OGH 7Ob523/95

OGH7Ob523/9531.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sonja F*****, vertreten durch Dr.Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Univ.Prof.Dr.Hanno M*****, und 2. Stadt Wien, beide vertreten durch Schuppich, Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 793.255,-- sA, monatlicher Rente von S 6.185,-- und Feststellung, infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 18.Oktober 1994, GZ 12 R 165/94-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 8.Juni 1994, GZ 1 Cg 11/93-16, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

An der Klägerin wurde am 17.1.1990 an der E*****klinik in Wien unter Leitung des Erstbeklagten ein operativer Eingriff im Bereich der linken Schulter vorgenommen.

Die Klägerin begehrt Schmerzengeld, Verdienstentgang, eine monatliche Rente und die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für alle der Klägerin aus diesem Eingriff in Zukunft entstehenden Schäden. Ihr Leiden habe sich nach der Operation erheblich verschlechtert, weil dem Erstbeklagten ein Kunstfehler unterlaufen sei. Zudem habe der Erstbeklagte seine Aufklärungspflicht verletzt, weil er sinngemäß nur erklärt habe: "Wir müssen das aufmachen und schauen, was es ist", dann tatsächlich aber umfangreiche, in der Klage näher beschriebene Eingriffe vorgenommen habe, ohne die Klägerin über die Gefahren derselben zu informieren.

Die beklagten Parteien beantragten Abweisung des Klagebegehrens und bestritten all diese Behauptungen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Beweisaufnahme ab, weil die Klagsbehauptungen nicht die Voraussetzungen des § 226 Abs.1 ZPO erfüllten. Die Klägerin habe trotz entsprechender Aufforderung nicht dargelegt, worin sie einen Kunstfehler des Erstbeklagten erblicke. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht könne aus den Behauptungen der Klägerin nicht abgeleitet werden.

Das Gericht zweiter Instanz hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Die Klägerin habe ihrer Behauptungspflicht zur Begründung ihrer Schadenersatzansprüche sowohl hinsichtlich des dem Erstbeklagten vorgeworfenen Kunstfehlers als auch hinsichtlich der Verletzung der Aufklärungspflicht genügt. Das Erstgericht werde daher ein entsprechendes Beweisverfahren durchzuführen haben.

Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß die Revision zulässig sei, weil die Frage, inwieweit das Tatsachenvorbringen in der Klage konkretisiert sein müsse, um dem Erfordernis nach Vollständigkeit im Sinn des § 226 Abs.1 ZPO zu genügen, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs.1 ZPO darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dieser Ansicht liegt jedoch keine solche Rechtsfrage vor.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, kann die Schlüssigkeit einer Klage nur an Hand der konkreten Behauptungen im Einzelfall geprüft werden. Ob eine Klage schlüssig ist, sich also der Anspruch aus dem behaupteten Sachverhalt ergibt, kann daher grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs.1 ZPO sein (4 Ob 1009/88, 1 Ob 666/90, 6 Ob 1550/91, 5 Ob 52/91 ua). Der Oberste Gerichtshof sieht die Frage der Schlüssigkeit der Klage nur dann als erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs.1 ZPO an, wenn die Annahme der Unschlüssigkeit der Klage durch die Untergerichte auf einem erheblichen Rechtsirrtum beruht. Im Hinblick auf das umfangreiche Vorbringen der Klägerin zu ihrem Leidenszustand vor und nach der Operation, den darin enthaltenen Vorwurf, die Verschlechterung sei auf einen Fehler des Beklagten zurückzuführen, die von ihr (an Hand eines neurologischen Privatgutachtens) aufgezeigten Eventualitäten für die behauptete wesentliche Verschlechterung durch die Operation und ihr Vorbringen über die Äußerungen des Erstbeklagten, mit denen er die Notwendigkeit des Eingriffes begründete, kann von einem erheblichen Rechtsirrtum des Gerichtes zweiter Instanz bei Bejahung der Schlüssigkeit der Klage keine Rede sein.

Der Rekurs der beklagten Partei war daher gemäß § 508a Abs.2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs.1 ZPO zurückzuweisen.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Rekursbeantwortung, weil darin auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen wurde.

Stichworte