OGH 1Ob580/95

OGH1Ob580/9523.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Helmut Johann G*****, verstorben am *****, infolge Revisionsrekurses Dris.Wolfram R*****, vertreten durch Dr.Manfred Puchner und Dr.Ernst Dejaco, Rechtsanwälte in Feldkirch, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 26.April 1995, GZ 2 R 114/95-104, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 16.März 1995, GZ 3 A 286/93-100, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 11.6.1993 wurde die Gattin des Verstorbenen, die mit Testament vom 11.5.1993 zur Alleinerbin eingesetzt worden war, zur Nachlaßkuratorin bestellt (AS 21, ON 15). Nahezu von Anfang an wurde der Revisionsrekurswerber dem Verlassenschaftsverfahren als Auskunftsperson beigezogen. In der vor dem Gerichtskommissär am 21.9.1993 stattgefundenen Tagsatzung wurde zwischen der Nachlaßkuratorin und den Kindern des Erblassers vereinbart, durch den Revisionsrekurswerber eine Unternehmensbewertung durchführen zu lassen, wobei Dr.R***** ersuchte, ihm diesen Auftrag schriftlich zu geben. Es wurde vereinbart, daß die Kosten für die Unternehmensbewertung zu Lasten des Nachlasses gehen sollten, die Gattin des Verstorbenen und dessen eheliche Kinder übernahmen die Haftung für die Kosten zu gleichen Teilen (S 6 des Aktenvermerks vom 21.9.1993 = AS 276). Daraufhin richtete der Gerichtskommissär ein Schreiben an den Revisionsrekurswerber, in welchem dieser im Auftrag der Verlassenschaft ersucht wurde, die vereinbarte Unternehmensbewertung vorzunehmen (GZ 3 A 286/93-45). Diesem Ersuchen kam Dr.R***** nach (ON 59) und legte Honorarnote (ON 60). In der vom Gerichtskommissär abgeführten Tagsatzung vom 16.2.1994 wurde dieser (von der Nachlaßkuratorin und den ehelichen Kindern) beauftragt, die Honorarnote des Revisionsrekurswerbers für die Erstellung der Unternehmensbewertung im Betrage von S 99.660,- -, die einvernehmlich anerkannt wurde, zu bezahlen (S 3 dieses Protokolls = AS 423).

Mit Schriftsatz vom 16.5.1994 teilte die Gattin des Verstorbenen mit, das „Sachverständigengutachten“ des Revisionsrekurswerbers nicht anzuerkennen, und beantragte die Einholung eines neuerlichen Sachverständigengutachtens über den Wert des Nachlasses (ON 77). Daraufhin bestellte das Erstgericht einen „weiteren“ Sachverständigen für die Bewertung der Geschäftsanteile zweier Unternehmen, an welchen der Verstorbene beteiligt war (ON 80). Aufgrund des Inhalts des nunmehr erstatteten Gutachtens vertrat die Nachlaßkuratorin die Ansicht, das von Dr.R***** erstattete Gutachten sei unrichtig; er sei mit einer Pflichtteilsberechtigten verwandt, weshalb er ein Gutachten nicht hätte erstatten dürfen. Sie stellte den Antrag, dem Revisionsrekurswerber möge die Zurückzahlung des an ihn ausbezahlten Honorars aufgetragen werden (ON 88). Dr.R***** äußerte sich hiezu dahin, es würde zwischen seiner Gattin und den Nachkommen des Erblassers lediglich eine Verwandtschaft im dritten Grad der Seitenlinie bestehen, was keinesfalls einen Ausschließungs- oder Befangenheitsgrund darstelle (ON 93 und 95).

