Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:
Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger
a) den Betrag von S 11.700 samt 4 % Zinsen seit 5.6.1994 binnen 14 Tagen zu bezahlen;
b) ab 1.7.1994 außer dem mit gerichtlichem Vergleich des Bezirksgerichtes Gmunden vom 5.8.1992, 1 C 14/91, festgelegten monatlichen Unterhaltsbetrag von S 3.500 einen weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag von S 1.300, zusammen daher monatlich S 4.800 zu bezahlen. Die bis zur Rechtskraft dieses Urteils fällig werdenden Unterhaltsbeträge sind binnen 14 Tagen zu leisten, die in Zukunft fällig werdenden Unterhaltsbeträge jeweils zum Ersten eines jeden Monats im vorhinein;
c) die mit S 33.923,36 (darin S 4.330,56 Umsatzsteuer und S 7.940 Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Ehe der Eltern des am 21.10.1973 geborenen Klägers wurde am 5.8.1992 im Einvernehmen geschieden. In der Vereinbarung gemäß § 55 a EheG wurde festgehalten, daß der Beklagte als Vater mit einstweiliger Verfügung im Scheidungsverfahren zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts von S 3.500 an den Kläger verpflichtet worden war. Dieser Unterhalt wird vom Vater seither auch immer geleistet. Aufgrund der angeführten Vereinbarung erhielt der Vater als Ausgleichszahlung für die Überlassung der Ehewohnung an die Mutter insgesamt S 760.000 in zwei Teilbeträgen am 31.8. und 30.11.1992. Außerdem erhielt er noch die Schlafzimmermöbel, die Stereoanlage, den Fernsehapparat und ein Drittel des Geschirrs und der Wäsche.
Der Kläger studiert seit Oktober 1992 an der Universität Salzburg und wohnte zunächst in einem Studentenheim. Seit 1.12.1994 bewohnt er ein Privatzimmer, für das er monatlich S 3.366 Miete und rund S 200 für Strom zu zahlen hat. Er mußte auch eine Kaution von S 6.800 hinterlegen und einige Möbel und einen Kühlschrank anschaffen. Im Haus der Mutter hat er ein Zimmer zur Verfügung. Er verbringt dort fast jedes Wochenende von Freitag bis Sonntag und den Großteil der Ferien. Die Mutter wäscht seine Wäsche, verköstigt ihn, kleidet ihn ein und gibt ihm auch Lebensmittel nach Salzburg mit. Sie zahlt die Kosten für sein Zimmer in Salzburg und trägt darüber hinaus monatlich rund S 4.000 zu seinen Lebenshaltungskosten bei. Zusätzlich zu den Kosten für das Zimmer hat der Kläger monatliche Aufwendungen von S 568 für Bahnfahrt, S 40 für Busnetzkarte, S 500 für Lernzubehör, S 500 für Fachliteratur, S 1.000 für Computerausrüstung, S 2.000 für Kleidung, S 2.200 für Essen und S 300 für Diverses. Insgesamt ergeben sich somit Aufwendungen von rund S 10.600 monatlich. Im Juli und August 1994 verdiente er während einer Ferialarbeit S 7.810 und S
8.646 netto, mußte jedoch S 3.000 pro Monat für eine gemietete Wohnung zahlen.
Der Beklagte wurde im Dezember 1992 von seinem bisherigen Dienstgeber gekündigt und erhielt im Jänner 1993 von diesem eine Zahlung von S
71.428 netto, worin eine Abfertigung in der Höhe von drei Monatsentgelten enthalten war. Vom 11.1. bis 3.10.1993 bezog er Arbeitslosengeld von insgesamt S 77.352. Seit 4.10.1993 ist er als Lagerhalter wieder berufstätig. Bis 31.12.1993 erzielte er ein Einkommen von insgesamt S 36.597 netto inklusive Sonderzahlungen. Im Kalenderjahr 1993 betrug sein Jahreseinkommen S 185.379. Vom 1.1.1994 bis 31.10.1994 erhielt der Beklagte einen Nettolohn von insgesamt S
141.742 inklusive anteiliger Sonderzahlungen. Er bewohnt eine 50 m2 große Mietwohnung, die unmöbliert vermietet wurde. Wohnzimmer, Küche, Bad und WC richtete er neu ein, wofür er rund S 200.000 benötigte. Die Miete beträgt inklusive Betriebskosten S 3.500 monatlich, dazu kommen alle zwei Monate S 900 für Grubendienst, Müllabfuhr etc. und jährlich S 1.200 für Hausratsversicherung. Vor zwei Jahren erwarb der Beklagte einen PKW Honda um S 300.000, den er für die Fahrt zum Arbeitsplatz benötigt, weil er dorthin keine direkte Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln hat. Sonst verfügt der Beklagte über kein Vermögen. Vor der Scheidung hatte er einmal Ersparnisse von ca S 70.000 bis S 80.000. Außer für den Kläger treffen ihn keine weiteren Sorgepflichten.
Der Kläger begehrt S 11.700 an Unterhaltsrückstand für die Zeit von Oktober 1993 bis einschließlich Juni 1994 (monatlich S 1.300) und einen laufenden monatlichen Unterhalt von S 4.800 seit 1.7.1994. Er brachte hiezu vor, daß er aufgrund seines Studiums erhöhte Aufwendungen habe und sein Bedarf seit der letzten Unterhaltsfestsetzung gestiegen sei. Dem Beklagten sei die Leistung eines monatlichen Unterhalts von S 4.800 auch zumutbar, zumal er 1992 eine Ausgleichszahlung von S 760.000 erhalten habe. Darüber hinaus verfüge er über ein Sparbuch mit einer Einlage von S 120.000.
