem Kläger, der auch bezüglich der fehlenden Sicherstellung eine Korrektur des Vertrages wünschte, daß man hiefür mit einem handschriftlichen Zusatz nicht das Auslangen finde, sondern es einer eigenen vertraglichen Vereinbarung bedürfe. Da die Käuferin S***** dem Kläger zusicherte, "daß das nachgereicht werde", unterfertigte dieser dann doch den vorliegenden Vertrag. Da vom Beklagten im Vertrag die Katastralgemeinde der Liegenschaft unrichtig bezeichnet worden war, mußte der Kläger allerdings am 24.11.1986 ebenfalls beim selben Notar noch einen entsprechenden Nachtrag zum Kaufvertrag unterfertigen.

Für den Kläger war die grundbücherliche Sicherstellung der Restkaufpreisforderung von entscheidender Bedeutung. Wäre sie ihm nicht zugesichert worden, dann hätte er den Kaufvertrag nicht abgeschlossen bzw unterfertigt. Zur versprochenen Errichtung einer solchen Vertragsurkunde über die grundbücherliche Sicherstellung kam es jedoch nicht. Als der Kläger die Käufer erreichte, um diese zu urgieren, waren diese bereits mit der Ratenzahlung in Verzug geraten.

Der Beklagte verrechnete seiner Schwester für die Errichtung des Vertrages nichts. Er übernahm auch die Treuhandabwicklung im Zusammenhang mit der Aufnahme von Krediten bei der S*****bank, der auf Grund einer Schuld- und Pfandurkunde vom 7.11.1986 im vordersten Rang entsprechende Pfandrechte im Betrag von S 1,700.000 samt Nebengebührensicherstellung eingeräumt wurden. Wäre die Restkaufpreisforderung des Klägers im ersten Rang besichert worden, hätte die Bank den Kredit nicht in dieser Höhe gewährt. Dies hätte aber für den Kläger - zumindest nach rechtlicher Belehrung - keinen Grund dargestellt, auf die Sicherstellung zu verzichten oder sich mit einer solchen in einem dem Bankkredit nachgeordneten Rang zu begnügen, selbst wenn daran der Verkauf gescheitert wäre.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, daß der Beklagte für die Unterlassung der grundbücherlichen Sicherstellung des in Raten abzustattenden Kaufpreises hafte, wobei er seine Sorgfaltspflichten als Vertragsverfasser weniger durch mangelnde Belehrung als vielmehr durch die dem Kläger nachteilige Vertragsgestaltung, obwohl er Ausgewogenheit zugesagt hatte, verletzt habe. Erst dadurch sei der Kläger in die Situation geraten, einen Vertrag unterfertigen zu sollen, der die vereinbarte Sicherstellung nicht enthielt. Daß er sich als juristischer Laie gegen Zusicherung der Nachbringung der Unterschriftsleistung beim Notar bewegen habe lassen, begründe ebensowenig ein Mitverschulden wie die Unterfertigung des (wegen der falsch bezeichnet gewesenen Katastralgemeinde im Kaufvertrag erforderlich gewordenen) Nachtrages, die der Kläger verständlicherweise nicht mit der Frage der Sicherstellung verknüpft habe. Selbst bei einer dem Pfandrecht der finanzierenden Bank nachgeordneten Besicherung des Klägers wäre die Berechtigung des Klagebegehrens dem Grunde nach zu bejahen, da das im Zwangsversteigerungsverfahren erzielte Meistbot die Maximalhypothek der Bank an Kapital und Nebengebühren übertroffen habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte das angefochtene Urteil im Sinne einer vollständigen Abweisung des Klagebegehrens ab. Ohne sich mit der Beweisrüge auseinanderzusetzen, kam es zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung deswegen, weil der Kläger weder eine Prozeßbehauptung aufgestellt habe noch diesbezügliche Beweisergebnisse oder auch nur Anhaltspunkte vorlägen, daß die Schwester des Beklagten ihrerseits dem Beklagten gegenüber den Wunsch nach einer grundbücherlichen Sicherstellung geäußert hätte oder mit einer solchen Pfandbestellung einverstanden gewesen sei. Wenn aber weder behauptet noch nachgewiesen sei, daß die Käuferin auf das Ansinnen nach schriftlicher Vereinbarung einer grundbücherlichen Sicherstellung des Kaufpreises eingegangen wäre, könne auch der Beklagte als Vertragserrichter hiefür nicht haftbar gemacht werden. Außerdem habe sich der Kläger - nach Zusendung des keine solche Sicherstellung beinhaltenden Vertragsentwurfes - mit dem Beklagten diesbezüglich nicht in Verbindung gesetzt und sich auch nach Unterfertigung beim Notar, wo ihm die Schwester des Beklagten erklärt hatte, dies werde "nachgereicht", nicht weiter an den Beklagten gewandt. Den Entschluß zur Unterfertigung des Vertrages ohne diese bloß versprochene Vertragsergänzung habe der Beklagte in keiner Weise mitbeeinflußt. Durch die Unterfertigung habe der Kläger vielmehr zum Ausdruck gebracht, von einer solchen zufolge der mangelnden Bereitschaft der Käuferin abzustehen. Insoweit dürften die Pflichten eines Vertragserrichters nicht die Intensität eines Vormundes oder Kurators erreichen.