Das Erstgericht faßte den Antrag der Nachlaßkuratorin vom 28.12.1994 (ON 88) auch als Ablehnung des Rechtsmittelwerbers auf, gab diesem Folge und verpflichtete ihn als Sachverständigen, die an ihn ausbezahlte Sachverständigengebühr von S 99.960,-- samt 4 % Zinsen seit 1.3.1994 an den Nachlaß zu Handen des Gerichtskommissärs zurückzuzahlen. Es liege zumindest eine Befangenheit des Revisionsrekurswerbers vor, zumal die Höhe des Unterhaltsanspruchs seiner Schwägerin untrennbar mit der Unternehmensbewertung zusammenhänge. Der Ablehnungsantrag sei rechtzeitig gestellt worden. Dem Gutachten Dris.R***** komme kein rechtlich erheblicher Stellenwert im Verlassenschaftsverfahren zu, weshalb er auch keine Gebühren beanspruchen könne. Da er die Umstände seiner Befangenheit anläßlich seiner Bestellung nicht dargelegt habe, sei die rechtliche Bedeutungslosigkeit seines Gutachtens auf sein schuldhaftes Verhalten zurückzuführen.

Das Rekursgericht gab dem von Dr.R***** erhobenen Rekurs insoweit Folge, als es den Antrag der erbserklärten Erbin (und Nachlaßkuratorin), dem Sachverständigen Dr.R***** aufzutragen, sein Honorar an den erblasserischen Nachlaß zurückzuzahlen, zurückwies. Diese Entscheidung begründete es damit, daß der geltend gemachte Anspruch auf Honorarrückzahlung nicht im außerstreitigen Verfahren abzuhandeln sei. Den Revisionsrekurs erklärte es für diesen Teil der Entscheidung als jedenfalls unzulässig. Ein Rechtsmittel dagegen wurde nicht erhoben.

Im übrigen wies es den Rekurs gegen die Stattgebung des Ablehnungsantrags zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und daß der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Gemäß § 366 Abs 2 ZPO seien Beschlüsse, durch welche ein Sachverständiger wegen Ablehnung enthoben werde, durch ein Rechtsmittel nicht anfechtbar. Diese Rechtsmittelbeschränkung gelte sinngemäß auch für den Fall, daß einer Ablehnung stattgegeben, die Enthebung eines Sachverständigen aber nicht ausgesprochen werde.

Der gegen den zuletzt genannten Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs Dris.R***** ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurswerber geht selbst davon aus, im vorliegenden Verfahren nicht zum Sachverständigen bestellt worden zu sein. Diese richtige Auffassung (aus dem Protokoll vom 21.9.1993 ergibt sich eindeutig, daß die Nachlaßkuratorin im Einvernehmen mit den ehelichen Kindern des Verstorbenen dem Revisionsrekurswerber einen Werkauftrag zur Vornahme einer Unternehmensbewertung erteilte und der Gerichtskommissär diesen Auftrag protokollierte (siehe AS 276) bzw formulierte (siehe AS 279)) führt aber dazu, daß er zur Erhebung des vorliegenden Rechtsmittels nicht legitimiert ist. Voraussetzung eines zulässigen Rechtsmittels ist nämlich auch im außerstreitigen Verfahren das Vorliegen einer im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehenden Beschwer (5 Ob 558/94; 1 Ob 1559/93; ÖA 1992, 22; RZ 1991/58 uva). Nun wurde der Antrag der Nachlaßkuratorin, Dr.R***** möge zur Zurückzahlung des ihm bereits ausbezahlten Honorars verhalten werden, zurückgewiesen und die Kuratorin auf den streitigen Rechtsweg verwiesen. Es ist daher völlig gleichgültig, ob der Antrag der Nachlaßkuratorin als Ablehnungsantrag zu werten ist und ob die Ablehnung gerechtfertigt wäre. Ist er nämlich - was auch seine Ansicht ist - gar nicht zum Sachverständigen bestellt worden, ist es auch völlig bedeutungslos, ob ein gegen ihn gerichteter Ablehnungsantrag von Erfolg gekrönt war oder nicht. Die Entscheidung dieser Frage hätte nur abstrakt theoretische Bedeutung, und es ist nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen, rein theoretische Streitfragen zu klären, denn die Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers ist durch den Umstand, daß die gegen ihn gerichtete Ablehnung als gerechtfertigt befunden wurde, nicht gefährdet (vgl 1 Ob 46/94; RZ 1991/58). Bei einem unzulässigen Rechtsmittel kann aber auch das Vorliegen einer allfälligen Nichtigkeit nicht geprüft werden (8 Ob 544, 545/89; 3 Ob 1006/87; 7 Ob 666 bis 668/87; 3 Ob 68/85 uva).

Der mangels Beschwer unzulässige Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.

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