OGH 4Nd505/95

OGH4Nd505/9519.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter als weitere Richter in der beim Landesgericht Salzburg zu 5 Cg 42/95p anhängigen Rechtssache der klagenden Partei P***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Wilfried Haslauer und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1. J*****gesellschaft mbH, ***** 2. Dipl.Ing.Jordan K*****, beide vertreten durch Schuppich, Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 557.151,91 sA, über den Delegierungsantrag der erstbeklagten Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag der erstbeklagten Partei, die sie betreffende Rechtssache an das Landesgericht für ZRS Wien zu delegieren, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt in ihrer beim Landesgericht Salzburg eingebrachten Klage als Leasinggeberin von den Beklagten auf Grund von sechs Leasingverträgen das nach Beendigung des Vertragsverhältnisses aushaftende Entgelt in der Gesamthöhe von S 557.151,91 sA. Als Gerichtsstand und Erfüllungsort sei Salzburg vereinbart worden.

Beide Beklagten erhoben zunächst die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit, da die von der Klägerin behauptete Vereinbarung eines Gerichtsstandes und Erfüllungsortes nicht (wirksam) zustande gekommen sei. Die Erstbeklagte habe ihren Sitz in Wien, der Zweitbeklagte habe dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt. Außerdem beantragten sie die Abweisung des von ihnen mangels Aufschlüsselung der Höhe nach nicht nachvollziehbaren Klagebegehrens.

Die Klägerin unterwarf sich - im Hinblick auf § 14 KSchG - der Unzuständigkeitseinrede des Zweitbeklagten und beantragte die Überweisung der diesen betreffenden Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht für ZRS Wien. Mit der Erstbeklagten habe sie hingegen wirksam eine schriftliche Gerichtsstandvereinbarung getroffen. Gleichzeitig legte die Klägerin die Leasingverträge vor und schlüsselte ihr Klagebegehren im einzelnen auf. Zum Beweis ihres Vorbringens berief sie sich neben den Urkunden auf die Vernehmung eines ihrer Angestellten als Zeugen, welcher unter ihrer Salzburger Anschrift zu laden sei.

Die Erstbeklagte ließ hierauf ihre Unzuständigkeitseinrede fallen, begehrt aber die Delegation der sie betreffenden Rechtssache aus Gründen der Zweckmäßigkeit an das Landesgericht für ZRS Wien, weil ja die Klägerin die Überweisung der Rechtssache in Ansehung des Zweitbeklagten an dieses Gericht beantragt habe. Damit könne eine zweifache Verfahrensführung vermieden werden. Überdies falle es dem Zweitbeklagten, der zugleich Geschäftsführer der Erstbeklagten sei, schwer, nach Salzburg zu reisen.

Die Klägerin sprach sich im Hinblick auf die Gerichtsstandvereinbarung gegen die Delegierung aus.

Das Erstgericht erklärte sich hinsichtlich des Zweitbeklagten für örtlich unzuständig und überwies die Rechtssache insoweit an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht für ZRS Wien, ohne allerdings bisher den Akt dorthin zu übermitteln.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Nach § 31 Abs 1 und 2 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung ist dann zweckmäßig, wenn beide Parteien oder zumindest eine von ihnen und die überwiegende Anzahl der Zeugen im Sprengel des begehrten Gerichtes wohnen und die Durchführung vor dem erkennenden Gericht übermäßige Kosten verursachen würde (Fasching I 232; Mayr in Rechberger, ZPO, Rz 4 zu § 31 JN mwN; 4 Nd 1/95 uva).

Da nach der Aktenlage nur ein in Salzburg wohnender Zeuge und - da die Klägerin auf die Vernehmung ihrer Vorstände verzichtet hat (S. 21) - der in Wien wohnhafte Zweitbeklagte (auch als Geschäftsführer der Erstbeklagten) zu vernehmen sein werden, kann keine Rede davon sein, daß die Prozeßführung vor einem Wiener Gericht billiger käme und daher zweckmäßiger wäre als jene in Salzburg.

Der Erstbeklagte stützt seinen Delegierungsantrag daher vor allem auf den Umstand, daß durch die Überweisung der Rechtssache an das Landesgericht für ZRS Wien nur in Ansehung des Zweitbeklagten das Verfahren zerrissen und damit entsprechend teurer würde. Ihm ist zuzugeben, daß die doppelte Verfahrensführung über den gleichen Gegenstand in höchstem Maße unzweckmäßig ist. Das ändert aber nichts daran, daß es aus den dargelegten Gründen objektiv zweckmäßiger erscheint, das Verfahren in Salzburg zu führen. Die vom Erstgericht ausgesprochene Überweisung der Rechtssache in Ansehung des Zweitbeklagten an das Landesgericht für ZRS Wien hat kein stärkeres Gewicht als die Anrufung des Landesgerichtes Salzburg auf Grund der Gerichtsstandvereinbarung. Es käme daher - nach der derzeitigen Aktenlage - durchaus eine Delegierung der den Zweitbeklagten betreffenden Rechtssache an das Landesgericht Salzburg in Frage, nicht aber die hier beantragte gegenteilige Delegation.

Bei dieser Sachlage braucht nicht untersucht zu werden, ob die Gerichtsstandsvereinbarung für sich allein schon der Delegation entgegenstünde (Fasching I 232 und LB2 Rz 209; SZ 33/7; RZ 1989/107 uva) oder ob die Verhinderung der Aufspaltung eines einheitlichen Verfahrens in zwei getrennt zu führende Prozesse doch einen Umstand bildet, der ganz wesentlich für die Zweckmäßigkeit der Delegierung spricht, so daß diese - zumal die Parteien bei ihrer Übereinkunft auf einen solchen Fall wohl nicht Bedacht nehmen konnten - im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 33/7; EvBl 1967/31; RZ 1989/107; 4 Nd 503/95 ua) doch ausnahmsweise zu bewilligen wäre.

Der Delegierungsantrag war sohin abzuweisen.

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