In der Revision macht der Kläger unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend und beantragt, das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteiles abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten erstattete Revisionsbeantwortung ist verspätet. Die Mitteilung des Revisionsgerichtes, daß ihm die Beantwortung der Revision freistehe, wurde diesem am 17.5.1996 zugestellt. Entgegen dem Wortlaut des § 508a Abs 2 zweiter Satz ZPO wurde die am 14.6.1996 (sohin am letzten Tag der vierwöchigen Notfrist des § 507 Abs 2 ZPO) zur Post gegebene Revisionsbeantwortung nicht beim Revisionsgericht, sondern beim Erstgericht eingebracht, wo sie am 17.6.1996 einlangte und von dort am 19.6.1996 an den Obersten Gerichtshof weitergeleitet wurde, bei dem sie erst am 24.6.1996 - also nach Fristablauf - eingelangt ist. Eine unrichtige Adressierung schließt aber die Anwendung des § 89 GOG aus; in einem solchen Fall ist die Frist vielmehr nur dann gewahrt, wenn ungeachtet der unrichtigen Adressierung der Schriftsatz noch innerhalb der offenen Frist beim zuständigen Gericht einlangt (EvBl 1995/90 mwN; 10 Ob 1525/96 uva). Der Schriftsatz war daher als verspätet zurückzuweisen. Damit hat der Beklagte auch dessen Kosten (endgültig und nicht vom sonstigen Verfahrensausgang abhängig) selbst zu tragen (§ 40 ZPO).

Die Revision ist zulässig, da das Berufungsgericht die Frage der Haftung des beklagten Rechtsanwaltes und Vertragserrichters unrichtig gelöst hat und die Entscheidung damit von einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zukommt. Es ist auch - im Sinne des jedem Abänderungsantrag als minus immanenten Aufhebungsantrages (Fasching IV 64 Anm 9; MGA ZPO14 E 12 zu § 467) - berechtigt.

1.) Vorauszuschicken ist zunächst, daß das Berufungsgericht bei seiner rechtlichen Beurteilung teilweise in widersprüchlicher Weise von den - mangels Behandlung der Beweisrüge des Beklagten unveränderten - Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes abgewichen ist. Aus den Feststellungen in Seite 5 des Ersturteils (AS 79), wonach "Frau K*****" meinte, ihr Bruder habe das [nämlich die Aufnahme einer grundbücherlichen Sicherstellung des Restkaufpreises im Vertragsentwurf] wahrscheinlich vergessen und werde es nachholen", sowie weiters, daß "Frau K***** dem Kläger [beim Unterschriftentermin bei Notar Dr. L***** am 29.10.1986] dem Kläger zusicherte, daß das [nämlich abermals die als fehlend bemängelte vertragliche Vereinbarung über eine Sicherstellung] nachgereicht werde", ist die vom Berufungsgericht für seine rechtliche Argumentation gezogene Schlußfolgerung, "das Verhalten von Frau K***** während und nach der Vertragserrichtung weise zweifelsfrei in Richtung der fehlenden Bereitschaft zu einem solchen Einverständnis [einer grundbücherlichen Sicherstellung]" hin, logisch nicht nachvollziehbar.

