OGH 5Ob54/95

OGH5Ob54/9528.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellers Dr.Walter H*****, als Masseverwalter im Konkurs der Fa.S***** Eigentumswohnungen GesmbH, ***** wider die Antragsgegner 1. Marianne A*****, G***** 2. Johann A*****, 3. Dr.Njoman G*****,

4. Roswitha P*****, 5. Franz R*****, 6. Maria E*****, 7. Mathilde V*****, 8. Christa G*****, 9. Arnold P*****, 10. Anita P*****, 11. Dr.Peter S*****, 12. Dr.Gudrun S*****, 13. Christa R*****, 14. Andreas S*****, 15. Regine N*****, 16. Helmut I*****, 17. Brigitte D*****, die unter Punkt 9. bis 12. sowie 14. und 15. angeführten Antragsgegner vertreten durch Dr.Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Benützungsregelung (§ 26 Abs 1 Z 3 WEG), infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den (Sach-)Beschluß des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 30.8.1994, GZ R 280/94-6, womit der (Sach-)Beschluß des Bezirksgerichtes Wildshut vom 21.Juni 1994, GZ 1 Msch 84/94m-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die unter Punkt 9. bis 12. sowie 14. und 15. angeführten Antragsgegner haben die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Parteien dieses Verfahrens (der Antragsteller als Masseverwalter stellvertretend für die gemeinschuldnerische S***** Eigentumswohnung GmbH) sind laut Grundbuchsstand Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** mit den Häusern E***** 32, 85, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116 und 117. Die Gemeinschuldnerin ist als Eigentümerin der Mindestanteile 6, 49, 50 und 51, 52 (je 80/18000) ausgewiesen, mit denen Wohnungseigentum an den Garagen 1, 2, 3, 7 und 16 verbunden ist.

Mit der Behauptung, die fraglichen Garagen seien nach einer Abänderung des Bauplans nie errichtet worden (lediglich ein kleiner Abstellraum sei in der Natur vorhanden, der keinem der Antragsgegner gehört), hat nunmehr der Antragsteller eine Benützungsregelung verlangt, die ihm ein Sondernutzungsrecht an den entsprechenden Bauflächen zwecks Verwertung dieses Teils der Konkursmasse verschaffen soll. Da dann der entsprechende Teil von der Konkursmasse veräußert werden könnte, solle "im außerstreitigen Verfahren eine Regelung dahin getroffen werden, daß jener (rund 73 m2 große) Grundstreifen, auf dem sich der alte Brunnen befindet, der an die Garage A anschließt und sich dann bogenförmig entlang der Straße erstreckt, der Konkursmasse bzw dem Masseverwalter zur ausschließlichen Nutzung und Verwertung allein zusteht".

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab, ohne ihn überhaupt den Antragsgegnern zuzustellen. Soweit das ausschließliche Nutzungsrecht des Wohnungseigentümers reicht, scheide nämlich die Möglichkeit einer rechtsgestaltenden Benützungsregelung durch den Außerstreitrichter aus. Dem Auseinanderklaffen zwischen Nutzwertfestsetzung bzw Grundbuchsstand auf der einen und der tatsächlichen Situation auf der anderen Seite könne nicht durch eine Benützungsregelung nach § 15 WEG (die in bestehendes Wohnungseigentum eingreifen würde), sondern nur dadurch abgeholfen werden, daß eine Neufestsetzung der Nutzwerte (samt Neubestimmung der allgemeinen Teile der Liegenschaft) beantragt wird.

Das Rekursgericht bestätigte diesen "Beschluß" aus folgenden Erwägungen:

Nach § 15 WEG idF des 3.WÄG könne jeder Miteigentümer eine gerichtliche Regelung über die Benützung der verfügbaren gemeinsamen Teile und Anlagen der Liegenschaft verlangen. Hiebei handle es sich um eine auf den Wohnungseigentumsbereich anwendbare Spezialvorschrift, die ausdrücklich auf die Benützung gemeinsamer Teile und Anlagen der Liegenschaft, nicht aber auf solche Teile abstelle, die - wie hier die vorgesehenen Garagen - der ausschließlichen Benützung durch einen der Wohnungseigentümer vorbehalten sein sollten. Der Masseverwalter habe gar nicht behauptet, daß es ihm um die Regelung der Benützungsverhältnisse an solchen Teilen der Liegenschaft gehe, die in gemeinschaftlicher Benützung stehen; ebensowenig habe er vorgebracht, jene Grundflächen, auf denen die Garagen hätten errichtet werden sollen, würden von anderen Wohnungseigentümern benützt. Damit lägen die materiellen Voraussetzungen für eine Benützungsregelung iSd § 15 WEG nicht vor. Auch von "schlichtem Miteigentum" des Antragstellers bzw der Gemeinschuldnerin könne keine Rede sein, weil die von ihm beanspruchte Grundfläche Bestandteil jener Liegenschaft sei, an der Wohnungseigentum bestehe. Ob allenfalls im Rahmen einer Neufestsetzung der Nutzwerte eine Regelung herbeigeführt werden könne, wie sie der Antragsteller anstrebe, sei nicht Gegenstand des Rekursverfahrens und bedürfe daher keiner Erörterung.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält eine (im Hinblick auf § 26 Abs 2 WEG, § 37 Abs 3 Z 18 MRG entbehrliche) Bewertung des Entscheidungsgegenstandes mit mehr als S 50.000,-- und dazu noch den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß eine dem Begehren des Antragstellers stattgebende Entscheidung schon nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht in Betracht komme.

