OGH 15Os61/96

OGH15Os61/969.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Mai 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Dr.Schindler, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Waldner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Jozef V***** wegen des Finanzvergehens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a und 13 FinStrG und eines weiteren Finanzvergehens über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4.März 1996, GZ 11 a Vr 13.578/95-36, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Jozef V***** wurde der Finanzvergehen (zu A.I. und II.) des - zum Teil in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 13 FinStrG) begangenen - gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG (Tatzeit vom 15.Juli bis 24.November 1995) sowie (zu B.) des (ideal konkurrierenden) - teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 13 FinStrG) verübten - vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit b FinStrG schuldig erkannt und hiefür zu Geld-, Wertersatz- und Ersatzfreiheitsstrafen verurteilt.

Sogleich nach Urteilsverkündung meldete der Angeklagte eine "Berufung wegen der Strafe" an (264), sodann innerhalb der dreitägigen Anmeldungsfrist überdies eine Nichtigkeitsbeschwerde (ON 40) und führte beide Rechtsmittel in der Folge auch (rechtzeitig) schriftlich aus (ON 42).

Rechtliche Beurteilung

Die allein auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde wirft dem Erstgericht vor, es habe einerseits durch die Heranziehung des "längeren Delikts- zeitraumes" beim gewerbsmäßigen Schmuggel als besonderen Erschwerungsgrund gegen das "Doppelverwertungsverbot" stoßen und demzufolge für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsachen offenbar unrichtig beurteilt (insoweit zweiter Fall der Z 11), andererseits in unvertretbarer Weise gegen Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen (dritter Fall der Z 11), weil es zwar die Ablehnung der Gewährung der gänzlichen bedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs 1 StGB begründet, hingegen "die Anwendbarkeit des § 43 a Abs 1 StGB" nicht geprüft und hiezu keine Feststellungen getroffen habe, obwohl die Voraussetzungen für diese Maßnahme vorlagen.

Die Rüge geht fehl.

Was zunächst den kritisierten "längeren Deliktszeitraum" (hier: mehr als vier Monate) anlangt (womit der Sache nach die dritte Variante der Z 1 des § 33 StGB gemeint ist, nämlich "die Fortsetzung der strafbaren Handlung durch längere Zeit"), ist dieser zwar an sich eigenständige Erschwerungsgrund bei der konkreten Strafzumessung im Falle gewerbsmäßiger Tatbegehung seinem Wesen nach mit der "Tatwiederholung" vergleichbar, bildet aber, falls er mit dieser zusammentrifft, nur einen einzigen Erschwerungsgrund (Leukauf/Steininger Komm3 § 33 RN 5 a), sodaß die von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zum Erschwerungsgrund der "Tatwiederholung" im Zusammenhang mit gewerbsmäßiger Tatverübung entwickelte Rechtsansicht, von der abzugehen sich der Oberste Gerichtshof auf Grund des konkreten Falles nicht veranlaßt sieht, auch auf jenen des "längeren Deliktszeitraumes" zutrifft. Danach wurde in der neueren Judikatur - ausgehend davon, daß die "Tatwiederholung", mag sie (ebenso wie die "Fortsetzung der strafbaren Handlung durch längere Zeit") bei gewerbsmäßig handelnden Tätern die Regel sein, nicht zu den begrifflichen Voraussetzungen dieser Qualifikation gehört (Leukauf/Steininger aaO § 70 RN 6) und daher bei der Gewichtung der Strafzumessungsgründe innerhalb des aktuellen Strafrahmens nicht außer Betracht bleiben kann - ausgesprochen, daß die Heranziehung des in Rede stehenden Erschwerungsgrundes auch bei Annahme der Gewerbsmäßigkeit möglich ist und sonach kein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot darstellt (EvBl 1995/104 = RZ 1995/89 mwN), wird doch damit die manifest gewordene repetitive Kriminalität bei der Gewichtung der Strafzumessungsschuld erfaßt (13 Os 187/95, 12 Os 102/89, Dorazil/Harbich FinStrG § 23 E 11 c).

Das Erstgericht versagte die Gewährung bedingter Strafnachsicht aus spezialpräventiven Gründen, ohne speziell auf die Norm des § 43 StGB abzustellen. Damit verneinte es - im Kontext gesehen - auch die Möglichkeit einer Anwendung des § 43 a Abs 1 StGB im vorliegenden Fall, zumal in dieser Bestimmung auf die Voraussetzungen des § 43 StGB verwiesen wird.

Außerdem wäre selbst das Unterlassen einer Begründung für die Nichtgewährung (teil-)bedingter Strafnachsicht kein unvertretbarer Verstoß gegen Strafbemessungsbestimmungen (14 Os 26,27/95 ua).

Eine materielle Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO läge nur dann vor, wenn das Erstgericht die Anwendung des § 43 a Abs 1 StGB grundsätzlich verneint hätte (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 11 E 20 f; 12 Os 125/94).

Ob aber im konkreten Fall die Gewährung einer (gänzlich bedingten nach § 43 Abs 1 StGB oder auch nur) teilbedingten Nachsicht der ausgemessenen Geldstrafe gemäß § 43 a Abs 1 StGB vertretbar und gerechtfertigt ist, wird im Rahmen der (ohnehin auch in dieser Richtung erhobenen) Berufung durch den hiefür zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz zu erörtern sein.

Demnach war die teils offenbar unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 und Z 2 iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Daraus folgt, daß die Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht Wien zukommt (§ 285 i StPO).

Stichworte