OGH 1Ob2117/96x

OGH1Ob2117/96x25.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Roland F*****, vertreten durch Dr.Otto Ackerl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ursula F*****, vertreten durch Dr.Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, wegen 57.581,83 S sA und Feststellung (Streitwert 34.000 S) infolge von Revisionsrekursen beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichts vom 6.Februar 1996, GZ 37 R 1279/95-46, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Mödling vom 12.September 1995, GZ 2 C 174/94-37, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beide Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Streitteile sind deutsche Staatsangehörige und waren im Zeitpunkt der Klageeinbringung (21.Juli 1994) noch verheiratet. Deren Ehe wurde jedoch während des Verfahrens mit Urteil vom 5.Dezember 1994 rechtskräftig geschieden.

Der Kläger begehrte den Zuspruch von 57.581,33 S sA und die Feststellung, „daß die beklagte Partei der klagenden Partei zum Rückersatz der von der klagenden Partei ab 1.4.1995 getätigten Zahlungen für die Rückführung der bei ... (einer Bausparkasse) … aufgenommenen Darlehen verpflichtet“ sei. Gegenstand seines Leistungsbegehrens sind zahlreiche Einzelansprüche. Er brachte - soweit hier von Bedeutung - vor, daß „sämtliche Verbindlichkeiten“, die er „nunmehr zurückzahle und … von der Beklagten zur Hälfte zurückfordere, während der gemeinsamen Ehe eingegangen und … auch für das gemeinsame Eheleben, wie zB Anschaffungen, Urlaube usw verbraucht“ worden seien.

Die Beklagte wendete im wesentlichen ein, daß nach dem auf die Rechtsbeziehungen der Streitteile anzuwendenden deutschen Recht der Regreß durch einen Gesamtschuldner erst nach Bezahlung sämtlicher Verbindlichkeiten möglich sei. Soweit aber die Klageforderung zu Recht bestehen sollte, würden aufrechnungsweise bestimmte Gegenforderungen geltend gemacht.

Das Erstgericht sprach aus, daß für die „Geltendmachung“ des Klagebegehrens „der streitige Rechtsweg unzulässig“ und „auf das Verfahren … Außerstreitrecht anzuwenden“ sei. Es führte in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen aus, daß die vom Kläger begehrte nacheheliche Vermögensaufteilung nach dem 2gemeinsamen Heimatrecht“ der Streitteile im Zeitpunkt der Ehescheidung zu beurteilen sei. Die Entscheidung sei jedoch „nach dem Grundsatz der lex fori im Verfahren außer Streitsachen“ zu fällen. Mache ein Ehegatte einen auf eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse bezogenen Aufteilungsanspruch vor der Ehescheidung durch Klage geltend, sei dieser nach Rechtskraft der Scheidung gemäß § 40a JN so zu behandeln, als wäre er „als Antrag gemäß § 81 EheG eingebracht worden“.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen, sich der in MietSlg 33.711 veröffentlichten Entscheidung des LGZ Wien anzuschließen. Der Ansicht des Klägers, die analoge Anwendung des § 235 AußStrG „auf vor Auflösung der Ehe im streitigen Verfahren erhobene Ansprüche“ sei deshalb verfassungswidrig, weil er durch eine nachträgliche Überweisung der Klage in das Verfahren außer Streitsachen „seines Kostenersatzanspruchs verlustig gehe“, sei entgegenzuhalten, daß gemäß § 234 AußStrG auch im nachehelichen Aufteilungsverfahren „ein Kostenersatz nach Billigkeit“ erfolge. Dabei fänden nach ständiger Rechtsprechung die Bestimmungen der §§ 41 ff ZPO „weitgehend analog“ Anwendung. Im Zivilprozeß entstehe ein Kostenersatzanspruch im übrigen erst „nach Beendigung des Verfahrens mit der entsprechenden Kostenentscheidung“, so daß ein solcher durch eine Änderung der Verfahrensart gar nicht verloren gehen könne. Demnach fehle es an einem Eingriff „in eine gesicherte Rechtsposition des Klägers“. Mache jemand während aufrechter Ehe einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen seinen Ehegatten geltend, müsse er wegen der stets gegebenen Möglichkeit einer Eheauflösung immer mit der „(Weiter-)Verfolgung seiner Ansprüche im Außerstreitverfahren“ rechnen. In welchem Verfahren ein geltend gemachter Anspruch zu erledigen sei, bestimme sich „ausschließlich nach dem Inhalt des Begehrens und des Vorbringens der antragstellenden Partei“. Sei aber ein Anspruch im Sinne der §§ 81 f EheG bei inhaltlicher Betrachtung Verfahrensgegenstand, sei darüber auch dann im Verfahren außer Streitsachen abzusprechen, wenn „die Kollisionsnormen des internationalen Privatrechts wegen einer Auslandsberührung - sowie im gegenständlichen Fall bei zwei deutschen Staatsbürgern - auf ausländisches (hier deutsches) Recht“ verwiesen. Die von der Beklagten dagegen ins Treffen geführten „materiellrechtlichen Überlegungen zum deutschen Recht“ seien daher für die Entscheidung über die Verfahrensart nicht zu erörtern. Der Revisionsrekurs sei deshalb zuzulassen gewesen, weil es „zur Frage der Anwendung des § 235 AußStrG auf vor der Auflösung der Ehe im streitigen Rechtsweg geltend gemachte Aufteilungsansprüche“ an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Die Revisionsrekurse sind unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Wie bereits das Rekursgericht zutreffend darlegte, ist bei Prüfung der Frage, ob über ein Begehren im Prozeßweg oder im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden ist, nur von den Klagebehauptungen bzw vom Vorbringen des Antragstellers auszugehen (1 Ob 534/92; SZ 63/135 = JBl 1991, 322 = EvBl 1991/2 = ÖA 1991, 109; MietSlg 37.493/15 uva).

