OGH 13Os30/95

OGH13Os30/9519.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.April 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Haubenwallner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Isa S* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, 2 und 3 Z 3 SGG über die Nichtigkeitsbeschwerde und dieBerufungen der Angeklagten Isa S*, Nasuf F* und Sermet A* gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 29.September 1994, GZ 4b Vr 3663/94‑169, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1995:E38614

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Sermet A* wird teilweise Folge gegeben und ‑ in Ansehung des Angeklagten Nasuf F* gemäß dem § 290 Abs 1 StPO - das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen E./3.) und 4.) sowie in den diese beiden Angeklagten treffenden Aussprüchen über die Strafen und die Anrechnung der Vorhaft aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten Sermet A* und Nasuf F* auf diese Entscheidung verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Isa S* werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Mit dem angefochtenen (auch rechtskräftige Freisprüche enthaltenden) Urteil wurden Isa S*, Nasuf F* und Sermet A* des Verbrechens nach § 12 Abs 1, 2 und 3 Z 3 SGG schuldig erkannt, weil sie den bestehenden Vorschriften zuwider seit Sommer/Herbst 1991, teils als Mittäter, gewerbsmäßig Heroin und Kokain in Verkehr setzten, wobei sie die Taten in Beziehung auf die im § 12 Abs 3 Z 3 SGG bezeichnete Suchtgiftübermenge begingen. Dabei wurde Isa S* teilweise allein (B), teilweise mit Nasuf F* als Mittäter (D./ 1. und 2.) der Verkauf bzw die Überlassung von insgesamt ca 900 Gramm Heroin, Nasuf F* teils zusammen mit Isa S* (siehe oben), teils mit Sermet A* als Mittäter (E./1. bis 4.) von mindestens 1.673 Gramm Heroin und ca 20 Gramm Kokain, sowie Sermet A* teils allein (C), teils zusammen mit Nasuf F* (siehe oben) von ca 470 Gramm Heroin und 20 Gramm Kokain an im Urteil bezeichnete Abnehmer angelastet.

 

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagten wenden sich mit Nichtigkeitsbeschwerden gegen die sie jeweils treffenden Schuldsprüche, wobei sich die von Isa S* und Sermet A* gemeinsam ausgeführte Beschwerde auf die Z 3, 5 und 5 a, jene des Nasuf F* auf die der Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO stützt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Isa S* und Sermet A*:

Die Rüge der Verletzung von Vorschriften in der Hauptverhandlung, deren Beobachtung das Gesetz ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt (Z 3) ist im Ergebnis teilweise im Recht. Der Zeuge Ramadan T* erklärte eingangs seiner Zeugenvernehmung in der Hauptverhandlung, daß gegen ihn ein Strafverfahren wegen Suchtgifthandel und ‑mißbrauch anhängig ist. Dies war auch aktenkundig und dem Urteilsgericht bekannt (siehe US 21, 22). Eine Belehrung des Zeugen über sein Recht, sich der Aussage zu entschlagen, erfolgte nicht, demgemäß auch kein Verzicht auf dieses Entschlagungsrecht (S 215/IV ff). Seine Aussage ist deshalb gemäß § 152 Abs 5 letztem Satz StPO nichtig und durfte vom Schöffengericht bei seiner Entscheidung nicht verwertet werden (Foregger‑Kodek, StPO6, § 152 Erl XI.). Trotzdem hat sie das Urteilsgericht bei der Feststellung des Sachverhaltes zu E./3.) und 4.) des Schuldspruches (Überlassung von insgesamt ca 200 Gramm Heroin an diesen Zeugen durch Nasuf F* und Sermet A*), neben den Ergebnissen der kontradiktorischen Vernehmung und den Aussagen in dem gegen den Zeugen T* geführten Verfahren ausdrücklich herangezogen (nochmals US 21, 22). Es kann damit nicht davon ausgegangen werden, daß das Schöffengericht in den fraglichen Punkten ebenso zu einem Schuldspruch gelangt wäre, hätte es die nichtige, in der Hauptverhandlung abgelegte Aussage des Zeugen unberücksichtigt gelassen (s § 281 Abs 3 StPO). Dazu kommt, daß die Verantwortung des Ramadan T* als Angeklagter in seiner eigenen Hauptverhandlung im vorliegenden Fall ebenfalls nicht gemäß § 252 Abs 1 Z 2 a StPO verlesen werden durfte. In dieser Hauptverhandlung waren nämlich die jetzigen Angeklagten und nunmehrigen Rechtsmittelwerber nicht Partei und hatten damit auch keine Gelegenheit sich an dieser Vernehmung zu beteiligen. Die im vorliegenden Verfahren seinerzeit in Anwesenheit der Nichtigkeitswerber gemäß § 162 a StPO durch den Untersuchungsrichter vorgenommene Vernehmung des Ramadan T*, lag zeitlich weit vor dessen Aussage als Angeklagter in seinem eigenen Verfahren. Eine Verlesung gemäß § 252 Abs 1 Z 2 a StPO betrifft aber nur Protokolle über die Aussage an der die (Prozeß‑)Parteien Gelegenheit hatten sich zu beteiligen und alle früheren Vernehmungen dieses Zeugen (14 Os 82/94), weil bei der kontradiktorischen Vernehmung einer Person zwar auch deren vorausgehende Aussagen durch die Parteien erörtert werden können nicht aber die zeitlich später folgenden.

