OGH 8ObA312/95

OGH8ObA312/9518.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Univ.Prof.Dr.Franz Schrank und Herbert Wolf als Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Georg S*****, Vertragsbediensteter, ***** vertreten durch Dr.Peter Kaltschmid, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Land Tirol, vertreten durch den Landeshauptmann Dr.Wendelin Weingartner, 6020 Innsbruck, Landhausplatz, vertreten durch Dr.Ernst F. Mayr und Dr.Christoph Rittler, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 133.862,88 brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3.Oktober 1995, GZ 5 Ra 105/95-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 22.Mai 1995, GZ 47 Cga 27/95v-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das berufungsgerichtliche Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil erster Instanz wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 6.337,80 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 1.056,30 USt) und die mit S 20.855 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 13.250 Barauslagen und 1.267,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist seit 1.1.1970 beim Land Tirol als Vertragsbediensteter im Bereich des Landeskrankenhauses Innsbruck beschäftigt. Mit Dienstvertrag vom 21.4.1970 wurde er als Elektromechaniker eingestellt, laut Nachtrag zum Dienstvertrag vom 18.1.1988 wurde er ab 1.2.1988 Werkstättenleiter der Arbeitsgruppe Aufzugsmonteure.

Seit dem Jahre 1970 bis zum 7.12.1993 verrichtete der Kläger jeweils mit seiner Zustimmung Journaldienste in einem 9-Tage-Rhythmus. Diese Journaldienste wurden an Werktagen und Sonn- und Feiertagen absolviert, es handelte sich um einen 24-Stunden-Dienst. Der Journaldienst erfolgte zumindest in den letzten Jahren auf Grund eines im voraus erstellten Dienstplanes, sodaß bereits Ende des Jahres dem jeweilig zum Journaldienst Eingeteilten bekannt war, wann er im nächsten Jahr Journaldienst zu verrichten habe. Der Kläger war im Dienstplan für das Jahr 1994 des technischen Journaldienstes für Brand- und Katastrophenschutz, elektrotechnische Notfälle und allgemeine technische Notfälle für den Journaldienst vorgesehen. Die Einteilung zum Journaldienst ist Aufgabe des Leiters des technischen Servicezentrums, zuletzt des Dipl.Ing.G*****.

Im Jahr 1993 war der Kläger am 7., 16. und 25.12. zum Journaldienst eingeteilt. Im Jahre 1994 war er am 3., 12., 21. und 30.1., 8., 17. und 16.2., 7., 16. und 25.3., 3., 12., 21. und 30.4., 9., 18. und 27.5., 5., 14. und 23.6., 2., 11., 20. und 29.7., 7., 16. und 25.8. 3., 12., 21. und 30.9., 9., 18. und 27.10., 5., 14. und 23.11., sowie am 2., 11., 12. und 29.12. eingeteilt. Im Jahr 1994 war der Kläger vom 10. bis 21.1., vom 11., bis 15.4., vom 25.7. bis 8.8. und vom 19. bis 31.12. im Krankenstand und vom 21.3. bis 9.4.1994 auf Kur und hätte in dieser Zeit keine Journaldienstzulage (im Ausmaß von brutto S 28.230,50) bekommen.

Im Jahre 1995 hätte der Kläger, wenn er zum Journaldienst eingeteilt worden wäre, an folgenden Tagen Dienst gemacht:

7., 16. und 25.1., 3., 12. und 21.2., 2., 11., 20. und 29.3. sowie 7., 16 und 25.4.

Insgesamt hätte der Kläger in der Zeit vom 7.12.1993 bis 25.4.1995 unter Berücksichtigung der Kur- und Krankentage eine Journaldienstzulage von S 133.862,88 brutto ins Verdienen gebracht, und zwar im Jahr 1993 brutto S 7.446,50; im Jahr 1994 S 104.981,53 und im Jahr 1995 S 21.434,85.

Eine Verpflichtung zur Leistung von Journaldienst besteht insoferne nicht, als jemand erklären kann, solchen nicht mehr machen zu wollen. Der Betreffende wird dann, wenn auch allenfalls erst nach Auffinden einer Ersatzperson, nicht mehr zum Journaldienst eingeteilt. Der Journaldiensthabende ist mit einem "Piepser" und Funkgerät ausgestattet. Für den Journaldienst wird besonders qualifiziertes technisches Personal eingesetzt, da der technische Journaldienst einer der wichtigsten Dienste ist.

