OGH 4Ob2068/96p

OGH4Ob2068/96p30.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek, Dr. Niederreiter, Dr. Graf und Dr. Griss als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj.Alexandra B*****, ***** infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Minderjährigen, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 11, Amt für Jugend und Familie

11. Bezirk, als Unterhaltssachwalter gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. Februar 1996, GZ 45 R 52/96-x-144, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Minderjährigen wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508a Abs 2 und § 510 ZPO).

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 21.3.1994 (ON 107) wurden der Minderjährigen Unterhaltsvorschüsse in der Höhe des Exekutionstitels (S 2.500 monatlich) für den Zeitraum vom 1.3.1994 bis 28.2.1997 gewährt.

Mit Beschluß vom 20.3.1995 (ON 119) wurde der vom Vater zu leistende Unterhaltsbetrag ab 1.1.1994 auf S 3.150 monatlich erhöht. Wie bei der vorangegangenen Unterhaltsbemessung wurde der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ein fiktives Einkommen im Falle des Eingehens eines unselbständigen Beschäftigungsverhältnisses von S

17.500 im Monat zugrundegelegt. Daß sich der Vater mit einem Einkommen als selbständiger Psychologe von monatlich S 11.613 begnüge, dürfe nicht zu Lasten der Unterhaltsberechtigten gehen. Mit Beschluß vom 21.4.1995 (ON 122) wurden die bereits bewilligten Unterhaltsvorschüsse ab 1.3.1994 auf S 3.150 im Monat erhöht.

Am 14.7.1995 und 15.11.1995 beantragte der Vater die Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung für die Zeit vom 12.6.1995 bis 8.10.1995 mit der Begründung, daß er in dieser Zeit nicht seiner selbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei, weil er keine Kunden mehr gehabt habe, einen Arbeitsplatz gesucht und daher Notstandshilfe bezogen habe.

Das Erstgericht setzte die Unterhaltsvorschüsse für die Zeit vom 1.7.1995 bis 31.10.1995 auf monatlich S 1.750 herab. Da der Vater in dieser Zeit arbeitslos gewesen sei und nur eine Notstandshilfe von S

9.717 monatlich erhalten habe, sei er zur Leistung des festgesetzten Unterhalts nicht imstande gewesen. Mit einem weiteren Beschluß (ON 138) wies das Erstgericht den Antrag des Vaters, den Unterhalt für den genannten Zeitraum herabzusetzen, ab. Der Vater hätte bei dem schlechten Unternehmensgang schon vor Jahren eine unselbständige Erwerbstätigkeit als Psychologe annehmen müssen. Daß er eine kurze Zeit nur die Notstandshilfe bezogen habe, rechtfertige daher die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs nicht. Diesen Beschluß ließ der Vater unangefochten.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichts auf Herabsetzung der Unterhaltsvorschüsse und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Dem Vater sei für die Zeit des Bezugs der Notstandshilfe die Zahlung eines höheren Unterhaltsbetrages nicht zuzumuten gewesen. Die Voraussetzungen für die Herabsetzung der Unterhaltsvorschüsse gemäß §§ 7 Abs 1 Z 1, 19 Abs 1 UVG seien daher gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Unterhaltssachwalter erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist unzulässig im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat (EFSlg 66.648; 2 Ob 555/94 = ÖA 1995, 66), liegen keine begründeten Bedenken im Sinne des § 7 Abs 1 Z 1 UVG vor, wenn die Voraussetzungen für die Anspannung des Unterhaltsschuldners gegeben sind. Auch der Bezug von Sozialhilfe ist für sich allein nicht geeignet, solche Bedenken zu erwecken, weil es durchaus möglich ist, daß auch bei rechtmäßigem Bezug der Sozialhilfe die Voraussetzung für eine Anspannung des Unterhaltspflichtigen bestehen bleiben (ÖA 1995, 66). Sind die Voraussetzungen für eine Anspannung allerdings nicht (mehr) gegeben, dann können die Unterhaltsvorschüsse trotz Fortbestehens des (höheren) Titels eingestellt oder herabgesetzt werden. Der Rechtsmeinung im Revisionsrekurs, daß die Höhe des Unterhaltsvorschusses auch in einem solchen Fall von der (tatsächlich nicht herabgesetzten) Titelhöhe abhänge, widerspricht § 7 Abs 1 UVG und den dargelegten Grundsätzen der Rechtsprechung.

Ob der Vater im vorliegenden Fall trotz des Bezugs der Notstandshilfe im Zeitraum vom 12.6.1995 bis 8.10.1995 auf ein monatliches Einkommen von rund S 17.500 angespannt werden durfte, läßt sich nur auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilen. Grundsätzlich ist mit der Anspannung jedoch dann nicht mehr vorzugehen, wenn der Unterhaltspflichtige bei Arbeitslosigkeit und Meldung als Arbeitssuchender auch bei Einsatz aller seiner persönlichen Fähigkeiten, also seiner Leistungskraft unter Berücksichtigung seiner Ausbildung und seines Könnens, nicht in der Lage wäre, einen Arbeitsplatz zu erlangen (ÖA 1992, 51). Beim Alter des Unterhaltspflichtigen und der Lage auf dem Arbeitsmarkt könnte das in dem genannten kurzen Zeitraum durchaus der Fall gewesen sein. Darauf, daß der Vater den seinen Herabsetzungsantrag abweisenden Beschluß nicht angefochten hat, kommt es aber nach den dargelegten Grundsätzen nicht an; § 7 Abs 1 Z 1 UVG bezweckt ja gerade, den Vorschußanspruch von einem Exekutionstitel, gegen dessen Höhe Bedenken bestehen, unabhängig zu machen.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage war der außerordentliche Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.

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