OGH 6Ob658/95

OGH6Ob658/9521.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schwarz und Dr.Prückner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj.Kinder Roland P*****, geboren am 8.Oktober 1980, Harald P*****, geboren am 1.November 1982, und Vera P*****, geboren am 10.Jänner 1984, alle in Pflege und Erziehung der Mutter Christine P*****, infolge Revisionsrekurses des Vaters Josef P*****, vertreten durch Dr.Longin Josef Kempf, Dr.Josef Maier, Rechtsanwälte in Peuerbach, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 18. Oktober 1995, AZ 21 R 405/95 (ON 31), womit dem Rekurs der Kinder gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Haag am Hausruck vom 26. September 1995, GZ P 36/93-28, teilweise stattgegeben und die Unterhaltsverpflichtung des Vaters gegenüber den drei Kindern mit monatlich je S 3.000 festgesetzt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der drei Minderjährigen wurde am 20.9.1994 geschieden. Die Kinder befinden sich seit dem gemeinsam mit der Mutter Anfang Juli 1993 erfolgten Auszug aus der ehelichen Wohnung bei der Mutter. Eine Übertragung der alleinigen Obsorge über die Kinder an die Mutter ist nicht aktenkundig.

Der Vater verpflichtete sich in einem im Rahmen des Scheidungsverfahrens am 20.9.1994 geschlossenen Vergleich, ab 1.10.1994 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 2.300 je Kind zu bezahlen (ON 14).

Am 2.8.1995 beantragte die Mutter, die Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1.8.1995 auf S 2.900 je Kind zu erhöhen (ON 22), am 3.8.1995 dehnte sie ihren Antrag auf S 3.000 (monatlich, je Kind) aus (ON 23). Der Vater sprach sich gegen eine Unterhaltserhöhung vor allem unter Hinweis auf Kreditrückzahlungsverpflichtungen betreffend das anläßlich der Scheidung von ihm ins Alleineigentum übernommene Haus aus (zu ON 25).

Das Erstgericht wies den Unterhaltserhöhungsantrag ab. Es stellte fest, daß sich der Vater im Zuge der Scheidung und der damit in Zusammenhang stehenden Aufteilung der ehelichen Güter verpflichtet habe, die am Haus bestehenden Verbindlichkeiten "in seine Rückzahlungsverpflichtung zu übernehmen" und daß er monatliche Kreditrückzahlungen hiefür von S 10.453 leiste. Diese Fixkosten seien noch während aufrechter Ehe und im Einverständnis mit der Ehefrau eingegangen worden, und zwar zur Errichtung des Hauses, in dem die Ehegatten mit den Kindern gewohnt hätten. Der Vater verdiene S 18.900 monatlich. Er sei wieder verheiratet.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß der monatliche Bedarf der Kinder derzeit S 3.560 je Kind betrage. Rückzahlungsraten für einen Kredit bildeten in der Regel keine Abzugspost von der Bemessungsgrundlage. Im vorliegenden Fall läge aber eine Ausnahmesituation vor, weil die Rückzahlungsraten Kreditverbindlichkeiten betreffen würden, die während der aufrechten Ehe im beiderseitigen Einvernehmen eingegangen worden seien. Diese Rückzahlungen hätte der Vater auch bei Fortbestand der Ehe leisten müssen. Wenn man sie nun nicht als unterhaltsmindernd berücksichtige, würden die Kinder durch die Trennung der Eltern bessergestellt sein als bei Fortdauer der Ehe. Wenn man vom Nettoeinkommen des Vaters die derzeit bestehenden monatlichen Unterhaltsverpflichtungen und die monatlichen Kreditrückzahlungsverpflichtungen in Abzug bringe, so verbleibe dem Vater kaum etwas zur Deckung seiner eigenen Bedürfnisse.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter (als Vertreterin der Kinder) teilweise statt und setzte die Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1.10.1995 mit S 3.000 monatlich je Kind fest. Das Mehrbegehren auf Erhöhung der monatlichen Unterhaltsverpflichtung um S 700 je Kind (also auf S 3.000 monatlich) für die Zeit vom 1.8. bis 30.9.1995 wurde unangefochten abgewiesen.