Die Dienstanweisung für die technischen Journaldienste am allgemeinen öffentlichen Landeskrankenhaus (Universitätskliniken) Innsbruck vom 10.7.1992 lautet unter anderem wie folgt:

"1. Allgemeines:

1.1. Allgemeine Aufgabenbeschreibung:

Das Journaldienstteam besteht aus dem Journaldienst für elektrische Notfälle (im folgenden kurz: JD 2 genannt) und dem Journaldienst für technische Notfälle (im folgenden kurz: JD 3 genannt) und ist für die ordnungsgemäße technische Betriebsdienstführung des Landeskrankenhauses Innsbruck außerhalb der Normalarbeitszeit verantwortlich.

Im Rahmen dieser Aufgabe vertreten sie einerseits die Verwaltungsdirektion des AÖ LKH Innsbruck und andererseits die Direktion Bau und Technik der Tiroler Landeskrankenanstalten Gesellschaft mbH.

Die einzelnen Alarm- bzw Störungsmeldungen erhält das Journaldienstteam einerseits durch direkte Nutzerverständigung bzw andererseits durch die Taschenrufempfänger (Piepser) bzw die Alarm- und Protokollausdrucke der zentralen Leittechnik...

1.3. Einsatzbereich des Journaldienstes:

Den grundlegenden Einsatzbereich stellt das Areal des AÖ Landeskrankenhauses Innsbruck inkl. der Abteilung für Zahnerhaltung der Univ. Klinik für ZMK, Schöpfstraße 24, dar. Bei Brand- und Katastrophenfällen erweitert sich dies auf die Objekte Personalunterkunft "Speckbacher", Personalunterkunft "Innrain 66 und 66a" sowie das Ausbildungszentrum West (Innrain 98/100).

Ebenfalls zuständig, jedoch nur für die Veranlassung von Behebungen, ist der JD 1 in extremen Not- bzw Katastrophenfällen betreffend die Außenstelle Beda-Weber-Gasse.

...

1.4. Diensteinteilung, Dienstzeiten:

Die Dienstzeit des Journaldienstteams erstreckt sich von 7.00 Uhr bis 7.00 Uhr des Folgetages. Während dieser Zeit besteht Anwesenheitspflicht, dh ein Verlassen des Krankenhausbereiches außer den unter Punkt 1.3. angeführten Ausnahmeregelungen ist nicht zulässig.

Während der normalen Dienstzeit sind die dem Journaldienst zugeteilten Bediensteten im normalen Dienstbetrieb eingegliedert und versehen dort ihre ihnen zugeteilte Arbeit. Die effektive Journaldiensttätigkeit (ausgenommen Schalttätigkeiten an den Brandmeldeanlagen) wird also während der folgenden Tage getätigt:

Montag bis Donnerstag jeweils von 11.45 Uhr bis 12.30 Uhr und von 16.30 Uhr bis

7.00 Uhr des Folgetages;

Freitag von 12.00 Uhr bis Samstag 7.00Uhr

sowie Samstag, Sonntag bzw

Feiertag von 7.00 Uhr bis 7.00 Uhr des Folgetages ..."

Mit Schreiben vom 11.4.1985 erging eine Dienstanweisung unter Bezugnahme auf die Direktionsanweisung vom 8.3.1982, in der unter anderem festgestellt wurde:

".... Mit Bezug wurde für den Bereich der Anstalt ein Alkoholverbot während des Dienstes erlassen. Diese Weisung lautet:

Aufgrund verschiedener Vorfälle wird nach eingehender Prüfung im Einvernehmen mit dem Betriebsrat der Anstalten angeordnet, daß für alle Landesbediensteten, welche bei der Ausübung ihres Dienstes im Anstaltsbereich mit stationären oder ambulanten Patienten in Berührung kommen, strenges Alkoholverbot im Dienst besteht.