Nach den Prozeßbehauptungen des Klägers bezieht sich dessen Begehren ausschließlich auf „Verbindlichkeiten“, die von den Streitteilen „während der gemeinsamen Ehe eingegangen und.....auch für das gemeinsame Eheleben verbraucht“ worden seien. Dem Verfahren gemäß den §§ 81 ff EheG unterliegen aber auch Schulden, die - wie hier - zur Deckung des ehelichen Lebensaufwands begründet worden sein sollen (SZ 61/206; SZ 61/4; EFSlg 51.813; EFSlg 36.470). Es kann also auch nur zu einer Entscheidung darüber kommen, welcher der geschiedenen Ehegatten die Schulden im Innenverhältnis zu tragen hat (SZ 61/206; EFSlg 51.814; EFSlg 36.471). Bringt ein Ehegatte - wie im vorliegenden Fall - während aufrechter Ehe eine Klage ein, deren Gegenstand Ansprüche gemäß den §§ 81 ff EheG sind, ist dieses Begehren, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten, nach rechtskräftiger Ehescheidung gemäß § 235 AußStrG im Einklang mit einer bereits bestehenden ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in das Verfahren außer Streitsachen zu überweisen (1 Ob 1682/95; 2 Ob 53/94; 4 Ob 565/94; EvBl 1988/101; SZ 57/14).

Soweit der Kläger im Revisionsrekurs den Prozeßstandpunkt wiederholt, er werde durch eine analoge Anwendung des § 235 AußStrG im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Schutz des Eigentums gemäß Art 5 StGG 1867 verletzt, ist ihm schon deshalb nicht zu folgen, weil der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff zwar jedes vermögenswerte Privatrecht umfaßt (Mayer, B-VG [1994] Art 5 StGG II.1. mN aus der Rsp), der Kostenersatzanspruch einer Verfahrenspartei jedoch nach der überwiegenden Rechtsprechung nicht vor Rechtskraft der Kostenentscheidung entsteht (SZ 44/171; SZ 25/289; ebenso dazu tendierend: SZ 67/143). Wenn es daher während der Durchsetzung eines geltend gemachten materiellrechtlichen Anspruchs - wie hier - zu einer Änderung der Verfahrensart kommt, ist darin kein Eingriff in ein vermögenswertes Privatrecht zu erblicken, weil ein noch nicht existenter Kostenersatzanspruch nicht mehr als eine Forderungshoffnung darstellt. Der Rechtsmittelwerber übersieht aber auch, daß ihm die Kostenersatzregelung des § 234 AußStrG gegenüber jener der §§ 41 ff ZPO allenfalls dann auch zum Vorteil gereichen könnte, wenn es ihm - wenigstens teilweise - nicht gelingen sollte, den geltend gemachten Aufteilungsanspruch durchzusetzen. Gegen eine analoge Anwendung des § 235 AußStrG auf den hier zu beurteilenden Fall bestehen demnach - nach Ansicht des erkennenden Senats - keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Oberste Gerichtshof hat solche auch bisher noch nie in Erwägung gezogen.

Die Beklagte will dagegen in ihrem Revisionsrekurs nicht die bereits vom Gericht zweiter Instanz aufgrund der Entscheidung SZ 63/135 richtig dargelegte Rechtslage zur Kenntnis nehmen. Danach ist über ein Aufteilungsbegehren im Sinne der §§ 81 ff EheG auch dann im Verfahren außer Streitsachen abzusprechen, wenn dessen inhaltliche Klärung nach den Bestimmungen des Kollisionsrechts - wie hier - die Anwendung ausländischer Rechtsvorschriften erforderlich macht. Ob ein bestimmter Anspruch im Prozeßweg oder im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen bzw weiter zu verfolgen ist, hängt also nicht von der nach materiellrechtlichen Bestimmungen zu prüfenden Berechtigung eines Entscheidungsbegehrens ab.

Die Überweisung einer Rechtssache in ein anderes zivilgerichtliches Verfahren ist der Zurückweisung einer Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen im Sinne des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO gleichzuhalten (Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 3 zu § 528). Die Revisionsrekurse der Streitteile gegen die bestätigende Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz sind daher nicht jedenfalls unzulässig. Wie aus der bisherigen Begründung folgt, hängt die Entscheidung aber nicht von der Lösung einer Rechtsfrage des Verfahrensrechts von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO ab. Da der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Gerichts zweiter Instanz über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht gebunden ist, sind die Rechtsmittel der Streitteile demnach zurückzuweisen. Das Rechtsmittelverfahren nach Überweisung einer Rechtssache in das Verfahren außer Streitsachen ist zweiseitig (Kodek in Rechberger aaO Rz 3 zu § 521a). Gemäß den §§ 41 und 50 ZPO haben die Parteien die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen, weil solche Verfahrensschritte - mangels eines Hinweises auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des jeweiligen Prozeßgegners - nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw -verteidigung dienlich waren

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