Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.058,88 (darin S 676,48 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte verarbeitet aufgrund Werkvertrages die bei den meist einmal jährlich stattfindenden Butterverbilligungsaktionen von Händlern retournierte Aktionsbutter zu Butterschmalz. Nach der in der Zeit vom 5.11.1993 bis 11.12.1993 durchgeführten Butteraktion bestand bei der Beklagten zur Verarbeitung der österreichweit von den Händlern retournierten unverkauften Butter ein Mehrbedarf an Arbeitskräften. Aus diesem Grund wurden fünf zusätzliche Arbeitnehmer, darunter die Klägerin, eingestellt. Das Dienstverhältnis der Klägerin begann am 14.2.1994. Es wurde vereinbart, daß es ungeachtet der Möglichkeit einer vorherigen Kündigung am 12.6.1994 enden solle. Der Klägerin wurde zur Befristung mitgeteilt, daß sie zum Auspacken der Butter eingestellt werde. Die Klägerin war an rund 15 bis 20 Tagen ausschließlich mit dem Auspacken der Aktionsbutter beschäftigt. An den anderen Tagen übte sie diese Tätigkeit etwa ein bis zwei Stunden aus, für den Rest des Tages wurden ihr andere Arbeiten übertragen. Ungefähr einen Monat nach Beginn des Dienstverhältnisses erfuhr die Klägerin, daß die schwanger sei. Sie teilte dies der Beklagten am 1.4.1994 mit.
Mit ihrer am 1.7.1994 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Feststellung des aufrechten Bestandes ihres Dienstverhältnisses bis zu dem Beginn des Beschäftigungsverbotes gemäß § 3 Abs.1 MSchG oder dem Beginn eines auf Dauer ausgesprochenen Beschäftigungsverbotes gemäß § 3 Abs.3 MSchG. Wegen der Schwangerschaft sei der Ablauf des Dienstverhältnisses gemäß § 10a Abs.1 MSchG gehemmt, weil sich die vereinbarte Befristung auf keinen sachlich gerechtfertigten Grund stützen könne. Beim Auspacken von Butter handle es sich nicht um eine saisonale Tätigkeit im Sinne des § 10a Abs.2 MSchG, sondern um eine auf eine unternehmensinterne Entscheidung zurückzuführende Auftragsschwankung, die keinen sachlichen Rechtfertigungsgrund für die Befristung bilde.
Die Beklagte wendete dagegen ein, daß die Befristung sachlich gerechtfertigt gewesen sei, da das Auspacken von Butter nur jeweils nach der Butteraktion erforderlich sei. Diese Arbeit falle periodisch an, sodaß von Saisonarbeit gesprochen werden könne. Es sei mit der Klägerin diese saisonal begründete Befristung ausdrücklich vereinbart worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß in den Erläuternden Bemerkungen zu § 10a Abs.2 MSchG unter anderem als denkbare Befristung das Vorliegen einer Auftragsspitze genannt sei. Es sei daher davon auszugehen, daß der Fall erhöhten Arbeitsaufkommens eine sachliche, wenngleich im Gesetz nicht ausdrücklich genannte, Rechtfertigung für die Befristung eines Dienstverhältnisses darstelle. Daß § 10a Abs.2 MSchG die Gründe für eine Befristung taxativ aufzähle, könne dem Gesetz nicht entnommen werden.
Das Berufungsgericht bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und würdigte sie rechtlich dahin, daß der Wortlaut des § 10a Abs.1 und 2 MSchG bei wörtlicher Auslegung keinen zwingenden Hinweis auf eine gewollte taxative oder eine beabsichtigte demonstrative Aufzählung der in Betracht kommenden sachlichen Rechtfertigungsgründe gebe. Unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien sowie der Wertungen und Zwecke, die mit der Erlassung des Gesetzes realisiert werden sollten, sei jedoch der Ansicht des Erstgerichtes, daß auch sogenannte Auftragsspitzen ein befristetes Dienstverhältnis rechtfertigen könnten, zuzustimmen. Dieser Rechtfertigungsgrund liege ungeachtet der Tatsache vor, daß die Klägerin nicht durchgehend mit dem Auspacken von Butter beschäftigt gewesen sei. Durch ihre Aufnahme sollte offensichtlich eine zwar im Ausmaß nicht mit Sicherheit, wohl aber in zeitlicher Hinsicht genau kalkulierbare Mehrarbeit abgedeckt werden. Es sei einsichtig, daß das Ausmaß der Rücklieferung unverkaufter Aktionsbutter nicht im vorhinein bestimmbar sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revision der Klägerin kommt keine Berechtigung zu.
