OGH 5Ob104/95

OGH5Ob104/9526.9.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Rohrer, Dr.Adamvovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache betreffend die Verbücherung des Anmeldungsbogens des Vermessungsamtes J*****, GZ A-311/94, infolge Revisionsrekurses der Stadtgemeinde J*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 26.Mai 1995, GZ 1 R 133/95-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Judenburg vom 11.Jänner 1995, GZ 5 Nc 9/95i-4 (TZ 150/95), aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekursbeantwortung der Dienstbarkeitsberechtigten Peter und Hildegard B***** wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Vermessungsamt Judenburg legte am 9.1.1995 dem Erstgericht seinen Anmeldungsbogen vom 29.12.1994, GZ A-311/94, und seinen Bescheid vom 9.11.1994, GZ P 224/94, vor, bestätigte gemäß § 16 LiegTeilG, daß es sich um eine Weganlage handle, und beantragte "die Verbücherung der durch die Herstellung der Anlage Grundstück 37 (Weg)" herbeigeführten Eigentumsänderungen. Dabei berief es sich auf §§ 15 ff LiegTeilG.

Das Erstgericht sah die Voraussetzungen für das Vorgehen nach den §§ 15 ff LiegTeilG als gegeben an und ordnete in EZ 127 (Eigentümer: Stadtgemeinde J*****) an:

"a) Lastenfreie Abschreibung Teilfläche Grundstück 37 (129 m2) nach EZ 167 (Eigentümer: Franz und Angela B*****), Einbeziehung in Grundstück 35,

b) lastenfreie Abschreibung Teilfläche Grundstück 37 (34 m2) nach EZ 179 (Eigentümer: Josef W*****, Gisela T*****), Einbeziehung in Grundstück 36."

Gegen diesen Beschluß erhoben die Dienstbarkeitsberechtigten (Gehen, Fahren, Viehtreiben über Grundstück 37) Peter und Hildegard B***** Rekurs, dem das Rekursgericht Folge gab. Es hob den angefochtenen Beschluß auf, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob das vereinfachte Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG zulässig sei, wenn von einer bereits verbücherten Weganlage Trennstücke (zufolge des Gesetzes ohne Mitübertragung von Dienstbarkeiten) abgeschrieben werden sollen.

Das Rekursgericht führte im wesentlichen folgendes aus:

Das Liegenschaftsteilungsgesetz biete zwei Möglichkeiten, Änderungen an Grundstücken nach vereinfachten Verfahrensbestimmungen grundbücherlich durchzuführen. Die §§ 13 und 14 befaßten sich mit der Abschreibung geringwertiger Trennstücke; die §§ 15 bis 22 enthielten Sonderbestimmungen für die Verbücherung von Straßen-, Weg-, Eisenbahn- oder Wasserbauanlagen. Im konkreten Fall habe das Erstgericht unrichtigerweise das Vorliegen der Voraussetzungen nach den §§ 15 ff LiegTeilG angenommen. Zufolge § 15 leg.cit. seien nämlich diese Bestimmungen auf Grundstücke anzuwenden, die zur Herstellung, Umlegung oder Erweiterung und Erhaltung einer Straßen-, Weg- oder Eisenbahnanlage ... verwendet worden sind. Das vereinfachte Verfahren für die Verbücherung setze also zunächst aus, daß die zu verbüchernden Besitzänderungen durch den Bau einer Anlage herbeigeführt worden seien; rechtliche Veränderungen reichten also nicht aus (vgl SZ 49/152). Die Sonderbestimmungen könnten daher dann nicht angewendet werden, wenn sich - ohne bauliche Maßnahmen - lediglich die Eigentumsverhältnisse einer bestehenden Anlage änderten (vgl Twaroch, Die Herstellung der Kataster- und Grundbuchsordnung nach Straßen- und Wasserbaumaßnahmen [§ 15 LiegTeilG], NZ 1991, 123). Im konkreten Fall habe das Erstgericht von der bereits bestehenden, laut Grundbuchsauszug der Stadtgemeinde J***** eigentümlichen Weganlage auf Grund des Teilungsplanes des Dipl.Ing.S***** vom 6.9.1993 zwei Teilflächen lastenfrei ab- und jeweils zwei anderen Grundstückseigentümern (keine Weggrundstücke) zugeschrieben. Es sei also eine rechtliche Veränderung erfolgt, nämlich die Übertragung von Teilflächen einer bereits verbücherten Weganlage, welche nach der zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes die Anwendung des grundbücherlichen Bagatellverfahrens nicht rechtfertige.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Stadtgemeinde J***** mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß wiederherzustellen.

Die Dienstbarkeitsberechtigten haben eine Revisionsrekursbeantwortung eingebracht, die - wegen fehlender gesetzlicher Grundlage - als unzulässig zurückzuweisen war.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel enthält zum Teil im drittinstanzlichen Verfahren unbeachtliche Neuerungen; gegen die Rechtsmeinung des Rekursgerichtes werden keine stichhaltigen Argumente vorgebracht. Der erkennende Senat erachtet die Begründung des angefochtenen Beschlusses, auf die verwiesen wird, für zutreffend (§ 32 LiegTeilG, § 16 Abs 3 AußStrG, § 510 Abs 3 ZPO). Hinzuzufügen ist kurz noch folgendes:

Im vereinfachten Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG ergangene Verbücherungsbeschlüsse können nur wegen Fehlens der Voraussetzungen dieses Verfahrens oder deswegen erfolgreich angefochten werden, weil sie nicht dem Anmeldungbogen entsprechen (5 Ob 501/85 = MGA Grundbuchsrecht4 § 18 LiegTeilG E 3). Ergibt sich aus dem Anmeldungsbogen oder seinen Beilagen selbst, daß darin angeführte Grundstücke nicht zum Kreis der in § 15 LiegTeilG genannten Grundstücke gehören, so ist insoweit die Verbücherung des Anmeldungsbogens nicht durchzuführen (5 Ob 52/92).

Im vorliegenden Fall ist den Beilagen zum Anmeldungsbogen zu entnehmen, daß entgegen dessen Textierung keine Weganlage hergestellt wurde, sondern daß Teile einer bereits verbücherten Weganlage ins Eigentum von Anrainern übertragen werden sollen.

Die §§ 15 ff LiegTeilG betreffen aber schon nach ihrer Überschrift die Verbücherung (unter anderem) von Weganlagen. Die gegenständlichen Teilflächen sind nicht zur Herstellung, Umlegung oder Erweiterung und Erhaltung einer Weganlage im Sinne des § 15 Z 1 LiegTeilG verwendet worden. Von aufgelassenen Wegteilen ist zwar in § 15 Z 2 LiegTeilG die Rede, jedoch muß die Auflassung bei der Herstellung einer solchen Anlage erfolgt sein. Auch ein Fall des § 15 Z 3 LiegTeilG liegt nicht vor.

Ohne Zusammenhang mit einem durchgeführten Wegbau kann das vereinfachte Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG keine Anwendung finden. Hiefür sprechen auch die in SZ 49/152 zitierten Gesetzesmaterialien.

Die von der Rechtsmittelwerberin angestrebte lastenfreie (vgl EvBl 1982/161; NZ 1995, 188/334) Abschreibung von ihrer verbücherten Weganlage - zugunsten von Anrainern, aber zu Lasten der Dienstbarkeitsberechtigten - kann somit im Wege des vereinfachten Verfahrens nach den §§ 15 ff LiegTeilG nicht erfolgen; ihr Revisionsrekurs muß erfolglos bleiben.

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