OGH 1Ob2066/96x

OGH1Ob2066/96x4.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria P*****, vertreten durch Dr.Ursula Schwarz und Dr.Gerda Schildberger, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei Walter P*****, vertreten durch Dr.Michael Nierhaus, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterhalts (Streitwert 118.000 S) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichts vom 11.Jänner 1996, GZ 2 R 5/96-23, womit der Beschluß des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 17.November 1995, GZ 28 C 16/95-18, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß sie in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses wie folgt zu lauten hat:

„Das Begehren der beklagten Partei, den Antrag der klagenden Partei auf Fortsetzung des ruhenden Verfahrens zurückzuweisen, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 5.072,40 S (darin 845.40 S Umsatzsteuer) bestimmten Rekurskosten binnen 14 Tagen zu bezahlen.“

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Neben dem vorliegenden Unterhaltsprozeß war ein Scheidungsverfahren zwischen den Parteien anhängig. Deren Ehe wurde schließlich mit Urteil vom 4.Mai 1995 gemäß § 55 Abs 3 EheG geschieden und nach § 61 Abs 3 EheG ausgesprochen, daß der Kläger (hier: Beklagter) die Zerrüttung der Ehe allein verschuldet habe. Vor der Ehescheidung schlossen die Parteien in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 4.Mai 1995 einen gerichtlichen Vergleich mit folgendem Wortlaut:

„1. Der Kläger verpflichtet sich, an die Beklagte ab 1.5.1995 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 4.000, fällig jeweils am Ersten eines Monates im vorhinein, auf ein von der Beklagten bekanntzugebendes Konto zu bezahlen. Dieser Unterhalt gebührt als Fixbetrag ohne Berücksichtigung der jeweiligen Umstände bis zu dem Zeitpunkt, als die Beklagte ein Eigeneinkommen, dies höchstwahrscheinlich in Form einer Pension, erzielt.

Ab dem Zeitpunkt, wo mit rechtskräftigem Bescheid der Beklagten ein Pensionsanspruch gewährt wird, verpflichtet sich der Kläger an diese einen Unterhalt nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 61 Abs 2 Ehegesetz (richtig offenbar: § 69 Abs 2 EheG) in Verbindung mit § 94 ABGB zu bezahlen. Dies bedeutet somit, daß die Berechnung dieses gesetzlichen Unterhalts auch rückwirkend zu erfolgen hat. Sollte die Beklagte eine Pension nicht erlangen, dies in erster Instanz, so verpflichtet sie sich, alle zu gebotenen (richtig offenbar: alle zu Gebote stehenden) Rechtsmittel zur Bekämpfung dieser Bescheide auszuschöpfen.

Für den Fall, daß trotz Bekämpfung dieser ablehnenden Pensionsbescheide die Beklagte keine Pension erlangt, verpflichtet sich der Kläger ab dem auf die rechtskräftige Ablehnung des Pensionsantrags folgenden Monatsersten ebenfalls einen gesetzlichen Unterhalt nach den Bestimmungen des § 69 Abs 2 Ehegesetz in Verbindung mit § 94 ABGB an die Beklagte zu bezahlen.

2. Der Kläger verpflichtet sich darüberhinaus, an die Beklagte binnen 14 Tagen ab Rechtskraft der Scheidung einen Betrag von S 45.000 ... zum Zwecke des Nachkaufes von Pensionsmonaten bzw Tilgung des zu diesem Zwecke aufgenommenen Darlehens zu bezahlen.

3. Die Streitteile vereinbaren ausdrücklich einfaches Ruhen des ... (Unterhaltsverfahrens) ...

4. Der Kläger leistet an die Beklagte einen pauschalierten Kostenbeitrag von S 20.000 betreffend ... (das Scheidungsverfahren) ... und ... (das Unterhaltsverfahren) ..., wobei dieser (richtig offenbar: mit diesem) Kostenbeitrag im ... (Unterhaltsverfahren) ... sämtliche wechselseitige(n) Ansprüche der Parteien in kostenmäßiger Hinsicht bis zum Zeitpunkt des vereinbarten Ruhens bereinigt und verglichen sind.