Die bestellten Funktionsorgane und alle mit Aufgaben der Dienstaufsicht beauftragten Bediensteten werden gleichzeitig beauftragt, die Einhaltung der vorliegenden Direktionsweisung zu überwachen und Verstöße unverzüglich zu melden.

Es wird darauf hingewiesen, daß der Betrieb eines Krankenhauses im Interesse sowohl der Patienten als auch der Mitbediensteten eine derartige Regelung erfordert. Landesbedienstete, welche die bestehende Weisung nicht einhalten, haben mit strengen dienstrechtlichen Maßnahmen zu rechnen ...."

Am 19.11.1993 fand im Klinikbereich eine von Dipl.Ing. G***** genehmigte Abschiedsfeier einer Reinigungskraft statt. An dieser nahm auch der Kläger teil, der an diesem Tag gemeinsam mit Ing.P***** und Helmut W***** zum Journaldienst eingeteilt war. Die Feier begann um ca 11.30 Uhr und wurde um ca 16.00 Uhr aufgelöst. An dieser Feier nahm der Kläger nicht durchgehend teil, weil er inzwischen "ausgepiepst" wurde und verschiedene Arbeiten zu verrichten hatte. Er trank zum Essen ein Bier und noch Rotwein gespritzt, wobei nicht feststellbar war, wieviel Rotwein der Kläger getrunken hatte. Während der Feier wurde er weder von Ing.P***** noch Ing.F***** aufgefordert, keinen Alkohol zu konsumieren.

Der Kläger wurde sodann vom Lebensgefährten der Reinigungskraft angerufen und gefragt, wo diese sei. Er teilte mit, daß sie sich im nahegelegenen L*****-Stüberl aufhalte. Der Kläger wurde ersucht, ihr mitzuteilen, daß der Lebensgefährte sie abholen komme. Der Kläger fuhr sodann, entgegen der vorgeschriebenen Journaldienstkleidung bekleidet mit Hose und Bluse, per Fahrrad unterirdisch vom zentralen Versorgungsgebäude zur HNO-Klinik, ließ dort das Fahrrad stehen und ging zu Fuß in das L*****-Stüberl, wobei er Piepser und Funkgerät mit sich trug. Im L*****-Stüberl trank er zumindest noch ein Glas Rotwein gespritzt. Wielange sich der Kläger dort aufhielt konnte nicht festgestellt werden. Er war jedenfalls um ca 19.30 Uhr wiederum im zentralen Versorgungsgebäude. Ing.P*****, dem Vorgesetzten des Klägers, wurde spätestens am 22.11.1993 mitgeteilt, daß der Kläger somit während des Journaldienstes das Klinikareal verlassen hatte. Dipl.Ing.G***** erfuhr ein oder zwei Tage nach dem 19.11. von diesem Umstand. Am 7.12.1993 fand im Beisein des Dipl.Ing.G***** und des Klägers ein Gespräch statt, bei welchem dem Kläger von ihm bis zum 19.11.1993 gesetzte Verfehlungen vorgehalten wurden. Der Kläger hatte an diesem Tag den Jornaldienst um 7.00 Uhr angetreten und wurde nach dem Gespräch ab 11.00 Uhr von diesen Dienst enthoben und zwar auch im Einverständnis mit dem damaligen Verwaltungsdirektor Reg.Rat M*****.

Mit Dienstanweisung vom 15.12.1993 wurde der Kläger wegen des während des Journaldienstes von 19./20.11.1993 gesetzten Fehlverhaltens mit Wirksamkeit vom 7.12.1993, 11.00 Uhr, vorerst für die Dauer von sechs Monaten von der Journaldiensttätigkeit enthoben und es wurde mitgeteilt, daß über eine "Wiedereinsetzung in den Journaldienst" vor Ablauf der Frist gesondert entschieden werde.

Am 26.5.1994 wurde dem Kläger sodann mitgeteilt, daß er nicht mehr zum Journaldienst eingesetzt werde, worauf der Kläger mit Schreiben vom 27.5.1994 ersuchte, diese ihm mitgeteilte "unbefristete Umwandlung der sechsmonatigen Aussetzung vom Journaldienst" schriftlich und mit Begründung zu übermitteln. Der Kläger war nie damit einverstanden, nicht mehr zum Journaldienst eingesetzt zu werden, auch nicht mit der sechsmonatigen Aussetzung.