2.) Der vorliegende Fall ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, daß der Beklagte als Rechtsanwalt einseitig von der Käuferseite (Schwester und Schwager des Beklagten) des zu errichtenden Liegenschaftskaufvertrages - im Rahmen einer "unentgeltlichen Familienleistung" (AS 45) - ausgesucht und beigezogen worden war, womit der Kläger (als Verkäufer) grundsätzlich einverstanden war. Nach den maßgeblichen Feststellungen des Erstgerichtes reduzierte sich dabei der persönliche und direkte Kontakt zwischen den nunmehrigen Streitteilen auf ein einziges, in Gegenwart der Käuferin K***** (damals noch S*****) geführtes Telefonat, bei dem allerdings eine grundbücherliche Sicherstellung weder verlangt noch sonstwie angedeutet wurde. Lediglich im Zuge der direkt mit den Käufern (ohne unmittelbare Beiziehung des Beklagten) geführten Gespräche drang der Kläger stets auf eine von diesen als "selbstverständlich" akzeptierte Forderungssicherstellung.

Zwar hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zunächst zutreffend darauf hingewiesen, daß die vom Erstgericht als Feststellung gezogene Schlußfolgerung, wonach "davon auszugehen ist, daß der Beklagte von seiner Schwester erfuhr, daß der Kläger eine Sicherstellung wünschte", im Lichte seiner Prozeßbehauptungen zu bewerten ist, jedoch daran anknüpfend unrichtig argumentiert: Daß der Kläger weder eine solche Behauptung aufgestellt habe noch sonst aus dem Akteninhalt Anhaltspunkte (Beweisergebnisse) hiefür vorlägen, ist nämlich unrichtig. Der Kläger hat vielmehr bereits in Seite 3, zweiter Absatz, seines Klageschriftsatzes ON 1 ausdrücklich vorgebracht, daß der Beklagte "trotz Aufforderung durch den Kläger für eine Sicherstellung des Restkaufpreises nicht Sorge getragen habe". Ob dies im Rahmen einer persönlich (telefonisch oder sonstwie) geschehenen Kontaktnahme des Klägers oder über die Schwester des Beklagten als Vertragspartnerin und jene Person, die den Vertragsverfasser genannt und dem Kläger (vorrangig aus Kostenersparnisgründen) anempfohlen hatte, geschehen ist, muß insoweit irrelevant bleiben. Diese - vom Beklagten in seiner Berufung (Punkt 2.5) ausdrücklich bekämpfte, vom Berufungsgericht jedoch aus rechtlichen Erwägungen inhaltlich unbehandelt gelassene - Feststellung ist damit nicht einmal eine überschießende, da sie jedenfalls in den Rahmen des geltend gemachten Klagegrundes fiel (MGA ZPO14 E 15 zu § 266; AnwBl 1988, 167, 4 Ob 1512/96). Trifft sie zu, so hatte der Beklagte aber den Kläger anschließend nicht bloß über die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen des Vertragsabschlusses aufzuklären, wenn sich dieser - so die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes - ausdrücklich (und nochmals) an ihn gewandt hätte; vielmehr hätte der Beklagte als mit der Vertragserrichtung und grundbücherlichen Durchführung (nach eigener Diktion von beiden beauftragter) Vertragsverfasser von sich aus für die rechtliche und tatsächliche Sicherheit sorgen müssen, dh sich zu vergewissern gehabt, ob der Kläger als Verkäufer tatsächlich den Vertrag auch ohne die gewünschten Sicherstellungen akzeptieren werde oder nicht. Dies umsomehr, als ihm als Vertragsverfasser die Tatsache bekannt war, daß die Hälfte des vereinbarten Kaufpreises (also immerhin S 1,000.000,-- wertgesichert und teilweise auch zinsenmäßig valorisiert) in mehrjährigen Monatsraten zu entrichten war, und der überwiegende Teil des Gesamtkaufpreises überhaupt nur aus Fremdmitteln von seiner Schwester bzw deren Mann aufgebracht werden konnte.

