OGH 13Os21/96

OGH13Os21/9627.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Februar 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer und Dr.Ebner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Mänhardt als Schriftführer in der bei dem Landesgericht Korneuburg zum AZ 20 Vr 868/95 anhängigen Strafsache gegen Peter A***** wegen des Vergehens der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach § 215 StGB über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 16. Jänner 1996, AZ 20 Bs 6,7/96 (= ON 33 des Vr-Aktes), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Peter A***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluß (ON 33) hat das Oberlandesgericht Wien die Beschwerde des Geschäftsführers des in Gänserndorf etablierten Stundenhotels "V*****" Peter A***** (früher M*****) gegen die Beschlüsse des Untersuchungsrichters (1.) auf Verhängung der Untersuchungshaft zurückgewiesen und (2.) der Beschwerde gegen die Fortsetzung der Untersuchungshaft nicht Folge gegeben.

Der Tatverdacht - dessentwegen nunmehr auch bereits Strafantrag erhoben wurde (ON 35) - in Richtung des § 215 StGB, wurde als dringend eingestuft und die Haftgründe der Verdunkelungs- (§ 180 Abs 2 Z 2 StPO) und der Tatbegehungsgefahr (§ 180 Abs 2 Z 3 lit b StPO) als gegeben erachtet. Gelindere Mittel (§ 180 Abs 5 StPO) zur Haftverschonung - die in der Beschwerde ohnehin nur zur Abwendung der (vom Oberlandesgericht nicht mehr angenommenen) Fluchtgefahr angeboten worden waren - schienen nicht ausreichend.

Rechtliche Beurteilung

Die Grundrechtsbeschwerde des Untersuchungshäftlings ist unbegründet.

Auf ein Rechtsmittel gegen den Beschluß auf Verhängung der Untersuchungshaft hatte A***** ausdrücklich verzichtet (S 69), weshalb die seiner eigenen Erklärung später zuwiderlaufenden Beschwerden (an das Oberlandesgericht bzw nunmehr Grundrechtsbeschwerde) insoweit unzulässig sind (12 Os 95/94, 13 Os 77/94). Abgesehen davon, daß das Motiv für den Rechtsmittelverzicht für dessen Rechtswirksamkeit ohne Belang ist (Mayerhofer/Rieder StPO3 ENr 8, 29 ff zu § 285 a), ist außerdem das vom Verteidiger in der Grundrechtsbeschwerde und in der gemäß § 35 StPO erstatteten Äußerung dazu behauptete nicht konform mit jenem, welches vom Beschuldigten seinerzeit zu Protokoll gegeben wurde (s S 69). Auch hat der Beschuldigte nicht bloß vorerst von einer Beschwerde abgesehen - wie der Verteidiger behauptet - sondern diese sogar sofort erhoben und hernach zurückgezogen (s nochmals S 69). Eine Beweisaufnahme darüber vor dem Obersten Gerichtshof kommt - abgesehen von der bereits erwähnten Irrelevanz - nicht in Frage.

Soweit der Verteidiger - der übrigens ersichtlich zugleich (!) auch Anwalt des ersten Tatopfers des Beschuldigten (Mirjana I*****) ist (s S 23 und alphabetisch geordnetes Namensverzeichnis der Rechtsanwälte in Österreich 1995/96 in dem ein Dr.K***** nicht aufscheint) - die Verdunkelungsgefahr bestreitet, weil "allgemeine und nicht näher ausgeführte Angaben" dafür keine geeignete Grundlage bieten würden, ist er auf die vom Beschwerdegericht als Basis für die Annahme dieses Haftgrundes herangezogenen Wahrnehmungen der einschreitenden Beamten zu verweisen, die gar wohl eine massive Beeinflussung von Zeugen durch den Beschuldigten bestätigen (ON 4).

Die Tatbegehungsgefahr wiederum wurde vom Oberlandesgericht damit begründet, daß die einzige Einkommensquelle des Beschuldigten aus den ihm nunmehr vorgeworfenen strafbaren Handlungen stammt. Er hat dies inhaltlich selbst vor dem Untersuchungsrichter bestätigt (ON 8), die Beschwerdebehauptungen, er hätte auch andere Einnahmensquellen, entbehren einer aktenmäßigen Grundlage und sind nicht aktuell, weshalb schon deshalb nicht darauf eingegangen werden kann. Der Einwand der Beschwerde, der Beschuldigte könne das von ihm geführte Bordell auch straflos betreiben, ist eine bloß theoretische Überlegung; für den konkreten Fall wird damit aber nicht aufgezeigt, daß sich die Verhältnisse, unter denen die dem Beschuldigten angelasteten Taten begangen worden sind, wirklich geändert haben (s § 180 Abs 3 letzter Satz StPO). Daß die dem Beschuldigten vorgeworfenen Straftaten bloß - wie die Beschwerde ausführt - leichte Folgen nach sich gezogen hätten, ist schon angesichts der großen Zahl der Tatopfer und der Art der Begehungshandlungen verfehlt. Judikaturhinweise, die zu diesen Tatsachen keinen Bezug haben, sind für den vorliegenden Fall unbeachtlich.

Die auch angesichts der Persönlichkeit des einschlägig vorbestraften Beschwerdeführers zutreffende Bejahung der Unmöglichkeit der Substituierung der beiden Haftgründe durch gelindere Mittel läßt aber auch keinen Raum für eine Erörterung der vom Beschwerdeführer behaupteten ausreichenden spezialpräventiven Wirkung der bisherigen Haft.

Das Beschwerdevorbringen versagt im übrigen aber auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Die bisherige (seit 15. Dezember 1995 andauernde) Haft ist sogar noch kürzer als die vom Beschwerdeführer "vorstellbare unbedingte Strafe", wobei aber den diesbezüglichen Überlegungen fälschlich keine einschlägige Vorstrafe des Beschuldigten zugrunde gelegt wird und auch trotz massiver und zahlreicher Tathandlungen nur von einem geringen Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Straftat ausgegangen wird.

Soweit schließlich der Beschuldigte auf seine Invalidität verweist, war diese kein Hinderungsgrund für die Begehung der ihm jetzt vorgeworfenen Tathandlungen (vgl auch ON 34).

Der Beschwerdeeinwand, der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr sei durch gelindere Mittel substituierbar, bedarf übrigens formell schon deshalb keiner weiteren Erörterung, weil daneben auch noch der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr angezogen wurde; ganz abgesehen davon manifestiert sich die Tatbegehungsgefahr in weit massiverem Ausmaß, als der Beschwerdeführer unter einseitigem Bezug auf seine Ausführungen darzulegen versucht.

Insgesamt zeigt sich damit, daß der Beschluß des Oberlandesgerichts Wien den Beschwerdeführer nicht im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt hat, weswegen seine Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

Stichworte