Am 2.11.1994 fand in Anwesenheit des Betriebsarztes Dr.S*****, des Sicherheitstechnikers Ing.P*****, des Betriebsrates H*****, des Dipl.Ing.G***** und des Klägers eine Aussprache statt. In einem Aktenvermerk wurde festgehalten, daß der Kläger mit dem Verlassen des Klinikareals während der Jornaldienstzeit vom 19. auf 20.11.1993 und seinem Aufenthalt im L*****-Stüberl einen Entlassungsgrund gesetzt habe. In einer "Abstimmung" mit dem Verwaltungsdirektor sei festgelegt worden, daß der Kläger vorerst für die Dauer von sechs Monaten von der Journaldiensttätigkeit enthoben und über eine Wiedereinsetzung in den Journaldienst vor Ablauf der Frist gesondert entschieden werde. Vor Ablauf der Frist sei dem Kläger im Gespräch mit Dipl.Ing.G***** mitgeteilt worden, daß er nicht mehr in den Journaldienst aufgenommen werde. Der Kläger habe um eine schriftliche Mitteilung ersucht.

Zusammenfassend wurde bei dieser Aussprache sodann festgestellt:

"Der Kläger hat am 19.11.1993 eine schwere Dienstverletzung, welche als Entlassungsgrund einzustufen ist, begangen. In Gesprächen mit Dipl.Ing.G***** während der Zeit, in der er vom Journaldienst ausgesetzt war und beim Gespräch am 2.11.1994 konnte festgestellt werden, daß beim Kläger eine starke Orientierung am Motivationsfaktor Geld ist, die ihn dazu führt, auf eine Wiedereinsetzung in den Journaldienst mit allen Mitteln zu drängen. Gemäß Journaldienstkonzept wird von einem Journaldienstmitarbeiter jene Motivation erwartet, die ihn in die Lage versetzt, im Störfall in der entsprechenden Zeit die Maßnahmen und Entscheidungen zu setzen, die ansonsten von den technisch Verantwortlichen und vom Verwaltungsdirektor zu treffen sind. Weiters konnte festgestellt werden, daß der Kläger in seinem Verhalten zwiegespalten ist. Im gleichen Atemzug, mit dem er die Forderung auf die Wiedereinsetzung in den Journaldienst vorbringe, spricht er auch trotz der nachgewiesenen gesundheitlichen Eignung von seinem Ansinnen zur Frühpensionierung wegen psychischer Überlastung.

Wegen des Verhaltens des Klägers während der Aussetzung vom Journaldienst und einer Befragung der Journaldienstsprecher bzw deren Mitarbeiter ist keine funktionierende Teameinführung zu erwarten, zudem ihm das Mißtrauen von seinen Kollegen ausgesprochen wurde ...."

Dem Kläger wurde am 2.11.1984 mitgeteilt, daß er aus den vorgenannten Gründen keinesfalls mehr in den Journaldienst eingesetzt werde, was unter anderem vom Betriebsrat H***** "unterschriftlich" zur Kenntnis genommen wurde.

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage den Zuspruch eines Bruttobetrages von S 133.862,88 sA mit dem Vorbringen, er sei mit Weisung vom 15.12.1993 von seiner Tätigkeit im Journaldienst zunächst befristet auf sechs Monate und sodann laut Mitteilung vom 26.5.1994 endgültig abgezogen worden. Dabei handle es sich um eine vertragsändernde Versetzung, der er nicht zugestimmt habe. Durch die Leistung von Journaldiensten seit dem Jahre 1973 sei eine schlüssige Ergänzung seines Vertrages erfolgt, wonach ihm ein Recht auf diese zusätzlich entlohnte Tätigkeit erwachsen sei. Der entgeltmindernden Versetzung habe der Betriebsrat nicht zugestimmt; für eine Disziplinarmaßnahme fehle die entsprechende Rechtsgrundlage einer Betriebsvereinbarung.