Den bezeichneten Schuldsprüchen haftet somit der von Sermet A* geltend gemachte Nichtigkeitsgrund an, weswegen das Urteil in diesen Schuldspruchspunkten aufzuheben war.

Der Angeklagte Nasuf F* hat zwar in dieser Beziehung keine Beschwerde ergriffen, es kommt ihm diesbezüglich aber derselbe Grund, auf dem diese Verfügung zu Gunsten des Angeklagten Sermet A* beruht, zustatten, weswegen von Amts wegen auch im Hinblick auf ihn so vorzugehen war, als wäre dieser Nichtigkeitsgrund geltend gemacht worden (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).

In diesem Ausmaß zeigt sich somit, daß eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat und die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung unvermeidbar ist, weswegen schon bei nichtöffentlicher Beratung über die zum Vorteil des Angeklagten Sermet A* ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde, die gemäß § 290 Abs 1 StPO auch auf den diesbezüglichen Schuldspruch des Angeklagten Nasuf F* Auswirkungen entfaltet, wie im Spruch zu entscheiden war (§ 285 e StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Sermet A* ist im übrigen, die des Isa S* jedoch zur Gänze nicht im Recht.

Soweit sie die weitere Vernachlässigung von Verfahrensvorschriften (Z 3) im Hinblick auf die Verwertung von Aussagen der Zeugen Muharem F* und Sami D* zum Gegenstand hat, übersieht sie zunächst, daß sich Muharem F* in der Hauptverhandlung nach entsprechender Belehrung zwar der Zeugenaussage entschlagen hat (S 215/IV), die Parteien jedoch bei seiner vorausgehenden gerichtlichen Vernehmung die Gelegenheit hatten, sich an dieser zu beteiligen (ON 102/III; US 23). In einem solchen Falle dürfen gerichtliche und sonstige amtliche Protokolle über frühere Vernehmungen dieses Zeugen verlesen werden, auch wenn er berechtigt die Aussage in der Hauptverhandlung verweigert (§ 252 Abs 1 Z 2 a StPO; 14 Os 82/94, 11 Os 165/94). Die Verlesung der früheren Angaben dieses Zeugen (auch vor der Polizei S 215; im übrigen S 223/IV) und deren Verwertung durch die Tatrichter bewirkte daher keineswegs die behauptete Nichtigkeit.