Im jetzt vorliegenden außerordentlichen Revisionsrekurs macht der Antragsteller im wesentlichen geltend, daß die Gemeinschuldnerin mangels Errichtung der verfahrensgegenständlichen Garagen nicht über Wohnungseigentum, sondern nur über schlichtes Miteigentum an der Liegenschaft EZ ***** GB ***** E***** verfüge. Es müsse möglich sein, ihm im Wege einer Benützungsregelung gemäß § 15 WEG iVm §§ 835, 836 ABGB Nutzungsrechte an dieser Liegenschaft zu verschaffen, die diesem Miteingentumsanteil entsprechen. An nicht vorhandenen Garagen könne - trotz anderslautender Grundbuchseintragung - schon begrifflich kein Wohnungseigentum im Sinne eines ausschließlichen Nutzungsrechtes bestehen. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die Einleitung des Verfahrens über das Benützungsregelungsbegehren aufzutragen.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes wurde über Veranlassung des Obersten Gerichtshofes nunmehr auch den Antragsgegnern zugestellt. Gleichzeitig wurde diesen die Möglichkeit eröffnet, sich zum Revisionsrekurs zu äußern. Die unter Punkt 9. bis 12. sowie 14. und 15. angeführten Antragsgegner haben von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht und die Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses mangels Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO, hilfsweise dessen Abweisung beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, daß Benützungsregelungsstreitigkeiten unter Miteigentümern, die auch Wohnungseigentümer sind, im besonderen Außerstreitverfahren nach § 26 Abs 1 Z 3 und Abs 2 WEG abgehandelt werden müssen (Gamerith in Rummel2, Rz 6a zu § 835 ABGB; MietSlg 41.496; ImmZ 1991, 270; WoBl 1993, 19/11 ua). Das gilt auch dann, wenn der Antragsteller die Nichtigkeit der Wohnungseigentumsbegründung geltend macht und sein Begehren - abweichend vom Grundbuchsstand - auf das Vorliegen einer schlichten Miteigentumsgemeinschaft stützt, weil der bücherliche Rechtsschein, der zunächst einmal den Kompetenztatbestand des § 26 Abs 1 Z 3 WEG verwirklicht, erst im Zuge des Verfahrens entkräftet werden könnte und der Grundsatz der perpetuatio fori auch im außerstreitigen Verfahren gilt (Mayr in Rechberger, Rz 5 zu § 29 JN). Demnach wäre schon der erstinstanzliche Sachbeschluß (§ 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 15 MRG) den Antragsgegnern zuzustellen gewesen, um ihr rechtliches Gehör im zwingend vorgeschriebenen zweiseitigen Rekursverfahren (§ 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 17 lit c und d MRG) zu wahren (vgl die in dieser Rechtssache ergangene Entscheidung 5 Ob 1125/94); der Verfahrensfehler ist jedoch geheilt, weil die Antragsgegner den ihnen zugestellten Sachbeschluß der zweiten Instanz unangefochten gelassen haben (vgl SZ 62/209; SZ 63/125; WoBl 1993, 77/54). Wegen der im konkreten Fall rein rechtlichen Auseinandersetzung um die Schlüssigkeit des Sachantrages wären sie in keiner Weise gehindert gewesen, mit ihren Argumenten auch noch in dritter Instanz gebührend Gehör zu finden (vgl 5 Ob 156/92, tw veröffentlicht in EWr I/37/24).

