OGH 13Os80/96

OGH13Os80/9619.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Juni 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hof- räte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Spieß als Schriftführerin, in der bei dem Landesgericht Korneuburg zum AZ 13 E Vr 868/95 anhängigen Strafsache gegen Peter A***** wegen des Vergehens der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach § 215 StGB über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 29. März 1996, AZ 20 Bs 80,103,106,107/96 in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Erkenntnis vom 27.Februar 1996, AZ 13 Os 21/96,wurde die (vorangehende) Grundrechtsbeschwerde des Peter A***** abgewiesen.

Am 21.März 1996 wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht enthaftet.

Das Oberlandesgericht Wien hat mit dem mit der (vorliegenden) Grundrechtsbeschwerde angefochtenen Be- schluß vom 29.März 1996

die Beschwerden gegen die Beschlüsse des Untersuchungsrichters auf Fortsetzung der Untersuchungshaft vom 15.Februar 1996 (ON 53) und vom 28. Februar 1996 (ON 64) zurückgewiesen,

die Beschwerde vom 15.Februar 1996 (ON 54) gegen den Beschluß des Untersuchungsrichters auf Zurück- weisung des Antrages auf Enthaftung wegen Haftunfähigkeit an die Ratskammer verwiesen und

für eine Maßnahme nach § 15 StPO (im Zusammenhang mit einer angeblich verspäteten Vorlage der Beschwerde ON 69 an das Oberlandesgericht) keinen Anlaß gefunden.

Rechtliche Beurteilung

Die Grundrechtsbeschwerde ist verfehlt.

Das Oberlandesgericht begründete die Zurückweisung der Beschwerde damit, daß der Rechtsmittelwerber bereits enthaftet worden ist. Die Forderung des Verteidigers in seiner gemäß § 35 Abs 2 StPO abgegebenen Äußerung zur Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft, die ebenfalls Zurückweisung der Beschwerde beantragt hatte, das Oberlandesgericht möge (wenigstens) über die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Haftfortsetzungsbeschlüsse im Sinne des § 179 Abs 6 StPO erkennen, lehnte das Oberlandesgericht unter Hinweis auf eben diese Gesetzesstelle ab.

Diese Weigerung, eine derartige Feststellung nach § 179 Abs 6 StPO zu treffen, macht der Beschwerdeführer auch zum Inhalt seiner Grundrechtsbeschwerde; er ist auch damit nicht im Recht. Denn eine Grundrechtsbeschwerde steht nach § 1 Abs 1 GRBG wegen der Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung nach Erschöpfung des Instanzenzuges zu. Diese muß also die Verhängung oder Aufrechterhaltung der Haft zum Gegenstand haben (vgl dazu näher EvBl 1993/132, EvBl 1993/150 = RZ 1994/42, 11 Os 75/95 ua; Mayrhofer/Steininger GRBG § 1 Rz 24 ff; 28 ff mwN, s ferner den Motivenbericht zu § 1 GRBG). Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes hatte dies in dem von der Grundrechtsbeschwerde bekämpften Umfang (§ 3 Abs 2 GRBG) keinesfalls. Denn selbst in jenem (hier gar nicht aktuellen) Fall, daß der Gerichtshof zweiter Instanz (lediglich) über die Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses entscheidet, bedeutet das Fehlen dieses Ausspruchs allein keine Grundrechtsverletzung.

Der Haftfortsetzungsbeschluß des Untersuchungsrichters wiederum (ON 53, 64), der selbst nicht Gegenstand der Grundrechtsbeschwerde ist und sein kann, war durch die bereits erfolgte Enthaftungsverfügung für die Aufrechterhaltung der Haft nicht mehr bedeutsam.

§ 2 Abs 2 GRBG erweitert zwar den Anwendungsbereich der Grundrechtsbeschwerde auf Fälle, in denen die Beendigung der Freiheitsbeschränkung zu spät erfolgte. Im vorliegenden Fall könnte dies (theoretisch) nur die Enthaftungsentscheidung, nicht aber die - nach Auffassung der Grundrechtsbeschwerde verspätete - Vorlage der Beschwerde an das Oberlandesgericht sein.

Im übrigen hat das Oberlandesgericht in diesem Zusammenhang zutreffend auf die ohnehin vom Erstgericht gezeigte außergewöhnliche Eile im Hinblick auf die rasch aufeinanderfolgenden Beschwerden des Verteidigers hingewiesen und damit auch begründet, warum kein Grund für eine Maßnahme nach § 15 StPO besteht.

Die Bestimmungen der §§ 5, 113 StVG über die Vollzugs(un)tauglichkeit wiederum kommen bei der Untersuchungshaft nicht in Betracht (LSK 1986/51), sodaß - ungeachtet der irrigen Annahme der Ratskammerzuständigkeit durch das Oberlandesgericht - in dieser Hinsicht von vornherein keine Grundrechtsbeeinträchtigung stattgefunden haben kann.

Da durch die angefochtene Entscheidung des Oberlandesgerichtes das Grundrecht auf persönliche Freiheit des Beschwerdeführers nicht verletzt wurde und analoge Feststellungen nach §§ 113 Abs 2, 179 Abs 6 StPO, wie sie der Beschwerdeführer in seinem Antrag erneut anstrebt, nicht Gegenstand des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens sein können, war dieser zurückzuweisen.

Eine Kostenersatzpflicht entfällt damit.

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