5. Der Kläger verzichtet seinerseits gegenüber der Beklagten auf Unterhalt, dies auch für den Fall der Not, geänderter Gesetzeslage und geänderter Verhältnisse, wobei die Beklagte diesen Unterhaltsverzicht annimmt.

6. Weiteres eheliches Gebrauchsvermögen, Ersparnisse und Verbindlichkeiten der Streitteile sind nicht vorhanden, wobei diese ausdrücklich auf die Stellung von Aufteilungsanträgen im Sinne der §§ 81 ff Ehegesetz verzichten.

7. Der Kläger verpflichtet sich, die Haftung für sämtliche Gerichtsgebühren in dem gegenständlichen Verfahren sowie im ... (Unterhaltsverfahren) ... zu übernehmen.“

Der Unterhaltsklägerin wurde in der Folge mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 1.Juni 1995 die Alterspension im Betrag von monatlich 4.852,50 S netto ab 1.Dezember 1994 zuerkannt.

Am 3.Oktober 1995 beantragte die Klägerin die Fortsetzung des ruhenden Unterhaltsprozesses und brachte im wesentlichen vor, daß der Beklagte aufgrund der im Scheidungsvergleich übernommenen Verpflichtung unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse der Streitteile einen monatlichen Unterhalt von 3.600 S - später eingeschränkt auf 3.300 S monatlich - zu bezahlen habe.

Der Beklagte erhob zunächst in einer schriftlichen „Stellungnahme“ zum Fortsetzungsantrag und sodann in der Verhandlungstagsatzung am 16.Oktober 1995 nur Sacheinwendungen. In der Verhandlungstagsatzung vom 9.November 1995 beantragte er schließlich die „Ab- bzw Zurückweisung der gegenständlichen Klage“ (offenbar richtig: die Zurückweisung des Antrags auf Fortsetzung des ruhenden Verfahrens) und brachte im wesentlichen vor, daß „die gegenständliche Klagsführung ... unzulässig“ sei, weil es der Klägerin an einem „Rechtsschutzinteresse“ mangle und „darüber hinaus eine entschiedene Rechtssache“ vorliege. Die Streitteile hätten im Scheidungsverfahren „einen rechtskräftigen und vollstreckbaren Vergleich“ auch über die „unterhaltsrechtlichen Regelungen“ geschlossen. Die Klägerin verfüge daher über einen Exekutionstitel, „der das nunmehrige Klagebegehren nicht bloß abdecke, sondern sogar übersteige“. Sie wäre daher „legitimiert, aufgrund dieses Unterhalts Exekution zu führen“, sie sei jedoch nicht mehr berechtigt, im Unterhaltsverfahren „einen zusätzlichen Exekutionstitel schaffen zu wollen“.