Durch das arbeitsrechtliche Begleitgesetz BGBl 833/1992 wurde in das Mutterschutzgesetz der § 10a eingefügt. Nach dessen Abs.1 wird der Ablauf eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Dienstverhältnisses von der Meldung der Schwangerschaft bis zu dem Beginn des Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs.1 oder dem Beginn eines auf Dauer ausgesprochenen Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs.3 gehemmt, es sei denn, daß die Befristung aus sachlich gerechtfertigten Gründen erfolgt oder gesetzlich vorgesehen ist. Nach Absatz 2 dieser Gesetzesstelle liegt eine sachliche Rechtfertigung der Befristung vor, wenn diese im Interesse der Dienstnehmerin liegt oder wenn das Dienstverhältnis für die Dauer der Vertretung an der Arbeitsleistung verhinderter Dienstnehmer, zu Ausbildungszwecken, für die Zeit der Saison oder zur Erprobung abgeschlossen wurde, wenn aufgrund der in der vorgesehenen Vewendung erforderlichen Qualifikation eine längere Erprobung als die gesetzliche oder kollektivvertragliche Probezeit notwendig ist. Aus den Erläuternden Bemerkungen ist zu entnehmen, daß der Grund für diese Regelung darin gelegen ist, die Umgehung des Mutterschutzes zu vermeiden. Es komme immer häufiger dazu, daß mit jungen Frauen befristete Arbeitsverträge abgeschlossen würden, was dazu führe, daß diese Frauen infolge Zeitablaufs des Arbeitsverhältnisses und Nichterlangung eines neuen Arbeitsplatzes bei Schwangerschaft eine Reihe von Ansprüchen verlören. Nunmehr werde für befristete Arbeitsverhältnisse, deren Befristung sachlich nicht gerechtfertigt sei, eine Ablaufhemmung, ähnlich wie im Falle der Hemmung des Ablaufes der Beschäftigungsbewilligung für Ausländer, getroffen. Als denkbare Befristungen führen die Erläuternden Bemerkungen unter anderem auch das Vorliegen einer Auftragsspitze an (735 BlgNR 18.GP, 22 f).
Anders als in den Erläuternden Bemerkungen findet sich im Gesetzestext des § 10a Abs.2 MSchG der Hinweis auf das Vorliegen einer Auftragsspitze nicht. Ebensowenig kann aber dem Gesetz oder den Erläuternden Bemerkungen irgendein Hinweis darauf entnommen werden, daß der Gesetzgeger in Absatz 2 eine taxative Aufzählung der Rechtfertigungsgründe schaffen und somit das Vorliegen anderer denkbarer Befristungen, wie etwa der Auftragsspitze, ausschließen wollte. Der "ausschließende Charakter" eines Rechtssatzes ist aber grundsätzlich nicht zu vermuten, sondern muß besonders erwiesen werden (9 ObA 185/95). Die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung legt nahe, daß Absatz 1 und Absatz 2 der genannten Gesetzesstelle zueinander im Verhältnis einer Generalklausel zu der folgenden beispielsweisen Aufzählung stehen (Wolff in Klang2 I/1, 98). Dies muß aber hier nicht abschließend erörtert werden, da selbst eine taxative Aufzählung (vgl. AnwBl 1992, 724) das Vorliegen einer unechten Gesetzeslücke nicht unter allen Umständen ausschließen könnte. Analogie wäre vielmehr auch dann möglich und geboten, wenn der nicht besonders angeführte Fall alle motivierenden Merkmale der geregelten Fälle enthält und das Prinzip der Norm auch in einem ihrem Tatbestand ähnlichen Fall Beachtung fordert (SZ 60/172; RZ 1990/73; WBl 1992, 234; WBl 1993, 327; DRdA 1994, 309). Gerade ein derartiger Fall steht hier zur Beurteilung an. Das Vorliegen einer zeitlich begrenzten, genau definierten und in ihrem Umfang über die üblichen Produktionsschwankungen hinausgehenden Mehrarbeit ist nämlich der vom Gesetzgeber ausdrücklich genannten Saisonarbeit durchaus vergleichbar. Auch in einem derartigen Fall besteht die Gefahr willkürlicher Umgehungen des Mutterschutzes nicht, da die Befristung aufgrund der konkreten Umstände im Zeitpunkt des Abschlusses des Dienstverhältnisses leicht auf ihre sachliche Rechtfertigung überprüft werden kann.
Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin schadet in diesem Zusammenhang auch nicht, daß die die Befristung begründende Mehrarbeit nicht ständig ausgeübt wurde, da - wie schon das Gericht zweiter Instanz zutreffend dargelegt hat - der die Befristung begründende Anfall an Mehrarbeit zwar zeitlich, nicht jedoch im Umfang verläßlich prognostiziert werden konnte.
Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
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