Den weiteren Beschwerdeausführungen zuwider hat das Erstgericht jedoch Aussagen des Zeugen Sami D* in Wahrheit nicht verlesen. Wenn dessen Name auch eingangs der Entscheidungsgründe des erstgerichtlichen Urteiles unter jenen Zeugen aufgeführt wird, die zur Vernehmung vor das Schöffengericht in die Hauptverhandlung geladen waren, so ergibt sich aus der im selben Zusammenhang erfolgten Einschränkung, daß jene "Vernehmungsprotokolle und Niederschriften der Zeugen, welche sich in der Hauptverhandlung gemäß § 152 StPO der Aussage entschlagen haben und "(bei denen)" keine kontradiktorische Vernehmung stattfand" (US 10) nicht verlesen wurden. Dies steht in voller Übereinstimmung mit dem über die Hauptverhandlung aufgenommenen Protokoll, wonach sich dieser Zeuge nach entsprechendem Vorhalt der Aussage entschlagen hat und im Anschluß daran nicht etwa ein Protokoll über eine frühere Vernehmung sondern ein gegen ihn ergangenes Urteil (als früheres Straferkenntnis, das für die Sache von Bedeutung ist gemäß § 252 Abs 2 StPO) verlesen wurde (S 213/IV, siehe neuerlich auch S 223/IV). Das Schöffengericht hat sich aber auch bei der Ermittlung des Sachverhaltes zur Überlassung von 600 Gramm Heroin durch die beiden Beschwerdeführer als Mittäter an Sami D* (D./1.) weder auf eine Aussage dieses Zeugen noch ein gegen ihn ergangenes Urteil, sondern ausschließlich auf die Aussage des Zeugen Fatmir H* gestützt (US 27), womit ihm die behauptete Nichtigkeit nicht unterlaufen konnte.

Die Verlesung der Ergebnisse von Telefonüberwachungen durch die Sicherheitsbehörde erfolgte zu Recht, weil auf sie nicht verzichtet wurde und das Erstgericht deshalb gemäß § 252 Abs 2 StPO, (unter Beachtung des Umgehungsverbotes des § 252 Abs 4 StPO), gehalten war, sie als für die Sache bedeutende Schriftstücke zu verlesen.

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet (zusammengefaßt wiedergegeben), das Erstgericht hätte seine Begründungspflicht vernachlässigt, weil es Widersprüche zwischen im Verlauf des Verfahrens vom Zeugen Muharem F* abgelegte Aussagen nicht erörtert habe. Sie übersieht jedoch dabei, daß sich das Schöffengericht mit den einzelnen Aussagen dieses Zeugen eingehend auseinandergesetzt hat und ausdrücklich anführte, weshalb es trotz des Vorliegens von Aussagedifferenzen letztlich zu den seiner Entscheidung zugrunde gelegten Feststellungen gekommen ist (US 24 f). Soweit die Mängelrüge Bezug auf die Aussage des Zeugen Ramadan T* nimmt, kann auf das bereits zu E./3.) und 4.) oben Ausgeführte verwiesen werden.

Auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) versagt. Im Kern bekämpft sie lediglich die Erwägungen der Tatrichter zum Beweiswert der Aussage des Zeugen Fatmir H*, indem sie auch hier auf (behauptete) Widersprüche in bezug auf Angaben über Suchtgiftmengen, Zeitraum seiner Beobachtungen und Namen von Übernehmern in dessen Aussagen hinweist. Gerade damit hat sich das Erstgericht mit besonderer Sorgfalt auseinandergesetzt (US 20, 25 bis 31). Im Licht dieser Urteilserwägungen vermögen die Beschwerdeausführungen (weder unter dem Aspekt des § 281 Abs 1 Z 5 StPO Begründungsmängel aufzuzeigen noch) im Hinblick auf die Aktenlage erhebliche Bedenken gegen die der Schuldentscheidung zugrunde gelegten Feststellungen im Sinne des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes hervorzurufen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Nasuf F*:

Ohne sachliche und inhaltliche Differenzierung werden von dieser Beschwerde Begründungsmängel (Z 5) sowie aus dem Akteninhalt hervorkommende Gründe für erhebliche Bedenken gegen die Feststellung entscheidungswesentlicher Tatsachen (Z 5 a) behauptet.

