OGH 15Os20/95

OGH15Os20/9530.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.März 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Schaumberger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hubert W* wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 vierter Fall SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 8.November 1994, GZ 19 Vr 290/94‑30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1995:0150OS00020.9500000.0330.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hubert W* (zu A) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 vierter Fall SGG und (zu B) des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG schuldig erkannt.

Danach hat er

(A) von Sommer 1992 bis ca Anfang 1993 in Bludenz den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge dadurch in Verkehr gesetzt, daß er dem Walter W* mindestens 70 Gramm Heroin verkaufte;

(B) in Vorarlberg außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben und besessen, und zwar

1. von Mai 1992 bis 9.März 1993 Heroin konsumiert;

2. am 17.Juni 1994 in Feldkirch 7,4 Gramm Kokain und ein Briefchen Heroin besessen;

3. am 16.Juni 1994 in Bludenz eine Portion Heroin gekauft und am 17.Juni 1994 in Feldkirch konsumiert und

4. am 17.Juni 1994 in Bludenz 0,6 Gramm Cannabisharz sowie sieben angebaute Cannabisharzpflanzen besessen.

 

Rechtliche Beurteilung

Die - ausdrücklich nur den Schuldspruch wegen des Suchtgiftverbrechens (Punkt A des Urteilstenors) bekämpfende ‑ auf die Z 4 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist in keinem Punkt im Recht.

Die Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich gegen die Abweisung des in der Hauptverhandlung vom 6.September 1994 gestellten (181) und in der Hauptverhandlung vom 8.November 1994 der Sache nach aufrecht erhaltenen (199) - so wurde es auch vom Erstgericht gesehen, das auf den Inhalt des Antrages einging ‑ Antrages auf Einvernahme des Zeugen V* zum Beweis dafür, "daß er nie dabei war, als Suchtgift gekauft wurde und zum Beweis dafür, daß der Beschuldigte Hubert W* nicht Suchtgift verkauft habe".

Der Antrag ist nicht berechtigt. Denn er wurde vom erkennenden Gericht (unter anderem) mit der Begründung abgelehnt, daß eine Vernehmung dieses Zeugen vor Gericht auf Grund dessen gerichtsnotorisch schlechten Gesundheitszustandes in absehbarer Zeit nicht möglich sei (200), wogegen die Beschwerde nichts vorbringt. Die Nichtdurchführung eines aussichtslosen Beweises kann aber nicht unter dem Gesichtspunkt der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO geltend gemacht werden (Mayerhofer‑Rieder StPO3 § 281 Z 4 E 102 und 104).

Mit seiner Subsumtionsrüge (Z 10) verfehlt der Beschwerdeführer eine prozeßordnungsgemäße Ausführung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes, weil er die Feststellungsgrundlage des angefochtenen Urteils verläßt, wenn er meint, daß diese keinen Grund zur Annahme biete, daß er "zwingend die große Gefahr in seinen Vorsatz aufgenommen habe, da die einzelnen Tathandlungen nicht im Gesamtkonnex zu betrachten seien". Denn er negiert damit die gegenteiligen Feststellungen des Erstgerichtes, wonach es sich bei der Vielzahl der (Suchtgift‑)Übergaben um ein im Tatplan aufgenommenes Gesamtgeschehen handelte, bei welchem der Additionseffekt im Vorsatz aufgenommen war (US 6, 11 und 12).

Die Zusammenrechnung der Einzelmengen aus einer Serie von Tathandlungen setzt zwar voraus, daß der Vorsatz des Täters von vornherein auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war und auch die anderen Voraussetzungen des Fortsetzungszusammenhanges gegeben sind. Nur in solchen Fällen kommt den Einzelakten keine selbständige Bedeutung zu, sodaß es einer Aufschlüsselung der Gesamtmenge nicht bedarf und auch die "große" Menge (§ 12 Abs 1 SGG) anhand der Gesamtmenge zu prüfen ist (11 Os 60/87, 13 Os 117/91 ua). Mit den oben erwähnten Feststellungen über die Aufnahme des Additionseffektes in den Vorsatz bei der Vielzahl der Übergaben in Teilmengen wird aber unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, daß der Tatplan auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war, die jeweiligen Tathandlungen somit einem einheitlichen Willensentschluß des Täters entsprungen sind und die ‑ in als rechtliche Handlungseinheit aufzufassenden Einzelakten weitergegebenen ‑ Suchtgiftmengen solcherart eine große Menge im Sinn des § 12 Abs 1 SGG erreicht haben. Damit entbehrt die von diesen Feststellungen abweichende Rechtsrüge einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung des behaupteten Nichtigkeitsgrundes.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufung wird der hiefür gemäß § 285 i StPO zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben.

 

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