Das Erstgericht wies den Antrag der Klägerin auf Fortsetzung des ruhenden Verfahrens zurück und meinte in rechtlicher Hinsicht, daß der im Ehescheidungsverfahren in der Unterhaltsfrage abgeschlossene gerichtliche Vergleich prozeßbeendende Wirkung gehabt habe. Die Klägerin verfüge über „einen gültigen Exekutionstitel gegen den Beklagten“. Der verglichene Betrag übersteige den jetzt begehrten, sodaß die Klägerin gegen den Beklagten Exekution führen könne.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, und erwog in rechtlicher Hinsicht, daß beim gerichtlichen Vergleich zwischen den materiellrechtlichen und prozessualen Wirkungen zu unterscheiden sei. Der Vergleich könne prozessual unwirksam, als materielles Rechtsgeschäft dagegen wirksam sein und umgekehrt. Eine dem materiellen Teil beigefügte Suspensivbedingung könne die sofortige Beendigung des Rechtsstreits durch den „Prozeßvergleich“ nicht verhindern. Der Eintritt einer dem materiellen Rechtsgeschäft beigefügten Resolutivbedingung beseitige nur „die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts, nicht aber die prozessualen Wirkungen des Vergleichs“. Ein gerichtlicher Vergleich könne in Ansehung seiner prozessualen Wirkung wohl aufschiebend, aber nicht auflösend bedingt abgeschlossen werden. Die Streitteile hätten den Unterhaltsanspruch der Klägerin im Betrag von monatlich 4.000 S unter einer auflösenden Bedingung verglichen. Dieser sei nämlich nach Gewährung einer Pension an die Klägerin neu zu bemessen. Die Resolutivbedingung habe aber keine Rechtswirkungen für „die prozessuale Seite“ des Vergleichs. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs könne ein Unterhaltsanspruch im Verfahren über eine Scheidungsklage auch dann vergleichsweise geregelt werden, wenn dieser noch nicht eingeklagt worden sei. Der durch den Vergleich bereinigte Anspruch werde dadurch nicht zum Streitgegenstand (SZ 34/96; RZ 1978, 270). Der Vergleich stelle, soweit er über den Gegenstand des Rechtsstreits hinausgehe, auch keinen Prozeßvergleich im Sinne der §§ 204 ff ZPO dar, „weil dadurch nicht ein schon anhängiger Rechtsstreit gültig (in der zitierten Entscheidung: „gütlich“) beigelegt“, sondern „ein bisher nicht streitverfangener Anspruch vergleichsweise geregelt“ werde (JBl 1984, 500). Daraus sei aber der Umkehrschluß zu ziehen, daß ein „Prozeßvergleich“ vorliege, wenn darin „ein anhängiger Rechtsstreit“ bereinigt werde. Hier sei aber durch den am 4.Mai 1995 im Scheidungsverfahren abgeschlossenen Vergleich auch der Unterhaltsprozeß beendet worden. Eine Fortsetzung dieses Verfahrens nach der im Unterhaltsvergleich vereinbarten Resolutivbedingung sei deshalb nicht möglich, weil eine solche Bedingung „nur die materielle Seite der Vereinbarung“ treffe.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs dann nicht jedenfalls unzulässig, wenn das Gericht zweiter Instanz die Zurückweisung einer Klage aus formellen Gründen - also ohne Sachentscheidung - bestätigte. Einer Klagezurückweisung aus formellen Gründen ist aber jedenfalls ein Beschluß gleichzuhalten, mit dem die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens über eine Klage verweigert wird (8 Ob 20/92), also ein prozessualer Rechtsschutzanspruch des Klägers, eine Sachentscheidung über das Klagebegehren zu erlangen, endgültig verneint wird (1 Ob 501/95; 2 Ob 563/95; RZ 1995/5; 4 Ob 509-511/92). Gerade das trifft aber auch im hier zu beurteilenden Fall zu, in dem das Rekursgericht die Zurückweisung des Antrags der Klägerin auf Fortsetzung des ruhenden Unterhaltsprozesses bestätigte. Dabei ist für die Frage der Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht von Bedeutung, aus welchen formellen Gründen die Vorinstanzen der Klägerin eine Sachentscheidung über deren Rechtsschutzbegehren versagten, maßgebend ist vielmehr nur das durch den bestätigenden Beschluß des Rekursgerichts indizierte Ergebnis der definitiven Ablehnung einer meritorischen Streiterledigung. Es liegt demnach auch in der Annahme der Vorinstanzen, der Verfahrensfortsetzung stehe ein prozeßbeendender gerichtlicher Vergleich entgegen, eine Ablehnung der Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage aus einem formellen Grund, soweit dem Fortsetzungsantrag - wie hier - gerade die gegenteilige Behauptung zugrunde liegt (zur Möglichkeit eines Fortsetzungsantrags: SZ 59/170 = JBl 1987, 122 = EvBl 1987/51). Ist daher der Revisionsrekurs - wie im vorliegenden Fall - nicht gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO jedenfalls unzulässig, weil der Streitgegenstand der Kognition des Obersten Gerichtshofs nicht überhaupt entzogen ist (EvBl 1991/37 [Klagezurückweisung bei einem 50.000 S nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstand]; NRsp 1990/241 [Zurückweisung eines Rekurses durch das Gericht zweiter Instanz bei einem 50.000 S nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstands]), und sind die in § 528 Abs 1 ZPO geregelten Voraussetzungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofs erfüllt, kommt auf die Bestätigung der Zurückweisung eines Antrags der klagenden Partei auf Fortsetzung des ruhenden Verfahrens, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, der in § 528 Abs 2 Z 2 ZPO für die Rechtsmittelzulässigkeit mitgeregelte Ausnahmetatbestand zur Anwendung. Da sich die Konformatbeschlüsse der Vorinstanzen auf einen durch die Klägerin geltend gemachten Rechtsschutzanspruch beziehen, bedarf es hier keiner Erörterung, ob § 528 Abs 2 Z 2 ZPO, soweit dessen Regelungsgegenstand die Zurückweisung einer Klage aus formellen Gründen ist, eine analogiefähige Grundlage dafür böte, die absolute Unzulässigkeit eines Revisionsrekurses auch dann zu verneinen, wenn der durch Konformatbeschlüsse der Gerichte erster und zweiter Instanz zurückgewiesene Antrag auf Fortsetzung des ruhenden Verfahrens nicht von der klagenden, sondern von der beklagten Partei gestellt wurde.