Der Beklagte wendete ein, daß sein monatliches Durchschnittseinkommen nur S 12.844 betrage. Die Zahlung des begehrten Unterhalts sei ihm daher nicht möglich. Die anläßlich der Ehescheidung erhaltene Ausgleichszahlung sei in die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht einzubeziehen, weil sie zur Beschaffung einer Ersatzwohnung und deren Einrichtung sowie zur Sicherung der wirtschaftlichen Grundlage diene. Die Einlage auf seinem Sparbuch sei bereits vor der Scheidung verbraucht worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte hiebei den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß die Mutter ihrer Unterhaltspflicht durch Betreuung des Klägers an den Wochenenden und in den Ferien nachkomme. Der Beklagte habe daher im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit für den Geldunterhalt des Klägers aufzukommen. Aufgrund seines festgestellten Einkommens sei er zur Leistung des begehrten Unterhalts jedoch nicht in der Lage. Bei Anwendung der Prozentsatzmethode ergäben sich monatliche Unterhaltsbeträge, die jeweils unter dem vom Vater ohnedies geleisteten Unterhalt von monatlich S 3.500 liegen würden. Die an den Beklagten geleistete Ausgleichszahlung sei nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen, weil sie vom Beklagten zur Beschaffung einer Ersatzwohnung und deren Einrichtung sowie der Sicherung seiner wirtschaftlichen Grundlage verwendet worden sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Es führte ua folgendes aus:
Der Oberste Gerichtshof habe in seiner Entscheidung 2 Ob 548/94 ausgesprochen, daß die Gefahr einer Unteralimentierung trotz vorhandener Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen bei undifferenzierter Anwendung der Prozentsatzmethode dann gegeben sei, wenn den Unterhaltsschuldner keine weiteren Unterhaltspflichten treffen. In derartigen Fällen sei daher primär auf die Bedürfnisse des Kindes (Regelbedarf) abzustellen. In der jüngeren Entscheidung 7 Ob 503/95 habe ein anderer Senat des Obersten Gerichtshofes jedoch ausgesprochen, sich dieser bisher vereinzelt gebliebenen Entscheidung in dieser Allgemeinheit nicht anschließen zu können. In Durchschnittsfällen sei die durchaus sachgerechte Ergebnisse bietende Prozentsatzmethode anzuwenden. Das Berufungsgericht schließe sich der in der 7 Ob 503/95 vertretenen Auffassung an. Im vorliegenden Fall beziehe der Beklagte ein leicht unterdurchschnittliches Einkommen, wobei sein monatliches Durchschnittseinkommen nicht wie vom Erstgericht festgestellt S 14.174, sondern richtig S 13.356 betragen habe. Es liege somit auch hier einer jener Durchschnittsfälle vor, bei welchen die Prozentsatzmethode sachgerechte Ergebnisse biete. Nach der Rechtsprechung hätten Kinder im Alter von über 15 Jahren gegen den geldunterhaltspflichtigen Elternteil Anspruch auf Unterhalt in Höhe von 22 % der Bemessungsgrundlage. Selbst bei den vom Erstgericht angenommenen Einkünften des Beklagten ergäben sich danach Unterhaltsbeträge, die unter den vom Beklagten ohnedies geleisteten von monatlich S 3.500 lägen. Es sei somit nicht gerechtfertigt, den Beklagten zur Zahlung eines nahe an den Regelbedarf heranreichenden Unterhalts zu verpflichten. Die Ausgleichszahlung habe der Beklagte zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Grundlagen verwendet, sodaß sie nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sei.
Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im stattgebenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil das Rekursgericht den Sonderbedarf des Klägers unbeachtet gelassen hat, und auch berechtigt.
Was die vom Berufungsgericht angesprochene Judikaturdivergenz (2 Ob 548/94, 7 Ob 503/95; vgl auch 2 Ob 512/95) anlangt, so kann es im vorliegenden Fall auf sich beruhen, ob im allgemeinen bei Bestehen von nur einer Unterhaltspflicht eine Überschreitung des nach der Prozentsatzmethode ermittelten Betrages in Richtung Regelbedarf angebracht ist, weil sich das Klagebegehren bereits als berechtigt erweist, wenn man - wie dies der Kläger in seiner Revision verlangt - die Mehrkosten seines auswärtigen Studiums berücksichtigt. Gemäß § 140 Abs 1 ABGB ist bei der Unterhaltsbemessung ua auf die Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes Bedacht zu nehmen. Die durch eine auswärtige Berufsausbildung des Kindes verursachten Kosten sind als Sonderbedarf anzuerkennen, wenn eine gleichartige Berufsausbildung am Wohnort nicht möglich und eine tägliche Zureise vom Wohnort zum Ausbildungsort wegen der Verkehrsverhältnisse nicht möglich oder nicht zumutbar ist (vgl SZ 63/121 = EFSlg 61.850). Da diese Voraussetzungen hier gegeben sind, liegt ein Sonderfall vor, in dem schon deshalb nicht der nach der Prozentsatzmethode ermittelte Betrag entscheidend ist.
Es ist im vorliegenden Fall vielmehr gerechtfertigt, den vom Beklagten zu leistenden Unterhalt auf den vom Kläger begehrten, über den Prozentsatzbetrag hinausgehenden, aber noch unter dem Regelbedarf liegenden Betrag anzuheben. Daß der dem Beklagten verbleibende Betrag zur Deckung der seinen Lebensverhältnissenen angemessenen Bedürfnisse nicht ausreichte, hat sich nicht ergeben.
Der Revision des Klägers war daher Folge zu geben, ohne daß noch auf die Revisionsausführungen zur (teilweisen) Berücksichtigung der Ausgleichszahlung gemäß § 94 EheG eingegangen werden müßte. Die Urteile der Vorinstanzen waren im klagsstattgebenden Sinne abzuändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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