Die beklagte Partei bestritt das Klagsvorbringen und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendete ein, ein vertraglicher Anspruch des Klägers auf Journaldienst sei nicht entstanden; durch Arbeitgeberweisung hätte er jederzeit abgelöst werden können. Wegen des Fehlverhaltens vom 19.11.1993 (Verstoß gegen Alkoholverbot und gegen die Anwesenheitspflicht während des Journaldienstes im Klinikgelände) sei ihr eine weitere Einteilung des Klägers zum Journaldienst nicht zumutbar. Dies sei keine (disziplinäre) Sanktion, sondern Folge des Vertrauensverlustes.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Ergänzend zum eingangs wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt stellte es noch folgendes fest:

Der Kläger konnte damit rechnen, für den Journaldienst eingesetzt zu werden.

Aus der Dienstanweisung für den Journaldienst (vom 10.7.1992) geht ein Alkoholverbot nicht hervor. Das Schreiben vom 11.4.1985 (= Anweisung über das Alkoholverbot) ging dem Journaldienst 1 und 2 zu.

Der Kläger war trotz Alkoholkonsum weder alkoholisiert noch sonst in irgendeiner Form beeinträchtigt und wäre im L*****-Stüberl am 19.11.1993 mittels Piepser bzw Funkgerät erreichbar gewesen.

Wegen der Enthebung des Klägers vom Journaldienst für die Dauer von vorerst sechs Monaten fand eine Betriebsratsitzung nicht statt bzw erging in dieser Sache kein Beschluß des Betriebsrates. Johann H*****, der Vorsitzende des Arbeiterbetriebsrates, stimmte zu, daß der Kläger nicht mehr zum Journaldienst eingesetzt wird. Der Betriebsrat selbst wurde darüber erst im nachhinein informiert.

Dem Betriebsrat war daran gelegen, daß der Kläger nach einer bestimmten Zeit wieder zum Journaldienst eingesetzt wird. Es sind hinsichtlich des Klägers mit Ausnahme des 19.11.1993 keine Probleme in Zusammenhang mit Alkoholkonsum oder Verlassen des Klinikareals während des Journaldienstes bekannt. Der Betriebsrat war vom Vorfall vom 19.11.1993 einen Tag danach informiert.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Kläger habe wegen seiner ständigen Einteilung zu Journaldiensten gemäß § 863 ABGB damit rechnen können, auch weiterhin zur Journaldiensten eingesetzt zu werden. Die beklagte Partei sei daher nicht berechtigt gewesen, ihn zunächst befristet und später unbefristet vom Journaldienst abzuziehen. Den Vorfall vom 19.11.1993 hätte die beklagte Partei allenfalls mit einer Entlassung sanktionieren können (müssen). Einer verschlechternden Versetzung hingegen habe weder der Betriebsrat zugestimmt, noch sei der Kläger mit einer Vertragsänderung einverstanden gewesen. Daher gebühre ihm die entgangene Journaldienstzulage (das Erstgericht führte auch aus, der Kläger habe "somit weiterhin Anspruch auf Journaldienstzulage", AS 203, so als wäre zusätzlich ein über das Leistungsbegehren hinausgehendes Feststellungsbegehren als berechtigt zu begründen).

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und wies das Klagebegehren ab. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

In seiner Entscheidungsbegründung führte das Berufungsgericht aus, die "Feststellung", der Kläger habe damit rechnen können, für Journaldienste eingesetzt zu werden, sei eine unrichtige rechtliche Schlußfolgerung. Nach dem gemäß § 20 VBG sinngemäß anzuwendenden § 50 BDG sei der Kläger zur Leistung von Bereitschaft und Journaldienst verpflichtet. Ein Rechtsanspruch auf Journaldienst bestehe nicht. Die Einteilung zum Journaldienst erfolge so wie zur Überstundenleistung durch Arbeitgeberweisung; auch durch ständige und dienstplanmäßige Heranziehung werde gemäß § 863 ABGB ein Anspruch auf Journaldienst und entsprechendes Entgelt nicht begründet. Die beklagte Partei habe lediglich vom Recht auf Dienstzeiteinteilung Gebrauch gemacht, also den Kläger vom Journaldienst wieder abzuziehen, ohne daß dadurch gegen den Arbeitsvertrag (oder ein Weisungsrecht) verstoßen werde.