In der Sache selbst wäre dem Antragsteller, der für die Gemeinschuldnerin die Rechtsstellung eines schlichten Miteigentümers in Anspruch nimmt und die für die nicht errichteten Garagen vorgesehene Grundfläche zu den allgemeinen Teilen der Liegenschaft zählt, dann beizupflichten, wenn es von Anfang an an der Absicht der Parteien des verbücherten Wohnungseigentumsvertrages gefehlt hätte, die verfahrensgegenständlichen Garagen zu bauen und der Gemeinschuldnerin - als Eigentümerin entsprechender Miteigentumsanteile - zur ausschließlichen Nutzung zu überlassen. Die Begründung von Wohnungseigentum an Freiflächen ist nämlich rechtlich unmöglich (vgl MietSlg 33/26; Faistenberger-Barta-Call, Kommentar zum WEG 1975, Rz 56 zu § 1), sodaß eine darauf aufbauende Nutzwertfestsetzung und Grundbuchseintragung mangels gültigen Rechtstitels tatsächlich unheilbar nichtig wäre (vgl MietSlg 38/53; WoBl 1992, 22/20 mit Anmerkung von Call; WoBl 1992, 247/167; 5 Ob 5/95). Der Begründung von Wohnungseigentum steht jedoch nicht im Weg, daß das Objekt dieses dinglichen Sondernutzungsrechtes (die selbständige Wohnung oder sonstige selbständige Räumlichkeit) noch gar nicht existiert. Da Gegenstand des Wohnungseigentums nicht das Gebäude, sondern das bewilligte Bauvorhaben ist (Würth in Rummel2, Rz 2 zu § 21 WEG; vgl auch Glassl, Ein Verwaltungsgerichtshoferkenntnis und seine zivilrechtlichen Auswirkungen, ImmZ 1968, 51 ff [55]; Faistenberger-Barta-Call aaO, Rz 3 ff zu § 21), war es rechtlich möglich, der Gemeinschuldnerin Wohnungseigentum an den verfahrensgegenständlichen Garagen zu verschaffen, sollte deren Errichtung - wie der Antragsteller implizite selbst zugesteht - geplant und behördlich genehmigt gewesen sein. In einem solchen Fall ist weder die Rechtswirksamkeit der Nutzwertfestsetzung noch jene der Grundbuchseintragung in Zweifel zu ziehen; das Wohnungseigentum könnte nur mehr nach Maßgabe des § 21 WEG dadurch erlöschen, daß die Absicht, das Wohnungseigentumsobjekt zu errichten endgültig aufgegeben wird, also feststeht, daß es nicht mehr zur Errichtung kommt (vgl Würth aaO; Zingher in Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 9 zu § 21 WEG).

Im gegenständlichen Fall fehlt eine entsprechende Behauptung des Antragstellers, sodaß die angestrebte Benützungsregelung schon deshalb nicht in Frage kommt, weil sich eine Benützungsregelung nur auf gemeinsame Teile und Anlagen der Liegenschaft, nicht jedoch auf Objekte eines Sondernutzungsrechtes erstrecken kann (§ 15 WEG). Für den Antragsteller wäre jedoch auch dann nichts gewonnen, wenn man unterstellt, daß der Plan zur Errichtung der fraglichen Garagen nicht mehr zu verwirklichen ist. Eine gerichtliche Benützungsregelung setzt nämlich, worauf schon die Vorinstanzen hingewiesen haben, immer die Verfügbarkeit der in Betracht kommenden Liegenschaftsteile voraus (Gamerith aaO, Rz 5 zu § 835 ABGB mwN; MietSlg 42/32; EWr III/835 ABGB/4). An dieser fehlt es im konkreten Fall, weil die Antragsgegner (bei der unterstellten Sachlage) den Antragsteller durch einen jederzeit möglichen Antrag auf Neufestsetzung der Nutzwerte (vgl MietSlg 38/53; WoBl 1992, 22/20 mit Anmerkung von Call; WoBl 1993, 173/119 mit Anmerkung von Call; 5 Ob 62/94) in Verbindung mit dem daraus resultierenden Recht auf Vervollständigung ihrer Mindestanteile (§ 4 WEG) unter Umständen sogar zur entgeltlichen Preisgabe des Miteigentumsanteils der Gemeinschuldnerin verhalten könnten. Dieses Einlösungsrecht läßt die vom Antragsteller zur Vorbereitung einer Veräußerung der verfahrensgegenständlichen Anteilsrechte angestrebte, also auf eine Dauerlösung abzielende Benützungsregelung nicht zu. Denkbar wäre lediglich die befristete Einräumung von Sondernutzungsrechten an der strittigen Grundfläche bis zur Klarstellung der Rechtsverhältnisse, (vgl SZ 39/93) was nicht nur quantitativ, sondern qualitativ hinter dem Sachantrag zurückbliebe. Der Antragsteller will die Einräumung von Sondernutzungsrechten, um sie definitiv zugunsten der Konkursgläubiger verwerten zu können.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 19 MRG.

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