Die Beschwerde kann jedoch nicht durchschlagen.

Auch sie wendet sich (bei den Schuldspruchsfakten A./ und D./ 1.) und 2.) schwergewichtig gegen die Heranziehung der Aussagen des Zeugen Fatmir H* als Urteilsgrundlage, bezeichnet diese als völlig unglaubwürdig und versucht unter Bestreitung des Beweiswertes dieser Angaben der leugnenden Verantwortung des Nichtigkeitswerbers zum Durchbruch zu verhelfen. Sie ist darauf zu verweisen, daß die Tatrichter Widersprüche in den Aussagen des Zeugen erkannten, sie erwogen und ausführlich begründeten, weswegen und inwieweit sie seine Aussagen (als in den wesentlichen Punkten unbedenklich) dennoch ihren Tatsachenfeststellungen zugrunde legten (nochmals US 25 bis 31).

Zum Schuldspruch A./1.) stützte sich das Erstgericht auf die Übereinstimmung der Angaben über die Menge des abgegebenen Suchtgiftes, den erhaltenen Kaufpreisteil und die Namen der Abnehmer (US 26). Der von der Beschwerde vorgebrachte Einwand mangelnder Erörterung bezüglich Übergabeort und ‑umstände vermag deshalb nicht zu überzeugen. Der relevierte Mangel von detaillierten Urteilsausführungen zum Faktum A./2.) kann die diesbezüglichen Überlegungen des Erstgerichtes (S 30) ebensowenig widerlegen. Dies trifft auch auf die Verwertung der Aussagen des Zeugen H* zu den Fakten A./2.) und 3.) zu, der Hinweis auf entgegenstehende Angaben des Essam S* (A./3.) sowie auf den Umstand, daß sich der Suchtgiftabnehmer Walter E* der Aussage entschlagen habe (A./4.), vermag auch hier den aktengetreu angestellten Überlegungen des Erstgerichtes (US 27 und 30 f) in Wahrheit nichts entgegenzusetzen.

Zum Faktum D./1.) beschränkt sich die Beschwerde im wesentlichen auf die Behauptung, die dazu getroffenen Feststellungen hätten näher begründet werden müssen, übergeht dabei jedoch die ausreichenden Darlegungen des Erstgerichtes in diesem Zusammenhang (US 27). Auch zum Faktum D./2.) läßt die Beschwerde unberücksichtigt, weswegen die Tatrichter in diesem Fall trotz Freispruches des Abnehmers Muhamed I* zur Überzeugung gelangten, daß Nasuf F* (gemeinsam mit Isa S*) auch in diesem Fall als Suchtgiftlieferant auftrat. Im Verfahren gegen den Suchtgiftabnehmer hatte sich Fatmir H* nämlich der Aussage entschlagen und die Staatsanwaltschaft in weiterer Folge die Anklage zurückgezogen (US 28), ein Umstand, dem keine Bindungswirkung im vorliegenden Verfahren zukommt.

Wie die Beschwerde des Mitangeklagten wendet sich jene des Nasuf F* zu den Schuldsprüchen E./1.) und 2.) gegen die Überlegung des Schöffengerichtes zur Glaubwürdigkeit des Zeugen Muharem F*. Den Beschwerdeausführungen zuwider hat sich das Erstgericht mit der Frage der Entschlagungsberechtigung dieses Zeugen befaßt und sie zutreffend bejaht (US 23). Das Recht dieses Zeugen, seine Aussage zu verweigern, wurde in der Hauptverhandlung nicht in Frage gestellt (S 215/IV). Bei Zweifel in dieser Richtung hätte jedenfalls durch entsprechende Antragstellung die Fällung eines Zwischenerkenntnisses herbeigeführt werden müssen, was die Möglichkeit der Relevierung dieses Umstandes unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrensmangels (Z 4) eröffnet hätte (14 Os 82/94). Als Begründungsmangel kann dieser Einwand jedoch nicht geltend gemacht werden. Auch das eindeutige Erkennen der Täter (lediglich) auf Lichtbildern (US 23) führt einen Begründungsmangel nicht herbei.