Eine Versetzung, die gemäß § 101 ArbVG zustimmungspflichtig wäre, liege nicht vor, sodaß auf die Beweisrüge der beklagten Partei, der Betriebsratsobmann habe lediglich einer vorübergehenden Enthebung des Klägers vom Journaldienst für die Dauer von sechs Monaten zugestimmt, nicht weiter einzugehen sei. Eine nur zeitliche Einschränkung der Arbeitsleistung hinsichtlich der über die unverändert gebliebene Normalarbeitszeit hinausgehenden Dienstleistungen stelle keine Versetzung dar. Eine Disziplinarmaßnahme im Sinne des § 102 ArbVG liege auch nicht vor. Der Ansicht von Mayer-Maly in seiner Anmerkung zu ZAS 1990/7, beim Entzug des Nacht- und Bereitschaftsdienstes handle es sich um eine als Disziplinarmaßnahme zu wertende Teilsuspendierung, sei nicht zu folgen. Die Einteilung zum Journaldienst unterliege der Disposition des Arbeitgebers, solange er nicht gegen das Willkürverbot verstoße. Die Maßnahme der beklagten Partei entbehre des Strafcharakters, selbst wenn man sie als Teilsuspendierung ansehen wollte. Schließlich sei die Maßnahme der beklagten Partei sachlich gerechtfertigt. Auch wenn der Kläger - in der Berufungsbeantwortung - den Erhalt eines Schreibens, mit dem das Alkoholverbot verfügt wurde, bestreite, sei es nach der Art der Tätigkeit des Journaldienstes selbstverständlich, daß ein Alkoholverbot geeignet sei, die volle geistige und körperliche Einsatzbereitschaft zu gewährleisten. Der Kläger habe den Genuß von alkoholischen Getränken zugestanden, es könne aber dahingestellt bleiben, ob er dadurch konkret im Dienst beeinträchtigt gewesen sei. Dazu komme noch der weitere Verstoß des Klägers gegen die Weisung, das Klinikareal während des Journaldienstes nicht zu verlassen.

Dieses Fehlverhalten des Klägers rechtfertige die Vorgangsweise der beklagten Partei, den Kläger auch über den Zeitraum von sechs Monaten hinaus vom Journaldienst "abzuziehen", zumal sich die Mitarbeiter der anderen Journaldienste gegen eine weitere Mitarbeit des Klägers ausgesprochen hätten, wodurch die "Teamfähigkeit" des Klägers nicht mehr gegeben sei.

Mangels einer gesicherten Rechtsprechung zu den erheblichen Fragen, ob die Enthebung vom Journaldienst eine zustimmungspflichtige Versetzung bzw eine Disziplinarmaßnahme sei, sei die ordentliche Revision zulässig.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es abzuändern und das Urteil erster Instanz wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger führt aus, er sei seit 1970 als Elektromechaniker bei der beklagten Partei im Landeskrankenhaus beschäftigt und seit 1.2.1988 Werkstättenleiter der Arbeitsgruppe Aufzugsmonteure. Der Journaldienst umfasse einen völlig anderen Tätigkeitsbereich. Durch die regelmäßigen Journaldienste seit 1973 sei seine Tätigkeit einvernehmlich ausgeweitet worden, sodaß die beklagte Partei ihm nicht einseitig das hiefür gewährte monatliche Zusatzentgelt von rund S 10.000,-- vorenthalten könne. Die inhaltliche Einschränkung der Tätigkeit sei eine zustimmungspflichtige Versetzung, ebenso auch eine Disziplinarmaßnahme, der der Betriebsrat nicht zugestimmt habe. Der Kläger habe sein Fehlverhalten vom 19.11.1993 zugegeben; die besonderen Umstände (Abschiedsfeier einer Krankenhausbediensteten) relativierten dieses Fehlverhalten, ohne es aber gänzlich ungeschehen zu machen. Dem Arbeitgeber stehe eine Sanktion hiefür nur innerhalb der gesetzlichen Schranken zu. Er könne allenfalls eine Entlassung, Kündigung oder Verwarnung aussprechen. Eine Entgeltkürzung hingegen mit teilweisem Entzug einer Tätigkeit sei dem Arbeitsrecht völlig fremd. Für den Arbeitgeber sei es auch unerheblich, ob die Arbeitskollegen eines solchermaßen beschäftigten Arbeitnehmers mit der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit einverstanden seien. Von einer sachlichen Rechtfertigung der Vorgangsweise der beklagten Partei könne daher "ernsthaft wirklich nicht gesprochen werden".