Das Rekursgericht bejahte die Leistungsfähigkeit des Vaters zu den begehrten Unterhaltsbeiträgen. Nach der Judikatur könne eine neue Unterhaltsfestsetzung ab Verstreichen eines Jahres seit der letzten Unterhaltsfestsetzung (hier im Rahmen eines Scheidungsvergleiches) erfolgen. Die Kreditrückzahlungsraten könnten nicht als Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage berücksichtigt werden. Dies könne nur dann geschehen, wenn der Unterhaltsberechtigte in der Wohnung wohne, für welche der Kredit aufgenommen worden sei oder wenn die mit dem Kredit finanzierten Anschaffungen für den Unterhaltspflichtigen existenznotwendig gewesen seien. Die Darlehensrückzahlungen dienten der Vermögensbildung des Vaters. Das Haus komme den unterhaltsberechtigten Kindern nicht zugute.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe in manchen Entscheidungen die Ansicht vertreten, daß Schulden des Unterhaltspflichtigen nach billigem Ermessen zu berücksichtigen seien, wobei unterhaltsberechtigte Kinder durch die Trennung oder Scheidung ihrer Eltern weder besser noch schlechter gestellt werden dürften als bei Fortdauer der Ehe. Es fehle eine oberstgerichtliche "Präzisierung", wie sich dieser Grundsatz bei einer Unterhaltsbemessung auswirke, bei welcher den Kindern ohnehin nur ein unter dem Regelbedarf liegender Unterhaltsbeitrag zugeprochen werden könne.

Mit seinem Revisionsrekurs beantragt der Vater die Abänderung der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz dahin, daß die Abweisung des Unterhaltserhöhungsantrages durch das Erstgericht bestätigt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz unzulässig.

In der Frage der Abzugsfähigkeit von Kreditrückzahlungsraten von der Unterhaltsbemessungsgrundlage besteht eine einheitliche oberstgerichtliche Rechtsprechung dahin, daß während aufrechter Ehe im Einverständnis der Eheleute zum Ankauf oder der Errichtung eines Eigenheims aufgenommene Darlehen, die in monatlichen Raten zurückgezahlt werden müssen, nach erfolgter Ehescheidung die Unterhaltsbemessungsgrundlage für Unterhaltsansprüche der Kinder grundsätzlich nicht zu schmälern vermögen (EFSlg 71.275 = ÖA 1994, 102; EFSlg 68.293), es sei denn, die Wohnung (oder das Haus), für welche der Kredit aufgenommen wurde, ist dem Elternteil überlassen worden, bei dem die Kinder in Pflege und Erziehung sind (EFSlg 68.296) oder aber die Kreditrückzahlungsraten betreffen Kredite, die zur Bestreitung unanbwendbarer außergewöhnlicher Belastungen aufgenommen wurden (Purtscheller/Salzmann Unterhaltsbemessung Rz 244 Nr 4 und die dort zitierte Judikatur), beispielsweise zur Erhaltung der Arbeitskraft oder für andere existenznotwendige Bedürfnisse (ÖA 1991, 137). Derartige Ausnahmsfälle, die eine Abzugsfähigkeit der Kreditrückzahlungsraten rechtfertigen könnten, liegen hier nicht vor. Es oblag dem Unterhaltsschuldner, einen entsprechenden Sachverhalt darzutun (JBl 1991, 720; 1 Ob 581/94).