Schon aus der Diktion des Vertrages kann daher der Argumentation des Beklagten, es habe sich hiebei bloß um ein unverbindliches "Muster" im Rahmen einer "unentgeltlichen Familienleistung" gehandelt, nicht gefolgt werden. Wenn aber ein Rechtsanwalt - wie hier - bei der Errichtung und Abwicklung eines solchen Vertrages für beide Vertragspartner tätig wird, hat er auch die Interessen beider Teile wahrzunehmen, selbst wenn er im übrigen nur der Bevollmächtigte eines Teiles ist (NZ 1970, 104, NZ 1971, 76, SZ 43/221). Ein berufsmäßiger Vertragsverfasser und Parteienvertreter muß in der Regel auch mit der Möglichkeit einer ungünstigen Entwicklung der Wirtschaftslage des anderen Vertragspartners rechnen und seine Tätigkeit in Wahrung der beiderseitigen Parteiinteressen darauf abstellen (6 Ob 593/87, 9 Ob 1737/91). Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob der Beklagte allenfalls schon damals (er vertrat jedenfalls von Anfang an die Käufer als Verpflichtete im Zwangsversteigerungsverfahren) über die finanziellen Schwierigkeiten der Käufer informiert war.

3.) In Übereinstimmung mit dem Erstgericht erachtet der erkennende Senat einen Sorgfaltsverstoß des beklagten Anwaltes sohin darin, daß er bei der gegebenen Sach- und Rechtslage dem Kläger weder eine (ausdrückliche) Aufklärung darüber zuteil werden ließ, daß es schon auf Grund der zur Leistungserfüllung der Käufer erforderlichen Fremdfinanzierung in Verbindung mit der sich über viele Jahre erstreckenden Ratenvereinbarung bezüglich des Kaufpreisrestes einer grundbücherlichen Sicherstellung dieses Kaufpreisanteiles durchaus bedürfe, noch daß er - sollte er über seine Schwester von diesem ausdrücklichen Wunsch des Verkäufers tatsächlich Kenntnis erlangt haben - diesem auch sogleich nachkam und entsprach. Insoweit durfte der Kläger, selbst wenn der Beklagte nur der Bevollmächtigte des anderen Vetragsteiles war, darauf vertrauen, daß dieser jedenfalls in sorgfältiger Wahrung auch seiner Interessen unparteiisch (also nicht bloß einseitig zugunsten seiner Verwandten) agieren werde (vgl NZ 1987, 284 = WBl 1987, 243 sowie 6 Ob 593/87), dies umsomehr, als er nach den Feststellungen des Erstgerichtes dem Kläger anläßlich des Kontakttelefonates sogar ausdrücklich abriet, jemand anderen zu konsultieren, welche Tatsachenfeststellung allerdings in der Berufung ebenfalls bekämpft wurde. Als juristischer Laie konnte und durfte der Kläger mit Recht annehmen, daß er bezüglich seines Rechtsgeschäftes mit den Angehörigen des Beklagten, welches über deren Wunsch statt von dem dem Kläger vertrauten Notar über die Kanzlei des seine Dienste am Telefon anbietenden Beklagten abgewickelt werden sollte, in einer Weise auch beraten werde, die ihn vor Schäden bewahrt. Wie wenig sorgsam der Beklagte indes bei Erfüllung dieses Auftrages vorging, zeigt sich schon darin, daß sowohl der Kaufgegenstand als auch die bücherliche Aufsandungserklärung korrigiert und einem Nachtrag zum Kaufvertrag zugeführt werden mußten (siehe Beilage A). Sicherlich stand es dem Kläger zu, von einer Sicherstellung des Restkaufpreises auf der Liegenschaft abzusehen; dies hätte jedoch nach dem Gesagten einer vorangehenden entsprechenden Belehrung und Beratung bedurft. Lediglich wenn der Kläger nach einer solchen auf das ihm zustehende Recht einer Besicherung ausdrücklich verzichtet hätte, könnte er gegenüber dem Beklagten nicht den Vorwurf erheben, er habe seine Interessen nicht wahrgenommen. Davon ist hier jedoch schon auf Grund der (vom Beklagten in seiner Berufung unbekämpft gelassenen) Feststellung, daß er dann den Kaufvertrag überhaupt nicht abgeschlossen bzw unterfertigt hätte (S 5 unten des Ersturteils = AS 79), ohnedies nicht auszugehen.