So lag etwa dem zu 6 Ob 2022/96p entschiedenen Fall ein Antrag auf Verfahrensfortsetzung durch die beklagten Parteien in einem Räumungsprozeß wegen titelloser Benützung zugrunde. Dort war in einem Verhandlungsprotokoll ein prozeßbeendender Vergleich aktenkundig. Die beklagten Parteien behaupteten jedoch im Fortsetzungsantrag, daß jener Rechtsanwalt, der als deren Vertreter bei Vergleichsabschluß aufgetreten sei, keine Prozeßvollmacht gehabt habe und daher auch kein prozeßbeendender Vergleich geschlossen worden sei. Dieser Ansicht folgten die Vorinstanzen nicht. Der 6.Senat wies den Revisionsrekurs der beklagten Parteien zurück und sprach aus, daß, „wenn eine prozeßbeendende Entscheidung oder ein gleichzuhaltender prozeßbeendender Vergleich aktenkundig“ sei, „... im Verfahren über den danach gestellten Fortsetzungsantrag die Ausnahmebestimmungen der §§ 519 Abs 1 Z 1 und 528 Abs 2 Z 2 zweiter Fall ZPO nicht anwendbar“ seien. Diesfalls werde nämlich „nicht eine (erste) Entscheidung über den Rechtsschutzantrag (die Klage), sondern eine neue (zweite) Entscheidung begehrt“. Das könne „nicht ohneweiteres dem Falle einer Klagezurückweisung ... gleichgehalten werden“. Der Revisionsrekurs der beklagten Parteien sei daher „absolut unzulässig“.

Dieser Fall unterscheidet sich vom hier zu beurteilenden dadurch, daß über einen Fortsetzungsantrag der beklagten Parteien zu entscheiden war und ein jedenfalls dem äußeren Anschein nach prozeßbeendender Vergleich aktenkundig war, den dann beide Vorinstanzen aufgrund der Verneinung eines Vertretungsmangels für rechtswirksam und daher auch für prozeßbeendend hielten. Dagegen ist im Unterhaltsprozeß, auf den sich der Fortsetzungsantrag der klagenden Partei hier bezog, kein prozeßbeendender Vergleich aktenkundig, sondern lediglich eine im Ehescheidungsverfahren im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs über die Scheidungsfolgen getroffene Ruhensvereinbarung. Soweit sich allerdings aus der Begründung des 6. Senats ganz allgemein auch die Ansicht ableiten ließe, daß ein Revisionsrekurs immer dann jedenfalls unzulässig sei, wenn die Vorinstanzen die prozeßbeendende Wirkung eines gerichtlichen Vergleichs, mag er - wie hier - auch in einem Verfahren unter Bezugnahme auf einen anderen anhängigen Prozeß geschlossen worden sein, bejahten, folgt dem der erkennende Senat aus den bereits dargestellten Gründen nicht.

Der daher nicht jedenfalls unzulässige Revisionsrekurs der Klägerin ist hier im übrigen, wie im einzelnen noch zu begründen sein wird, gemäß § 528 Abs 1 ZPO zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zukommt.