Die im Revisionsrekurs vertretene Auffassung, daß dem Unterhaltsschuldner bei den festgestellten Rückzahlungsverpflichtungen von monatlich S 10.453 und den Unterhaltsbeiträgen für die drei Kinder nicht einmal ein Einkommen in der Höhe des Richtsatzes nach § 293 Abs 1 lit a sublit bb ASVG von monatlich S 7.500 verbliebe, daß deshalb seine Leistungsfähigkeit nicht gegeben sei und daß überdies nur ein nach den Lebensverhältnissen des Vaters zu beurteilender Bedarf der Kinder anzunehmen sei, kann nicht geteilt werden. Es ist dem Rekursgericht beizupflichten, daß die Darlehensrückzahlungen der Vermögensbildung des Vaters dienen, was nicht zu Lasten der Kinder gehen darf. Der erkennende Senat hat in seiner vom Rekursgericht zitierten Entscheidung (6 Ob 599/93 = EFSlg 71.275 = ÖA 1994, 102) dargelegt, daß der Unterhaltsschuldner (wenn nicht besondere existentielle Gründe dagegen sprechen) in keiner Weise zur Aufrechterhaltung des Hausbesitzes verbunden ist und daß ihm daher eine zinsbringende (die Unterhaltsbemessungsgrundlage erhöhende) Fremdnutzung oder aber sogar der Verkauf des Hauses zugemutet werden könne. An dieser Ansicht ist festzuhalten. In dieser Frage liegt dazu auch keine widersprechende oberstgerichtliche Judikatur vor. In der vom Rekursgericht zitierten, in JBl 1991, 720 veröffentlichten Entscheidung war ein anderer Sachverhalt zu beurteilen (es ging um Kreditverbindlichkeiten für Kredite zur Anschaffung eines Kraftfahrzeugs, von Wohnungseinrichtungsgegenständen und zur Deckung von Ausgaben des täglichen Lebens). Die in der zitierten Entscheidung vertretene Auffassung, daß als Hauptgrundsatz in den Vordergrund zu stellen sei, daß der Unterhaltsberechtigte durch die Trennung oder Scheidung weder besser noch schlechter gestellt werden dürfe, spricht nicht für den Standpunkt des Rekurswerbers und gegen die hier als sachgerecht anzusehenden Verneinung der Abzugsfähigkeit der Kreditrückzahlungsraten. Die Verhältnisse bei Fortdauer der Ehe (in welchem Fall der Vater auch zur Rückzahlung des Kredits verpflichtet wäre, können hier schon aus dem Grund nicht als entscheidungswesentlicher Maßstab herangezogen werden, weil den Kindern bei Fortsetzung der Wohngemeinschaft auch der Nutzen am Haus (für das der nun zurückzuzahlende Kredit aufgenommen wurde) zugekommen wäre, was hier aber nach Auflösung der ehelichen Wohngemeinschaft eben nicht mehr der Fall war. Die Kinder wären somit durch die Anerkennung der Kreditrückzahlungsraten als Abzugspost von der Bemessungsgrundlage und den Verlust der Wohnmöglichkeit im Haus gegenüber den Verhältnissen vor der Trennung bzw Scheidung ihrer Eltern schlechter gestellt, zumal sie bei Richtigkeit des Standpunktes des Rekurswerbers nur einen weit unter dem sogenannten Regelbedarf liegenden Geldunterhaltsbeitrag fordern könnten, damit aber in Wahrheit zur Vermögensbildung im Vermögen des unterhaltspflichtigen Vaters beitragen würden.

Auch die vom Rekursgericht zur Begründung seines Zulässigkeitsausspruchs weiters zitierte, in ÖA 1994,62 veröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes steht im Einklang mit der ständigen oberstgerichtlichen Judikatur. Dort wurde die (teilweise) Abzugsfähigkeit von Rückzahlungsraten eines Hausdarlehens bejaht, das Haus wurde aber nach Verlassen der Ehewohnung durch den unterhaltsverpflichteten Vater von der Mutter und den Kindern alleine bewohnt.

Da die Entscheidung des Rekursgerichtes im Einklang mit den in ständiger oberstgerichtlicher Judikatur vertretenen Grundsätzen steht und der Rekurswerber keine über den Anlaßfall hinausgehenden erheblichen Rechtsfragen aufzeigt, war sein Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

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