4.) Da die Geschäftsbesorgungsleistung des Beklagten damit mangelhaft und fehlerbehaftet war, so ist er hiefür auch gemäß §§ 1009, 1010, 1012, 1299 ABGB zum Schadenersatz verpflichtet (7 Ob 612/93 mwN). Hierin ist auch keine Überspannung des nach § 1299 ABGB geforderten Sorgfaltsmaßstabes zu erblicken. Daß dieser Sorgfaltsverstoß für den vom Kläger behaupteten Schadenseintritt auch kausal war (wofür grundsätzlich den Kläger die Beweislast träfe: vgl jüngst 1 Ob 2029/96f ebenfalls im Zusammenhang mit einem Schadensfall aus unvollständiger anwaltlicher Beratung), ist - ausgehend von den insoweit ebenfalls vom Beklagten gänzlich unbekämpft gelassenen Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes - nicht weiter zu bezweifeln. Schon in der Entscheidung 7 Ob 77/55 hatte der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß es "allgemein üblich ist, daß der Kaufpreis, der in Raten abzustatten ist, auf der Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellt wird, ... um den Verkäufer vor Schaden zu bewahren". Daß den Beklagten die Haftung nach § 1299 ABGB nur bei grober Fahrlässigkeit träfe, wie in der letzten Streitverhandlung eingewendet, entbehrt jeder Rechtsgrundlage.

5.) Auch für eine sonstige "Culpakompensation" oder "Schadensminderungsverletzung" durch den Kläger liegen (jedenfalls nach derzeitiger Aktenlage) keine Anhaltspunkte vor. Daß sich der Kläger auf die Aussage seiner Vertragspartnerin, die vertragliche grundbuchsmäßige Absicherung werde "nachgeholt", verlassen hat, ohne diese noch besonders beim Beklagten direkt einzufordern, kann ihm nicht zum Vorwurf gereichen; handelte es sich bei seiner Vertragspartnerin doch immerhin um die Schwester des Genannten, welche auch die Kontaktnahme hergestellt hatte, sodaß er als juristischer Laie durchaus davon ausgehen konnte, daß sie auch diesen von ihm stets als unverzichtbar erklärten Punkt im Sinne der getroffenen Absprachen abredegemäß weiterleiten werde. Dies gilt sowohl für den Zeitpunkt des erhaltenen Vertragsentwurfes als auch der Unterfertigung beim Notar bezüglich der dort urgierten und ausdrücklich versprochenen Zusatzvereinbarung. Insoweit kann sich der Beklagte somit nicht auf sein unentgeltliches und bloß einseitiges Mandat zur Schwester berufen.

6.) Da sich das Berufungsgericht - geleitet von der vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht - mit der im Berufungsschriftsatz des Beklagten enthaltenen ausführlichen Beweisrüge nicht auseinandergesetzt hat, ist eine Abänderung im Sinne einer (vom Revisionswerber beantragten) Wiederherstellung des erstinstanzlichen Zwischenurteils dem Obersten Gerichtshof nicht möglich. Vielmehr war die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung nach Befassung und Behandlung der Beweisrüge aufzutragen. Bei der neuerlichen rechtlichen Beurteilung wird hiebei auf die vorstehenden Ausführungen des erkennenden Senates gemäß § 511 Abs 1 ZPO Bedacht zu nehmen sein.

6.) Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens ist im § 52 ZPO begründet.

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