Die Feststellungen zum Faktum E./2.) stimmen mit der Aktenlage überein und sind denkrichtig begründet (US 23 f). Den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen zuwider hat das Erstgericht die Beziehung der beiden Beschwerdeführer zum unbekannten "Kreso" in seine Erwägungen miteinbezogen (US 24 f), nähere Erörterungen darüber waren im Hinblick auf die Pflicht zur gedrängten Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht erforderlich. Die weitwendigen Beschwerdeüberlegungen zur Wahrung der Anonymität des Zeugen F* aus Gründen seiner Sicherheit und deren Wegfall mit Urteilsfällung infolge Deklarierung seiner Eigenschaft als Belastungszeuge in den Urteilsgründen übersehen einerseits, daß von am Strafverfahren beteiligten Personen angestellte, subjektive Sicherheitsüberlegungen im Verlaufe des Verfahrens Änderungen erfahren können, andererseits aber auch, daß im Fall der Verurteilung, wie hier, ein Zeuge infolge Haftanhaltung der überführten Täter durch längere Zeit dazu geneigt sein kann, Sicherheitsaspekte in bezug auf seine Person geringer einzuschätzen.

Die Beschwerde releviert ferner insgesamt, in keinem einzigen Fall hätte es behördliche Feststellungen zu Suchtgiftübergaben gegeben. Dies würde im Ergebnis auf die Forderung abzielen, strafgerichtliche Schuldsprüche nur dann zuzulassen, wenn für die ihnen zugrunde liegenden Taten qualifizierte Tatzeugen, nämlich solche aus dem Kreis der Angehörigen der Sicherheitsbehörden, zur Verfügung stehen. Die Unhaltbarkeit dieser Ansicht insbesondere im Licht der Verpflichtung des Gerichtes zur sorgfältigen und gewissenhaften Prüfung aller Beweismittel bei freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) braucht nicht weiter begründet zu werden. Letztlich wurde auch die Überlegung, in einem Lokal sei Karten gespielt worden, Geldübergaben könnten dort daher auch im Zuge solcher Kartenspiele ohne Zusammenhang mit Suchtgiftgeschäften erfolgt sein, bereits vom Schöffengericht angestellt, angesichts der übrigen Indizien aber zur Widerlegung der belastenden Sachverhaltsmomente verworfen (US 19). Der Hinweis, der Zeuge Fatmir H* habe bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung in seiner Muttersprache das Wort "Staub" als Bezeichnung für Heroin gebraucht (S 86/IV), während bei den von den Sicherheitsbehörden abgehörten Telefongesprächen andere Code‑Bezeichnungen verwendet worden seien, vermag die schöffengerichtlichen Überlegungen ebensowenig zu beeinträchtigen.

Insgesamt vermag die Nichtigkeitsbeschwerde weder formelle Begründungsmängel aufzuzeigen noch aus der Aktenlage hervorkommende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld des Angeklagten Nasuf F* zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen hervorzurufen; soweit sie sich gegen die Punkte E./3.) und 4.) des Urteilsspruches wendet genügt es zur Vermeidung von Wiederholungen auf die dazu im Rahmen der Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde der beiden Mitangeklagten angestellten Überlegungen zu verweisen.

Im übrigen waren daher die Nichtigkeitsbeschwerden als offenbar unbegründet schon bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO). Wegen Aufhebung der Strafaussprüche (auch des Wertersatzes) als Folge der teilweisen Kassierung der Schuldsprüche (ohne daß davon die rechtliche Beurteilung der aufrecht gebliebenen Schuldsprüche berührt war) der Angeklagten Sermet A* und Nasuf F* waren diese Angeklagten mit ihren Berufungen auf die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde zu verweisen. Infolge gänzlicher Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Isa S* hat über die von ihm ergriffene Berufung das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden (§ 285 i StPO).

 

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