Das Gericht zweiter Instanz legte die Rechtsnatur eines gerichtlichen Vergleichs und dessen prozessualen und materiellrechtlichen Wirkungen richtig dar. Zutreffend ist auch, daß der gerichtliche Vergleich als Verfahrenshandlung wegen der sich daraus ergebenden prozeßbeendenden Wirkung zwar aufschiebend, aber nicht auflösend bedingt abgeschlossen werden kann (SZ 54/14; Rechberger/Simotta, Grundriß ZPR4 Rz 465; Fasching, LB2 Rz 1349 f je mwN). Ob ein Rechtsstreit durch einen gerichtlichen Vergleich beendet wurde, ist, weil es soweit um die Wirksamkeit einer Verfahrenshandlung geht, nach Prozeßrecht zu beurteilen (SZ 59/170). Die Auslegung von Prozeßhandlungen erfolgt jedoch ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert (JBl 1993, 792; Fasching, aaO Rz 757; Fucik in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 4 zu § 177). Es ist nun - entsprechend der Ansicht des Rekursgerichts - zweifellos richtig, daß ein Prozeßvergleich, soweit er über den Streitgegenstand hinausgeht, nur materiellrechtliche Wirkung entfalten, aber keine prozeßbeendende Verfahrenshandlung darstellen kann (SZ 56/98 = JBl 1984, 500). Daraus läßt sich zwar aufgrund formaler Logik auch der vom Rekursgericht gezogene Gegenschluß begründen. Das ist jedoch hier deshalb nicht entscheidungswesentlich, weil die im Einzelfall erforderliche objektive Auslegung einer Prozeßhandlung nicht durch eine bloß formallogische Abstraktion der in einer Vorentscheidung geäußerten Rechtsansicht ersetzt werden kann. Erforscht man den objektiven Erklärungswert des von den Streitteilen im Scheidungsverfahren abgeschlossenen Vergleichs, so läßt sich nicht darüber hinwegsehen, daß die Parteien wegen des auflösend bedingten Unterhaltsanspruchs der Kägerin von monatlich 4.000 S nur „einfaches Ruhen“ des Unterhaltsprozesses vereinbarten, weil der verglichene Unterhalt den klageweise geltend gemachten Anspruch nicht vollständig erledigte. Eine Ruhensvereinbarung hat aber gemäß § 168 ZPO nur die prozessuale Wirkung, daß das Verfahren vor dem Ablauf von drei Monaten seit deren Anzeige an das Gericht nicht wieder aufgenommen werden kann. Es muß daher hier gar nicht beurteilt werden, ob der im Scheidungsverfahren geschlossene und auch auf einen bereits streitverfangenen Unterhaltsanspruch bezogene Vergleich den Unterhaltsprozeß beendet hätte, wenn jener den eingeklagten Anspruch unbeschadet der Ruhensvereinbarung zur Gänze bereinigt hätte. Ist aber die gesetzliche Ruhensfrist abgelaufen, kann - mangels Vereinbarung einer längeren Ruhensfrist wie hier - jede Partei die Verfahrensfortsetzung beantragen. Das ist hier durch die Klägerin geschehen. Im fortzusetzenden Unterhaltsprozeß ist dann die Auswirkung des im Scheidungsverfahren abgeschlossenen Unterhaltsvergleichs auf die Sacherledigung zu prüfen.

Die Bestätigung der Zurückweisung des Antrags der Klägerin auf Fortsetzung des ruhenden Verfahrens durch das Rekursgericht erfolgte somit zu Unrecht, weshalb dem zulässigen Revisionsrekurs der Klägerin spruchgemäß Folge zu geben ist.

Im vorliegenden Fall ist das Rechtsmittelverfahren in Analogie zu § 521 a Abs 1 Z 3 ZPO zweiseitig, weil das Fortbestehen eines ehemals unzweifelhaft rechtmäßig begründeten Prozeßrechtsverhältnisses verneint wurde (9 ObA 236/93; 6 Ob 641-644/86; Kodek in Rechberger aaO Rz 3 zu § 521 a). Die Frage der Zulässigkeit der Fortsetzung des ruhenden Verfahrens wurde in einem selbständigen Zwischenstreit gelöst, sodaß der Klägerin die Kosten ihres Rekurses gemäß §§ 41 und 50 ZPO zuzuerkennen sind. Da der Streitwert 100.000 S übersteigt, ist der Kostenberechnung nur ein Einheitssatz von 50 % vom verzeichneten Ansatz zugrunde zu legen. Für ihren erfolgreichen Revisionsrekurs verzeichnete die Klägerin dagegen keine Kosten, weshalb nur auszusprechen ist, daß der Beklagte die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen hat.

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