OGH 9ObA236/93

OGH9ObA236/9310.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch und Hofrat Adir Robert List als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei V***** D*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr. Heinz Sacher, Rechtsanwalt in Wolfsberg, wider die beklagte Partei DDr. K***** W*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Reinhard Tögl und Dr. Nicoletta Wabitsch, Rechtsanwälte in Graz, und der auf Seiten der Beklagten beigetretenen Nebenintervenientin Margit B*****, Hausfrau, ***** vertreten durch Dr.Siegfried Schüßler, Rechtsanwalt in Wolfsberg, wegen 4,440.000,-- S sA (Streitwert im Revisionsrekursverfahren 2,200.000,-- S sA), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. April 1993, GZ 8 Ra 13/93-29, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 21. Jänner 1993, GZ 32 Cga 46/91-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Mutter des Klägers war Eigentümerin eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Der Kläger lebte immer auf dieser Landwirtschaft und verrichtete Wirtschaftshandlungen. Mit Testament vom 7. Juni 1983 vermachte die Mutter des Klägers diesem diese Land- und Forstwirtschaft. Mit Testament vom 14. August 1986 setzte sie zur Hälfte den Kläger als Vorerben ein und ordnete eine Nacherbschaft zugunsten seines Bruders Hubert an; zur anderen Hälfte setzte sie den Bruder des Klägers, Hubert als Erben ein. Am 12.Februar 1987 verstarb sie und am 28. März 1987 auch der Bruder des Klägers, Hubert. Zur Erbschaft nach diesem war dessen Tochter berufen, die ihr Erbrecht an den Beklagten verkaufte.

Am 12.Februar 1990 erhob der Kläger die vorliegende, gegen die Verlassenschaft nach seiner Mutter gerichtete Klage mit dem Begehren auf Zahlung von 4,440.000 S. Er habe nur im Hinblick auf die Tatsche, daß ihm die Übergabe der Landwirtschaft versprochen worden sei, von 1945 bis 1982 auf der Landwirtschaft gearbeitet. Diese Übergabe sei durch das Testament vom 14. August 1986 vereitelt worden. An Lohn für seine Tätigkeit stehe ihm für 444 Monate ein Betrag in der begehrten Höhe zu. Die Fälligkeit der Forderung sei mit dem Tod seiner Mutter eingetreten.

Die beklagte Verlassenschaft und die auf deren Seite als Nebenintervenientin beigetretene Tochter des verstorbenen Bruders des Klägers beantragten die Abweisung der Klage. Dieser habe nicht wesentlich auf der Landwirtschaft gearbeitet, sondern sei hauptsächlich anderen Tätigkeiten nachgegangen. Die von ihm im Betrieb erbrachten Leistungen seien abgegolten worden. In der Forstwirtschaft habe der Kläger Raubschlägerungen vorgenommen. Der daraus entstandene Schaden und die an ihn für seine Tätigkeit im Betrieb erbrachten Leistungen wurden als Gegenforderung eingewendet.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Wolfsberg vom 5. April 1991 (- die letztinstanzliche Entscheidung wurde am 23. September 1991 zugestellt -) wurde der Nachlaß nach der verstorbenen Mutter des Klägers zur Hälfte dem Kläger als Vorerben und dem Beklagten zur Hälfte als Vorerben und zur anderen Hälfte als Nacherben eingeantwortet. Der Kläger stellte darauf die Bezeichnung der beklagten Partei dahin richtig, daß er als Erstbeklagten DDr. W***** und als Zweitbeklagten sich selbst benannte. Er fordert von beiden Beklagten zur ungeteilten Hand 4,440.000 S; in eventu von jedem der beiden Beklagten die Hälfte der Klageforderung. Der Erstbeklagte sei schuldig, die Exekution in das Substitutionsvermögen zu dulden.

Der vom Kläger als Erstbeklagter benannte DDr. W***** wendete ein, daß die Klageforderung durch Vereinigung von Schuldner und Gläubiger erloschen sei.

Im weiteren erklärte der Kläger, die auf ihn als Zweitbeklagten entfallende Hälfte der Klageforderung anzuerkennen und beantragte (offenbar in seiner Rolle als Kläger) die Fällung eines Anerkenntnisurteiles.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Fällung eines Anerkenntnisurteiles ab und stellte das Verfahren hinsichtlich des Zweitbeklagten ein.

