Spruch:
Das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 5.Juni 1992, GZ 9 E Vr 2875/91-22, verletzt in dem unter nachträglicher Straffestsetzung zu AZ U 69/91 des Jugendgerichtes Graz ergangenen Strafausspruch bezüglich Dagmar Sch***** sowie in den weiteren auf § 494 a Abs 1 Z 3 StPO gegründeten Aussprüchen das Gesetz in den Bestimmungen der § 12 JGG und § 494 a Abs 1 Z 3 StPO. Gemäß § 292 letzter Satz StPO werden diese Aussprüche sowie der Strafausspruch hinsichtlich Dagmar Sch***** aufgehoben.
Gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird in der Sache selbst erkannt und Dagmar Sch***** nach § 108 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 (sechs) Wochen verurteilt.
Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit bis 9.Juli 1998 bedingt nachgesehen.
Text
Gründe:
Nachdem Dagmar Sch***** mit (in gekürzter Form ausgefertigtem) rechtskräftigem Urteil des Jugendgerichtes Graz vom 17.April 1991, GZ U 69/91-19, des - noch als Jugendstraftat verübten - Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB schuldig gesprochen, von einem Strafausspruch jedoch gemäß § 12 Abs 1 JGG abgesehen worden war, wurde sie (sowie Joachim B*****) mit - gleichfalls in gekürzter Form ausfertigtem - rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 5.Juni 1992, GZ 9 E Vr 2875/91-22, der Vergehen der Täuschung nach § 108 Abs 1 StGB sowie des Betruges nach § 146 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt, deren Vollzug jedoch gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Zugleich wurde ausgesprochen, daß gemäß § 494 a Abs 1 Z 3 StPO (hiemit auch) "die Strafe zu U 69/91 des Jugendgerichtes Graz für Dagmar Sch***** festgesetzt" wurde, und "daß in diesem Verfahren ein nachträglicher Strafausspruch nicht mehr in Betracht kommt" (73 verso des letzterwähnten Aktes).
Rechtliche Beurteilung
Dieser (Straf-)Ausspruch steht - wie die General- prokuratur in ihrer insoweit zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde (der Schuldspruch nach § 108 Abs 1 StGB wurde mangels Überprüfbarkeit der in der Hauptverhandlung allenfalls hervorgekommenen Tatsachengrundlagen nicht angefochten) zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang. Das Landesgericht für Strafsachen Graz hat nämlich außer acht gelassen, daß (anders als beim Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe gemäß § 13 Abs 1 JGG) ein Schuldspruch ohne Strafe gemäß § 12 Abs 1 JGG endgültig, also ohne Festsetzung einer Probezeit erfolgt, sodaß in einem solchen Fall weder ein nachträglicher Strafausspruch gemäß §§ 15 Abs 1, 16 Abs 1 JGG noch ein Absehen davon (§ 15 Abs 2 JGG) möglich und somit auch keine Strafbemessung gemäß § 494 a Abs 1 Z 3 StPO vorgesehen ist.
Da die bezeichnete Gesetzesverletzung der Verurteilten zum Nachteil gereicht, war an sie gemäß § 292 letzter Satz StPO konkrete Wirkung zu knüpfen und nach Aufhebung des Strafausspruches insoweit in der Sache selbst zu erkennen.
Bei der durch die Aufhebung des Strafausspruches notwendig gewordenen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen von strafbaren Handlungen gleicher und verschiedener Art sowie die einschlägige Vorverurteilung, als mildernd die Begehung der Taten vor Vollendung des 21.Lebensjahres und das Geständnis.
In Abwägung der Zahl und des Gewichtes der aufgezählten Strafzumessungsgründe sowie unter gebührender Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Strafbe- messung (§ 32 StGB) erachtete der Oberste Gerichtshof die ausgesprochene Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Wochen für tatschuldangemessen.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß es sich um den ersten Strafausspruch über die Angeklagte handelt und im Hinblick auf ihre Schuldeinsicht war - bezogen auf den Zeitpunkt der Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Graz - anzunehmen, daß die Androhung des Vollzuges der verhängten Freiheitsstrafe genügen werde, um sie von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten; auch den generalpräventiven Erfordernissen war ausreichend Rechnung getragen. Davon abgesehen zwingt das Verschlimmerungsverbot zur neuerlichen bedingten Strafnachsicht.
Da sowohl im Urteil des Bezirksgerichtes Weiz vom 30.September 1992, AZ U 29/92 (ON 31 des Vr-Aktes), als auch im Urteil des Bezirksgerichtes Leoben vom 6.Juli 1993, AZ 3 U 24/93 (ON 38 des Vr-Aktes), gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 5.Juni 1992, AZ 9 E Vr 2875/91, Bedacht genommen worden ist und dort jeweils gemäß § 43 Abs 1 StGB der Vollzug der verhängten (Zusatz-)Freiheitsstrafen unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde, ist gemäß § 55 Abs 3 StGB für alle drei genannten Verfahren die zuletzt endende Probezeit maßgebend, die allerdings mittlerweile durch einen mit dem Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 27.Februar 1995, GZ 14 E Vr 117/95-7, verkündeten Beschluß auf fünf Jahre verlängert wurde (insoweit bestätigt durch Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 9. Oktober 1995, AZ 11 Bs 330,331/95). Da die angeführten Urteile und Beschlüsse bereits in Rechtskraft erwachsen und damit die Probezeiten in Gang gesetzt worden waren, war das Ende der Probezeit - im Sinn des Verschlimmerungsverbotes gemäß §§ 290 Abs 1, 292 StPO - datumsmäßig mit dem Ablauftag der (verlängerten) fünfjährigen Frist (gerechnet ab Eintritt der Rechtskraft des Urteils erster Instanz des Bezirksgerichtes Leoben, AZ 3 U 24/93) festzusetzen (15 Os 110/95; 15 Os 37,38/90; 10 Os 21/87; SSt 56/79 = EvBl 1986/89 = RZ 1986/92, 15 Os 11,12/96).
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