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig; sie ist im Ergebnis auch berechtigt.

Zwar ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, daß es dem Arbeitgeber freisteht, die Dienstzeit - im Rahmen von Gesetz, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung und einer Vereinbarung - durch Arbeitgeberweisung einzuteilen und auch zulässig angeordnete Überstunden aus Anlaß der Änderung der Arbeitsorganisation udgl nicht mehr anzuordnen.

Im Fall des Klägers aber, der dadurch gekennzeichnet ist, daß dieser rund 20 Jahre hindurch nach einem gleichförmigen, generalisierenden System (9 Tage-Rhythmus) zum Journaldienst eingeteilt wurde, ohne daß der Arbeitgeber auch nur andeutungsweise einen Widerrufs- oder auch nur einen nicht so weitgehenden Gestaltungsvorbehalt (vgl 8 Ob A 220/95) erklärt hat, ist davon auszugehen, daß eine stillschweigende Ergänzung des Dienstvertrages des Klägers insbesonders auch im Hinblick auf die bei ihm in wirtschaftlicher Hinsicht

zugrundezulegende "Vertrauensdisposition" (vgl DRdA 1986/2, 40 = JBl

1985, 632 = Ind 1464 = RdW 1984, 85 = infas 1984 A 32) erfolgt ist.

Trat solcherart eine Erweiterung des Arbeitsvertrages durch die gleichförmige Leistung von Journaldiensten ein, so stellt ein nachfolgender Ausschluß von der Verrichtung dieses Dienstes und damit von der Erbringung dieses Teiles der vertraglichen Arbeitsleistung eine unzulässige Teilkündigung dar. Ein besonderer Grund, der die

grundsätzlich unzulässige Teilkündigung (vgl Art 9.606 = ZAS 1979/16,

139) ausnahmsweise zulässig machte (Arb 10.038 = DRdA 1983/14, 266)

lag nicht vor, da weder ein Änderungsvorbehalt oder ein Vorbehalt der Teilkündigung erfolgte noch die Änderung der Journaldiensteinteilung im Fall des Klägers durch eine allgemeine Änderung des Arbeitsablaufes veranlaßt wurde. Es ist unbestritten, daß die beklagte Partei auf die Verfehlung des Klägers während des Journaldienstes vom 19.November 1993 hätte angemessen reagieren können, soferne ihr eine rechtlich zulässige Disziplinarmaßnahme (§ 102 ArbVG) oder auch ein personsbezogener Kündigungsgrund zu Gebote stand, eine Teilkündigung hingegen durch Entzug der Möglichkeit zur Erbringung eines Teiles der bedungenen Arbeitsleistung, nämlich der Verrichtung von Journaldienst, war unzulässig. Damit erweist sich die Forderung des Klägers auf das ihm entgangene Entgelt im Ergebnis als begründet.

Auf die Frage, ob die betriebsverfassungsrechtliche Voraussetzung gemäß § 101 ArbVG durch eine Zustimmung des Betriebsrates für eine "befristete" Versetzung gegeben waren, braucht nicht mehr eingegangen zu werden, ebenso auch nicht darauf, ob die beklagte Partei eine allenfalls begründete Änderungskündigung hätte vornehmen können. Die sachliche Rechtfertigung für diverse andere arbeitsrechtliche Reaktionen in dem Bereich der Kündigung oder Entlassung bis zur Disziplinarmaßnahme und/oder Versetzung kann eine gegen Grundsätze des Vertragsrechtes verstoßende Teilkündigung keinesfalls legitimieren. Da das Berufungsgericht die im vorliegenden Fall eingetretene Vertragserweiterung nicht berücksichtigt hat, ist die klagsstattgebende Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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