Das Rekursgericht hob aus Anlaß des vom Kläger gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurses das nach dem 23. September 1991 vor dem Erstgericht gegen den Zweitbeklagten geführte Verfahren als nichtig auf und gab dem Rekurs nicht Folge. Bereits das Erstgericht habe in Anlehnung an die höchstgerichtliche Judikatur (EvBl 1985/81 = NZ 1985, 106 = RZ 1985/8) zutreffend darauf hingewiesen, daß die Fortsetzung des Verfahrens gegen den vom Kläger benannten Zweitbeklagten daran scheitern müsse, daß dieser mit dem Kläger identisch sei, so daß wegen der darin begründeten Unmöglichkeit, ein kontradiktorisches Verfahren durchzuführen, eine Situation eingetreten sei, die der fehlenden Parteifähigkeit gleichkomme. Dies müsse zu einer Einstellung des Verfahrens führen. Die Situation werde auch nicht dadurch entscheidend verändert, daß sich auf der Seite des aus dem Prozeßrechtsverhältnis ausscheidenden Zweitbeklagten noch ein Streitgenosse befinde, gegen den das Verfahren fortgesetzt werden könne. Daß der Kläger durch die Nacherbschaft bedingten Eigentumsbeschränkungen unterliege, führe ebenfalls zu keiner Änderung der prozessualen Situation. Berechtigung komme dem Rechtsmittel nur soweit zu, als der Kläger bemängle, daß der Zeitpunkt, mit dem die Einstellung des Verfahrens wirksam werde, dem erstgerichtlichen Beschluß nicht zu entnehmen sei. Dieser sei mit der Zustellung der letztinstanzlichen Entscheidung anzunehmen; mit der Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses sei die für einen Zivilprozeß notwendige Parteistellung des Zweitbeklagten weggefallen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die Einstellung und Nichtigerklärung des Verfahrens gegen den Zweitbeklagten aufgehoben werde; weiters begehrt der Kläger die Erlassung des Anerkenntnisurteiles im Sinne seines Antrages.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 47 Abs 1 iVm § 46 Abs 1 Z 2 ASGG ist in Arbeits- und Sozialrechtssachen der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof in allen Fällen, in denen der Streitgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, 50.000 S übersteigt, ohne Einschränkung zulässig. Im Hinblick auf den Wert des Steitgegenstandes liegen diese Voraussetzungen hier vor. Der Rekurs ist daher jedenfalls zulässig; des diesbezüglichen Ausspruches des Rekursgerichtes hätte es nicht bedurft.

Bei Verneinung des Fortbestehens eines ehemals unzweifelhaft rechtmäßig begründeten Prozeßverhältnisses (wegen wirksamer Klagsrücknahme oder streitbeendender Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches, aber auch wegen Gesamtrechtsnachfolge einer Prozeßpartei in die Rechtsstellung des Prozeßgegners und ähnlichem) ist in Analogie zu § 519 Abs 1 Z 2 ZPO und im Sinne des § 521 a ZPO die Zweiseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens anzunehmen (6 Ob 641-644/86; in EvBl 1985/81 = RZ 1985/8 = NZ 1985, 106 nur teilweise veröffentlicht). Der Rekurs ist daher rechtzeitig, weil die Rekursfrist infolge der Zweiseitigkeit des Rechtsmittels gemäß § 521 ZPO vier Wochen beträgt. Die Zustellung des Rekurses an den Beklagten ist erfolgt; eine Rekursbeantwortung hat er nicht erstattet.

Der Rekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Wenn die an die Stelle des ursprünglichen Beklagten tretende Partei mit dem Kläger ident ist, führt dies dazu, daß dem im Zivilprozeß herrschenden Grundsatz des Zweiparteiensystems, nach welchem sich zwei voneinander verschiedene Rechtssubjekte gegenüberstehen müssen, nicht mehr entsprochen wird. Dieser Mangel kommt in seiner Bedeutung dem Fehlen der Parteifähigkeit gleich und hindert die Fortsetzung des Verfahrens. Durch die Einantwortung des Nachlasses zur Hälfte an den Kläger ist in diesem Umfang das für den Zivilprozeß erforderliche Prozeßrechtsverhältnis weggefallen (EvBl 1985/81 = RZ 1985/8 = NZ 1985, 106). Daß der Kläger nicht unbeschränkter Erbe wurde, sondern die Einantwortung der Hälfte des Nachlasses an ihn durch eine Nacherbschaft belastet ist, ändert nichts daran, daß es mit den Grundsätzen eines kontradiktorischen Verfahrens unvereinbar ist, daß er sich selbst als Beklagter gegenübersteht. Die im Revisionsrekurs zitierte Rechtsprechung hat ausschließlich Fragen der materiellen Berechtigung der Geltendmachung von Forderungen gegenüber dem Erblasser bzw. den Vorerben gegen die Substitutionsmasse zum Gegenstand; die im Rahmen der Behandlung des vorliegenden Rechtsmittels allein relevante verfahrensrechtliche Problematik wird dort nicht behandelt. Zu Unrecht beruft sich der Kläger darauf, daß er in der von ihm in Anspruch genommenen Beklagtenstellung als Vertreter des Substitutionsvermögens auftrete. Abgesehen davon, daß er im Verfahren vor dem Erstgericht im eigenen Namen als (Mit)Beklagter aufgetreten ist, ist eine Vertretung des Substitutionsgutes schon deshalb ausgeschlossen, weil diesem keine Rechtspersönlichkeit zukommt (EvBl 1960/350; auch NZ 1971, 124). Eine Vertretung der Substitutionsmasse ist nicht möglich, weil es an einem zu vertretenden Rechtssubjekt fehlt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.

Stichworte